Propaganda-Pleite zur EU-Verfassung

Edo Schmidt 15.04.2005 01:25 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe
Der Truck der Bundesregierung, der derzeit durch die BRD tourt, um für den EU-Verfassungsvertrag zu werben, war am 14. April 2005 in Münster.
Ich habe noch nie soviel Desinteresse bei einer solchen Regierungs-PR-Kampagne erlebt...
Am 14. April 2005 war der Truck der Bundesregierung, der die EU-Verfassung bewerben soll, in Münster/Westfalen. Doch kaum ein Mensch interessierte sich für diese Propaganda-Show, die eine private PR-Agentur für die rotgrüne Regierung derzeit in allen größeren Städten der BRD abzieht. Viele Leute, die an dem Truck achtlos vorbeigingen, zeigten sich empört, nicht wirklich über die EU-Verfassung informiert und schon gar nicht in den Entscheidungsprozeß miteinbezogen zu werden. Und beinahe alle BesucherInnen der "Ausstellung" nahmen gerne ein Flugblatt der VerfassungsgegnerInnen, die vor dem Truck verteilt wurden. Kann sein, daß an diesem Tag mehr Material gegen die Verfassung verteilt wurde als Hochglanz-Werbebroschüren der Regierung. Es war übrigens eine ganz einfache Flugblattverteilaktion, aber sehr wirkungsvoll. Und sie ist garantiert in jeder Stadt wiederholbar...


Hier das Flugblatt, das verteilt wurde:


Gegen die neue EU-Verfassung!

Gegen ein neoliberales, militarisiertes Europa der Großbanken, Rüstungs- und Energiekonzerne!

Am 12. Mai 2005 soll im Bundestag und im Bundesrat per Zweidrittel-Mehrheit der EU-Verfassungsvertrag ratifiziert werden. Sein Inkrafttreten ist für Ende 2006 angestrebt. Bisher weiß in unserer bundesrepublikanischen „Demokratie“ (=Volksherrschaft) noch kaum ein/e Verfassungsbürger/in, was in diesem Vertrag überhaupt festgeschrieben wird. Was ändert sich also durch diesen neuen, als „Verfassung“ bezeichneten EU-Vertrag, und welche Interessen finden sich in dem Vertragstext wieder?


These 1: Die neue EU-Verfassung ist ein Aufrüstungsvertrag.

Was in der Bundesrepublik seit einigen Jahren mit der Umstellung der Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee zu einer sogenannten Interventionsarmee vollzogen wird, die inzwischen weltweit im Einsatz ist, soll nun auch EU-weit durchgesetzt werden. Der neue EU-Vertrag verpflichtet alle 25 Mitgliedstaaten darauf, schrittweise und kontinuierlich aufzurüsten. Um diesen Prozeß zentralistisch zu überwachen, wird ein Aufrüstungs-Kontrollgremium geschaffen, das im Vertrag „Verteidigungsagentur“ genannt wird. Außerdem sollen die EU-Staaten darauf verpflichtet werden, 10 Prozent der staatlichen Forschungsausgaben in die militärische Rüstungsforschung zu stecken.

Hintergrund: Im Gefüge der Weltmacht USA und ihrer europäischen (NATO-)Vasallen soll die EU zu einem starken Partner aufgerüstet werden, der einen Teil der notwendigen Dreckarbeit übernehmen soll, die weltweiten, kapitalistischen Ausbeutungsstrukturen aufrechtzuerhalten. Neben der Aufrüstungsverpflichtung garantieren Megafusionen der großen europäischen Rüstungskonzerne trotz der gegenwärtigen Krise ein stetiges Wachstum im Rüstungssektor.


These 2: Die neue EU-Verfassung ebnet den Weg zu neuen Kriegen.

