Frankenberg in Freiburg

malegría 12.05.2005 13:48 Themen: Bildung
Ein weiteres Mal ist der Baden-Württembergische Wissenschaftsminister Frankenberg am gestrigen Donnerstag nach Freiburg gekommen, um sich "einer rationalen Diskussion mit Studierenden" zu stellen. Und ein weiteres Mal mussten die Studierenden feststellen, dass man es sich wohl sparen kann mit solchen Leuten über Studiengebühren und den neoliberalen Umbau der Hochschulen zu diskutieren.
Über 1000 Studierende waren gekommen, um sich die Diskussion zwischen Frankenberg und dem Professor für Soziologie von der TU Darmstadt, Michael Hartmann anzuhören. Während Hartmann, der einen seiner Schwerpunkte in der Elitenforschung hat, fundierte Kritik an den Planungen der Baden-Württembergischen Landesregierung formulierte, die Hochschulen umzustrukturieren und Studiengebühren einzuführen, glänzte der Wissenschaftsminister durch ausschweifende und wenig sagende Antworten, die gespickt waren mit Fremdwörtern und Abkürzungen. Auf die Fragen der Studierenden ging er dabei in der Regel nur am Rande ein, um dann wieder gebetsmühlenartig die Geschichten von leeren Kassen und der Sozialverträglichkeit von Studiengebühren zu wiederholen. Aus dem Publikum wurden die Ausführungen Hartmanns häufig mit lautem Applaus bedacht. Frankenberg hingegen erntete vor allem Buhrufe und Pfiffe, nur selten gab es zögerliches Klatschen von Teilen der ZuhörerInnen.

Eines zeigten die Ausführungen wieder deutlich: Die Gestaltung der Bildungspolitik ist eine politische Entscheidung und keine, die durch äußere Zwänge entsteht. Während Frankenberg immer wieder auf die Alternativlosigkeit von Studiengebühren pochte und die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen verteidigte, verwies Hartmann auf die fast sicher zu erwartenden Folgen solcher Reformen: Die weitere Ausdifferenzierung der Bildungslandschaft nach sozialen Kriterien. Schon jetzt sei das deutsche Bildungssystem, vor allem das Schulsystem, enorm selektiv und dies werde mit großer Wahrscheinlichkeit durch die geplanten Reformen noch weiter verschärft. Dies untermauerte er auch immer wieder mit Beispielen aus dem Ausland, deren Hinzuziehen er für Prognosen berechtigt fand.

Auch das Argument Frankenbergs, dass die Studiengebühren die 500-Euro-Marke schon allein auf Grund gebührenrechtlicher Beschränkungen nicht übersteigen werden, entkräftete der Soziologe. Die Vergangenheit habe oft genug gezeigt, dass Gesetze geändert werden können, wenn der politische Wille dafür vorhanden ist. Und eine zu erwartende CDU/CSU-geführte Bundesregierung werde sicher nicht gegen die Pläne der CDU-Länder agieren, die Studiengebühren einführen wollen. Die Frage also, wie das Bildungssystem gestaltet wird, sei eine politische, keine rechtliche oder volkswirtschaftliche.


Feature zum Summer of Resistance:
 http://de.indymedia.org/2005/04/113154.shtml

Das besetzte Rektorat der Uni Freiburg:
 http://www.besetztes-rektorat.de.vu

Der Freiburger Frühling:
 http://www.freiburger-fruehling.de

Eine Übersicht über die Presse:
 http://www.soziologie.uni-freiburg.de/fachschaft/politik/maiproteste



###############
Für Reden wie die Frankenbergs ist auch folgender Text interessant:

Meine Damen und Herren!

Politik bedeutet, und davon sollte man ausgehen, das ist doch, ohne darum herum zu reden, in Anbetracht der Situation, in der wir uns befinden. Ich kann meinen politischen Standpunkt in wenigen Worten zusammenfassen: Erstens das Selbstverständnis unter der Voraussetzung, zweitens und das ist es was wir unseren Wählern schuldig sind, drittens die konzentrierte Beinhaltung als Kernstück eines zukunftweisenden Parteiprogramms.

Applaus

Wer hat denn, und das muss vor diesem hohen Hause einmal unmissverständlich ausgesprochen werden. Auch die wirtschaftliche Entwicklung hat sich in keiner Weise, das kann auch von meinen Gegnern nicht bestritten werden, ohne zu verkennen, dass in Brüssel, in London die Ansicht herrscht, die Regierung der Bundesrepublik habe da und, meine Damen und Herren, warum auch nicht? Aber wo haben wir denn letzten Endes, ohne die Lage unnötig zuzuspitzen, da meine Damen und Herren liegt doch das Hauptproblem. Bitte denken Sie doch einmal an die Altersversorgung. Wer war es denn, der seit 15 Jahren, und wir wollen einmal davon absehen, dass niemand behaupten kann, als hätte sich damals, so geht es doch nun wirklich nicht.

Applaus

Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass die Fragen des Umweltschutzes, und ich bleibe dabei, wo kämen wir sonst hin, wo bliebe unsere Glaubwürdigkeit? Eins steht doch fest, und darüber gibt es keinen Zweifel, wer das vergisst, hat den Auftrag des Wählers nicht verstanden.

Applaus

Die Lohn- und Preispolitik geht von der Voraussetzung aus, dass die mittelfristige Finanzplanung, und im Bereich der Steuerreform ist das schon immer von ausschlaggebender Bedeutung gewesen. Meine Damen und Herren, wir wollen nicht vergessen, draußen im Lande, und damit möchte ich schließen, hier und heute stellen sich die Fragen, und ich glaube, Sie stimmen mit mir überein, wenn ich sage, letzten Endes, wer wollte das bestreiten.

Ich danke Ihnen.

Applaus

[Die Bundestagsrede von Loriot]

###############
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Die Welt des Doktor Schüle

Zauberlehrling 12.05.2005 - 14:24

Es geht immer weiter...

Autonom@ntifA 12.05.2005 - 14:32

Aeh, falsche Sitzverteilung

AutorIn 12.05.2005 - 19:11
Auf dem Foto, wo Jäger zu sehen ist, ist links nicht Schüle, sondern Dreyer vom Pressestab der Universität zu sehen!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

@AutorIn — malegría