Impressionen aus Mittenwald

nie_wieder 16.05.2005 19:42 Themen: Antifa
Hier ein paar bildliche Impressionen und ein kurzer Bericht aus Mittenwald.
Hier ein paar bildliche Impressionen aus Mittenwald. Die ersten Fotos sind von der Zeitzeugenveranstaltung am Samstag Vormittag. Auf dem Weg dorthin kam es zu ersten mehr oder weniger lästigen Vorkontrollen der Polizei. Nach einführenden Worten der VeranstalterInnen richtete sich Peter Gingold, Sprecher der VVN und ehemaliger Widerstandkämpfer, mit ein paar sehr herzlichen Worten an das Publikum. Einer der Referierenden war Maurice Cling aus Paris, der Auschwitz überlebte und unter anderem vom Todesmarsch nach Mittenwald berichtete. Für die diesjährigen Veranstaltungen und Proteste kam er das erste Mal nach dem Krieg wieder nach Deutschland. Die Veranstaltung musste in einem mobilen Zelt stattfinden, da die Gemeinde Mittenwald nicht dazu zu bewegen war, angemessene Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Anschließend zur Veranstaltung begann von verschiedenen Punkten aus der Sternmarsch, der in eine gemeinsame Demo mündete. Die Fotos stammen von dem Teil „Verbrechen der Gebirgsjäger in Nordskandinavien“. Hierzu gab es zunächst thematisch abgestimmte Redebeiträge. Der Weg in den Stadtkern führte unter anderem am „Postkeller“ vorbei, in dem das traditionelle „Schweinebratenessen“ der Gebirgsjäger 2002 das erste Mal gestört wurde. Auch hierzu gab es einen Redebeitrag. Die nächste kurze Station war die seit Wochen angemietete Plakatwand, auf der für das Buch „Mörder unterm Edelweiß“ geworben wird. Diese wurde nach ein paar Tagen das erste Mal von Unbekannten abgerissen. Es wurde zudem von einer geplanten Bürgerwehr aus Mittenwald, die sich um die Protestierenden „kümmern“ sollte, berichtet.

Auf dem Weg zur gemeinsamen Demonstration kam es immer wieder zu kleinen Rangeleien und Nervereien mit den Bullen, da angeblich Auflagen (wie das verbotene Mitführen von Seitenstransparenten) nicht eingehalten wurden. Kurz vor dem Zusammentreffen wurden dann eine Person vom USK rausgegriffen, da sie wohl einem Bullen über die Füße gestolpert ist...
Bei der gemeinsamen Kundgebung wurde dann unter anderem ein provisorisches Mahnmal aus Pappkartons errichtet, das an die Verbrechen der Gebirgsjäger erinnern soll. Hiermit sollte der Forderung nach einem festen Mahnmal Ausdruck verliehen werden. Natürlich wurde das provisorische Mahnmal direkt nach Abzug der Demo entfernt. Nach Abschluss der Demo, in dessen Verlauf das Wetter nicht so ganz mitspielte, gab es noch ein Konzert am Zelt, in dem auch schon die Veranstaltung am vorigen Tag stattfand. Die Abschlusskundgebung fiel wegen des miesen Wetters aus.

Am Sonntag sollten zwei der Busse, die zu den Protesten gegen den am gleichen Tag stattfindenden Gottesdienst auf dem Hohen Brendten anreisten, in eine Kontrolle geleitet werden. Daraufhin entschlossen sich die betroffenen Personen, frühzeitig aus den Bussen auszusteigen und die nahe gelegene Kreuzung, die auch zum Hohen Brendten führte, zu blockieren bzw. den Vorbeifahrenden ihren Unmut kund zu tun. Nachdem die spärlich vorhandene Polizei zunächst etwas überfordert wirkte, kamen wiederum recht zügig größere Bullenmengen, unter anderem USK-Einheiten und drängten die Leute zurück. Hieraus entwickelten sie ein großräumiges Gewahrsam, das bin zum Ende der Veranstaltung auf dem Hohen Brendten aufrecht erhalten wurde. Beim Zurückdrängen der Leute wurden zwei Personen auf brutale Weise rausgegriffen und wegen angeblicher „Rädelsführerschaft“ in Gewahrsam genommen.

