Europäische Nazifront

Ralf Streck 18.05.2005 13:07 Themen: Antifa Weltweit
Auch die spanische Polizei hat nun offenbar ihr Auge auf die Versuche Rechtsradikaler gerichtet, eine "Europäische Front" aufzubauen. Gleichzeitig warnt sie vor einem Ansteigen faschistischer Übergriffe auf Einwanderer, wie sie seit zwei Wochen im Madrider Stadtteil Villaverde zu beobachten sind.
Wir hatten vor einem halben Jahr auf die Versuche der extremen Rechten hingewiesen, eine "Nationale Front in Europa" aufzubauen, die unter der Führung der deutschen NPD stehen könnte  http://de.indymedia.org//2004/12/102364.shtml. Nun warnt auch eine Studie der spanischen Polizei davor, dass die Kontakte verschiedener rechtsradikale Parteien enger werden. Die aus Kreisen der Polizei und der Regierung gut informierte größte spanische Tageszeitung El Pais berichtet über eine Studie der "Comisaría General de Información" (Generalkommissariat für Information), die sich der entstehenden Nazifront widmet.  http://www.elpais.es/articuloCompleto.html?xref=20050516elpepinac_19&type=Tes&anchor=elpepiesp&d_date=&t=policía_advierte_intentos_extrema_derecha_española_crear_frente_europeo_

Besonders werden die Bestrebungen der Falange de las Jons genannt und ein Treffen im November 2004, das Anlass für den Artikel war. Der Bericht bestätigt "dauernde Beziehungen" spanischer Rechtsextremer mit "Kollegen in den europäischen Ländern im direkten Umfeld wie Portugal, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Italien" Darüber hinaus gäbe es gute Drähte nach Belgien, Griechenland, Polen und Rumänien. Deshalb sei es nun "normal", wenn an deren Aktionen in Spanien Abordnungen anderer Länder teilnehmen würden. Genannt wird die Demonstration der Falange Española gegen den EU-Beitritt der Türkei oder die Demonstration gegen den europäischen Staatsvertrag vor dem Referendum am 20. Februar.  http://de.indymedia.org//2005/02/107612.shtml

Teilgenommen hätten daran Udo Voigt von der NPD, Ciprian Carting, von Nova Drepta in Rumänien; Roberto Fiore, von der Fuorza Nuova in Italien und Dimitrio Zofiropoulos, der griechischen Partei Golden Dawn.
Neben den zerstrittenen Grüppchen der Falange, denen wenig Mobilisierungskraft bescheinigt wird, nennt die Studie vor allem die Democracia Nacional (DN). Es sei die „am Besten organisierte Partei der spanischen extremen Rechten“. Die DN ist ein Bündnis aus Teilen des „Círculo Español de Amigos de Europa“ (CEDADE/ http://es.wikipedia.org/wiki/CEDADE) und anderen Kleinstparteien. Der Ex-Führer des unter Franco 1965 gegründeten „Spanischen Kreises der Freunde Europas“ Pedro Varela Geiss ist auch Mitbegründer von DN. Aus seinem Buchladen in Barcelona betreibt er unermüdliche den Kampf gegen die „Auschwitz-Lüge“ und die „jüdische Weltherrschaft“ und vertreibt faschistische Literatur und Kultgegenstände in der gesamten Welt. Nachdem der Freund des deutschen Neonazis, Manfred Roeder, in Österreich wegen einer Rede zum hundertsten Geburtstag Hitlers zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, beschloss CEDADE 1993 die Selbstauflösung „zur Reorganisation auf breiter Basis“.

Diese Reorganisation ist DN. Sie unterhält nach Angaben der Studie gute Kontakte zur Nationalen Front (FN) in Frankreich, dem in Belgien nun verbotenen Vlaams Blok, der DVU in Deutschland, der britischen BNP und der PNR in Portugal. Noch sind spaniens Faschisten zerstritten, was ihre Mobilisierungsfähigkeit einschränkt. Es war der NPD-Chef Voigt, der im vergangenen Herbst in Madrid an die Einheit appellierte und als Beispiel dafür das NPD-DVU Abkommen anführte .

Noch machen sich die diversen Falanges und die DN Konkurrenz. Der Politikansatz ist aber sehr ähnlich, wie sich auch in den letzten Tagen bei massiven Übergriffen auf Einwanderer im Madrider Stadtteil Villaverde gezeigt hat. Vor einem Ansteigen solcher Aktionen warnt die Studie auch. Alles deutet darauf hin, dass von allen eine Strategie zur Anwendung kommt, die in Deutschland erdacht wurde und seither erfolgreich umgesetzt wird.

