Bernau: Feature zum Hussitenfest 2005

Autonome Jugedantifa Bernau [AJAB] 08.06.2005 14:51
„Vom 10. bis 12. Juni 2005 ist es wieder soweit: Dann lassen die Bernauer 700 Jahre Geschichte lebendig werden. Hussitenfestspiele heißt das Zauberwort, das Tausende in die Stadt vor den Toren von Berlin zieht. Drei Tage lang lädt die Hussiten-Stadt zu einer Zeitreise ins Mittelalter ein. Zu sehen gibt es viel: Hexen tanzen, Zickenschulze marschiert durch die Stadt, Ritter kämpfen, und auch der Henker tritt mit seinem gar schauerlichen Handwerkszeug auf den Plan... Mehr als 400 Akteure lassen im prächtigen Festumzug die Stadtgeschichte mit vielen guten, aber auch vielen bösen Jahren Revue passieren.“ (www.hussitenfest-bernau.de)
Zwischen Kirmes und Schlägereien – das Hussitenfest in Bernau

„Vom 10. bis 12. Juni 2005 ist es wieder soweit: Dann lassen die Bernauer 700 Jahre Geschichte lebendig werden. Hussitenfestspiele heißt das Zauberwort, das Tausende in die Stadt vor den Toren von Berlin zieht. Drei Tage lang lädt die Hussiten-Stadt zu einer Zeitreise ins Mittelalter ein. Zu sehen gibt es viel: Hexen tanzen, Zickenschulze marschiert durch die Stadt, Ritter kämpfen, und auch der Henker tritt mit seinem gar schauerlichen Handwerkszeug auf den Plan... Mehr als 400 Akteure lassen im prächtigen Festumzug die Stadtgeschichte mit vielen guten, aber auch vielen bösen Jahren Revue passieren.“ (www.hussitenfest-bernau.de) Soweit die Selbstdarstellung der Organisatoren des Bernauer Hussitenfestes, alljährlich die Attraktion der Kleinstadt nordöstlich Berlins. Unser Beitrag zum Spektakel soll sich auf die folgenden, inhaltlichen Ergänzungen beschränken. Aus einer antifaschistischen Perspektive heraus, muss (!) auffallen, dass einige wichtige Informationen „vergessen“ wurden.
Dass in Bernau die Hexen erst im Juni und nicht konventionell in der Walpurgisnacht tanzen, lässt sich schwerlich als Ausdruck von Rückständigkeit deuten. Auffällig ist da schon eher die Begeisterung für das Hussitenfest in der Stadt und die Vielzahl an Mittelalter-Freaks, für die im Grunde nach dem Hussitenfest vor dem Hussitenfest ist. Da hätten wir zum Beispiel die Briganten, denen weiland auch der Kopf der lokalen Nazistrukturen, Roy Grassmann, angehörte und deren großer Auftritt, „Die Schlacht vor Bernau“ am Sonntagabend stattfindet. Der Psychoanalytiker würde diesen Mannen wahrscheinlich eine Fixierung in einer bestimmten, frühkindlichen Entwicklungsphase bescheinigen, Kostümierung und Schauspiel als Regression herausstellen. Wie auch immer, den Akteuren muss unterstellt werden, sich mit der westlichen Zivilisation nur unzureichend versöhnt zu haben. In diesem Punkt unterscheiden sie sich nicht von den anwesenden Neonazis. Der Henker bekommt nämlich in jedem Fall Verstärkung von rechten Schlägerbanden, die ebenfalls standesgemäß das Hussitenfest mit „gar schauerlichen Handwerkszeug“ heimsuchen. Im vergangenen Jahr zum Beispiel zogen sie mit Baseballschlägern durch die Stadt und griffen zwei Mädchen vor dem Bistro Centro an, vor zwei Jahren ist ein „etwa 12 Jahre alter Russlanddeutscher [...] auf dem Bahnhof von Bernau von zwei Rechtsradikalen attackiert und zusammengeschlagen worden.“ (Berliner Morgenpost, 17.6.2003). Die Vorliebe der Neonazis für das mittelalterliche Spektakel lässt sich durch dessen volkstümlichen Charakter erklären. Bierzelt, chauvinistische Pöbeleien und Prügeleien sind Programm. Außerdem ist bekannt, dass Nazis eine gewisse Affinität zum Mittelalter haben, nicht zuletzt aufgrund ihrem Hass auf die Moderne und ihrer Liebe für den bewaffneten Kampf. Die „Zeitreise ins Mittelalter“ ist für diese Kameraden Ideologie und Projektionsfläche ihres anti-demokratischen Ressentiments.
Kritik seitens der Besucher geht selten über die Bemerkung hinaus, dass der Kirmes immer mehr Raum auf dem Hussitenfest einnehme und deshalb der mittelalterlicher Charakter leide. Dass dies den wirtschaftlichen Interessen der Stadt zugrunde liegt, also dem ökonomischen Sachzwang, liegt auf der Hand. Am Wochenende des Hussitenfestes machen schließlich einige Bernauer Unternehmen, allen voran die Gastronomie, gute Geschäfte. Weder Met, noch Kirschbier können jedoch dafür verantwortlich gemacht werden, dass in den letzten Jahren dem heimischen und angereisten Feiervolk die barbarische Komponente des Festes nicht unangenehm aufgestoßen ist. Die Vermutung liegt nahe, dass die Ignoranz gegenüber den Menschen, die weniger Spaß haben, dem Wissen nicht zu den Opfern zu gehören verschuldet ist. Auf diese Weise entsteht der Raum für die physischen und psychischen Angriffe, die nicht weniger zum Hussitenfest gehören, wie der „prächtige Festumzug“. Die Rathaus-Antifa, das Netzwerk für Toleranz und Weltoffenheit, scheint auf dem rechten Auge blind zu sein, wann immer das weltoffene Image gepusht werden kann. Die Vorfälle zum Hussitenfest, aber auch das Grossaufgebot saufender und schlagender Männerhorden auf der regelmäßig stattfindenden MOZ-Lokaltour, erfahren keinerlei Beachtung – auch nicht von den Bernauer Linken, die zum Hussitenfest lieber Bier verkaufen. Wenn es um das geliebte Hussitenfest geht und damit um das Ansehen der Stadt, scheint sich die Toleranz von Netzwerklern und ihren linksdeutschen Bütteln auf die verhassten Neonazis auszuweiten. Da dies der eigenen Standortlogik widerspricht, muss damit gerechnet werden, dass nach der Lektüre dieses Textes spätestens nächstes Jahr eine antifaschistische Kundgebung organisiert wird und die Bernauer mal wieder ein Zeichen gegen Rechts setzen. Damit ist aber den Menschen nicht geholfen, die am Wochenende mit körperlichen und verbalen Attacken rechnen müssen, sondern einzig und allein dem Lokalpatriotismus ihrer toleranten und weltoffenen Freunde.

