Erklärung zur Befreiungsfeier in Buchenwald

Meier 20.04.2005 22:49 Themen: Antifa Repression
Erklärung zu dem Verbot gegen AntifaschistInnen an der Befreiungsfeier des ehemaligen KZ Buchenwald teilzunehmen.
Erklärung zu dem Verbot gegen AntifaschistInnen an der Befreiungsfeier des ehemaligen KZ Buchenwald teilzunehmen:

Am 10.04.05 gedachten auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar anlässlich der Feier zum 60. Jahrestag der Befreiung 1200 Menschen der Opfer des Nationalsozialismus.
AntifaschistInnen wurde der Zutritt zu dieser Gedenkveranstaltung verwehrt. Auf dem Weg zu den Feierlichkeiten wurden mehrere AntifaschistInnen an Polizeisperren aufgehalten und ihnen das Betreten der Gedenkstätte untersagt. Begründet wurde dies damit, dass sie in einer Polizeikartei als „linksmotiviert“ gespeichert seien. Woher diese Kategorisierung kam und was sie bedeutet erfuhren sie nicht, nur dass sie bis 23 Uhr, weder Weimar noch die Gedenkstätte betreten dürften und bei Zuwiderhandlung in Gewahrsam genommen werden würden.

Diese Gedenkfeier, die seit vielen Jahren zum Jahrestag der Befreiung des Lagers stattfindet, erinnert an die Greuel des Nationalsozialismus, an die verfolgten, gedemütigten und gefolterten Menschen in den vielen Lagern des NS und an die Millionen von Toten - verursacht durch Rassenhaß, Antisemitismus, diktatorischer Ideologie und wirtschaftlichen Interesse. Der Jahrestag der Befreiung des Lagers Buchenwald ist aber nicht nur Erinnerung und Trauer, sondern immer auch Mahnung für die Menschen heute. Mahnung dafür, dass solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit nie wieder geschehen dürfen und dass dem Faschismus und den ihm immanenten Strukturen, von Grund auf entgegen getreten werden muß.

Wir sind empört, dass junge AntifaschistInnen von einer solchen Veranstaltung ausgeschlossen werden – noch dazu in dem Land, das in der Verantwortung für ein mörderisches und menschenverachtendes System steht, welches u.a. durch die Kategorisierung von Menschen und durch die brutale Verfolgung Andersdenkender, Millionen von Toten hervorbrachte. Wir sind darüber empört, dass dies an einem Ort und an einem Tag geschah, der genau daran erinnerte. Während im sächsischen Landtag Nationalisten den Holocaust verharmlosen und die Opfer des Nationalsozialismus verhöhnen, während sich auf Gedenkstätten Neonazis ungehindert stolz mit Symbolen des NS, vor den Orten des Schreckens, abfotografieren lassen, während vielerorts FaschistInnen in Deutschland Terror gegen andere verbreiten und während Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus verstärkt gesellschaftlich zum Tragen kommen, werden überzeugte AntifaschistInnen als eine Gefahr für eine antifaschistische Gedenkveranstaltung dargestellt.
Dass dies nicht nur ein Angriff gegen einzelne, sondern gegen viele ist, ist dabei klar. Auch die Intention dieser Aktion ist offensichtlich: Das Ganze ist ein weiterer Versuch, Neonazis und AntifaschistInnen unter dem vorgeschobenen Begriff „radikal“, gleichzusetzen, um so den antifaschistischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu diskreditieren und die auch heute noch notwendige antifaschistische Einstellung als Verbrechen zu denunzieren. Die Gleichsetzung zwischen Rechts und Links oder zwischen Nationalsozialismus und dem System der ehemaligen DDR, wie es hier seit vielen Jahren propagiert wird, bedeutet auch eine Verharmlosung der Verbrechen, die von Deutschland aus begangen wurden. Dass die Relativierung der Schuld in Deutschland traurigerweise gängiges Prinzip geworden ist und auch von Regierungsseite vorangetrieben wird, zeigt sich allein schon in der unsäglichen Diskussion um den, von vielen erschreckender Weise, so benannten „Bombenholocaust“.
Die staatlichen Institutionen versuchen sich die Geschichte alleinig anzueignen, umzudeuten und für ihre Zwecke zu funktionalisieren. Statt die Geschichte weiterhin aufzuarbeiten und zu der Verantwortung zu stehen, die Deutschland nach wie vor gegenüber den Ermordeten und Verfolgten des Nationalsozialismus hat, werden die Entschädigungszahlungen an ZwangsarbeiterInnen immer noch verschleppt, werden Roma und Sinti hier immer noch diskriminiert und sind immer noch viele Opfer nicht rehabilitiert. Statt dessen wird versucht, durch Gleichsetzung und Relativierung die Verantwortung von sich zu weisen.
Dies ist der eigentliche Skandal. Dass AntifaschistInnen für diese Zwecke von den Gedenkveranstaltungen ausgeschlossen werden, ist ein Teil in dieser Entwicklung, der nicht einfach hingenommen werden kann. Die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus und die Mahnung vor dem Faschismus darf nicht durch staatlich geordneten Antifaschismus reglementiert und inhaltlich bestimmt sein. Sie ist die Aufgabe aller Menschen, in dem Bewußtsein des Schwures von Buchenwald:
„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.
Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“