Die sogenannte Ausländerfrage wird zum zentralen Inhalt gemacht. Statt der vor kurzem abgeschlossenen Regulierung  http://de.indymedia.org//2005/05/116935.shtml wird ein „Ausländer raus“ gefordert und man macht die Einwanderer für allerlei Missstände verantwortlich. Diese Strategie hatte Michael Kühnen von der „Aktionsfront Nationaler Sozialisten" (ANS) 1982 ausgearbeitet, um langfristig genug Stärke zu entwickeln, um die Zulassung der NSDAP zu erreichen: „Jetzt geht es darum, Sachpositionen zu gewinnen, ein Problem zu finden, das tatsächlich die Masse der Bevölkerung als Problem bewegt und das nur von Nationalsozialisten gelöst werden kann. Das wird im wesentlichen die Ausländerfrage sein“.

Schlägertrupps gehören ausdrücklich zu der Strategie, die dann zum Zug kommt, wenn sich ein angestauter Unmut durch ein Ereignis Bahn bricht. In der Madrider Hauptstadt war es die Tatsache, dass am 2. Mai ein spanischer Jugendlicher mutmaßlich von einem jungen Einwanderer aus der Dominikanischen Republik bei einem Streit erstochen wurde. Seither ist Villaverde Aufmarschplatz der Rechtsextremen der Hauptstadt und befindet sich in einer Art Ausnahmezustand. Bei „Demonstrationen“, zu denen entweder die DN oder die Falange aufgerufen hat, wurden seither immer wieder Einwanderer attackiert und die Scheiben ihrer Geschäfte eingeschlagen.

Mit „außergewöhnlichen“ Polizeimaßnahmen wird derzeit versucht die Situation zu kontrollieren, nachdem es am vergangenen Dienstag erneut zu Überfällen gekommen war, ausgerechnet im Anschluss an eine Demonstration, die sich gegen diese Attacken richten sollte.  http://de.indymedia.org//2005/05/116666.shtml

Besonders an der letzten Demonstration zeigt sich, wie sehr sich der rechte Diskurs in dem Stadtteil breit gemacht hat, der auch von etablierten Parteien gefördert wird  http://de.indymedia.org//2005/03/110214.shtml. So demonstrierten 5000 Menschen nicht nur gegen die Übergriffe, sondern auch für mehr „Sicherheit“. Und für die „Unsicherheit“ seien natürlich die Immigranten verantwortlich. So wurden sie aus dem Marsch heraus beschimpft, wenn sie ihn von den Fenstern aus beobachteten und immer wieder wurden rassistische Parolen gerufen. Es verwundert niemanden, dass sich nur wenige der etwa 18 Prozent Nichtspanier des 144.000 Einwohner zählenden Stadtteils auf die Demonstration trauten.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián den 18.05.2005
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Ergänzungen

Pervers

Moe 18.05.2005 - 14:12
... ist es doch eigentlich, dass die Nazis "Ausländer raus" fordern und dann gleichzeitig mit verschiedenen Ländern zusammenarbeiten, u.a. Polen, wo doch aus Polen "bekantermaßen" die "ganz schlimmen" Arbeitsdiebe stammen - nicht wahr, liebe NPDler? So widerspricht es sich doch...

Eine ähnlich gute Struktur wäre von Antifa etc jedoch auch mal sehr wünschenswert...

Interessant

scoo 18.05.2005 - 14:49
Leipziger Volkszeitung vom Dienstag, 17. Mai 2005

NPD lässt Zentralorgan in Polen drucken


Dresden. In öffentlichen Verlautbarungen gibt sich Sachsens NPD-Mann Holger Apfel gern volksnah. "Deutsches Geld für Deutsche" lautet eine der wohlfeilen Formeln des Rechtsextremisten, seine Fraktion werde sich für eine "nachhaltige Förderung des einheimischen Mittelstandes einsetzen". In eigener Sache aber scheinen für Apfel andere Regeln zu gelten - als Chefredakteur der Deutschen Stimme.


Das Zentralorgan der NPD wird nicht in Sachsen gedruckt - noch nicht einmal in Deutschland. Den Zuschlag für das Monatsblatt hat eine Druckerei in Jelenia Gora (Hirschberg) erhalten, und das liegt in Polen.

Erste Hinweise dafür kursieren seit Wochen in Sachsen, endgültig fündig aber wurde jetzt die Polizei in Riesa. Bei einer Kontrolle vor rund zehn Tagen nahmen die Beamten zwei Kleinlaster mit polnischen Kennzeichen nahe des Deutschen-Stimme-Verlags unter die Lupe, mit eindeutigem Ergebnis. In den Transportern lagen die druckfrischen Exemplare der Mai-Ausgabe des NPD-Zentralorgans - neben mehreren Beilagen. Laut Recherchen dieser Zeitung ist dies nicht das erste Mal, auch in den Vormonaten standen polnische Laster vor dem Verlagsgebäude.


