2.4.: Nazis gerockt und linke Skins feierten

redskin 06.04.2005 17:12 Themen: Antifa
Erlebnisbericht zum Naziaufmarsch in München aus Sicht eines linken Skinheads.
München 2.4.05: Nazis gerockt und linke Skins feierten!

Nach dem Rude Boys Unity-Festival-Wochenende gings für meine Wenigkeit gleich weiter in meine Geburtsstadt – die bayerische Landeshauptstadt München. Mittlerweile überkommt mich immer eine gewisse Mischstimmung, wenn ich wieder einmal meine Heimatstadt besuche: einerseits freue ich mich immer darauf Freunde, alte Bekannte und Familie wiedersehen zu können und die bayerische Gemütlichkeit mit Biergärten, Seen und Bergen zu genießen, andererseits sticht mir doch jedes mal sofort die Spießigkeit, Sauberkeit und der Reichtum dieser Stadt ins Auge!

Dieses mal stand nun ein Naziaufmarsch mit Rechtsrockkonzert, mein Geburtstag und die Skinheadparty von B. und J. auf der Tagesordnung und das alles am selben Tag – nämlich dem 2.4.!

Die ersten Tage wurden jedoch erst mal gemütlich mit Family und alten FreundInnen verbracht, was natürlich immer sehr schön ist, wenn man sich länger nicht mehr gesehen hat...

Nachdem die ersten Abende in den einschlägigen Orten wie Kings and Queens, beim Rockersclub im Backstage-Club und dem letzten Riot Riot-Upstart-Abend im Feierwerk verbracht wurden, stand auch schon der Samstag vor der Haustür.

Mit einem alten Redskinkumpel gings dann Samstag früh los in Richtung Theresienwiese, wo die Kameradschaften Ihre Auftaktkundgebung angemeldet hatten. Wir zogen es vor uns direkt zum Auftaktkundgebungsort der Nazis durchzuschlagen, da wir keinen Bock auf die bürgerliche Großkundgebung am Marienplatz hatten, wo bereits mehrere tausend Menschen zu diesem Zeitpunkt protestierten. Wir liefen vom Hauptbahnhof relativ problemlos ohne irgend eine Form von Vorkontrolle zum Auftaktkundgebungsort der Nazis am Esperantoplatz. Dort sammelten sich die ersten Nazis in einem eingezäunten runden Kreis, umgeben von einem großen Polizeiaufgebot.
Verwirrend war, dass einen die Bullen auch hier ohne Vorkontrolle bis zu den Absperrgittern am Sammlungstreffpunkt der Nazis vorließen. Somit konnten sich hier mit der Zeit immer mehr Gegendemonstranten rund um die Apsperrgitter sammeln und die nach und nach eintreffenden Nazis lautstark empfangen. Wir provozierten die Boneheadfraktion zugleich, indem wir unser RASH Berlin-Brandenburgtransparent in Ihrer unmittelbaren Nähe über den Zaun hingen. Das schien den Kameratten überhaupt nicht zu gefallen...
Mit der Zeit wuchs die Zahl der antifaschistischen Gegendemonstranten so sehr an, dass nachkommende Nazis auf dem Weg in den eingezäunten Auftaktkundgebungsort immer wieder mit Obst, Flaschen, Tritten etc. attackiert werden konnten. Das war wirklich kein Spaß für die Nazis. Noch dazu kam, dass der Anführer der Kameradschaft München und Demohauptorganisator Norman Bordin von den Bullen bereits vor Demobeginn verhaftet wurde, da er mit einem Pfefferspray (!!!) bewaffnet auf die Demo wollte. Ganz schön peinlich das Ganze für einen selbsterklärten Möchtegernnaziführer – so was gehört doch zum absoluten Demo-Einmaleins! Und dass der arme Bordin angeblich so heftige Morddrohungen von Antifaseite erhalten hatte, dass er sich nicht mehr unbewaffnet auf die Strasse traute, glaubt Ihm doch auch kein Mensch!