Einzelne EU-Staaten verlieren nicht nur bei der Aufrüstung, sondern im gesamten militärischen Bereich ihre Souveränität und werden darauf verpflichtet, ihre militärischen Kräfte sogenannten „battle groups“ (=Schlachtgruppen, alles klar?!) zur Verfügung zu stellen. Damit soll zunächst eine bis zu 60.000 Soldaten umfassende EU-Armee aufgestellt werden. Angefangen bei der angeblichen Terrorbekämpfung außerhalb Europas über sogenannte „Frieden schaffende Militäreinsätze“ nach Konflikten bis zur Aufrechterhaltung bedeutender Handelswege sowie des Zugangs zu wichtigen Rohstoffen bietet die neue EU-Verfassung eine breite Palette von Möglichkeiten, die künftige EU-Armee weltweit kämpfen zu lassen.

Hintergrund: Der „Westen“, zu dem die tonangebenden EU-„Kernstaaten“ Frankreich, die BRD und Großbritannien zählen, fürchtet um seinen ungehinderten Zugang zu für Konzerne und Banken gleichermaßen wichtige Ressourcen wie Wasser, Öl, Gas, Nuklearmaterial, Erze und Edelmetalle. Es sind vor allem die Banken und Konzerne dieser kapitalistischen Hauptländer, die heute die EU-Politik bestimmen. Sie legen sich mit der neuen EU-Verfassung ein militärisches Instrumentarium für die Zukunft zurecht, in der um Ressourcen weltweit militärisch gekämpft wird. Wie bereits im Fall Syrien oder Iran zu beobachten war, wird das Androhen militärischer Gewalt für die Diplomatie immer wichtiger. Nicht zu unterschätzen sind auch mögliche künftige (wirtschaftliche und militärische) Konfliktsituationen mit China oder anderen Groß- und Mittelmächten aus dem europäisch-asiatischen Raum.


These 3: Die neue EU-Verfassung zentralisiert die politische

Entscheidungsfindung und entmündigt die Menschen.
Über Militäreinsätze der EU-Armee entscheidet künftig der Ministerrat. Begründet wird dies damit, daß solche Entscheidungen schnell gefällt werden müssen. Eine parlamentarische Kontrolle inklusive Rückrufrecht der Truppen ist nicht vorgesehen. Die Parlamente der Mitgliedstaaten sowie das EU-Parlament bleiben bei dieser und bei anderen wichtigen Entscheidungsfindungen außen vor. Sie erfüllen eigentlich nur noch die Funktion, eine demokratische Struktur vorzugaukeln. In der EU-Verfassung ist auch eine Grundrechte-Charta eingebaut. Sie bleibt jedoch weit hinter dem zurück, was von Seiten der Nichtregierungsorganisationen vom Verfassungsvertrag erhofft wurde. Beispielhaft ist die Verkümmerung der Formel „Recht auf Arbeit“, die sich im endgültigen Vertragsentwurf auf „das Recht, zu arbeiten“ reduziert hat.

Hintergrund: Die Verfassung wurde weder von einfachen EU-Bürgern und -Bürgerinnen noch für diese verfaßt. Der Vertragstext gibt vor allem die Interessen der geistigen Urheber, nämlich der Großbanken und –konzerne wieder. Aus den obersten Konzernetagen betrachtet sind alle Menschen lediglich potentielle Arbeitskräfte oder Konsument/inn/en, die man am liebsten nach allen Regeln der Kunst (wie z.B. nach der Bolkestein-Methode, also der vollständigen Arbeitsentrechtung) ausbeuten oder einfach links liegen lassen möchte. Somit findet sich in keinem der Artikel der Grundrechtecharta etwa ein Recht auf ein garantiertes Grundeinkommen oder auf soziale Absicherung. Auch ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Datenschutz) oder andere bürgerliche Freiheitsrechte (z.B. die Unverletzlichkeit der Wohnung oder das Recht auf eine solche) sucht man im Text vergebens, von einem Recht auf Asyl ganz zu schweigen. Kurzum: Das Zustandekommen der neuen EU-Verfassung zeigt, daß die Konzernmanager und Lobbyisten entscheiden, der EU-Ministerrat, manchmal auch das EU-Parlament, diese Wünsche umsetzt, die nationalen Parlamente maximal hier und da ein bißchen rummäkeln dürfen und die Wähler/innen und Nichtwähler/innen gleichermaßen in die Röhre kucken, aber nichts erfahren.


