Erneutes Desaster für Worchs Wanderzirkus

redskin 02.05.2005 20:28 Themen: Antifa
Erlebnisbericht von den Antifaaktivitäten am 1.Mai in Leipzig...
Hier nun noch ein weiterer Bericht zu Leipzig am 1.Mai von einer Berliner Reisegruppe:

Unsere Reisegruppe traf sich gegen 8.00 Uhr morgens am Alex in Berlin, um sich mit mehreren Autos auf den Weg ins sächsische Leipzig zu machen. Die Stimmung war auf Grund des hervorragenden Demowetters und in der Erwartung von regen antifaschistischen Protesten (insbesondere rückblickend auf die massiven antifaschistischen Proteste am 3.10.04) ziemlich gut. Im Auto gab es erst mal den entsprechenden revolutionären Soundtrack auf die Ohren: den „Hate the state“-Sampler aus dem Hause Fire and Flames, auf welchem großartige Bands wie Brigada Flores Magon, Jeunesse Apatride und Obrint Pas vertreten sind.

Nachdem wir relativ unstressig und ohne Vorkontrolle in Leipzig angekommen waren, stellten wir unsere Autos erst mal an sicherer Stelle ab. Da es nun doch schon nach elf Uhr war, begaben wir uns sofort in Richtung Hauptbahnhof, da sich dort bereits der Großteil des autonomen Antifablocks von der DGB-Demo befand, welche bereits gegen 10.00 begonnen hatte. Dort beteiligten sich auch schon über 500 Antifas, um lautstark ein paar eigene politische Akzente setzen zu können.

Am Hauptbahnhof angekommen, befand sich bereits eine relativ große Anzahl von AntifaschistInnen, welche den Auftaktkundgebungsort der Nazis blockierte, umgeben von zahlreicher Polizei. Die Nazis sammelten sich ab 11.00 Uhr auch nach und nach auf dem Bahnhofsvorplatz, während die Masse an AntifaschistInnen bis 12 Uhr auf ca. 1.500 anschwoll, da auch der Park und die anliegenden Nebenstrassen immer voller wurden. Auch am Kundgebungsort der Gewerkschaften am Augustusplatz befanden sich noch mal um die 1.000 Menschen.

Da sich die Polizei mit den Vorkontrollen und der Durchsetzung der Demoauflagen auf Seiten der Nazis sichtbar Zeit ließ, verzögerte sich der geplante Demobeginn der Nazis immer mehr. Für unsere Seite war das nicht gerade von Nachtteil, da wir erst mal im anliegenden Park etwas chillen konnten, während sich die Nazis beim stundenlangen Warten in der prallen Sonne einen Sonnenbrand zuzogen.

Als die Nazis gegen 15.00 Uhr dann doch noch versuchten Ihren Aufmarsch in Bewegung zu setzen, begann sofort ein wüster Hagel aus Flaschen, Steinen und Leuchtspurrgeschossen einzusetzen, welcher jedoch die Bullen sofort dazu veranlasste, in den vorderen Reihen wahllos Leute herauszugreifen. Dadurch, dass die Bullen nun auch relativ geschlossen und offensiv losrannten, stürmten die meisten DemonstrantInnen panikartig die Straße Richtung Augustusplatz hoch. Hier wäre es wirklich wichtig gewesen etwas mehr die Ruhe zu bewahren und eventuell auch Ketten zu bilden. Leider konnten uns die Bullen nun jedoch relativ schnell bis zum Kundgebungsort der Gewerkschaften am Augustusplatz zurückdrängen.

Dort versuchten uns die Bullen dann noch kurzzeitig zu verarschen, indem sie gegenüber den Gewerkschaften äußerten, dass sie die Nazis nicht mehr auf der ursprünglichen Route laufen lassen würden, sondern parallel dazu auf der Nürnbergerstrasse. Somit lief zunächst ein guter Teil der Leute zur nächsten Straßenkreuzung, um auch diese Route zu blockieren. Da sich das Ganze jedoch relativ schnell als Finte herausstellte, kehrten die DemonstrantInnen nach kurzer Zeit zurück zur Blockade am Augustusplatz, um die Straße dicht zu machen.

Auf der einen Straßenseite gab es nun eine Sitzblockade von mehreren hundert Leuten, während auf der anderen Straßenseite eher die militanteren Leute waren, welche sich nun den heranrückenden 2 Wasserwerfern plus Räumfahrzeug in den Weg stellten. Diese kamen nach relativ kurzer Zeit auch zum Einsatz, wobei sich nun auch vor den Wasserwerfern eine kleine Sitzblockade bildete, welche den Wasserwerfereinsatz aufgrund der Hitze doch mehr oder weniger genoss.