Nachdem es immer wieder ein paar Scharmützel mit zu spät gekommen Nazis und den Bullen gegeben hatte und die ersten Festnahmen durch die bayerischen Schergen vollzogen waren, begann sich der Naziaufmarsch nach diversen grauenhaften Reden u.a. von Hayo Klettenhofer und Christian Worch, endlich in Bewegung zu setzen. Nun ging das gewohnte Gerenne los: da die Bullen die kurze Naziroute dermaßen gut mit zweier-Reihen Abspergittern und Hunderten von USKlern abgeschirmt hatten, wurde versucht entlang der gesamten Naziroute soviel lautstarken Protest wie möglich zu erzeugen. Es gelang unserer mittlerweile recht großen Redskingruppe an mehreren Stellen der Route die Nazis mit unseren Redskin- und SHARP-Flaggen in Rage zu bringen: die Nazis werden München nun wohl als eine Art Redskinhochburg in Erinnerung behalten... Was außerdem erfreulich war, dass es gelang entlang der Aufmarschroute noch mehrere verirrte Nazis sowohl körperlich als auch verbal in Ihre Schranken zu weisen. Der Aufmarsch der Nazis bestand übrigens aus knapp 300 lächerlichen Hanseln, was für die Nazis eine klare Niederlage in mobilisierungstechnischer Hinsicht bedeutet!

Schöne Idee war übrigens auch, dass im Vorfeld der Demo entlang der Naziroute diverse Demopäckchen an die Anwohner verteilt wurden – darin befand sich u.a. eine CD mit diversen antifaschistischen Protestsongs mit der Aufforderung diese bei offenen Fenstern aus den Privatwohnungen erklingen zu lassen, außerdem Wasserbomben, Buttons und Antifaaufkleber – sehr schöne Sache...

Nachdem die Nazis am Sendlinger Tor angekommen waren und dort eine nicht wahrnehmbare „Zwischenkundgebung“ umringt von mehreren tausend Antifaschisten abhielten, ging es im Anschluß wieder zurück auf der selben Route Richtung Theresienwiese.

Auch hier postierten wir uns wieder mit unserem RASH-Transparent und einer SHARP-Flagge, während die Nazis nur noch am Abkotzen waren. Einziges Manko war, dass es aufgrund der hermetischen Abriegelungen seitens der Bullen nicht gelang die Naziroute zu besetzen bzw. zu blockieren.

Nachdem die Nazis wieder auf der Theresienwiese angekommen waren, wurden sie wiederum von Tausenden lautstark protestierenden AntifaschistInnen umzingelt. Wäre das Berlin und nicht München gewesen, wären die Nazis spätestens jetzt mit den umherliegenden Steinen eingedeckt worden bzw. wäre der Absperrzaun einfach gestürmt worden. So flogen jedoch leider nur vereinzelt Gegenstände auf die Nazis und es wurde kurzfristig versucht die Absperrungen zu überwinden, was jedoch durch das bayerische USK unter Festnahmen unterbunden wurde.

Somit konnten die Nazis Ihr geplantes Rechtsrockkonzert nun leider doch durchführen, so dass nacheinander Tobsucht, Annett Moeck und Michael Müller mit Ihrem xxx-Projekt und Act of Violence auf die Bühne traten. Jedoch kam keine wirkliche Stimmung bei den Nazis auf, da die Musikstücke durch das KVR wohl inhaltlich so zurechtgestutzt wurden, dass es alles etwas fad und wenig kämpferisch klang.

Aus Redskinsicht betrachtet war dieser Tag jedoch ein voller Erfolg, da sich an den Protesten wohl bis zu 40 linke Skinheads beteiligten, was bei einer Beteiligung von 300 Nazis an dem Aufmarsch doch eine ganz schöne Menge darstellt!
Auch bei den späteren Auseinandersetzungen mit Nazis am Hauptbahnhof waren noch mehrere linke Skins beteiligt.
Selbst bei der am selben Tag stattgefundenen Demo in Dortmund aufgrund des durch einen Nazi ermordeten Punk waren linke Skins mit einem eigenen Transparent am Start!

Am Samstag-Abend gab es dann noch zwei Geburtstagsfeiern von linken Skinheads in München eine im Kings&Queens, die andere im Black&White mit einem entsprechendem Skinheadreggae- und Skanighter!

Wäre schön, wenn sich diese positive Entwicklung im Skinheadbereich auch in der nächsten Zeit fortsetzt! In anderen europäischen Ländern wie Spanien, Italien und Frankreich sind große Redskinszenen längst der Normalzustand...