These 4: Die neue EU-Verfassung diktiert die marktliberale Wirtschaftsordnung.

Im neuen EU-Vertrag wird das neoliberale Wirtschaftsmodell sowohl für den Binnenmarkt als auch nach außen festgeschrieben. Das heißt, daß sämtliche Wirtschaftsbereiche der freien Konkurrenz ausgesetzt werden, auch solche, die aufgrund ihres existenziellen und damit besonders sensiblen Charakters für die Menschen bisher staatlich organisiert waren (Wasser- und Gesundheitsversorung sowie die Bereiche Bildung und Soziales, also z.B. das Renten- und andere soziale Sicherungssysteme). Zu befürchten ist der weitgehende Ausverkauf an den Meistbietenden und die damit einhergehende Verschlechterung dieser Dienstleistungsbereiche sowie die totale Abhängigkeit aller Menschen von einigen wenigen Großkonzernen und -banken. Auch die hier und da noch spärlich vorhandene Gewerkschaftsmacht wird mit dem EU-Vertrag weiter zurückgedrängt, denn auf garantierte Mindest- bzw. Tariflöhne oder Arbeitsnormen wie z.B. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder maximale Wochenarbeitszeiten wird beispielsweise ganz verzichtet.
Nach außen wird „Freihandel“ gepredigt, der bei näherer Betrachtung gar keiner ist: Die Güter, die in den europäischen Wirtschaftsraum oder aus ihm herausströmen, tun dies zu von den EU-Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen. Für Exporte z.B. in Entwicklungsländer gibt es kaum Beschränkungen, aber der Zufluß von Waren aus diesen Ländern wird durch Importzölle und –quoten beschränkt. Von „Freihandel“ kann also keine Rede sein, denn im Kapitalismus diktiert immer der Stärkere die Bedingungen, und dem Schwächeren bleibt nichts anderes übrig, als zu gehorchen.

Hintergrund: Es dürfte kein Geheimnis mehr sein, daß in den europäischen Volkswirtschaften immer mehr Staatsbetriebe und Bereiche staatlicher Daseinsvorsorge (Energie-, Wasser-, Sozial- und Gesundheitsversorgung) privatisiert und somit einzelnen Konzernen und Großbanken übereignet werden. Versprochen wird dabei immer die Verbesserung der Qualität dieser Dienstleistungen, da private Anbieter dies einfach besser könnten als staatliche. Daß es sich hierbei um eine Lüge handelt, hat sich schon oft gezeigt. In der Bundesrepublik sind die Privatisierungen der Post und der Telekommunikation, der Energiewirtschaft sowie des Bahnverkehrs beredtes Beispiel: Die Leistungen bzw. der Service haben sich häufig qualitativ verschlechtert bei gleichzeitiger Verteuerung. Dies hat mit der monopolhaften Stellung der Konzerne zu tun, die sich nun unkontrolliert auf Profitmaximierung anstelle der vorherigen Bedarfsorientierung ausrichten können. Eine Korrektur von Seiten der von ihnen vollständig abhängig gewordenen Konsument/inn/en ist nicht zu erwarten. Richtig fatal wird diese Entwicklung für die Bevölkerung jedoch erst, wenn das Wasser, die Bildung und die Gesundheitsversorgung sowie die anderen sozialen Sicherungssysteme privatisiert werden. Dann könnte Erwerbslosigkeit und Altersarmut wieder massenhaft Hunger bedeuten - in Europa!


These 5: Die neue EU-Verfassung garantiert auch künftig den Ausbau der risikoreichen Atomenergie und schwächt die Umweltlobby.

Zum Bereich Umweltschutz äußert sich der EU-Vertrag nur sehr zurückhaltend. Insgesamt könnte man sagen, daß der Umweltschutz trotz der Erkenntnisse aus den 1980er Und 1990er Jahren keinen Verfassungsrang erhält. Auch der EURATOM-Vertrag bleibt von der Verfassung unberührt, und so steht schon bald in Europa statt einem Atomausstieg eine Erneuerung der Kernenergie-Industrie zu befürchten.

