Vor 20 Jahren starb Günter Sare
Gedanken zum Todestag von Günter Sare, der sich dieses Jahr zum 20. Mal jährt.
Im September ist es exakt 20 Jahre her, das in Frankfurt am Main der Sozialarbeiter Günter Sare anlässlich einer Demo gegen ein NPD-Treffen im Gallusviertel unter Umständen ums Leben kam, die auch aus heutiger Sicht berechtigte Zweifel an der offiziellen Behörden-Version aufkommen lassen.
An diesem kühlen Samstagabend des Jahres 1985 wurde Günter, der nicht etwa in einer Masse von Demonstranten, sondern allein (!) mitten auf einer Straßenkreuzung stand, von zwei Wasserwerfern der damals neuen Bauart (Modell Wawe 9) unter Beschuss genommen - ein Vorgang, der an sich schon skandalös war, mit neuartigen Hochdruckwerfern eine einzelne Person zu beschiessen, die alleine den Ungetümen gegenübersteht.
Im Anschluss daran wurde er von einem der beiden Wasserwerfer überfahren und starb noch an der Unglücksstelle.
Demo-Sanis, die damals dem Schwerstverletzten Erste Hilfe leisten wollten, wurden von den Polizeikräften daran gehindert!
Die Besatzung des Wasserwerfers kam wegen des Vorwurfs der Fahrlässigen Tötung vor Gericht und wurde in einem endlosen, fünf Jahre andauernden Prozess im Jahr 1990 schliesslich freigesprochen.
In vielen deutschen Großstädten löste der Tod Sares in der linken Szene eine enorme Wut aus, es kam in den Tagen darauf zu einer Welle von Spontandemonstrationen, wie sie die Bundesrepublik bis dato noch nicht erlebt hat. In den meisten Städten ging sehr viel Glas zu Bruch, wurden Banken und sonstige öffentliche Gebäude reihenweise entglast und wo immer die uniformierte Staatsmacht geballt auftrat, wurde sie zur Zielscheibe der kollektiven Wut.
Wer hat damals die Tage nach dem Sare-Tod hautnah miterlebt und möchte hier etwas darüber berichten???
Ich denke, Berichte von Zeitzeugen geben auch - und gerade - der jungen Linken die Gelegenheit, sich die massenhafte Solidarität dieser Tage vor Augen zu führen, als der Tod eines Menschen zu einem bis dato nicht erlebten berechtigten Wutausbruch führte, der sich über fast zwei Wochen hinzog und zeitweise in einigen Städten zu täglichen Scherben-Demos führte.
An diesem kühlen Samstagabend des Jahres 1985 wurde Günter, der nicht etwa in einer Masse von Demonstranten, sondern allein (!) mitten auf einer Straßenkreuzung stand, von zwei Wasserwerfern der damals neuen Bauart (Modell Wawe 9) unter Beschuss genommen - ein Vorgang, der an sich schon skandalös war, mit neuartigen Hochdruckwerfern eine einzelne Person zu beschiessen, die alleine den Ungetümen gegenübersteht.
Im Anschluss daran wurde er von einem der beiden Wasserwerfer überfahren und starb noch an der Unglücksstelle.
Demo-Sanis, die damals dem Schwerstverletzten Erste Hilfe leisten wollten, wurden von den Polizeikräften daran gehindert!
Die Besatzung des Wasserwerfers kam wegen des Vorwurfs der Fahrlässigen Tötung vor Gericht und wurde in einem endlosen, fünf Jahre andauernden Prozess im Jahr 1990 schliesslich freigesprochen.
In vielen deutschen Großstädten löste der Tod Sares in der linken Szene eine enorme Wut aus, es kam in den Tagen darauf zu einer Welle von Spontandemonstrationen, wie sie die Bundesrepublik bis dato noch nicht erlebt hat. In den meisten Städten ging sehr viel Glas zu Bruch, wurden Banken und sonstige öffentliche Gebäude reihenweise entglast und wo immer die uniformierte Staatsmacht geballt auftrat, wurde sie zur Zielscheibe der kollektiven Wut.
Wer hat damals die Tage nach dem Sare-Tod hautnah miterlebt und möchte hier etwas darüber berichten???
