5. Prozesstag in Aachen 01.04.05

UnterstützerInnen 01.04.2005 16:46 Themen: Repression
Heute war der 5. Prozesstag gegen Jose Fernandez Delgado, Bart De Geeter, Gabriel und Begona Pombo da Silva in Aachen
5. Prozesstag in Aachen 01.04.05

Bei der prozesstäglichen Einlassprozedur wurden zur Verwunderung der UnterstützerInnen erneut die Ausweise kopiert. Die „alten“ Kopien waren nach Angaben der Justizangestellten nun doch vernichtet worden.

Die Angeklagten wurden wieder einzeln vorgeführt, Gabriel auch heute nur in Unterhose. Als das Gericht sich gesetzt hatte, standen die UnterstützerInnen auf, hielten Stoffe mit der Aufschrift „Folter ist Realität“ in die Höhe und skandierten „Stop Tortura“.

Der Vorsitzende Nohl fragte Gabriel, ob es ihm nicht zu kalt wäre. Staatsanwalt Geimer gab eine Erklärung ab, in der er Gabriel unterstellte, er wolle sich absichtlich erkälten, um vom Prozess ausgeschlossen zu werden.

Herr Hinüber, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, der Jose gestern nach der Verhandlung in der JVA Aachen 50 Minuten untersucht und befragt hatte, unterrichtete die Prozessbeteiligten von seinen Ergebnissen. Er sagte, dass keine akute oder chronische Erkrankung bei Jose vorlag, weswegen er haftfähig und verhandlungsfähig sei.
Eine lange Sitzung wäre für Jose jedoch eine Belastung, die Zumutbarkeit der Länge läge bei 6-7 Stunden bei 1 bis 2 Verhandlungstagen in der Woche.
Er meinte Jose wäre schon durch seine Vorgeschichte, 23 Jahre Knast, davon 13 Jahre in Isolation, seelisch belastet. Jose wäre davon aber nicht willenlos oder depressiv. Für jemanden der 23 JahreKnast hinter sich hatte, wäre er vergleichsweise gut drauf. Belastungszustände durch die Verhandlung stellte er bei Jose nicht fest. Die kognitiven Störungen bezögen sich auf die Vergangenheit.
Jose hätte Angst, dass seine somatischen Störungen wie Blutdruckerhöhung mit der Zeit schlimmer werden könnten.
Den psychischen Belastungen durch die Transportbedingungen mass er keine grosse Bedeutung bei, eher wäre der ungewisse Ausgang der Verhandlung schlimmer.
Jose hätte die Haftbedingungen als „relativ annehmbar“ beschrieben, bis auf die Isolation. Er würde gern mit anderen Gefangenen zusammenkommen, um einen Austausch zu haben.
Auf Nachfrage sagte Hinüber er hätte nach der Untersuchung nicht mit anderen prozessbeteiligten geredet. Während der Untersuchung waren zwei Beamte und die Dolmetscherin dabei gewesen. Das die Beamten dabei waren, empfindet er als normal, das wäre in der JVA immer so.

Nachdem Hinüber entlassen wurde, gab Nohl eine Erklärung ab. Er ordnete vom heutigen Sitzungstag an an, dass die Kopien der Ausweise der ZuschauerInnen nur noch vom Wachtmeister (Justizangestellter) eingesehen werden dürfe. Seine bisherige Anordnung die Kopien nach Ende der Hauptverhandlung zu vernichten, ändere er dahingehend ab, dass die Kopien von nun an nach jeder Sitzung vernichtet werden würden. Der Ordner sei unter Verschluss zu halten und dürfe nicht mehr von der Polizei eingesehen werden. Das entschied er so, nachdem er gestern nach Sitzungsende und Einsicht der Verteidiger, Lindemann, Franke, Israel und Poell darauf hingewiesen worden war, dass durch die bisherige Handhabe, Weitergabe an die Polizei, ZuschauerInnen davon abgehalten werden könnten am Prozess teilzunehmen. Er wäre bisher davon ausgegangen, dass die Einsicht durch die Polizei lediglich der „Gefahrenabwehr“ gelten würde.

Sven Lindemann, Bart’s Anwalt verlangte eine schriftliche Fassung dieser Erklärung und es gab eine Pause.