Nach Auflösung des Gewahrsams fuhren die Busse nach Mittenwald, wo gerade der „eigene“ Gottedienst begann. Im Verlauf dessen kam es immer wieder zu kleinen Störungen durch die Polizei. Zu einem größeren Tumult kam es, als diese einen Menschen von der Straße weg abhafteten und hinter ein Tor zerrten. Daraufhin setzte einer der Pastoren den Gottesdienst vor der aufgezogenen Polizeikette fort. Während des Gottesdienstes wurden auch immer wieder PartisanInnen-Lieder gesungen. „Die Moorsoldaten“ wurde direkt vor der Polizeikette gesungen und endete entschlossen mit „Wir sind nicht alle, es fehlen die Gefangenen!“.

Immer wieder kam es am Rande zu Diskussionen mit der örtlichen Bevölkerung und inzwischen vom Hohen Brendten zurück gekehrten Gebirgsjägern. „Die Kneipe“ hatte extra einen Aufruf an die Bevölkerung angebracht (siehe Bild). Dem Aufruf, sich nicht durch die Proteste provozieren zu lassen und nicht allzu ehrlich zu werden, kamen viele EinwohnerInnen allerdings nur bedingt nach und es kam wie so oft schon zu sehr unschönen Äußerungen. Allerdings ließen sich auch zumindest in kleinen Teilen positive oder zumindest nicht abgeneigte Reaktionen einiger TouristInnen beobachten. Berichten zufolge sollen einige EinwohnerInnen auch wieder handgreiflich gegenüber Protestierenden geworden sein.

Bleibt zu hoffen, dass es in Zukunft nicht mehr nötig sein wird, Jahr für Jahr nach Mittenwald zu fahren und „Endlich weg damit“ Umsetzung findet. Tradition ist angreifbar!
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Ergänzungen

Hier nochmal

(ich hoffe das kann besser gelesen werden) 16.05.2005 - 22:07
Echt krass was die da schreiben. Nazis bleiben halt Nazis.

Bilder

Mod 16.05.2005 - 22:19
Wir haben eine technische Neuerung: Wenn ihr jetzt die kleinen Bilder anklickt, könnt ihr sie einzeln und grösser anschauen...

@mein name

kein name 17.05.2005 - 10:08
ich denke, hintergrundinfos lassen sich auf der mobilisierungseite ( http://www.nadir.org/nadir/kampagnen/mittenwald/) erfahren, ist ja auch in der mittenwald-spalte angegeben. hier handelt es sich halt um einen reinen bericht des erlebten, daher wird der titel doch dem beitrag gerecht?!

Mittenwald Buchverbrennung

katha 17.05.2005 - 11:41
Aus: Garmisch-Partenkirchner Tagblatt - 14-16 Mai 2005

"Plötzlich fiel mir ein, das ich meine Ausgabe von Hitlers 'Mein Kampf' im Haus vergessen hatte."

luschig geschrieben

jaja 17.05.2005 - 18:33
Dieser Bericht ist zwar eindeutig besser als die bisher bei indy über die Aktionen in Mittenwald veröffentlichten. Aber auch er enthält noch mindestens zwei Ungenauigkeiten:

1. Die "ersten mehr oder weniger lästigen Vorkontrollen" waren in Wahrheit eine Überprüfung (und Speicherung?) der Personalien aller, die am Samstag auf den Hauptstraßen nach Mittenwald reisten!

2. sollte endlich aufgehört werden, die Ereignisse am Sonntagmorgen ín Klais, bei denen auch der Autor / die Autorin dieses Berichts darauf hinweist, dass gegen zwei Personen wg. angeblicher Rädelsführerschaft ermittelt wird, als Blockade abzufeiern. Es gab dort keine Blockade. Die einzigen, die dort den Verkehr aufgehalten haben, waren die "interessierten" AutofahrerInnen und die die über die Fahrbahn irrlichternden Bullen!
Alle weiteren Aussagen dazu sollten den beschuldigten und Ihren Zusammenhängen überlassen bleiben!

Cafémeile

Claus 14.03.2006 - 10:38
Als Isartaler Sympathisant fiel mir auf: Das Bild Cafémeile zeigt eine Menge Menschen im Eiscafé San Marco... Die Demonstranten/Innen sollten vielleicht mehr darauf achten, wem sie das bißchen Geld im Beutel hintragen. Es ist bekannt, dass der schleimige Inhaber der beiden italienischen Eiscafés in MiWa den Kameradenkreis unterstützt! Ebenso wie einige andere Gastronomiebetreiber, allen voran die großen Hotels oder sogar der Sohn des Bürgermeisters (Salis Grill). Unbedenklich: Osteria am Obermarkt, Café Bozner, Café Haller, Contor. Mittenwald hat sich totgelacht über die Tatsache, dass die für sie so ungeliebten Pfingstgäste aus Unkenntnis ihr Geld bei diesen Leuten ausgeben.

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