Die NPD selbst hüllte sich bisher dazu in Schweigen. Auch im Impressum der NPD-Monatsschrift findet sich kein Hinweis, "Eigendruck" steht dort lediglich. Dafür äußerte sich gestern ein anderer: Innenminister Thomas de Maizière (CDU) warf den Rechtsextremen Doppelzüngigkeit vor. Im Wahlkampf habe sich die NPD mit dem Slogan "Grenzen dicht für Lohndrücker" profiliert, jetzt zeige sich, dass sie "offenbar selbst als Lohndrücker agiert". Was sie anderen Parteien vorwerfe, gelte für sie selbst. Das sei "scheinheilig und unverfroren", so de Maizière.


Für Apfel und "seine" NPD ist das reichlich unkomfortabel. Denn heute wollen die Rechtsextremen ihr Wahlkampfthema "Grenzen dicht für Lohndrücker" erneut platzieren - als aktuelle Stunde im Landtag.


Jürgen Kochinke

Zusammenarbeit beim "Fest der Völker"

Sportsfreund 18.05.2005 - 22:23
Bei der Frage nach der Zusammenarbeit der NPD mit Neofaschisten und Nationalsozialisten aus anderen europäischen Ländern erlaube ich mir mal, auf das "Fest der Völker - Für ein Europa der Vaterländer" zu verweisen, das (offiziell) vom NPD-Kreisverband Jena für den 11.6.2005 in Jena geplant ist. Hier sollen neben dem NPD-Bundesgeschäftsführer Frank Schwerdt und dem bekannten "Freien Kameraden" Patrick Wieschke aus Thüringen noch acht weitere Redner aus sieben europäischen Ländern sprechen, darunter zum Beispiel auch ein Vertreter der oben genannten neofaschistischen Partei "Noua dreapta" aus Rumänien (Claudiu Mihutiu).

Ausserdem haben sich weitere Neonazis aus anderen europäischen Ländern angekündigt. Hier nur als ein Beispiel der Aufruf in einem tschechischen Hardcore-Nazi-Gästebuch der NSDAP/AO Sektion Tschechien (NSEC), nach Jena zu fahren.  http://ww*.nsec-88.org/ Der Autor BarbAryan ist Slowake, möglicherweise aus dem Umfeld von Before the war:
 http://ww*.nsec-88.org/kniha-navstev/MessageDir/MainPage1.html
Aus Tschechien werden ein Bus der "Blood and Honour-Division Bohemia" kommen, der in Prag startet und Nordböhmen abklappert, und mehrere Autos. Tschechische KollegInnen mit tiefen Einblicken in die Szene rechnen mit 150 bis 300 Nazis aus Tschechien.
Aus Bulgarien wird eine Delegation der neofaschistischen Partei "Bulgarischer Nationalbund" (BGNS - inoffiziell "Bulgarische Nationalsozialisten", Website in deutscher Sprache  http://ww*.bgns.net/ ) anreisen, vermutlich etwa 10 bis 15 Personen.
Aus Italien werden über 100 Mitglieder der "Veneto Fronte Skinheads", dem dortigen "Blood and Honour"-Arm, erwartet, meist im Gefolge der "Kultband" Block 11.

Die Website zum "Fest der Völker" wird in 15 Sprachen angeboten, darunter finnisch, estnisch und russisch. Es wird europaweit auf Foren und Websites seit langer Zeit Werbung gemacht. Nahezu alle auftretenden Bands verlinken auf die Sonderseiten zum Fest, ausserdem zahlreiche "Blood and Honour"-Sektionen und Divisionen insbesondere in Ost- und Ostmitteleuropa (Ungarn, Slowenien, Ukraine ...).

Aufgrund der europaweiten und intensiven Werbung und ähnlicher Aktionen in der Vergangenheit in Pößneck und Mücka gehen antifaschistische Gruppen von 2000 bis 5000 BesucherInnen aus. Dies deckt sich weitgehend mit den Schätzungen der Polizei: "Nach Einschätzung der Polizei wäre mit einer Teilnehmerzahl von 2.000 bis 3.000 Personen aus ganz Europa zu rechnen gewesen, unter denen sich auch Skinheads und Vertreter der "Blood an Honour"-Bewegung eingefunden hätten."

Weitere Informationen bei Indymedia:
Europaweites Neonazitreffen am 11.6. in Jena
 http://de.indymedia.org/2005/04/111915.shtml

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Hallo Mods — interessierter leser

wird zeit.... — kira

An Moe — (muss ausgefüllt werden)

@Pervers — Thomas