Hintergrund: Ebensowenig wie die Gewerkschaften konnten die Umweltorganisationen und die Menschenrechtsgruppen aus dem Lager der Nichtregierungsorganisationen Einfluß auf die EU-Vertrags-Verhandlungen ausüben. Und offenbar gab es auch von der Bundesregierung keinen ernsthaften Willen, einen europaweiten Atomausstieg zur Disposition zu stellen. Dies alles sagt einiges über die Verlogenheit von Rotgrün sowie über die wahren Kräfteverhältnisse innerhalb der EU aus. Die Konzerne bestimmen alles, die Menschen sind zu Konsument/inn/en ohne jegliche Rechte verdammt.


Es ist noch nicht zu spät: Ein entschlossener Widerstand gegen die neue EU-Verfassung ist möglich und dringend nötig!

Wollen wir Menschen unsere Rechte, die wir gegenüber Konzernen, Banken und Regierungen noch (!) haben, nicht vollends aufgeben, wollen wir nicht vollständig abhängig von ihnen werden, wollen wir eine intakte Umwelt zumindest für die künftigen Generationen ermöglichen, wollen wir den Kriegen und dem Massenmorden sowie der Ausbeutung weltweit ein Ende setzen, so müssen wir gegen diese Verfassung kämpfen. Wir müssen unsere Opposition deutlich zum Ausdruck bringen, damit es für die Parteienvertreter im Bundestag und im Bundesrat unmöglich wird, dieser EU-Verfassungs-Initiative zuzustimmen, die nur den Interessen von Konzernen und Banken dient.
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Ergänzungen

Tourplan

Carl 15.04.2005 - 22:54
Tatsächlich ist die Tour eine Alibi-Veranstaltung. Die Regierung möchte darauf verweisen können, wie umfassend sie über den Entwurt informiert hat... Der Euro-Truck wurde und wird kaum beworben, selbst auf der Auftaktveranstaltung in Berlin mit Staatsminister Bury war kaum jemand, es stand auch danach nichts in der Presse. Meine Empehlung: Holt euch den Verfassungstext (den kriegt man sonst kaum) - und dann die Transpis und Flugblätter raus !

Nürnberg 20. - 21. April 2005 Jakobsplatz
Offenbach 22. April 2005 Berliner Strasse 50-52
Kassel 25. - 26. April 2005 Friedrichsplatz
Bielefeld 27. April 2005 Rathausplatz
Weimar 29. April 2005 Goetheplatz
Zittau 30. April 2005 Dreiländereck
Stralsund 2. Mai 2005 Hafen / Neue Semlower Str
Aachen 4. - 5. Mai Katschhof
Mülheim an der Ruhr 6. Mai 2005 Kurt-Schumacher-Platz
Potsdam 9. Mai 2005 Vorplatz Brandenburger Tor
Saarbrücken 18. Mai 2005 Reichsstrasse/Bahnhofstrasse
Trier 20. - 21. Mai 2005 Kornmarkt
Karlsruhe 23. - 24. Mai 2005 noch offen
Mannheim 25. Mai 2005 Marktplatz
Ulm (Donau) 27. - 28. Mai Münsterplatz
Passau 30. Mai 2005 Domplatz
Würzburg 4. - 5. Juni 2005 noch offen

Betrachtung des Verfassungsentwurfs

Gert Flegelskamp 19.04.2005 - 13:33
Die EU-Verfassung soll nach dem Willen der Verfasser, wenn alle beteiligten Staaten sie ratifiziert haben, am 1. November 2006 in Kraft gesetzt werden. Gelingt das, ohne eine Überarbeitung zu bewirken, sollte man sein Demokratieverständnis anpassen. Demokratie ist dann, was der Wirtschaft nutzt, gleichgültig, wie viele Menschen dafür auf der Strecke bleiben.

Von Eurokraten und Euro-Juristen für Bürokraten und Juristen erstellt, das ist die EU-Verfassung.