Autonome Jugendantifa Bernau [AJAB]
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Pressemitteilung der Autonomen Jugendantifa Bernau [AJAB]
Mittwoch, 8. Juni 2005
Kontakt:  ajabernau@yahoo.de

Gefahrenzone Hussitenfest

Am kommenden Wochenende, vom 10. bis 12. Juni, findet wie jedes Jahr in Bernau das Hussitenfest statt. Wir möchten mit unserer Plakataktion darauf hinweisen, dass „Macker, Chauvinisten, Nazis, Rassisten und viele andere Arschlöcher [...] in geballter Form die Stadt bevölkern“ werden und vor allem „Frauen, Menschen migrantischen Hintergrunds und Alternative“ mit psychischen und physischen Angriffen rechnen müssen. Dazu der Sprecher der Autonomen Jugendantifa Bernau [AJAB] Jakob Baruch: „In den vergangenen Jahren kam es zum Beispiel immer wieder zu Übergriffen durch Neonazis: Vor zwei Jahren schlugen Rechtsradikale einen 12 Jahre alten Spätaussiedler zusammen, letztes Jahr wurden zwei Mädchen tätlich angegriffen.“ Diese Zustände werden vom Gros der Besucher des Hussitenfestes, aber auch von den Organisatoren und der Stadt ignoriert. Zu den Motiven der Stadt nochmal Jakob Baruch: „Das Hussitenfest ist das wichtigste Event um den Standort Bernau aufzuwerten. Zu diesem Zweck werden zu Lasten der Opfer die alljährlichen Pöbeleien und Prügeleien nicht einmal zur Kenntnis genommen, geschweige denn dagegen vorgegangen.“
Wir fordern, dass sowohl medial, als auch lokalpolitisch auf diese Missstände eingegangen und der Teil der Öffentlichkeit über die Gefahren für bestimmte Gruppen aufgeklärt wird.
Wir wollen jedoch auch darauf hinweisen, dass wir mit den Standortinteressen der Stadt nichts gemein haben und uns nicht auf gemeinsame Handlungsstrategien mit den Lokalpatrioten um das Netzwerk für Toleranz und Weltoffenheit einlassen.
Wir möchten dem geläuterten Deutschland eine Absage erteilen, in dem Antifaschismus zum Staatsmonopol erhoben wurde um sich endgültig der Last der Geschichte zu entledigen. In diesem Kontext muss sich unser Beitrag an diesem Wochenende auf Schadensbegrenzung beschränken.
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Ergänzungen

stadt Bernau

Bernauer 09.06.2005 - 17:16
Die Stadt Bernau hat die Plakate schon entfernen lassen.

Schade auch aber vielleicht beim nächsten mal nen paar Handzettel?

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 5 Kommentare an

an die autonomen bonzen-kiddis — proletarische faust und axt

geht doch.... — BernauerIn

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