Ich denke, Berichte von Zeitzeugen geben auch - und gerade - der jungen Linken die Gelegenheit, sich die massenhafte Solidarität dieser Tage vor Augen zu führen, als der Tod eines Menschen zu einem bis dato nicht erlebten berechtigten Wutausbruch führte, der sich über fast zwei Wochen hinzog und zeitweise in einigen Städten zu täglichen Scherben-Demos führte.
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Ergänzungen
1. Ergänzung
Schwarzer Block? Was war das noch?
das war mord
als augenzeuge werde ich das nie vergessen können! als der wasserwerfer
günter überfuhr konnte ich erst nicht glauben, was ich grad gesehen habe.
ich stand mit einem freund etwa 70 meter von der kreuzung entfernt, sah wie die beiden wawes einen einzelnen menschen beschossen und quälten und plötzlich einer der wasserwerfer vollgas gab und günter überfuhr. wir liefen
daraufhin, wie auch die meisten anderen der etwa 150-200 demonstrantInnen, sofort wieder richtung kreuzung. dort wurden wir von hektischen und
agressiven bullen empfangen, die versuchten uns dort wegzuprügeln.
erste „mörder“ und „deutsche polizisten-mörder und faschisten“ rufe wurden laut.
eine mischung aus wut, schock, traurigkeit, hass und angst vor den brutalen und agressiven bütteln bestimmte die situation.
unweit davon fing eine mercedes-filiale feuer.
wir versuchten eine kleine spontandemo zu bilden und wurden dabei von
den bullen angegriffen (auch wieder mit wasserwerfer) aber die bullen
konnten uns nicht hindern. eine sehr entschlossene, wütende kleine spontandemo zog in die stadt, umgeben von bullen. (die teils lachten
und uns provozierten)
der ruf eines bullen „ morgen seid ihr dran!“ liegt mir noch heute im ohr.
die ereignisse der nächsten tage, die lügen in der presse und schließlich
die demo in frankfurt mit tausenden vermummten die nach etwa 1km
entglasen und plündern der innenstadt, in eine generalstabsmässig
vorbereitete polizeifalle lief, werde ich wohl auch nie vergessen.
die bullen griffen uns von allen seiten gleichzeitig an. als wir mit einigen
leuten in eine sackgasse geflüchtet waren, sprangen aus dort abgestellten
postlastern prügelbullen aus der ladeklappe. die bullen jagten uns und prügelten auf alle ein, die sie erwischen konnten. in einer abenteuerlichen flucht durch häuser und hinterhöfe entkamen wir den sich bildenden polizeikesseln.
hubschrauber mit suchscheinwerfern und bullenwannen mit absprungbereiten schlägern suchten die strassen nach schwarzgekleideten leuten ab.
die wut, die ich damals hatte kommt beim erinnern stets wieder hoch.
für mich waren das traumatische erlebnisse und obwohl ich in den
letzten 20 jahren noch eine menge krasse demo-situationen und polizeibrutalität erlebt habe, waren diese tage am heftigsten.
günter sare, das war mord !!
der freispruch für die mörder, war für mich keine überraschung, sondern absehbar.
das system schützt seine büttel.
für eine herrschaftsfreie gesellschaft!
der kampf geht weiter!
Artikel auf nadir
"Ich kann mir keinen Menschen, keinen Polizisten vorstellen, der sozusagen bewusst einen Menschen vor sich herjagt, ihn vorsätzlich überfährt oder das Überfahren auch nur in Kauf nimmt …" formulierte Hessens Innenminister Winterstein (SPD) die offizielle Lesart bereits eine Woche nachdem in Frankfurt Günter Sare von einem Wasserwerfer überrollt worden war. Der 36jährige hatte am 25. September 1985 im Gallusviertel an einer Kundgebung und Blockade gegen eine Veranstaltung der NPD teilgenommen, die in dem überwiegend von Einwanderern bewohnten Stadtteil eine Versammlung durchführte.
...
mehr >>>
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/sanis/archiv/cs/kap_07.htm
recht ausführlicher Artikel in der Frankfurte
...
