Mittenwald: "Gebirgsjägertreffen? Endlich weg damit"

Antifascista 15.05.2005 23:46 Themen: Antifa
In Mittenwald trafen sich die Gebirgsjäger zum jährlichen Pfingstgottesdienst. Und mehrere hundert AktivistInnen waren gekommen, um auf deren Kriegsverbrechen und das Verdrängen in Mittenwald aufmerksam zu machen. Ein Ausführlicher Bericht über eine Blockade, den Gottesdienst und die Reaktionen von Mittenwälder BürgerInnen, Gebirgsjägern und Polizei.
Sonntag früh morgens (um halb sieben) ging es aus den Federn, um sich nach Mittenwald aufzumachen. Ohne Zwischenfälle seitens der Polizei fuhren zwei Reisebusse und mehrere PKW vom Wiederentwaffnungscamp Richtung Mittenwald. Erst in unmittelbarer Nähe des Hohen Brendten, am Abzweig Klais haben die Cops eine „normale“ Straßensperre mit nur wenig Bereitschaftspolizei aufgestellt. Hier wurde der Konvoi zur Kontrolle an die Seite gewiesen. Womit wohl die Cops nicht rechneten, wurde dieser Ort zum Blockadepunkt erklärt. Etwa 120 Leute verließen die Fahrzeuge und liefen auf die Hauptdurchgangsstraße, die B 2, zwischen Mittenwald und Garmisch-Partenkirchen. Mit Transparenten und lauten Parolen wurden über ca. eine halbe Stunde Touristen, aber auch einige vorbeifahrende Gebirgsjäger im Stau auf die Forderungen der Brendten-GegnerInnen aufmerksam gemacht. Langsam hat die Bereitschaftspolizei Verstärkung angefordert. Auch das USK ließ sich blicken. Die Zusammenarbeit unter den Einheiten war aber sehr schlecht, so dass die Blockade erfolgreich war. Nach einiger Zeit wurde dann klar, dass alle AntifaschistInnen an diesem Ort in Gewahrsam genommen sind. Eine Personalienkontrolle wurde nicht durchgeführt. Ein richterlicher Beschluss der Ingewahrsamnahme konnte ebenfalls nicht gezeigt werden, weil es den nicht gab.
Als die Ersten in die nahe gelegene Gaststätte gingen, um die Toilette aufzusuchen, waren die Gastwirte nicht sehr glücklich. Nachdem 20 Cops auch dasselbe Ziel hatten, haben die Gastwirte von ihrem Hausrecht Gebrauch gemacht und sich jeden Toilettenbesuch von „Nicht-Gästen“ verbeten.
Die öffentlichen Toiletten waren am Bahnhof Klais, so dass mensch die ungefähr 200 Meter dahin laufen mussten. Dort fährt auch die Bahn nach Mittenwald ab. Ca. 40 Leute haben sich in den Zug gesetzt, kurz vor Abfahrt kam aber auch das USK dahinter und hat alle Brendten-GegenerInnen wieder herausgeholt. Um 12.30 Uhr wurde der Konvoi nach Mittenwald eskortiert.

Zeitgleich kam es in Mittenwald und rund um den Hohen Brendten zu weiteren Aktionen, über die an anderer Stelle berichtet wird.

In Mittenwald angekommen liefen viele kleine Gruppen vom Bahnhofsvorplatz in Richtung Kirchplatz, wo der Gottesdienst des mobilen pastoralen Einsatzkommandos Mittenwald begonnen hatte. Auf dem Weg dorthin bemerkte mensch die andere, aggressive Stimmung im Ort. Gebirgsjäger und ihre Angehörigen waren mittlerweile im Ort in die verschiedenen Cafes eingekehrt, um Grießbrei mit Apfelkompott und Vanillesauce und andere Köstlichkeiten zu schmausen. Aber so richtig schmeckte es wohl nicht. Sie hatten ihren Gottesdienst und Ehrung der Kameraden auf dem Hohen Brendten durchgeführt, aber dieses Jahr waren keine Hakenkreuze an ihren Reveren sichtbar. Auch mussten sie sich aufgrund der massiven Präsenz der internationalen Presse in ihren Reden zurückhalten. Und schließlich mussten sie über ihre Lippen bringen, dass sie nun aller Opfer des Krieges gedenken müssten. Das hat wohl viele nicht zufrieden gestellt und so ließen sie ihrer aggressiven, menschenverachtenden Seele freien Lauf. Sie provozierten, wurden aber zugleich mit lauten Rufen und Parolen „In Mittenwald ein jeder weiß, Mörder unterm Edelweiß“ bedacht.

Wie nicht anders zu erwarten, haben die Cops in solchen Situationen AntifaschistInnen gejagt. Hierbei gingen sie dann doch ein wenig zu weit und jagden einen Gebirgjäger-Gegner bis an den Rand des mobilen Gottesdienstes. Hier wurde der junge Mann durch die Bereitschaftspolizei auf den Boden geworfen, dann hinter ein Tor gezogen und dort vom USK in Gewahrsam genommen. Die massive Präsenz der Polizei auf dem Platz des Gottesdienstes war heute und hier nicht sensibel und sicherlich politisch bemerkenswert. Zeitzeugen mussten, nach sechzig Jahren zurückgekehrt in Mittenwald, dieses Szenario mitansehen. Geschmacklos und ohne Respekt.
Der Gottesdienst wurde kurzerhand an die Stelle des Tores verlegt, bis die Polizei größtenteils abgezogen war.

Nach „Bella Ciao“, kurzen Abschlußreden und noch weiteren Diskussionen mit der Mittenwalder Bevölkerung im Kleinen neigte sich der Tag in Mittenwald dem Ende zu.
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halo:gen 17.05.2005 - 20:42

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