Konflikt bei Babcock Borsig spitzt sich zu

Ralf Streck 14.05.2005 18:50 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Als Reaktion auf den unbefristeten Streik der Belegschaft wurde die Firma inzwischen befristet geschlossen. Gleichzeitig ermittelt nun die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft den Verkauf der spanischen Tochter an die "Austria Antriebstechnik" (ATB).
Die Ereignisse überschlagen sich am ehemaligen spanischen Standort des insolventen deutschen Anlagenbauers Babcock Borsig, nachdem die Firma Anfang 2004 an die österreichische Firma "Austria Antriebstechnik" (ATB) ging.  http://de.indymedia.org//2004/01/72434.shtml Dieser Vorgang ist ohnehin von Korruption belastet.  http://de.indymedia.org//2005/04/112951.shtml

Als Reaktion auf den nun seit fast zwei Wochen andauenden Streik der Belegschaft, hat ATB am vergangenen Freitag die Firma "präventiv" geschlossen. Angeblich will sie mit der Aussperrung die "Anlagen und Personen" gegen gewalttätige Übergriffe der Arbeiter schützen. Die Firma soll bis zum Streikende geschlossen bleiben. Das lässt vermuten, dass es wohl mehr darum geht, Druck auf die Streikenden auszuüben.

Für die Zuspitzung der Situation bei Babcock in der Nähe der baskischen Metropole Bilbao ist die Entlassung eines Arbeiters vor zwei Wochen verantwortlich. Für den Betriebsrat war das der erneute Hinweis darauf, dass ATB nicht an einer Produktion interessiert ist, sondern allein mit dem Gelände spekulieren will, dessen Wert auf 200 Millionen Euro geschätzt wird. Denn seit dem umstrittenen und von Korruptionsvorwürfen umrankten symbolischen Verkauf an ATB hat sich die Firma nicht an den vereinbarten Industrieplan gehalten. 76 Millionen Euro an Investitionen und der Transfer von Technologie im Wert von 17 Millionen Euro blieben bisher genauso aus, wie die versprochenen Aufträge. Deshalb fordert die Belegschaft seit langem von der „Staatlichen Gesellschaft zur Beteiligung in der Industrie“ (Sepi), die den Übergang eingefädelt hat, die „Österreicher rauszuwerfen“ und den mit ATB geschlossenen Vertrag zu annullieren.

Mit dem Übergang an ATB war die Belegschaft von etwa 650 auf etwa 350 Beschäftigte geschrumpft. Weil die Arbeiter vermuten, dass die Firma geschlossen werden soll, traten die Arbeiter der erneuten Kündigung entschieden entgegen, denn das sei erst der Anfang, argumentierten sie. Am 28. April blockierten sie Leitungsmitglieder für Stunden in deren Büros, um die Wiedereinstellung des Kollegen zu erreichen. Die Firmenleitung rief die Polizei, die brutal gegen die Arbeiter vorging und acht verletzte. Daraufhin trat die Belegschaft in den unbefristeten Streik, dem nun die Aussperrung folgte.

Tatsächlich will ATB wohl verhindern will, dass Ermittlungen über die fehlende Umsetzung des vereinbarten Industrieplans eingeleitet werden. Das zeigte sich auch am Wochenende, denn telefonisch hatte die Firma dem Betriebsrat einen Vorschlag unterbreitet: Für einen „sozialen Frieden“ wäre man bereit, den Gekündigten wieder einzustellen. Dafür müsste der Betriebsrat aber seine Anzeige bei über die fehlende Umsetzung des Industrieplans zurückziehen. Das hat der derweil abgelehnt und seine Forderungen wurden am Montag mit einer Demonstrationen der Belegschaft zur geschlossenen Firma bekräftigt. „Für das Ende des Streiks und Verhandlungen“ müsste erst der Kollege einstellt werden. Mit der Schließung versuche ATB zudem, die beantragte Inspektion bei der baskischen Arbeitsbehörde zu verhindern.

Doch das ist nicht der einzige Konflikt der den Österreichern inzwischen Sorgen bereiten.
Neben dem Gewinnrückgang im ersten Quartal 2005 von 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr, sind es vor allem staatsanwaltliche Ermittlungen, die ATB in Spanien Sorge bereiten. Inzwischen hat der spanische Cándido Conde-Pumpido die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft angewiesen, den Verkauf der Sepi an ATB zu untersuchen. Diese Ermittlungen gehen auf die Anzeige des Betriebsrats zurück. Dem geht es nicht nur darum, ungeklärte Zahlungen zu ermitteln, die im Verlauf des Übergangs an ATB an Führungsmitglieder der Firma, der Sepi und Gewerkschaftsvertreter geflossen seien. Der Betriebsrat fordert, die gesamte Privatisierung, also auch schon den Verkauf an Babcock und die dabei geflossenen Subventionen an „wenig solvente“ Firmen zu untersuchen. Tatsächlich musste die Babcock Mutter in Deutschland kurz nach dem Erwerb der spanischen Tochter 2002 Zahlungsunfähigkeit anmelden.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 09.05.2005
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