...Am Abend schlägt die Stimmung um. Die Polizei spricht von "etwa 400 Militanten", die gegen 19.30 Uhr beginnen, Steine, Flaschen, Beutel mit Buttersäure auf NPD-Anhänger zu werfen, um deren Zugang zum Haus Gallus zu verhindern.Der Wasserwerfer, Typenbezeichnung Wawe 9 IV / 1, Kennzeichen WI - 3026, spritzt mit 15 Atü und ist 26 Tonnen schwer. Er steuert auf mehrere Personen zu, die auseinander stieben. Nur ein Demonstrant bleibt auf der Straße zurück. Der Strahl des Wasserwerfers erfasst ihn. Um 20.52 Uhr überrollt das Gefährt Günter Sare, aufgewachsen im Gallus, 36 Jahre alt, von Beruf Schlosser, im Vorstand des Jugendzentrums Bockenheim, seit 15 Jahren aktiv in der links-autonomen Szene, bei Häuserbesetzungen im Westend und bei Demos gegen den Bau der Startbahn West.
Günter Sare liegt auf dem Asphalt der Straßenkreuzung. Aus seinem Kopf rinnt Blut. Sein Brustkorb ist eingedrückt. Er atmet noch. Der Medizinstudent Michael Wilk, dazu ein Arzt und ein Sanitäter versuchen, an Ort und Stelle Erste Hilfe zu leisten. Wilk beschwert sich unmittelbar danach, umstehende Polizisten hätten keine Scheinwerfer angemacht, obwohl er sie darum gebeten habe. Auch sei der Notarztwagen zu spät eingetroffen...
recht ausführlicher Artikel in der Frankfurter Rundschau >>>
http://www.f-r.de/uebersicht/alle_serien/regional/frankfurter_geschichten/?sid=9c80291003a56290c70190c23df46865&cnt=306793
@Uwe B.
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Ich instrumentalisiere den Tod nicht, wenn ich sage, dass, wie der Staat auf die Ereignisse reagiert hat, auf meine politische Überzeugung Einfluss genommen hat. Es hat sicherlich eine Rolle gespielt, dass es damals eine kritische Öffentlichkeit gab. Der Tod des Castor Gegners auf den Schienen im letzten Jahr hat leider nicht zu einem besonders großen gesellschaftlichen Auffschrei gehört (Wieso musste der junge Mann sterben?) und das Wort von "Selbst schuld!" machte vielfach die Runde. Bei mir ist auch Sébastian Briard nicht vergessen.
Klaus-Jürgen-Rattay
Frankfurt im Herbst 85
Das Thema Buback etc. ist in einem völlig anderen Kontext zu sehen als der Fall Sare - nämlich dem des RAF-Terrorismus. Dieser hat jedoch nichts und absolut überhaupt nichts mit dem Todesfall Sare zu tun! Ebenso wenig die Morde an der Startbahn West, die ich als einstiger sogenannter "Berufsdemonstrant" auch heute noch uneingeschränkt verurteile. Die Startbahn-Morde waren das Werk eines psychopathischen Einzelgängers und nicht Reaktion einer bestimmten Gruppierung oder sonstigem. Bundesweit haben seinerzeit die meisten - militanten - autonomen Gruppen sich vehement von den Schüssen an der Startbahn distanziert. Im übrigen sei provokant erwähnt: Wäre es seinerzeit "Sinn" der Bewegung gewesen, den Mord an Polizisten zu vollziehen, wäre es meiner Meinung nach schon lange vor den Startbahn-Schüssen im November 1987 möglich gewesen. Ich weiss von Aktivisten aus Norddeutschland, die bereits im grossen Wackersdorfer Zeltlager zu Pfingsten 86 scharfe Schusswaffen mitführten. Soviel zum Thema Aufrechnung von Toten.
Die Tage nach Sare in Frankfurt waren geprägt von einer wie ich mich erinnere ungeheuren geballten Präsenz militanter Autonomer in der Innenstadt und gerade im Bahnhofsviertel, wo am Tag danach nach einer Grossdemo nahezu keine einzige Scheibe mehr heil blieb. Direkt vor dem Hautbahnhof landeten wir dann in einem grossen Bullenkessel, damals die einzige taktische Variante, die die Bullen aufzubieten hatten.
Die nächsten Tage ging es in Frankfurt ebenso weiter, mit reichlich kaputten Schaufensterscheiben, einer ausgiebigen Plünderung der Ladenfront eines Kaufhauses an der Zeil sowie hilflosen Knüppelorgien der Bullen.