Martin Poell, Gabriel’s Anwalt erklärte im Anschluss, dass nach einem Gespräch zwischen ihm und Nohl, welches vor Eröffnung des Prozesses stattfand, abkeklärt worden war, dass die Daten der ZuschauerInnen weder an die Polizei noch an andere Dienste weiterzugeben sind. Da die Justizangestellte Maas (phonetisch) aber davon sprach, dass die Aushändigung der Daten vom Einsatzleiter der Polizei Krämer angeordnet worden war, kann man davon ausgehen, dass das mit Abstimmung Nohl’s passiert war. Es ginge nicht um Schutz der Sitzungen „Gefahrenabwehr“, dazu hätten keine Abfragen bei „Inpol“ stattfinden müssen. Nohls Aussagen, er hätte nichts von der Weitergabe gewusst, hält er für falsch. Desweiteren wäre diese vorgehensweise rechtswidrig, da so die Öffentlichkeit mögleicherweise vom Prozess ausgeschlossen wird, durch Abschreckung.
Um das zu klären, möchte er Krämer als Zeugen vorladen.
Denn entweder hätte die Polizei ein „Eigenleben“ und Nohl keine „Sitzungsgewalt“ oder es gäbe eben Absprachen. Vom ersteren gehe er schon deshalb nicht aus, da bei Verhandlungsbeginn die ZuschauerInnen vor dem Sitzungssaal für alle ersichtlich abgefilmt wurden.

Nohl wollte später darüber entscheiden, ob Krämer angehört wird, worauf Martin Poell sich nicht einlassen wollte.
Nohl sagte daraufhin, dass das Problem mit der Polizei ja nun abgeschafft sei, woraufhin Poell sagte, dass Misstrauen nun aber da wäre.
Ulf Israel will wissen, wie das Prozedere nach Absprache mit der polizei denn stattfinden sollte und die Antwort war, dass nach dem Kopieren die Polizei die Ablichtungen einsehen wollte, nur zur Kenntnisnahme und er von „Gefahrenabwehr“ ausgegangen wäre. Ob Nohl das so genehmigt hätte wie es bisher tatsächlich gehandhabt wurde wollte Israel wissen und Nohl sagte, er hätte nicht genau gewusst, wie es abläuft.
Sven Lindemann fragte nach, wie es im Gespräch zwischen ihm und der Polizei überhaupt auf die Kopien gekommen wäre, woran sich Nohl nicht mehr erinnerte.
Auf die Frage, was die Rechtsgrundlage für die Weitergabe an die Polizei ist, kam wiederum „Gefahrenabwehr“. Lindemann wies daraufhin, dass die Erkenntnisse der Datenabfrage bei „Inpol“ aber nicht wichtig war für die Sicherheitsbeamten der Justiz, die sich dafür überhaupt nicht interessierten und für die Sicherheit im Gericht zuständig
wären.

Geimer wollte eine halbe Stunde für eine Gegenerklärung, Poell wollte eine Stunde um einen anderen Antrag vorzubereiten.
RA Pusch, Anwalt von Begonia, drang darauf die Kopien mit den Notizen der Polizei noch nicht zu vernichten, um bei einer Befragung Krämers darauf zurückgreifen zu können.
Pause
Nach der Pause ging es weiter mit Befangenheitsanträgen der einzelnen Verteidiger (auf www.escapeintorebellion.info nachzulesen) Die Angeklagten lehnen jeweils Nohl ab, da er durch den Umgang mit den Kopien und den Sicherheitsbestimmungen für die ZuschauerInnen voreingenommen gegen die Angeklagten wäre und inzwischen Misstrauen ihrerseits gegen Nohl vorliege. Es wäre dadurch eine Stigmatisierung entstanden und die Öffentlichkeit des Prozesses somit nicht uneingeschränkt gegeben.

Damit war dieser Prozesstag gegen 13.45 Uhr beendet. Weiter geht es am 07.04.05 um 10.00 Uhr im Saal 339 im Landgericht Aachen. Die ZuschauerInnenbänke sind noch nicht alle belegt.
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Ergänzungen

STOP KRIMINALISIERUNG

@narquia 02.04.2005 - 00:12

DIE KRIMINALISIERUNG DER GEFANGNENUNTERSTÜTZUNG HAT "TRADITION"
( wem folgen die deutschen Überwachungsbehörden in Aachen .... ?! )