Ein monströses Werk, insgesamt 489 Seiten lang. Auffällig sind die häufigen Querverbindungen zu anderen Artikeln der Verfassung, die bei einer Bearbeitung in Buchform oder als PDF-Dokument das Verständnis der Aussagen ungeheuer erschweren. Deshalb ist diese Darstellung referenziert, d. h. mit einem Mausklick auf eine Referenz wird diese Referenz aufgerufen, gleichgültig, in welchem Teil der Verfassung der angesprochene Artikel sich befindet. Jeder Teil der Verfassung ist separat als Einzeldokument eingebunden, was aber auf die Referenzen keine Auswirkungen hat.
Folgende Inhalte sind vorhanden:


Amtsblatt:
Nur ein Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkungen und Inhalt
es ist drin, was draufsteht
Präambel:
Erklärt mit schönen, schwülstigen Worten, wer und warum die EU-Verfassung aufgesetzt wurde
Teil I:
hat keinen Untertitel, kann aber als Definition der Ziele der Union bezeichnet werden
Teil II:
Die Charta der Grundrechte der Union
Teil III
Die Politikbereiche und Arbeitsweise der Union
Teil IV
Allgemeine und Schlussbestimmungen der Union
Protokolle und Anhänge
Schlussakte
Enthält die Unterschriften der Beschließenden und ist deshalb nicht in meiner Darstellung vorhanden
Erklärungen
Abgabe von Erklärungen zu bestimmten Artikeln und zur Charta
Teil I

die Erklärung der Ziele der Union, ist schön zu lesen und wenn man es überfliegt, weiß man, dass man mit der EU-Verfassung nur das Beste für die Europäer will. Dieser Teil wurde wohl geschaffen, damit Bürger der EU, die aufgeschreckt von den Gegnern dieser EU-Verfassung, angefangen haben, mal darin zu stöbern, es wieder beruhigt beiseite legen in der Überzeugung, dass die Gegner der Verfassung die ewigen Stänkerer und im Unrecht sind. Wer nicht weiter liest, wird dann bei einer Volksabstimmung, die es ja in einigen Ländern gibt (natürlich nicht in der "demokratischen" Bundesrepublik), seine Stimme PRO EU-Verfassung abgeben und sich beruhigt zurücklehnen.


Teil II

die Charta der Union enthält in schönen Worten Artikel über Freiheiten, Würde des Menschen, Solidarität und Gleichheit, Bürgerrechte und justizielle Rechte und Bestimmungen über die Anwendung der Charta. Wer sie flüchtig liest, wird wieder beruhigt sein und nicht bemerken, dass hier nur Schlagworte verwendet werden. Wer allerdings sorgfältig liest und die Wortwahl genau abwägt, stellt fest, dass diese Charta keine Aussagekraft hat und sehr viel Ermessensspielraum für Interpretationen bietet. Sollte man mal in die Verlegenheit kommen, sich auf diese Charta nach Inkrafttreten der EU-Verfassung vor Gericht auf die Charta zu berufen, wird erstaunt feststellen, dass die Auslegung der Juristen sehr oft von den eigenen Vorstellungen abweichen wird.


Teil III

ist der eigentlich substantielle Teil der EU-Verfassung. Hier wird beschrieben, wie die Anwendung der Verfassung erfolgen soll. Wer sich bis hierher durchgeackert hat, stellt fest, dass sich die Union als Wirtschaftsraum versteht, in welcher der Einzelne nur untergeordnete Bedeutung hat. Wichtig ist einzig, dass die Wirtschaft floriert und alles, was den Wettbewerb stört, zu eliminieren ist. Er wird feststellen, dass die harmlose Definition der Militarisierung in Teil I wirklich nicht harmlos ist, sondern auf eine nach US-Vorbild gerichtete permanente Aufrüstung abzielt, die auch Angriffskriege nicht ausschließt. Natürlich nur, um geknechteten Völkern die Freiheit zu bringen. Freiheit nach westlichem Muster. Freiheit, wie sie die USA als Beispiel in den Irak oder nach Afghanistan transferierte.