Wie der Autor Hoffmann richtigerweise schreibt, war das Besondere, das die Massenmilitanz nicht nur auf Frankfurt beschränkt blieb, sondern auch dutzende andere Großstädte im Bundesgebiet erfasste, so neben den Hochburgern der Bewegung (Berlin, HH, Göttingen) erstaunlicherweise auch Städte wie Stuttgart, wo es ebenfalls nahe des Rathausmarktes ausgiebig knallte (die einzige richtige "Scherben-Demo" der Stuttgarter Nachkriegszeit).
Mein Fazit:
Die Sare-Demos waren neben Wackersdorf, Brokdorf, Frankfurter Flughafen und Reagan in Berlin DAS Highlight der Achtziger.
Heute natürlich nicht mehr machbar (Stichwort Lethargie) und auch nicht mehr vorstellbar (Stichwort Bullenpräsenz), aber seinerzeit war mit der puren Wut eben viel möglich
Text 85
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Brief aus Frankfurt
Ich mach mal ne Ausnahme und mach die Schauze auf, kein alltäglicher Vorgang, habs nicht drauf mich zu jedem Mist zu äußern und hab auch keinen Zeitungsapparat hinter mir. Will halt nur zu dem was hier gelaufen ist einiges loswerden. Vom Tod Günter Sares hab ich erst im Radio erfahren, tags drauf versuch ich im Gallus einige Infos zu kriegen, die Spuren von Gestern sind noch zu sehen und überall stehen die Grünen rum.
29.9.85 Aufm Paulsplatz einige Tausend und viele die nicht auf jede Demo gehen (jedenfalls zur Zeit nicht). Es dürfte jeden klargewesen sein, das es heute kracht, aber auch das es jetzt keine ausreden gibt. Nach Sares Tod kann keiner sagen, das ginge ihm nix an. Die Scherben bei der Demo waren eher ein Ausdrucks des Schocks, niemand hatte mit sowas gerechnet. Nur ne gute Gelegenheit für Putz wie es die Presse hinstellt? Anders konnten sich die Leut nicht Luft verschaffen. Ne kleine Randscene vorm geplünderten Laden wo bereits die Spanplatten eingesetzt werden. "Die haben aber nichts mitgenommen? Doch, alles ausgeräumt. Spitze!" Haben sich die Bullen anfangs noch zurückgehalten, so gehts nun ab. Aber nach Plan, Demo abspalten, einen Teil einkesseln und verhaften. Demo ist für die n Versuchsobjekt, wie kriegen wir sie am besten klein.
30.9.85 Bemerkenswert an der Kundgebung im Gallus ist, das plötzlich was von Leurten gesagt werden konnte, die kein Forum haben und sich auch sonst nicht groß zu Wort melden. "Die Mainzer Landstraße ist keine Straße zum Wohnen, sondern eine Straße zum Bewundern von Autos!" Nach der Kundgebung, ein Bullenexperiment, wie verhindert man ne Demo. Einfach alls abriegeln, mausedicht zumachen. Bei dem Kräfteverhältnis war nix zu machen, nur mehrmals gibts Bewegung Richtung Bullensperre und mit Mörderrufe macht sich die Wut Luft. Wer einzeln durchwill, wird kontrolliert. Danach wars kein Wunder, das nachts noch einige Scheiben zu Bruch gingen.