Hintergründe / Text : www. escapeintorebellion.info

Im Maerz 2002 fand ein weiterer Hungerstreik in 38 spanischen Gefaengnissen und mit fast 500 teilnehmenden Gefangenen statt.
>> Nach diesen Vorkommnissen konnten die Medien die Probleme in den Gefaengnissen nicht mehr ignorieren, berichteten jedoch wieder nur die staatlich sanktionierten Verdrehungen der Fakten. Kein Wort viel darueber, was die Gefangenen seit fast 3 Jahren erzaehlen.
>> Diese Solidaritaetsbewegung ( mit den Gefangenen ) setzt sich aus vielen verschiedenen Bereichen der Widerstandsbewegung zusammen; anarchistische Unionen, Vereinigungen der Familienmitglieder und Freunde politischer Gefangener (AFAPP), Arbeitslosenkomitees, Anti-Imperialistische Komitees, Nachbarschaftskomitees (wie z.B. Amaitu), etc. haben unserern Kampf bisher unterstuetzt. Dazu kommt noch die Unterstuetzung aus dem Ausland. Staerken wir die Verbindungen mit ihnen und schliessen uns ihrem Kampf an, dann werden unsere Schreie auf noch mehr Gehoer stossen und es wird noch schwerer uns mundtot zu machen, zu isolieren, zu unterdruecken...
>> Der Staat kann dies natuerlich nicht alles einfach so geschehen lassen und tut alles, was ihm zur Verfuegung steht, um die Bewegung zu schaedigen. Dies ist der Grund fuer das abgekarterte politische Spiel gegen die anarchistischen KameradInnen in Madrid, die Hausdurchsuchungen in Barcelona und anderen Orten. Der Staat will uns Angst machen und vom Kampf abhalten, mit seiner massiven Kriminalisierung & dem Informationsstop waehrend der Streiks, etc.. Von der Repression in den Gefaengnissen gar nicht erst zu sprechen.
Repression und Radikalisierung
Mit Ausnahme weniger bewaffneter Attacken ausserhalb der Gefaengnisse (wie die, welche von der Internationalen Solidaritaet und den "Los Anarquiatas" ausgefuehrt wurden), waren alle Aktionen gewaltlos. Trotzdem war die Antwort des Staates nichts als Gewalt. Im Mai 2003 fuehrte die Aznar-Regierung auf dem legalen Feld - inmitten der Antiterror-Hysterie, dem Beginn des Irakkrieges,... - eine Justizreform ein, die neben anderen Dingen, eine Verlaengerung der maximalen Gefaengnisstrafe von 20 auf 40 Jahre festlegte. Dies bedeuted fuer viele Gefangene, dass sie das Gefaengnis nicht mehr lebend verlassen werden: "Stille Todesstrafe"...

>> Ausserdem erliess das hoechste Gericht unter Vorsitz von Garzòn im Maerz 2003 ein Verdikt, dass die Cruz Negra Anarquista/Anarchist Black Cross-Iberico als "Rekrutierungsmaschine der GRAPO" bezeichnet. Dies bedeuted, Anarchist Black Cross der iberischen Halbinsel kann unter das "Gesetz der Parteien und Organisationen" fallen und damit als illegal erklaert werden. Seit Franco ist dies das erste Mal, dass eine anarchistische Organisation effektiv verboten werden kann. Davor wurde entdeckt, dass die CAN/ABC-Madrid von einem Polizeiagenten infiltriert wurde, einem Undercover, der auch in der UnterstuetzerInnengruppe fuer die GRAPO-PCE Gefangenen mitgearbeitet hatte.

Im Jahr 2004 kam es zum Gefangenenaufstand im Gefängnios Quatre Camins, Barcelona :
 http://de.indymedia.org/2004/07/87515.shtml

ZUR GESCHICHTE VON CRUZ NEGRA ANARQUISTA / ANARCIST BLACK GROSS

CRUZ NEGRA ANARQUISTA ist ein internationales Netz zur Unterstützung politischer Gefangener, gegen das Vergessen seitens der Gesellschaften.
Dieses Netz entstand bereits zu Zeiten der russischen Revolution, ungefär 1904. Es organisierte Unterstützung und Hilfe für die Gefangenen im zaristischen Rußland und deren Familien und kämpfte in Untergrundgruppen gegen die Machtfunktionäre, die Politik und die Armee des Zaren - und hieß damals noch Rotes Anarchistisches Kreuz. Um Verwirrung zu stiften wurde der Name währned des russischen Bürgerkrieges in Schwarzes Anarchistisches Kreuz umgeändert und blieb im Weitern bis dato so bestehen.
Nach der Machtübernahme durch dn Bolschewismus wechselte das Schwarze Anarchistische Kreuz aufgrund von Druck, Verfolgung und Amngriffen auf AnarchistInnen nach Berlin. Von hier wurde Unterstützung und Fluchthilfe für AnarchistInnen in und aus dem " sozialistischen " Rußland geleistet. Ausserdem begann, zusammen mit anderen sichereren Ländern, der organisierte Beistand für die ersten Verfolgten in Deutschland selbst und in Italien unter den Vorzeichen des sich ausbreitenden Faschismus. Dies währte jdoch nur für kurze zeit - dann führte das Regime der Nazis dazu, daß die Organisation völlig untertauchen mußte, um nicht der physischen Zerstörung anheim zu fallen.