Es dauerte einige Zeit, bis es den Bullen zu bunt wurde, da sie merkten, dass sie mit den Wasserwerfern allein die Leute nicht wegbekommen würden. Somit kamen nun die Thüringer Prügelbullen zum Einsatz, welche ziemlich gewaltvoll mit Knüppeln und Pfeffergas gegen die blockierenden AntifaschistInnen vorgingen. Hierbei kam es aber auch zu wiederholten Gegenattacken von unserer Seite, so dass es für die Bullen zunächst nur Zentimeterweise vorwärts ging. Hier flogen nun auch bei Verhaftungsversuchen durch die Cops immer wieder Flaschen und auch Steine aus den hinteren Reihen – wobei hier kritisch anzumerken bleibt, dass einige Leute wohl nicht so ganz zielsicher waren und somit zumindest in zwei Fällen auch eigene Leute trafen, was ziemlich scheiße ist. Also in Zukunft bitte das Schmeißen von Gegenständen unterlassen, wenn Ihr nicht zielen könnt, besoffen seid oder sonst wie unkoordiniert seid...

Mindestens genauso ärgerlich waren in dieser Situation jedoch auch die friedlichen Sitzblockierer, welche sich extrem unsolidarisch verhielten, als ein paar Leute Pfefferspray abbekommen hatten und deshalb aus der Gefahrenzone wollte. Die Sitzblockierer wollten die betroffenen Menschen nicht durchlassen...

Als die Bullen immer mehr und immer aggressiver wurden, wurden die Leute schließlich nervöser und begannen sich irgendwann von den Bullen relativ panikartig die Demostrecke in Richtung Südstadt/Connewitz hinuntertreiben zu lassen. Dennoch konnten nun noch zahlreiche Blockaden auf der Straße errichtet werden und auch die Bullen wurden massiv mit Steinen und Flaschen angegriffen.

Auf dem Weg Richtung Connewitz wurde auch noch das LVZ-Gebäude und das Bullenrevier mit Steinen angegriffen, wobei letzteres ziemlich stark getroffen wurde. Auch ein paar geparkte Bullenautos wurden in Mitleidenschaft gezogen. An dieser Stelle bleibt auch noch anzumerken, dass mindestens drei Nazibusse an anderer Stelle (zumindest teilweise) entglast werden konnten.

Je tiefer die Bullen die Antifas jedoch in Richtung Connewitz zurückdrängten, desto mehr zerstreuten sich die Leute. Ein Großteil von uns zog es nun vor, erst mal eine kleine Pause einzulegen, bevor es weiterging.

Die Nazis, welche wohl nur etwa 800 an der Zahl waren, was für Worch wohl rein zahlenmäßig schon eine ziemliche Niederlage darstellen dürfte, da der 1.Mai in Leipzig ja ursprünglich als der zentrale überhaupt angepriesen wurde (und in Neubrandenburg bei Worchs Konkurrenten Wulff wohl auch noch mal mehrere hundert Kameraden am Start waren) durften zwischenzeitlich doch noch weiterlaufen. Diese wurden jedoch schon ca. 600 Meter von Ihrem Auftaktkungebungsort entfernt gestoppt, da es die Bullen nicht schafften die Sicherheit der Nazis zu gewährleisten.

Dafür, dass sich Worch zum wiederholten Mal vorgenommen hatte ins linksalternativ geprägte Connewitz zu marschieren, lässt sich aus Antifasicht klar festhalten: Worchs Wanderzirkus hat eine weitere desaströse Niederlage erlitten (die wievielte eigentlich in Leipzig – kann mich noch an den legendären 1.Mai 1998 in Leipzig erinnern und seitdem hat Worch sein Ziel eigentlich nie erreicht). Nur 800 Kameraden auf der Straße, von insgesamt über 10 km Aufmarschstrecke gerade mal 600 Meter gelaufen und zudem wiederum weit davon entfernt nach Connewitz zu gelangen. Noch dazu haben sich die NS-Traditionalisten und Autonomen Nationalisten auf Ihrer eigenen Demo einmal mehr zerfleischt. Dazu kommt, dass wohl einige Kameraden durch das stundenlange sinnlose Rum gestehe ohne Vermittlung irgend eines poltischen Inhaltes durch die starke Sonneneinwirkung einen Sonnenstich erlitten...