1.10.85 Es scheint sich zu wiederholen, Kundgebung aufm Paulsplatz und wieder alles von den Bullen abgeriegelt. Unsere Ausrüstung ist nicht grade beeindruckend, liegt auch an den Eingangskontrollen aber auch daran, das es eher ne spontane Bewegung ist.Als es losgeht stehen wir wieder den Bullenketten gegenüber, nur durchbrechen? Da ziehen wir den Kürzeren. Also löst sich alles nach einiger Zeit auf um in kleinen Gruppen durchzusickern. Dann kommen doch weider ne genug Leut zusammen, da ses für ne Demo reicht und nichtmal ne kleine. Was dann in Richtung Gallus an Scheinben zu Bruch geht, ist im Vergleich zum Sonntag lächerlich wenig, aber den Bullen gehts nicht darum, heut sind sie entschlossen draufzuschlagen. Im Bahnhofsviertel kommts vom Rand: "Scheiß Demos, nichtmal anschaffen kann man hier!" Wieder läuft ne Einkesslung, diesmal mit dem Ziel die Leute aufzusplittern um sie dann einzeln fertigzumachen. Alles hab ich nicht mitbekommen, zumindest die Aktion, als die Bullen einen Teil durch die Postverladeanlage von Bahnhof jagten, einige schnappten, an die Wand stellten und dann mit Fluch und Knüppel wegscheuchten. Reaktion der Arbeiter: "Lasst uns in Ruhe arbeiten!" Na damit waren wir gemeint. Zu den mittlerweile bekanntgewordenen Knüppelaktionen bei denen es etliche Verlezte gab, hier war mit Sicherheit die von der Startbahn bekannten Einsatztruppen dabei. An dem Abend bekam ich einen eigenen Eindruck, wie schnell jemand draufgehen kann. Und dies auch an die "Linlen", die meinen es könnt ja doch nur ein Unfall gewesen sein. S kam noch zu ner Fahrraddemo und ne gute Stunde konnten wir kreuz und quer durch die Stadt fahren, zeitweilig von den Grünen verfolgt aber meiist verloren sie uns aus den Augen. Auf der Eschersheimer, einer vierspurigen Straße, hatten sie dann genug und waren wild entschlossen das zu beenden. Fahren also mit nen Streifenwagen voll rein, teils auf die Gegenfahrbahn. In der Straßenmitte stehen zwei von und mit den Rädern quer und der Streifenwagen kommt knapp mit Vollbremsung vor denen zum Stillstand, die springen von den Rädern. Hätten fast u.a. Manfred Zieran von den Grünen überm Haufen gefahren. Aus Schreck drüber brems ich auch und noch einer neben mir und die Bullen haben nichts besseres zu tun als rauszuspringen und uns abzugreifen wie sie s eh schon vorhatten. Einen stecken sie nen Knüppel in die Speichen, nen anderen drehen sie die Ventile raus. Kleine Stadtrundfahrt zum Klapperfeld folgt, unsere Drahtesel nehmen sie gleich mit. Im Klapperfeld treffen wir auf der Treppe ne ganze Sammlung Verhafteter. Das soll die Jutta Ditfurth sein, heißts bei den Bullen. N guter Fang ist unsere ironische Antwort. Schlechte Erfahrung gemacht, als die Leut gestern die Zellen zu Klump hauten, heut wollen sie die Leut nicht unbeaufsichtigt einsperren wie es scheint. Zur Kreuzigung? Zweite Tür links. Für einige Sprüche reichts hier noch. Immerhin, wir von der Raddemo kommen nach 20 Minuten wieder raus und können unsere Räder abholen, nichtmal Passkontrolle gibts.
1.10.85 Das die Demo verboten war, war nix Überraschendes dafür kamen auf der Hauptwache genug zusammen das es für ne Demo die Zeil rauf und zurück reichte. Da es auf der Zeil recht voll war und zudem noch Erntedankfest mit Viehzeug, waren die Bullen etwas in ihren Möglichkeiten behindert. Demo vorbei an den Bullen und dahinter die Hausschweine im Gitter. "Bullen BKA, sind zum Schutz der Schweine da" diesmal passte der Spruch im Wortsinn. Dann bilden die Bullen Ketten über die Zeil um weitere Demos zu verhindern. Nun treffen die Unmutsbekundungen die Presse, die bekommen die Wut über die Pressehetze ab, auch wenns teils die Falschen trifft. Dafür können sie sich bei den Schreibtischtätern in den Redaktionen bedanken.
9.10.85 Die Beerdigungsdemo wird trotz einzelner Parolen zum Schweigemarsch. S gibt noch ne Rede in der von Leichenfledderei gesprochen wird, das mit Günter Sare Politik getrieben wird und einige versuchen den zu vereinnahmen, von wegen den kannten sie damals und son Schrott.
Die Wut über die Pressehetze schlägt heute in offene Aggression gegen die Presse um. Konnten die Fotografen vorher noch ungehindert ablichten, werden sie heut von den Brücken gescheucht und vom Micro heißt es, kannst mal mit dem Fotografieren aufhören? Auf den Friedhof will man sie auch nicht haben, schon gar nicht am offenen Grab. Danach gabs nix weiter zu tun als da vorbeizugehen, nur von einen kommt der Ruf "Mörder." Ist eben keine normale Beerdigung.