Ende der 1960ziger Jahre erschien sie, reorganisiert und stark, diesesmal in England erneut auf der politischen Ebene. Von hier begann sie ihre Unterstützungarbeit für die politischen Gefangenen Spaniens in den Kerkern und Verließen des Spaniens der Franco-Diktatur und kämofte aktiv gegen dieses Regime. In den 80ziger Jahren organisierte sich CRUZ NEGRA ANARQUISTA in Spanien und Portugal und bestand bis1996 aus verschiedenen autonomen Gruppen. "003 schließlich formierte sich
CRUZ NEGRA ANARQUISTA - peninsula Iberica ( das Schwarze Anarchistische Kreuz der iberischen Halbinsel ) welches über seine Ideologie Folgnedes sagt:

Wir glauben an eine freie Gesellschaft die aufgrund anderer Modifikationen und Alternativen keinen repressiven Ausschluß nötig hat. Diese Gesellschaft kann nur durch einen wirklichen sozialen, politischen und ökonomischen Wandel geschaffen werden. Diesen Wandel wollen wir, gemeinsam mit Anderen, Schritt für Schritt entwickeln. Wir glauben, daß Gefangene ( und vergessen hierbei nicht die " sozialen " Gefangenen ) tatsächliche Geißeln eines Systems sind, welches durch das Mittel der Repression zu erreichen bestrebt ist, jegliche reale Oposition die seine Privilegiertheit und Herrschaft anzweifelt, kritisiert und/oder angreift von den Straßen zu entfernen; unsichtbar; mundtot zu machen ...
In diesem Sinne kämpfen wir basisdemokratisch, mit vielen anderen Gruppen in vielen anderen Ländern ( vornehmlich den lateinamerikanischen ) gemeinsam für eine bessere, gerechte und repressionsfreie Welt .
Wir muessen alle fuer uns selbst entscheiden.
Dies ist unser Schicksal und unsere Freiheit

Die Juristin Esther Coto die in den spanischen Gefängnissen und mit der Gruppe Heliotropo arbeitet im Interview Feb. 2005 -
Ich glaube, daß alle Inhaftierten "politische" Gefangene sind: Sie sind das Resultat einer politisch und sozialen Verallgemeinerung des Verbrechens .
Was empfindest du, wenn sich die Tür eines Gefängnisses in deinem Rücken schließt ?
Traurigkeit. Tiefste Traurigkeit ( Tristeza, profunda tristeza )

Es empfiehlt sich sehr, zum Verständnis des politischenGeschehens in Aachen die Hintergrundseiten
auf der WEB-side : www.escapeintirebellion.info ( vor allem auch die Anhänge unter den Kapiteln
" Einführung des Folterregims FIES" ) zu lesen die in Zusammenarbeit mit den Gefangenen entstand

RESPEKT UND WEITEREN MUT FÜR ALLE UNTERSTÜTZENDEN IN AACHEN

 "Knast knacken?", Sehr lesenswerter Text aus der Sinistra Zeitung 2001
über die kapitalistische Produktion von "Kriminalität" und die Funktion von
Überwachen und Strafen: http://www.google.de/search?q=cache:_2whlzWSCyEJ:www.copyriot.com/sinistra/magazine/03-05.pdf
 Das Geschäft mit dem Schmerz
 http://de.indymedia.org/2003/12/69302.shtml
 AUSLIEFERUNG AN FOLTERSTAATEN
 http://www.bverfg.de/entscheidungen

Presse

- 03.04.2005 - 14:11

Sympathisanten zwischen "menschenverachtendem Mist" und "Respekt" vor den Geiseln / Auswertung der Besucher-Daten durch die Polizei
 http://www.myblog.de/showone.php?blog=klarmann&id=1105378


Zitate, Mehrwert und Aufgeschnapptes zum Anarchistenprozess [3]
 http://www.myblog.de/comment.php?blog=klarmann&id=1113696


Zitate, Mehrwert und Aufgeschnapptes zum Anarchistenprozess [2]
 http://www.myblog.de/showone.php?blog=klarmann&id=1099900