Haftstrafe für Greenpeace wg. Anti-Kriegsprotesten

Ralf Streck 19.05.2005 12:25 Themen: Militarismus Repression Weltweit
Der argentinische Kapitän des Greenpeace-Schiffs Rainbow-Warrior wurde am Dientag im spanischen Cadiz wegen „Ungehorsam“ zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Neben Daniel Rizzoti wurde noch ein weiteres Mitglied zu zehn Tagen Haft verurteilt. Das Schiff hatte kurz vor Ausbruch des „illegalen“ Irak-Kriegs im Frühjahr 2003 aus Protest die US-Marinebasis in Rota blockiert. Greenpeace zeigte sich zunächst zufrieden, weil es sich den „realen Gegebenheiten annähert“, sagte der spanische Greenpeace-Direktor Juan López Uralde. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen fünf Mitglieder insgesamt neun Jahre Haft gefordert, was Uralde erneut „völlig überzogen“ nannte. Heraus sticht, dass unter den drei Freigesprochenen auch der Spanier Carlos Bravo ist, den der Staatsanwalt wegen angeblicher Körperverletzung eines Guardia Civil Beamten für drei Jahre hinter Gitter bringen wollte. Greenpeace kündigte Rechtsmittel gegen das Urteil an. Näheres im Interview (vor dem Urteil geführt).
Für welche Aktionen mussten sich letzte Woche fünf Mitglieder von Greenpeace vor Gericht in Cádiz verantworten?

Im Frühjahr 2003 hat sich das Wahrzeichen von Greenpeace, das Schiff Rainbow Warrior, am Ausgang der US-Militärbasis in Rota platziert. Das war wenige Tage, bevor der Krieg gegen den Irak begann. Aus der Basis liefen Schiffe zur Beteiligung an diesem Feldzug aus. Wir haben kleine Boote ausgebracht und versucht Transparente gegen den Krieg im Hafen anzubringen. Als Konsequenz brachte die Guardia Civil unser Schiff auf. Drei Personen wurden dort verhaftet und drei in den kleinen Booten.

Was wird den Beteiligten vorgeworfen?

Ihnen wird Ungehorsam, schwerer Widerstand und Körperverletzung vorgeworfen, weil sich bei der Aktion zwei Beamten der Guardia Civil verletzt haben sollen. Interessant ist, dass bei zwei der Angeklagten der Vorwurf der Körperverletzung zurückgezogen und nur bei dem Spanier Carlos Bravo aufrecht erhalten hat. Auch in seinem all wurde der Vorwurf abgeschwächt, denn er habe sie nicht bewusst herbeigeführt. Unser Protest war friedlich und der Prozess hat gezeigt, dass wir keinen Ungehorsam oder Widerstand geleistet haben.

Welche Strafen werden gefordert?

Anfänglich war es eine Gesamtstrafe von 12 Jahren Haft. Nachdem die Vorwürfe abgeschwächt wurden, wird nun eine Gesamtstrafe von neun Jahren gefordert, die sich für die Einzelnen zwischen neun Monaten und drei Jahren Haft bewegen.

Werden da exemplarische Strafen gefordert?

Unserer Meinung nach sind die Forderungen des Staatsanwalts völlig überzogen, auch wenn man sie ins Verhältnis zu andern Protesten gegen den Krieg setzt, an denen sich hier Millionen beteiligt haben. In anderen Ländern konnten wir zum Teil sogar auf Kriegsschiffe vordringen, ohne von Haftstrafen bedroht worden zu sein.

Was wurde da also verhandelt?

Es ging um eine Aktion gegen den Irak-Krieg, die in einem spezifischen Moment ausgeführt wurde, als man in Spanien ein Klima großer Anspannung erlebte. Millionen beteiligten sich an den Protesten, die zum Teil sehr repressiv bekämpft wurden. Nach Umfragen waren 90 Prozent der Bevölkerung gegen eine Beteiligung an dem Krieg. In diesem Kontext, wenige Tage vor dem Kriegsausbruch, fand die Aktion statt. Der Prozess wurde noch unter der alten konservativen Regierung angestrengt und eben dieses Strafmaß gefordert.

Schlägt sich diese Ablehnung heute in Solidarität um?

Ja, Zehntausende haben sich selbst beschuldig und ein Manifest mit dem Titel unterzeichnet: „Auch ich habe gegen den Krieg demonstriert, auch ich will mit Greenpeace ins Gefängnis gehen“. Darunter sind auch Musiker, Schriftsteller, Schauspieler ... sogar der Präsident der andalusischen Regionalregierung hat uns einen Tag vor dem Prozess eine Solidaritätserklärung geschickt und vor dem Gericht wurden wir von viele Menschen empfangen. Die Angeklagten, die auch aus den USA, Neuseeland und Argentinien stammen, erklärten, sie seien stolz auf die Aktion und dafür schon jetzt von der Bevölkerung frei gesprochen worden sind.

Ist es ein Zeichen an die USA durch die neue sozialistische Regierung, die ja nach dem Truppenabzug aus in heftige diplomatische Schwierigkeiten kam, harte Strafmasse aufrecht zu erhalten?

Wir werden sehen, wie das Urteil ausfällt, weil keine der Anschuldigungen bewiesen werden konnte. Eine politische Interpretation eines juristischen Verfahrens möchte ich nicht vornehmen, das im Prinzip unabhängig sein sollte. Trotzdem darf man den Kontext nicht vergessen, dass die Aktion vom 14. März 2003 statt fand, genau zwei Tage vor dem Azoren-Gipfel auf dem unter spanischer Beteiligung der Krieg beschlossen wurde.

Was werden sie im Falle einer Verurteilung tun?

Wir hoffen noch immer auf einen Freispruch, können das Urteil aber erst bewerten, wenn es vorliegt. Jedenfalls werden wir unsere friedlichen Aktionen gegen derlei illegale Kriege wiederholen. Das ist unsere Arbeit und dafür werden wir von Zehntausenden unterstützt.
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Ergänzungen

Korrektur

Jimmi 19.05.2005 - 15:44
Die Rainbow Warrior ist (Anfang der 90er?) versenkt worden, wobei ein Mensch ums Leben kam. Das jetzige Flaggschiff der Organisation ist die Rainbow Warrior II.