Skinheads are only red and black!

Am 22.4.05 findet in Berlin im Kato ein gemeinsames Mobilisierungs-Konzert für den 8.Mai von der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) und Red and Anarchist Skinheads Berlin-Brandenburg statt. Es spielt u.a. die mittlerweile legendäre Redskinband Brigada Flores Magon aus Paris auf zusammen mit den Ordinary Boys aus Bernau bei Berlin (Politpunk).
Antifa&Skins united!

Nähere Infos findet Ihr unter www.red-skins.de und www.antifa.de
RASH Berlin-Brandenburg unterstützt den Aufruf zum 8.Mai 2005: www.8-mai.antifaschistische-aktion.com

Naziaufmärsche am 1. und 8.5.2005 zum Desaster machen!
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Ergänzungen

SKINHEADS keine Nazis

Beer not Oi 06.04.2005 - 19:28
Ne Glatze wird übrigens nicht nur von Skinheads oder Nazis getragen, genauso wie Bomberjacken und Martens. Das Argument mit der sich erschreckeckenden Türkischen Omi zieht also nicht. Im übrigen soll es ja noch sowas wie Aufnäher oder Buttons geben, die man sich auf die Jacke oder sonstwo hin backen kann...

skins

_-_-_-_-_-_-_-_ 06.04.2005 - 19:30
Wie bereits im Artikel erwähnt, waren auch in Dortmund antirassistische Skinheads.
Aus der Sicht eines Nicht-Skinheads, machten diese einen guten und sympatischen Eindruck auf mich. Der Style ist Geschmackssache. Ich finde solches Auftreten hat auch eine politische Brisanz:
Der bürgerliche "Antifaschismus" probiert sämtliche Faschistische Tendenzen auf die marginalen Skinheads zu projizieren. Dadurch dass Skinheads offensiv gegen Nazis auftreten, zeigt sich, dass es die Menschenverachtende Ideologie des Faschismus ist, welche weit in die Mitte der Gesellschaft reicht, welche zu bekämpfen ist, nicht irgendwelche Subkulturen. Dadurch wird vereinfachungen vorgebeugt, die letztlich in erster Linie dem nationalen Grundkonsens helfen.
Leider ist zu sagen, dass in Deutschland der überwiegende Skinheadteil Nazis sind. Und auch bei vielen Oi-Sauf-Skins verschwimmen oft die Grenzen zum Nazipack, sei es durch bekanntschaften, oder Musik.
Um so wichtiger ist es, dass sich eine starke linke Skinkultur entwickelt.

@redskin

smash capitalism 06.04.2005 - 20:39
Bericht liest sich gut. Der Textabschnitt "Nachdem die Nazis wieder auf der Theresienwiese angekommen waren, wurden sie wiederum von Tausenden lautstark protestierenden AntifaschistInnen umzingelt. Wäre das Berlin und nicht München gewesen, wären die Nazis spätestens jetzt mit den umherliegenden Steinen eingedeckt worden bzw. wäre der Absperrzaun einfach gestürmt worden." ist aber ziemlich überzogen, genügen Naziaufmärsche bei denen in Berlin fast nichts lief, einschließlich am 1.Mai (da war letztes Jahr eine positive Ausnahme).M.m. nach eine ziemliche Verkennung der realen Situation ... (erinnert sei hier z.B. noch mal an die LL-Demo, hat keine Minute gedauert und alle Seitentranspis waren weg ...).

P.S.: Redskins sind der Ursprung, Naziskins nur eine Imitierung, wie auch ihre ganze Politik nur eine Reaktion auf linke Politik historisch der herrschenden Klasse war und ist ...

Redskins auf der Demo in Dortmund

redskin 06.04.2005 - 21:00
Hier nochmal das Bild von RASH-NRW auf der Demo in Dortmund

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 17 Kommentare an

nachdenken — argh

@argh — brgh

@aegh — MPB

wenn — bla

sone typen — argh

vorbelastung? — noskin

noch mal @argh — MPB

...... — ....

SEHR SCHÖN — antifaschist

typenspaß — egal

jederwas — alle

Oi,Oi,Oi! — forever

@argh — Berliner

Redskins nerven — Trojan Skin