Bleibt zum Abschluß noch, diese Bewegung wird so aufhören wie sie entstanden ist. Fast, wäre da nicht noch das Teach In auf der Uni gewesen. Einige der Autonomen waren nicht mehr gannz nüchtern, mit Absicht. War nicht zu erwarten, das hier einfach ne Diskussion laufen würde. Das wurde gleich am Anfang klar, als vom regelrecht umlagerten und abgeriegelten Podium (doch was von den Grünen gelernt) die lange Rednerliste verlesen wurde. Dann wären die erst um Mitternacht fertig gewesen, danach hätte sich das niedere Volk zu Wort melden dürfen. Aber die Basis meldete sich gleich lautstark und mit Eiern zu Wort. Zugegeben, ich kann mich nicht mit allem was Autonome und Antiimps draufhaben anfreunden, auch will ich nicht alle Sprüche (wir oder sie, drinnen und draußen ein Kampf) todernst nehmen. Teils waren sie Ausdruck von Leuten dies nicht anders draufhaben, bzw. keinen Bock auf gutgeschliffene Reden und doch kamen auch aus der Ecke inhaltlich gute Beiträge nachdem die Obergurus von den Grünen und deren Anhang gegangen waren. Es geht also doch, wenn nicht die Obergurus das Sagen haben. Die gewalttätigen Autonomen beschränkten sich aufs Eierwerfen und die ach so gewalltfreien Grünen waren es, die Schlägereine vom Zaun brachen. Die letzte übrigends von K.D. Wolf als er ein Spruchtuch von der Wand riß und eine Schlägerei provozierte. Als einer Anfangs eine Erklärung vorlas, es ging drum, das sie zwar eingeladen waren aber keinen Bock haben mit Fischer und Kohn gemeinsam aufzutreten, kamen saumäßig unfaire Zwischenrufe von wegen "umblättern." Hat
halt nicht jeder drauf flüssig runterzulabern.
Text von 85
Frage an die "Veteranen der Bewegung"
Ich würd aber mal gerne gerade von den Älteren die die 80er miterlebt haben, folgendes wissen:
Egal ob man nun von Sare liest, von den Wackersdorf-Protesten oder sonstwo: Es liest sich immer - sorry für den Ausdruck - unheimlich krass.
Ging das seinerzeit insb. in der zweiten Hälfter der 80er Jahre wirklich so heftig zu auf Autonomendemos im Vergleich zu heute, oder ist da nicht teilweise im nostalgischen Rückblick auch ein wenig Übertreibung in den Schilderungen?
Nichts für ungut, aber wenn man liest von tausenden Vermummten, die mal kurz die Frankfurter City auseinandergenommen haben - sowas kann ich mir einfach nicht vorstellen und ich habe viele Demos der letzten Jahre mitgemacht. Haben die Bullen da immer so spät erst reagiert?
Oder waren sie einfach nur in der Unterzahl?
An die "Veteranen":
Bitte weiter mit Erlebnissberichten der 80er, ist wirklich sehr konstruktive Lektüre für uns "Jüngere"
veteranenantwort
wir hatten natürlich auch bessere rahmenbedingungen, wir konnten helme aufziehen und die leute waren zu nahezu 100% vermummt. das was wir da so abgezogen haben hat ja zu diesen ganzen verschärfungen des demonstrationsrechts geführt.
ausschlaggebend waren auf jeden fall die erheblich grösseren teilnehmerzahlen auf demos und auch sonst. als die bullen in paris malik oussekin totgeschlagen haben sind halt abends spontan mal 250 gewalttäterinnen zusammengekommen und haben die gesamte bockenheimer landstrasse entglast, ohne grosse diskussion und bullenstress. heute sind die leute froh, wenn sie 200 leute auf ne demo kriegen und 20 martialische transparente hochhalten dürfen.
ok, da kommt man schnell auf das 'früher war alles lustiger', deswegen hör ich jetzt auf.
es waren halt ganz andere bedingungen, und man kann das nicht mehr vergleichen. es tut mir halt immer in der seele weh, wenn ich sehe wie sich die scheisscops heute aufführen, ohne befürchten zu müssen auch was abzukriegen :-(, und wenn ich an die ganzen aktiven von damals denke, die sich heute leider recht kleinbürgerlich in dieser gesellschaft eingerichtet haben.
wenn du dich für diese geschichten interessierst kann ich dir nur den nächstgelegenen infoladen empfehlen, es wurden seinerzeit ja auch zu jeder popeldemo hinterher reader erstellt, die die stimmung der 80er ganz gut wiederspiegeln.
HAU RUCK!