Protokolle
Die Protokolle definieren noch einmal bestimmte Gegebenheiten genauer. Hier werden beispielsweise die Modalitäten der Aufnahme neuer Staaten in die Gemeinschaft definiert. Die Polen oder die Tschechen (Bürger, nicht die Politiker) wären wohl erstaunt, wenn sie beispielsweise in Protokoll 9 in Artikel 42 und Protokoll 9, Artikel 63, Abschnitte 6 und 7 nachlesen könnten, dass Ihre Aufnahme mit der vertraglichen Verpflichtung verbunden ist, Stahl- und Walzwerke zu schließen. Für die betroffenen Arbeiter und Angestellten dieser Werke bedeutet das Arbeitslosigkeit und das dürften einige Tausend sein. Aber nicht so schlimm, Hauptsache man ist in der EU und behindert nicht den freien Wettbewerb um Kohle, Eisen und Stahl.
In Protokoll 23, Artikel 1 wird auch die Militarisierung nochmals näher beleuchtet und hier hört sich das ganz anders an, als in Artikel 41 von Teil 1


Erklärungen
hier wird Bezug auf etliche Artikel und Bestimmungen genommen und dabei auf bereits zuvor in unterschiedlichen Verträgen bestehende Regelungen genommen. Wer schon zuvor Schwierigkeiten hatte, die Sprache der Bürokratie zu verstehen, wird nun erst richtig verwirrt sein.

Resümee

Die Verfassung in dieser Form zu ratifizieren, ist ein Schlag in das Gesicht der für wirkliche Freiheit, Gerechtigkeit und auf friedliches Miteinander bedachte Bürger in der gesamten Union. Die Erklärungen der Präambel, die Union habe zum Ziele, die Völker in Europa zu vereinen, wird mit den Bestimmungen von Teil 3 und den Protokollen konterkariert. Diese Verfassung zielt ausschließlich auf die Verwirklichung der in der Agenda 21, besser bekannt als der Lissabonner Vertrag, definierten Ziele ab. Die Völker Europas werden nicht vereint, sondern in einen gnadenlosen Wettbewerb gegeneinander getrieben.

Wer die EU in der Vergangenheit bereits genauer beobachtet hat, weiß, dass die Lobbyisten vor oder in den Räumen der EU-politischen Instanzen überproportional stark vertreten sind. Die eigentliche Macht in der EU übt nicht das Parlament aus, sondern die Kommissare und die Räte (Ministerrat). Über 655 Millionen Menschen in der EU befinden dann 25 Kommissare und die nach der jeweiligen Interessenlage aufgestellten Ministerräte. Die Nominierung der Kommissare bestimmen nicht die Bürger der Union, sondern auf Empfehlung das EU-Parlament und die Räte. Erstmalig nach der letzten EU-Wahl hat sich das Parlament durchgesetzt und die Ablehnung eines Kommissars erricht.

Diese Verfassung ist nicht demokratisch und nicht geeignet, ein Zusammenwachsen der Völker Europas zu bewirken. Der absolute Wirtschaftswettbewerb wäre noch verkraftbar, wenn die EU-Staaten auf einem gleichartigen wirtschaftlichen Niveau ständen. Dass das nicht der Fall ist, weiß jeder und das muss zwangsläufig zu Auswüchsen führen, die zwar im Laufe der Zeit zu einer Nivellierung führen, aber auf einem viel niedrigeren Niveau, als möglich. Nicht die Bürger der Union profitieren von dieser Verfassung, sondern einzig das Großkapital und die Großindustrie. Der Mittelstand und Kleinbetriebe werden auf der Strecke bleiben. Die Arbeitslosigkeit ohne jegliche Absicherung wird Standard werden. Für eine immer weiter anwachsende Masse der Bürger. Der absolute Wettbewerb ohne Berücksichtigung der ständig steigenden Produktivität durch industrielle Automatisierungsmechanismen wird bestehende Spannungen zwischen den Volksgruppen nicht mindern, sondern verstärken.
Wer sich genauer mit der EU-Verfassung befassen möchte, sie ist komplett (bis auf die Erklärungen) auf der Web-Side  http://www.flegel-g.de eingestellt, mit Verlinkung aller Querverweise auf nader Artikel oder Teile der Verfassung.

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