Darum protestieren wir aufs Schärfste gegen die Ausgrenzung von antifaschistischen Menschen während der Veranstaltung in Buchenwald und in anderen ehemaligen Konzentrationslagern.
Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg !




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Ergänzungen

"Einlaß - Kontrollen durch die Polizei

Hannah 21.04.2005 - 09:49
Komplettiert wurde das Ganze dann noch dadurch, daß mensch während der Anwesenheit von Schröder durch ein Spalier von mit Tonfas bestückten Polizisten zum Haupttor laufen mußte, wo dann Polizisten noch Einlaß - Kontrollen vornahmen. Antifaschistische Aktion - Fahnen mußten draußen bleiben. Sicher weil wir AntifaschistInnen nichts anderes vorhatten, wie uns innerhalb der Gedenkstätte eine Schlacht mit Schröder und seinen grünen Bewachern zu liefern.Jungen AntifaschistInnen wurde am Haupttor teilweise der Einlaß verwehrt. Begründung hier "unangemessene Kleidung". Nur durch die Intervention einiger älterer GenossInnen, die die jungen Antifas unterharkten und mit sich zogen,wurde diese Situation geklärt.
Ekelhaft war es dann für viele Anwesende innerhalb der Gedenkstätte am Stacheldrahtzaun zu stehen und Polizisten im Laufschritt außerhalb auf und ab rennen zu sehen. Ein ehemaliger Buchenwald - Gefangener schüttelte ob dieses Anblickes nur noch den Kopf und sagte: "So was gibt es halt nur in Deutschland".

Hallo

Kalle Maisenkaiser 22.04.2005 - 10:41
Zu dem Bullenspalier währe noch folgendes zu sagen: Es befand sich an der stelle des damaligen "Karachoweges", also da wo die Gefangenen von der Verladerampe zum Einganztor geprügelt wurden.
Genau an dieser Stelle standen vor 60 Jahren die SS Schweine im Spalier und haben die Gefangenen mit Schlagstöcken in das Lager geprügelt. Und nun standen dort Bullen in Kampfuniform.
Perverser geht es ja wohl nicht mehr, oder??
Eine weitere Begebenheit die bisher kaum jemand zur Kenntniss genommen hat waren die etwa 30 Nazis, die am Samstag durch Weimar marschierten, zum großen Teil mit Flecktarnjacken der SS bekleidet.
Und dann währe da noch der Bus mit den ehemaligen Häftlingen der von den Bullen auf dem Weg nach Buchenwald 5 mal kontrolliert wurde.
Also hier läuft einiges ganz seltsam in diesem Land.
Deutschland verrecke!!

Platzverbot für Gedenkfeier in Buchenwald

Dokumentation 22.05.2005 - 17:33
"Gemäß §18 des Thüringer Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei wird Ihnen das Betreten des Stadtgebietes Weimar sowie der Nationalen Mahn-und Gedenkstätte Buchenwald verboten."
 http://de.indymedia.org//2005/04/111756.shtml

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weitere Skandäle bei Gedenkveranstaltungen

2005 Ausschwitz
01.02.2005 Blickpunkt Mia Raben Seite: 03
Zeremonie im eisigen Wind
Die Auschwitz-Überlebenden und die Gedenkfeier
 http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2005/0201/blickpunkt/0042/index.html05.02.2005 Leserbriefe Seite: 36
Nur schnell weg vom Ort des Grauens
Barbara Kühn, Bergfelde
 http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2005/0205/leserbriefe/0192/index.htmlÜberlebende von Auschwitz als Staffage benutzt  http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2005/0205/leserbriefe/0204/index.html

1995 Sachsenhausen
Mit Platzverweis gegen Gedenken
Polizei hinderte 127 Personen, an Gedenkveranstaltungen
teilzunehmen / Gezielte Aktion gegen "linkes Spektrum"
 http://www.taz.de/pt/1995/04/25/a0040.nf/text