Pilotprozess in Hamburg geht weiter

Nachsorg 19.05.2005 23:37 Themen: Freiräume Repression
Der Pilotprozess im Zusammenhang mit der Bauwagen-Aktion in der Hamburger Hafenstrasse im April 2004 wird trotz Erpressungsversuch von der Hamburger Staatsanwaltschaft weitergeführt.
Infolge der Aktion "Einmal im Leben pünktlich sein" auf der St.Pauli-Hafenstr. in Hamburg im April 2004, haben 48 Personen Strafbefehle wegen Nötigung erhalten. Da Widerspruch eingelegt wurde, ist im Februar 2005 das erste Verfahren in diesem Zusammenhang eröffnet worden.

Im Wesentlichen geht es darum, dass es sich bei der Aktion um eine schützenswerte Versammlung nach dem Versammlungsrecht im Sinne des Artikels8 GG und § 1 VersG gehandelt hat und nicht um eine Blockade, bei der VerkehrsteilnehmerInnen und AnwohnerInnen genötigt wurden, wie den vor Gericht stehenden Menschen vorgeworfen wird.

Am 19.5.05 fand der zweite Prozesstag des Pilotprozesses statt.Nachdem alle Anträge der Verteidigung abgelehnt wurden (Befangenheitsantrag gegen den Richter,(Zuständigkeitsrüge, Aussetzung des Verfahrens bis das Verwaltungsgericht entschieden hat), verlas Rechtsanwalt Andreas Beuth eine Erklärung aus aktuellem Anlass. Dabei ging es um ein Telefonat, in dem der Oberstaatsanwalt Redder dem Verteidiger damit drohte das Pilotverfahren aufzuheben und sämtliche achtundvierzig Einzelverfahren voranzutreiben, sofern die Verteidiger ihre am letzten Prozesstag gestellten Anträge nicht zurücknehmen würden. Mit dieser Erklärung wollte er noch einmal deutlich darauf hinweisen,daß die Staatsanwaltschaft unzulässige Mittel einsetzt, um auf das Verfahren einzuwirken. Der Richter zeigte sich relativ unbeeindruckt.
Auf Einwurf des Verteidigers:"Es sollte den Vorsitzenden schon interessieren, daß die Staatsanwaltschaft unlautere Mittel einsetzt, um auf das Verfahren einzuwirken!", entgegnete die Staatsanwältin:"Bei Nötigung könne man ja Strafanzeige stellen."

Nach kurzer Pause begann die Zeugenvernehmung, bei der es hauptsächlich um die Verkehrsbeeinträchtigung während der Versammlung ging.
Drei der vier geladenen Beamten waren hauptsächlich mit der Verkehrsregelung betraut. Nach ihren Aussagen, war die Beeinträchtigung der Autofahrer am 24.04.04 ausgesprochen gering.
Auch der vierte Beamte, der mit schwerem Gerät am Einsatzort anrückte, konnte bestätigen, daß die Anfahrt in seinem Wasserwerfer von Alsterdorf nach St.Pauli reibungslos verlief.
Desweiteren haben drei der Zeugen die Veranstaltung in ihrer subjektiven Wahrnehmung als Versammlung beschrieben.
Teilweise verstrickten sie sich die jedoch in ihren Aussagen in Widersprüche und wiesen relativ große Gedächtnislücken auf.

Beispielweise waren von den zwei Beamten, die als erste im gemeinsamen Streifenwagen vor Ort waren, zwei unterschiedliche Aussagen zu hören, was die Kenntnis der Polizei über diese Aktion anbelangte.
Einer von ihnen war sich nicht im Klaren darüber, daß mit besonderen Vorkommnissen zu rechnen sei, wohingegen sein Kollege darüber im Bilde war, daß unter Umständen eine Aktion der Bauwagenszene geplant war.

Interessanterweise stellte sich an diesem Prozesstag auch heraus, daß die Hamburger Polizei aufgrund der Bauwagenproblematik in der Stadt, Dienstanweisung hat, bereits bei zwei zusammen gesichteten Wagen, deren Kennzeichen zu notieren und diese zu beobachten.

Der Prozess wird am 24.05. und 31.05.jeweils um 9:00 Uhr im Strafjustizgebäude am Sievekingplatz fortgesetzt.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Kundgebung vor der Roten Flora

Thomas Mülder 20.05.2005 - 11:59
Heute, am 20.05., findet im Zusammenhang mit dem Prozess zwischen 14.00 und 17.00 Uhr vor der Roten Flora in der Schanze eine Kundgebung statt, auf der über Hintergründe und den aktuellen Stand des Verfahrens informiert werden wird - es soll neben Redebeiträgen auch Aktionstheater geben!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

außerdem.. — -