Morsleben: BfS verweigert Auskunft

GK 26.05.2005 21:04 Themen: Atom Ökologie
Heute hat das Bundesamt für Strahlenschutz, Betreiberin in der Atommüllkippe Morsleben (ERAM), in einem Schreiben an die Greenkids Magdeburg e.V. die Beantwortung mehrerer Detailfragen zum ERAM abgelehnt. Weiterhin verweigert wurden ohne weitere Begründung zwei Befahrungsanträge für das Forschungsprojekt zur Geschichte des Endlagers.
Empört über die Ablehnung von Informations- und Befahrungsanfragen zum Endlager Morsleben (ERAM) zeigen sich die Greenkids Magdeburg e.V. Heute erreichte sie ein Schreiben aus dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das ohne weitere Begründung die ausführlich begründeten Anfragen nach monatelanger Verschleppung abwies. Es handelt sich dabei um mehrere Schreiben mit konkreten Nachfragen zu Fragen zum Betrieb des Endlagers Morsleben und um einen bereits im Herbst letzten Jahres gestellten Antrags für Befahrungen des Schachtes Marie und des Zentralteils der Atomanlage. Einen ausführlicheren Bericht gab es dazu vor kurzem in der Gorleben-Rundschau:  http://www.bi-luechow-dannenberg.de/3gorleben.html

Falk Beyer, verantwortlich für das bei den Greenkids Magdeburg e.V. laufende Forschungsprojekt zum Endlager Morsleben, hat kein Verständnis für diese Öffentlichkeitspolitik des BfS: "Als Betreiberin der problematischen Anlage ist das Bundesamt zur Information verpflichtet. In den letzten Monaten haben wir aber nur eine Blockadepolitik erlebt. Die Entscheidung des BfS ist nicht nachvollziehbar und erscheint wie eine Fortsetzung der Desinformationspolitik zum Endlager Morsleben, die in der DDR 1969 mit der Standortentscheidung ohne Öffentlichkeitsbeteiligung begann und von der Bundesregierung nach der Vereinigung durch Verharmlosungen der Sicherheitsprobleme fortgesetzt wurde."

Mehrere konkrete Fragen, die sowohl an das BfS als auch an das übergeordnete Bundesumweltministerium gestellt wurden, und ein umfassender Fragenkatalog blieben ein halbes Jahr unbeantwortet. Dabei ging es u.a. um den Anteil von Plutonium im Inventar des Endlagers und die fehlende Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Einleitung von Gefahrenabwehrmaßnahmen im Zentralteil, obwohl das BfS mehrere Verfahrensvarianten aufgestellt hatte, mit denen diese Sicherheitsmasznahmen hätten vorgenommen werden können.

Auch der abgelehnte Antrag auf zwei Befahrungen im Endlager ist sachlich nicht nachvollziehbar. Der Antrag wurde auf Drängen des BfS mit Unterlagen im Umfang von mehr als 50 Seiten detailliert begründet. Auf mangelnde Zuarbeit seitens des Forschungsprojektes kann diese Ablehnung kaum zurückgeführt werden. Unverständlich ist diese Entscheidung auch dadurch, dass Befahrungen anderer AntragstellerInnen ermöglicht werden. Außerdem hatte im August 2004 bereits eine erste Befahrung des Einlagerungsbereiches stattgefunden. Die neueren Befahrungsanträge bezogen sich auf Bereiche, in denen keine radioaktiven Stoffe lagern und die daher noch weniger Gründe für eine Ablehnung haben liefern können. Solche Befahrungen sind in begrenztem Umfang seit längerem wieder möglich ( http://www.bfs.de/endlager/morsleben.html/besuch_eram.html).

"Im Januar hat der für Morsleben im BfS zuständige Mitarbeiter am Telefon bereits seine Voreingenommenheit gegenüber unserem Forschungsprojekt deutlich gezeigt. Ich habe daraufhin einen persönlichen Brief an den BfS-Präsidenten König geschrieben und darüber informiert und um Klärung des Vorgangs gebeten. Eine Antwort hat es nie gegeben", so Beyer. "Die hier gezeigte Informationspolitik des BfS ist nicht akzeptabel. Immer wieder wird die Zuständigkeit für Nachfragen auf andere Stellen geschoben bzw. die Beantwortung verschoben. Konkrete Antworten gab es seit fast einem Jahr auf keine unserer Fragen."

In einem besonderen Licht erscheint dieser neuerliche Umgang mit Informationen zum maroden DDR-Endlager, wenn die ständige Verzögerung ( http://de.indymedia.org/2005/01/103946.shtml) des Stillegungsverfahrens berücksichtigt wird. Seit mehr als einem halben Jahrzehnt kommt das Verfahren kaum voran. Forderungen von Umweltschutzorganisationen, wenigstens Zwischenstandsberichte zu veröffentlichen ( http://de.indymedia.org/2004/03/77857.shtml), wurden vom BfS abgelehnt. Nun wird auch die wissenschaftliche Arbeit zum Endlager Morsleben behindert.

Die Greenkids Magdeburg e.V. sind eine unabhängige Magdeburger Jugend-Umweltschutzorganisation. Seit über zwei Jahren forscht das von dem Verein getragene Recherche-Projekt an der Geschichte und den politischen Umständen des Betriebs und der Einlagerungen im Endlager Morsleben. Dabei arbeiteten die Greenkids Magdeburg e.V. u.a. mit der Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR in Sachsen-Anhalt und der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn zusammen. Außerdem wurde diese Kooperation u.a. von der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt unterstützt.

Bisherige Ergebnisse der Forschungen sind eine Wanderausstellung, die bereits von mehreren zehntausend BesucherInnen besichtigt wurde, historische Diavorträge zur Geschichte des Endlagers und zum Widerstand dagegen und eine Broschüre, die bei der Landesbeauftragten Anfang dieses Jahres erschien. Derzeit ist eine Studienarbeit für die Universität Magdeburg in Arbeit, die sich mit Sicherheitsfragen des ERAM befasst. Die Ausstellung ist ab 27. Juni für zwei Monate im Landratsamt Stendal zu besichtigen.

Der Newsletter zu den Geschehnissen rund um das Atommüll-Endlager Morsleben kann unter  http://www.greenkids.de/morsleben/newsletter.php3 abonniert werden.

Weitere Indymedia-Artikel zu diesem Thema:
 http://de.indymedia.org/2004/03/76505.shtml
 http://de.indymedia.org/2003/12/70881.shtml
 http://de.indymedia.org/2004/06/86070.shtml
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