Stadt Grimmen belohnt Neonazis mit Jugendclub

budderbrod 13.04.2005 11:39 Themen: Antifa
Seit Monaten ist Grimmen ein Schwerpunkt von Aktivitäten von Neonazis. Nun will die Stadt sie dafür mit einem Jugendclub belohnen.
Mit modernen Strategien müssen sie nicht aufwarten. Anders als ihre sich bürgernah gebenden Kameraden in Vorpommern fallen die Neonazis von Grimmen vor allem durch Prügeleien, Pöbeleien und Propaganda auf. Doch damit sind sie ungleich erfolgreicher als die diversen Initiativen in den benachbarten Orten: Der Bürgermeister, der Stadtpräsident und der Polizeichef von Grimmen haben sich darauf geeinigt, den Rechten einen Jugendclub zu überlassen.

"Die Stadt muss sich um diese jungen Leute kümmern," meint Bürgermeister Benno Rüster über die Neonazis. Schließlich fallen sie als solche nicht vom Himmel, erläutert er weiter in der Lokalpresse. "Sie werden durch die Gesellschaft dazu gemacht." Polizeichef Frank Piotrowski sekundiert gekonnt sozialpädagogisch: "Wir haben nichts gegen anders Denkende."

Die vermeintlichen Opfer der Gesellschaft allerdings schon. Regelmäßig überfällt die Clique von Neonazis Personen, die sie als "Linke" oder "Ausländer" ausmachen. Im Oktober des vergangenen Jahres etwa wurde ein Jugendlicher mehrmals geschlagen und getreten, weil er eine "dreckige hässliche Zecke" sei. Eine Gartenparty einer Gruppe Aussiedler wurde im Juli gestürmt und drei Opfer, darunter ein 61-jähriger Mann, so sehr verprügelt, dass sie längere Zeit im Krankenhaus behandelt werden mußten. Als ein Jugendlicher im August eine Anzeige gegen einen Neonazi erstatten wollte, der ihn geschlagen und mit Stiefeln getreten hatte, weil er nicht rechts ist, fragte die Polizei, ob er tatsächlich eine Anzeige erstatten wolle, da ja eigentlich nichts passiert wäre.

Diese gibt sich auch sonst zurückhaltend. Obwohl Beamte eine Party der Gruppe im Januar überwachten, bei der Nazi-Parolen und -Lieder angestimmt wurden, konnten sie die genauen Umstände der Straftaten nicht klären.

Doch diese "gewisse(n) Aktionen der jungen Leute, die das Image der Stadt schädigen könnten", sollen in Zukunft vermieden werden. Schließlich hat der Bürgermeister für die Zusammenarbeit mit den Rechten die Parole "Mitmachen für mehr Zukunft für diese Stadt" ausgegeben. Die Rechten sollen zwar gewisse Freiheiten in ihrem Club bekommen, aber zu einem offensichtlichen "Nazipropagandazentrum", so der Polizeichef, dürfe er nicht "ausarten". Und obwohl schon klar ist, dass andere Jugendliche den Treff nicht aufsuchen werden, müsse er doch einen "öffentlichen Charakter haben".

Zumindest Besuch aus Stralsund werden die örtlichen Neonazis des Öfteren erhalten. Mit der dortigen rechten Szene um die NPD, die "Schülerzeitung" Avanti und das Störtebeker-Netz, das Grimmen besondere Aufmerksamkeit schenkt, stehen sie in intensivem Kontakt. Es kam zu Verteilaktionen der "Schülerzeitung" vor örtlichen Schulen und einer Demo im März unter dem Motto "Hartz IV, Deutschland und die Welt".

Mit dem Griff nach der Welt und Nordvorpommern als neuer rechter Modellregion allerdings klappt es vorläufig nicht so gut, da es im Grimmener Hinterstübchen rumort. Über 30 Eltern haben in einem Brief an die Lokalpresse die Initiative für die Neonazis scharf kritisiert. Nicht-rechte Jugendliche würden von der Stadt ignoriert werden. "Für sie gibt es keinen Raum in Grimmen." Den Rechten allerdings, so schreiben sie, würde geholfen werden, sich zu organisieren und zu festigen. "Wir sollten alle aufwachen und das Treiben dieser Szene bekämpfen und nicht noch unterstützen und fördern."

Zu den letzten bekannt gewordenen Übergriffen kam es am 24. März und Karfreitag, bei denen Jugendliche von Rechten krankenhausreif geschlagen wurden.

Links

Grimmen macht Jugendlichen Klub-Offerte
Und Leserbrief von Eltern aus Grimmen
Ostseezeitung-Grimmen vom 24.03. und 06.04.2005
 http://www.links-lang.de/presse/2521.php

Dokumentation von rechten Aktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2004
Chronologie des Vereins Landesweite Opferbertung, Beistand und Information für Betroffene rechter Gewalt in M-V
 http://www.lobbi-mv.de/chronolo/index.htm
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Ergänzungen

Aktionen ?

Muss ja nicht sein 13.04.2005 - 13:31
Wie siehts aus mit Aktionen ist schon was geplant?
Ne Demo oder so ?
Antifaschistische Grüße

Stimmt nur halb

abc 13.04.2005 - 20:31
Die Nazis haben das Angebot vom Bürgermeister bereits zurückgewiesen, da es an zu viele Forderugnen seitens der Stadt geknüpft war. Also, immer schön differenziert betrachten...

halbe sachen?

xyz 14.04.2005 - 00:50
dass die nazis das angebot abgelehnt haben, schreibt eine fascho-seite, die für gerüchte und falsche aussagen bekannt ist. der sollte mensch sicherlich nicht glauben. die lokalpresse als quelle ist welten seriöser.

aber selbst, wenn die nazis keinen club wollten, würde das nichts an dem skandal ändern, dass die stadt ihnen einen anbietet.

kann ja sein.....

swoooosh 14.04.2005 - 11:11
... dass der Bürgermeister in erster Linie darauf aus ist, die rechten von der Strasse wegzubringen und darauf hofft, ein Jugendclub würde andere Interessen bzw. Hobbies bei ihnen wecken. Ich kann mir nämlich schwer vorstellen, dass der Jugendclub ne Art "Belohnung" für die rechte Hetze und die Übergriffe sein sollte. Da steckt bestimmt auch ein sozialpädagogischer Ansatz dahinter.

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