Überdies wurden die Nazis auf dem Rückweg zum Hauptbahnhof von Antifaseite nochmals beiderseitig mit Wurfgeschossen und Parolen in die Zange genommen, wobei diese wohl auch einige Verletzte zu beklagen hatten... Die Polizei schien hier zeitweilig überhaupt nicht mehr Herr der Lage zu sein.

Unsereins provozierte die Nazis dann noch schön mit unserem Redskintransparent, diversen Antifaparolen und einem schönen Antifahooliganschal von den italienischen Los Fastidios...

Alles in allem ein erfolgreicher Tag für alle AntifaschistInnen: über 3.000 Leute auf der Strasse, Connewitz einmal mehr erfolgreich verteidigt und Worchs Wanderzirkus klar in seine Grenzen gewiesen!

Kritisch anzumerken bleibt, dass es der antifaschistische Seite teilweise an Geschlossenheit und Zusammenhalt gemangelt hat: wir sollten in Zukunft wieder häufiger Ketten bilden und nicht bei jeder Stresssituation gegenüber den Bullen panikartig die Flucht ergreifen. Dafür jedoch brauchen wir wieder mehr und besser organisierte Antifas – gerade auch in Hinblick auf kommende Nazigroßveranstaltungen wie am 8.Mai in Berlin, am 11.6. in Jena beim „Fest der Völker“ oder am 20.8. in Wunsiedel.

Das viele Leute es am 1.Mai vorgezogen haben lieber gegen die Nazis auf die Straße zu gehen, anstatt in Berlin an einem politisch sinnentleerten Ritual teilzunehmen ist verständlich, solange da inhaltlich keine neuen Perspektiven geboten sind.

Einziger Lichtblick war hierbei die relativ große Solidemo für die Yorkstraße mit um die 1.000 Leute und der erfolgreiche erste Versuch einer Euromaydayparade in Hamburg mit 3.-4.000 Leuten.

Vielen Dank an dieser Stelle übrigens von der Redskinfraktion an die Autonomen Nationalisten: Ihr habt es erfolgreich geschafft, das Bild vom „bösen“ Skinhead=Nazi entscheidend zu verbessern und unsere Szene von Boneheads und Kraken zu säubern, die dort rein gar nichts verloren haben! Weiter so...

Kommt am 8.Mai 2005 alle nach Berlin um den dortigen Naziaufmarsch und das heuchlerische Auftreten der Bundesregierung zum absoluten Desaster werden zu lassen!

Mehr Infos dazu findet Ihr unter: www.8-mai.antifaschistische-aktion.com www.antifa.de und www.deutschland-du-opfer.de
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Ergänzungen

Kleine Verbesserung

riLle 02.05.2005 - 22:44
Zunächst vielen Dank für die Unterstützung aus Berlin und den netten Artikel.

Jedoch noch folgendes:

Auf der Seite der 1. Sitzblockade am Augustusplatz saßen zwar auch gewaltbereite Linke, jedoch verhielten diese sich komplett friedlich.
Leider war diese 1. Sitzblockade nur ca. 6 Reihen stark, jedoch mussten die Polizisten wirklich jeden einzeln wegtragen und taten dies auch mit absolut übertriebener Brutalität, und das bevor auch nur ein Geschoss/Flasche/Stein geflogen kam!

Die Panik am Hauptbahnhof hätte sich vermeiden lassen, hätte man es mit einer Sitzblockade versucht und nicht sofort geworfen!
Klar, dass die Leute vorne dann Panik bekommen!

Zakentier

Zakentier 02.05.2005 - 23:27
Guter Bericht der alles wiedergibt was geschehen ist.
Auser die Brennende Barikade , da haben die bullen sich sicher gedacht das es so wie am 3.October Ender und es überal Brennt, und hatten vieleicht kein bock die Faschos weiter zu escortieren....

Ansonsten, Gelungene Aktion!

noch ein bild zur doku

mobster 03.05.2005 - 11:25
da siehste

Nazis sind mehr gelaufen.

... 03.05.2005 - 13:34
Die Nazis liefen von ihrer 10 km langen Marschstrecke (5 km nach Connewitz, 5 km zurück) lediglich ca. 1200 Meter (600 nach Connewitz, 600 zurück).

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Leipzig hat gerockt — reisechaot

leipziger allerlei — antifa

immer nur ANTI — tom

@angewiedert! — egal