Entscheidung über Friedenspross vertagt

Ralf Streck 15.04.2005 19:39 Themen: Weltweit
Zapatero hat das Verbot der baskischen Kommunisten abgelehnt und hält die Tür für einen möglichen Friedensprozess im Baskenland mit den Wahlen am Sonntag offen Es war klar, dass sich an den Wahlen zum baskischen Regionalparlament am Sonntag zeigt, ob die neue spanische Regierung an einem Friedensprozess interessiert ist. Der erneute Ausschluss der linken Unabhängigkeitsbewegung hätte es schwer gemacht, auf deren Angebote zur friedlichen Belegung des seit Jahrzehnten schwelenden bewaffneten Konflikts noch glaubhaft einzugehen. So hat der sozialistische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE) die Frage vertagt, um sich diese Tür offen zu halten. (Unten, wer wird wo gewählt unter welchen Vorraussetzung)
Die Partei Batasuna (Einheit) zu legalisieren und damit ein klares Zeichen zu setzen, konnte er nicht. Dafür fehlt ihm die Stärke in der PSOE und gegen die ultrarechte Volkspartei (PP). Die PP hatte mit Hilfe der PSOE extra ein Gesetz geschaffen, um Batasuna 2003 verbieten zu können. Wegen dieser Situation und des umfassenden Friedensangebots von Batasuna versucht Zapatero einen Spagat. Eine unter seiner Regierung gebildete Wählerliste wurde als angeblicher Batasuna-Nachfolger verboten, dafür lässt er die „Kommunistische Partei der Baskischen Territorien“ (EHAK) durchlaufen, die noch unter der PP-Regierung gebildet wurde und von der PP nach dem neuen Parteiengesetz 2002 legalisiert wurde.
Seine Regierung will keine Verbindung von EHAK zu Batasuna sehen: „Präventive Verbote könne es nicht geben“, erklärte Zapatero. Es gäbe keine relevanten Beweise für ein Verbot, die Ermittlungen der Sicherheitskräfte hätten nichts ergeben. Dabei schließt ein Bericht der Guardia Civil: „Faktisch wurde EHAK von Teilen Batasunas absorbiert“. Das ist zwar genauso wenig belegbar, wie deren absurde Vorwürfe, die kürzlich zum Verbot der Bürgerliste Aukera Guztiak (Alle Optionen/AG) geführt haben. Die hatte die Gewalt der Untergrundorganisation ETA verurteilt, wie es das neue Gesetz fordert. Da eine Verbindung zu Batasuna nicht zu beweisen war, mussten Kontakte zum Chef der Gewerkschaft LAB für ein Konstrukt herhalten.
Bei EHAK stört man sich nun nicht daran, dass Aktivisten der ohnehin legalen Gewerkschaft dort kandidieren. Den höchsten spanischen Gerichten, denen „Hinweise“ zum Verbot von AG reichten, wäre es so leicht gefallen auch EHAK zu verbieten. Soweit hat die PP Recht, die in acht Jahren Regierung die Justiz mit ihren Anhängern besetzt hat.
Dass Zapatero dieses Verbot nicht beantragt, ist ein erstes deutliches Zeichen an die baskische Linke. Er gewinnt Zeit, hält die Tür zu einem Friedensprozess offen und kann die Vorwürfe der PP abgleiten lassen. Er präsentiert sich in Abgrenzung zu PP als wirklicher Demokrat, um den „Rechtsstaat“ zu beschwören, an dessen Verstümmelung er massiv mitgearbeitet hat. „Dessen Verteidigung kennt keine Abkürzungen“, sagte Zapatero. Damit Spanien 30 Jahre nach dem Tod des Diktators zu einer demokratischen Normalisierung kommt, müsste er die Franco-Nachfolger wirklich in die Schranken weisen.
Mit der Zulassung von EHAK verhindert er aber auch eine mögliche absolute Mehrheit der moderaten Nationalisten. Der Ausschluss der Linksnationalisten aus dem Regionalparlament, hätte die Moderaten gestärkt, die einen Teil der Stimmen eingefangen hätte. Damit wäre auch der „Plan Ibarretxe“ gestärkt worden, über den nun die baskische Bevölkerung per Referendum entscheiden soll, weil Madrid ihn nach Verabschiedung im baskischen Parlament ohne Dialog auf Druck der PP abschmettern ließ.
Da ist das Angebot von Batasuna attraktiver, dass auch die ETA trägt, wonach alle Konfliktparteien gemeinsam eine dauerhafte Konfliktlösung ausarbeiten, über die dann die Bevölkerung entscheidet. Nötige Zugeständnisse könnten von Zapatero mit dem Ende des bewaffneten Konflikts begründet werden. Die Ausweitung der nie umgesetzten baskischen Autonomie über den Plan Ibarretxe zu einer „freien Assoziation“ an Spanien, stünde ohne Gegenleistung. Um eine Neubestimmung kommt Zapatero nicht herum. Dafür sorgen schon seine Sozialisten in Katalonien, die für eine Ausweitung der Autonomie eintreten und mit Parteien eine Regierung bilden, die für die Unabhängigkeit Kataloniens eintreten.

© Ralf Streck Donostia-San Sebastián den 14.04.2005

Wahlen im Baskenland

Gewählt wird in den drei Provinzen, die in Spanien die „Autonome Baskische Gemeinschaft“ (CAV) bilden. In der Provinz Navarra wird nicht gewählt, weil die versprochene Abstimmung über den Anschluss an die CAV nie durchgeführt durfte. Wahlberechtigt sind etwa 1,8 Millionen Menschen. Knapp eine Million in der Provinz Bizkaia, die Hälfte davon in Gipuzkoa und etwa 300.000 in Araba.
Aus den Wahlen 2001 ging die Koalition aus Baskisch-Nationalistischer Partei (PNV) und der Baskischen Solidaritätspartei (EA) gestärkt hervor. Erneut kandidieren die moderat rechte nationalistische Partei mit ihrer sozialdemokratischen Abspaltung auf gemeinsamen Listen. Der Spitzenkandidat ist der baskische Regierungschef Juan José Ibarretxe. 33 von 75 Sitzen hatten sie 2001 erreicht und erneut wird ein Zuwachs erwartet.
Die ultrarechte spanische Volkspartei (PP) erreichte 19 Sitze. Nach ihrem Wahlverlust in Spanien, wird ein schlechteres Abschneiden der Kandidatin Maria San Gil erwartet. Die spanischen Sozialisten (PSOE) hatten 13 Sitze erreicht, von ihrem Kandidaten Patxi Lopez wird gehofft, dass er die Verluste von 2001 nach dem Wahlsieg in Spanien wett macht und die PP überflügelt.
Sieben Sitze hatten die Linksnationalisten Baskische Bürger (EH) erreicht. EH wurde mit Batasuna (Einheit) 2003 rückwirkend verboten. An deren Wähler wendet sich nun die Kommunistische Partei der Baskischen Territorien (EHAK). Die Prognose ist schwierig, da sie erst zwei Wochen vor den Wahlen aufgetreten ist und aus den Medien ausgeschlossen war. Je nach Wahlbeteiligung sind vier bis zehn Mandate möglich.
Die Vereinte Linke (IU) konnte mit Javier Madrazo leichte Gewinne 2001 erzielen und regierte bisher mit der PNV und EA. Sie hatte sich Hoffnungen auf Gewinne wegen der Verbote linker Optionen gemacht. Von drei wollte sie mit fünf Mandate Fraktionsstärke erreichen. Nach der Kandidatur von EHAK ist dies unwahrscheinlich.

© Ralf Streck den 14.04.2005
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