Das ist das, was auf euch zukommt
Auf die Frage des 23-jährigen direkt: es ging zumindest tageweise sogar noch viel heftiger zu. Es knallt immer in dem Maße, wie vorher der Deckel draufgehalten wurde. Banken-Smashings wie nach dem Sare-Mord (übrigens nicht nur in Metropolen, sondern auch in kleinen Provinzkäffern - steht bloß nicht in der Süddeutschen), Wackersdorf-Schlachten und Startbahnkämpfe haben sich nicht einfach so ereignet, sondern waren Folge von politischen Entwicklungen. Diese können teilweise sehr rasch gehen. Wackersdorf brachte innerhalb eines dreiviertel Jahres eine Entwicklung von der absoluten Resignation der Anti-Akw-Bewegung zu einem wahren Volksaufstand mit den berühmt-Berüchtigten Pfingstkrawallen. Maßgeblich war auch in starkem Maße ein Schlüsselereignis wie Tschernobyl. Auch hier läßt sich das aber nicht z.B. von den Hausbesetzerkämpfen trennen. Die Protagonisten entstammten größtenteils dieser Zeit und hatten da schon gehörig eins auf die Köppe gekriegt. Ohne die Profi-Hüttenbauer von der Startbahn hätte es vielleicht nie so ein schönes Hüttendorf gegeben, sehr aktiv waren dort auch beispielsweise die Freiburger Hausbesetzer - ein ganzer Bus voll super organisierter Leute. Diese Gruppen haben nicht mehr lang lamentiert, sondern gingen gleich an die Arbeit und haben Tausende mitgerissen.
Auch momentan gibt es ein hohes Mobilisierungspotential völlig empörter Menschen und verkarstete Altaktive. Der Druck steigt und eine total durchprofessionalisierte Polizei hält kräftig den Deckel drauf. Sobald ein Schlüsselereignis stattfindet und die Kräfteverhältnisse sich explosiv zuungunsten der "Sicherheitskräfte" verändern, werden die erstmal gewaltige Kloppe kriegen - gefolgt von der üblichen Repressionswelle.
Gerade mir als Altaktivem ist klar, daß eine offene Konfrontation mit der Polizei erstens Unsinn ist und zweitens Unsinn bei dem mensch bloß unterliegen kann. Der Gedanke an ein flächenmäßiges Verteilen der sonst üblichen zentralen "Aufmärsche" (Demos) mit dezentralen Kleingruppen und gut organisierten Flashmob-Attacken (Radioballett - gute Idee!) erscheint mir am sinnvollsten. Eigentlich war speziell der Widerstand in der Oberpfalz viel stärker von solchen Ideen und dem Aufkommen solcher dezentraler Aktionsformen geprägt, als von den leider als einziges hängen gebliebenen Events. Die Linke ist halt nicht weniger sensationsgierig wie die Couch-Potatoes.
Sare und mehr...
Wie bereits erwähnt, lässt es sich auf den Punkt bringen, das in erster Linie die Verschärfung des Demonstrationsrecht (strafbewehrtes Vermummungsverbot ab '89) eigentlich das Ende dieser vermummten Massenaufmärsche darstellte, da die Bullen nun eine konkrete Handhabe hatten.
Der zweite Aspekte war schlicht und einfach der, das die Bullen natürlich seinerzeit - also zumindest in dem von mir erlebten Zeitraum von 1984 bis 1989 - einfach nicht das nötige Equipment bzw. Ausrüstung hatten, um einem zahlenmässig grossen Autonomen Block offensiv gegenüberzustehen.
Das darfst du nicht mit heutzutage vergleichen, wo jeder Büttel mit Schutzpanzer, Beinschützern und sonstigem Plastikzeug rumrennt wie die Star-Wars-Figuren.
Damals hatten die Bullen beispielsweise bei uns in Frankfurt neben dem obligatorischen Helm und Schild immer nur Lederjacken an, und da überlegt sich so ein junger frischgebackener Polizist natürlich dreimal, ob er es riskiert, für ne Festnahme tierisch eine aufn Latz zu kriegen. Hat man auch damals gesehen, das einigen der Grünuniformierten nicht immer ganz wohl in ihrer Haut war, als wir aufmarschiert sind.
