Anklage torpediert bask. Friedensprozess

Ralf Streck 04.06.2005 10:10
Wie zu erwarten, wird der Nationale Gerichtshof Anklage gegen den Sprecher der verbotenen baskischen Partei Batasuna (Einheit) erheben. Arnaldo Otegi wird am Mittwoch erneut vor das Sondergericht zitiert, um ihm die Anklage zu verlesen. Dem 46jährigen wird vorgeworfen, auch ein Führer der bewaffneten Unterorganisation ETA zu sein.
Die jetzige Anklage erstaunt, weil Batasuna vor zwei Jahren verboten wurde, weil sie angeblich Teil der ETA sei. Erst letzte Woche war Otegi im Rahmen einer Vernehmung in Madrid verhaftet worden, kam aber nach zwei Tagen über eine Kaution von 400.000 Euro wieder frei. (Hintergründe hier  http://de.indymedia.org/2005/05/118096.shtml) Das sorgte für Gelächter im Baskenland. ETA-Mitglieder, Chefs gleich gar nicht, kommen auf Kaution frei. Andere Beschuldigte „ETA-Mitglieder“ in dem Verfahren sind ohne Kaution oder für schlappe 6500 Euro wieder frei gekommen. Angeklagt wird auch der Ex-Parlamentskollege Jon Salaberria. Sein Fall ist noch diffuser. Er wurde zur internationalen Fahndung ausgeschrieben, weil er letzte Woche nicht vor dem Sondergericht erschien. Dabei, so stellte sich heraus, war er gar nicht vorgeladen worden. Weil er nun international ausgeschrieben und untergetaucht sei, wurde er wieder nicht geladen.
Der Richter verbindet, auf Antrag des Ministeriums für Staatsanwaltschaft, beide mit dem Verfahren des Ermittlungsrichters Baltasar Garzón gegen die Parteikneipen. Die seien „unzugänglich für alle Personen, die nicht mit dem Gedankengut“ der linken baskischen Unabhängigkeitsbewegung verbunden seien, kaut der Staatsanwalt die Version von Garzón wieder. Dort würden „Terroristen angeworben, temporär Waffen und Sprengstoffe gelagert und Informationen über mögliche Anschlagsziele gesammelt“. Das ist haarsträubender Unsinn, den Garzón zwar behauptet aber nicht belegt. Nicht einmal die Geldwäsche für die ETA oder deren Finanzierung konnte er nachweisen, weshalb die einst von ihm geschlossenen Kneipen längst wieder geöffnet sind, zu denen jeder freien Zutritt hat.
Ausgewetzt werden soll nun die Scharte, dass bisher kein Batasuna-Führer jemals angeklagt wurde. Nun die fehlende Immunität anzuführen, weil Batasuna nicht bei den Wahlen antreten konnte, ist ein schlechter Witz. Die Immunität kann, vor allem bei Terrorismusvorwürfen, schnell aufgehoben werden. Wie sich das Vorgehen dieses Ministeriums mit dem Eingehen der spanischen Regierung auf die Friedensinitiativen von Batasuna verbinden lässt, wissen wohl nur die Sozialisten. Die haben Kontakte zu der Partei und haben sich kürzlich den Segen vom Parlament für Verhandlungen mit der ETA geholt. Heute (Sa.) werden mehrere 10.000 Menschen auf Aufruf der Partei in Bilbao für einen Friedensprozess und gegen die andauernde Repression demonstrieren.
© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián den 03.06.2005
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Jon Idigoras gestorben

Ralf 04.06.2005 - 12:04
Der historische Führer der linken Unabhängigkeitsbewegung ist gestorben.

 http://de.indymedia.org/2005/06/118942.shtml

Baskenland-Feature

egal 26.06.2005 - 20:12
Eine Übersicht von Artikeln zur Situation im Baskenland gibt es im Baskenland-Feature:
 http://de.indymedia.org//2005/06/119234.shtml