Richtig Respekt hatten wir damals auch bei den größeren Events wie Wackersdorf und Freiburg eigentlich nur vor den Sondereinsatzkommandos SEK, und die hast du mit ein bißchen Kenntnis von weitem schon erkannt an ihren blauen Overalls und daran das sie meist unkoordiniert und wild auf alles und jeden eingeknüppelt haben, fast auf Knopfdruck sozusagen.
Die Sare-Erlebnisse wie hier berichtet, sind nicht übertrieben und waren auch nicht das einzige militante "Highlight" dieser Zeit in FFM.
So hat es beispielsweise einige Wochen vor dem Sare-Mord eine grosse Demo gegen Südafrika-Politik in der Frankfurter Innenstadt gegeben, wo ebenfalls viele Autos und Scheiben dran glauben mussten und die Bullen zurückweichen mussten.
Noch besser als Sare war aber im Jahr danach die bundesweite Demo gegen Alkem/Nukem in Hanau, wo die Militanten aus wirklich allen Teilen des Bundesgebiets angereist sind und es einen der grössten Schwarzen Blöcke der gesamten achtziger Jahre gab. Hier ging im Hanauer Zentrum noch weitaus mehr zu Bruch als bei Sare in Frankfurt und die Bullenarmee war zeitweise aus dem Straßenbild total verschwunden.
Aber es waren wie armin sagte, andere Zeiten und ich bezweifle, das es den "grossen Bang" nochmal geben wird, auch nicht bei einem Schlüsselereignis wie seinerzeit Tschernobyl.
Times Are Changing...
Veteranentreff.
PS: Die Tausende auf Demos gabs auch nicht immer. In Ffm bestand der Haufen der sich Schwarzer Block schimpfte grad mal aus 300 Kappen.
Antwort konnte und kann nur Rache sein
Damals wie heute: ACAB
Sare-Doku im Internet
Sare-Doku mit nuer URL
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
hey uwe, alter reaktionär
danke für deinen sinnfreien beitrag.
ps: richtig heisst es natürlich...ponto,buback,schleyer -- der nächste ist ein bayer !
Ja, ja er lebt noch, er.. der Widerstand
Veteranenantwort III
Beispielsweise Wackersdorf,du kannst dir nicht vorstellen das sich menschliche Lungen im Tränengasnebel überraschend schnell darauf einstellen,die Bullen konntens auch nicht begreifen als wir wie eine Heimsuchung aus der Nebelwand mit lautem Angriffsgeheul auf sie zustürmten.Unsere Klamotten waren so gasgesättigt das sie schäumten als wir unter Wasserwerferbeschuss kamen...sie stanken auch noch nach der zweiten Kochwäsche derart,das Asthmatiker in meiner Umgebung krampfgeschüttelt zusammenbrachen.
Ich habe Wannen auf verbeulten Felgen davonrollen sehen,die bestanden im Grunde nur noch aus Fahrgestell,alles andere war von Stahlkugeln zersiebt.
In der Hochzeit der Hausbesetzerbewegung gabs hier 170 besetzte Häuser,bei den Demos wurde der Kudamm mit schöner Regelmässigkeit entglast,des Nachts zogen Feuerfaltertrupps durch die Gegend die sich liebevoll den Banken und anderer Institutionen annahmen.Allerdings war auch die Organisierung eine ganz andere,heutzutage muss man sich die Kehle heiser schreien bis die Leute endlich Ketten bilden."Früher",da lief man von Anfang an in Ketten und hatte rechts und links dicke Taue mitgeführt das die Bullen erst gar nicht in den Zug reinkommen,hat sich gut bewährt.Heutzutage schleichen 1000 Leute um ne Sperre von fünf Orgs herum.In den Achtzigern war es nicht unnormal das ein Trupp von fünfzig straighten Leuten eine Kette von Orgs überrannte.Nach dem Tod von Rattay gabs ne Riesendemo,bei den Bullen hiess es Knüppel frei.Auf der Demo waren dreissig bis vierzigtausend...normal in diesen tagen...jede Menge Gewerkschaftler,viele von denen wurden an diesem Abend das erste Mal in ihrem Leben militant.Eine Gruppe Bauarbeiter bei ner Gefangenenbefreiuung zuzusehen ist etwas wunderbares,die Knastwanne wurde regelrecht demontiert.Mit solchen Anekdoten können wir dich totschmeissen,das nutzt dir nichts,du lebst jetzt und hier und machst deine Erfahrungen,die Erfahrungen anderer kannst du nicht mehr machen