Teilzeit-Antifa

noname 30.03.2005 17:28
"Smash Nazis" ist Teil einer Jugendkultur, Antirassismus beinhaltet aber wesentlich mehr.
Endlich gibt es wieder einen allgemeinen Konsens in der Münchner Linken, dass Rassismus scheisse ist und, dass mensch etwas dagegen tun muss. Zumindest wenn er von einer kleinen Randgruppe mit kurzen Haaren kommt.

Es gibt nun fasst täglich Bündnistreffen, verschiedenste antifaschistische Plakate und Aufkleber, viele Gruppen legen sich richtig ins Zeug und überall tauchen neue Ideen auf, um den Naziaufmarsch am 2.4. zum Desaster zu machen.





Es gibt auch ein Novum: Da der europaweite Aktionstag für Bleiberecht und Bewegungsfreiheit auch auf den 2.4. fällt, wurde im Stadtplenum der Vorschlag der Karawane aufgegriffen, Naziaufmarsch und den staatlichen Rassimus gemeinsam zu thematisieren. Deutlich werden sollte, das Nazis nicht im Wald gezüchtet werden und Rassismus nicht nur bei Glatzen mit Springerstiefeln zu finden ist. Das Nazis scheiße sind weiß jeder, dass Asylsuchende in Containerlagern isoliert werden, ihnen 3-4 m² zustehen und sie mit Fresspaketen abgespeist werden, wird hingegen häufig ignoriert oder "nicht gewusst" und selten als Rassismus bezeichnet.





Ein gemeinsamer Aufruf wurde daher verfasst, um zu beiden Aktionen gemeinsam zu mobilisiern. Es wurde sich außerdem darauf geeinigt die Aktionen gegen staatlichen Rassismus schon am 1.4. zu starten, um sich nicht gegenseitig die Kräfte abzuziehen.





...und bei diesem gemeinsamen Aufruf ist des dann auch geblieben!



Keine der Gruppen hat es für nötig gefunden, für den 1.4. Aktionen vorzubereiten. Nur die Karawane veranstaltet am 1.4. um 11:00 ein "Protestkochen" vor der Regierung von Oberbayern, die verantwortlich für Lageralltag, Fresspakete und Besuchsverbote in Heimen ist.



In dem großen Bündniss gegen den Naziaufmarsch mit Parteien, Gewerkschaften, etc. wurde der antirassistische Teil des Flyers komplett gestrichen, da die großen Parteien blockierten. Doch auch für die Gruppen des Stadtplenums die eine Verknüpfung beider Aktionen durchsetzen wollten, ist anscheinend nur noch das Blockieren des Aufmarschs Thema. Der Aktionstag, um den sollen sich Flüchtlinge und AktivistInnen der Karwane selber kümmern.





Zahlreiche Aufkleberversion in Hochglanz mobilisieren gegen den Naziaufmarsch, kein einziger für den Aktionstag. Das Rassismus häufig nur erkannt wird wenn es um Bilderbuch-Nazis geht, wird zwar kritisiert, doch dagegen angegangen wird von den KritikerInnen nicht. Antirassimusarbeit ist das ganze Jahr über nötig und mit ein paar

spektakulären Aktionen und klugen Reden, mit denen mensch sich dann schmücken kann ist es nicht getan.





Auch die eigene Abgrenzung und die eigenen Privilegien, müssen dabei in Frage gestellt werden, wenn mensch seinem antirassistischen Anspruch gerecht werden will.

Was viele Betroffene für nötig und wichtig halten, nämlich den Kampf gegen die Regierung von Oberbayern und gegen den Alltagsrassismus von Polizei, Gerichten und Behörden, fällt anscheinend unter den Tisch.



Aber an wessen Stammtisch sitzt schon ein Flüchtling und wer hat sie/ihn nicht eingeladen?
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Rassismus

Definition 30.03.2005 - 17:41
die Unterscheidung zwischen Inlaendern und Auslaendern ist der staatlich durchgesetzte Rassismus.

Dass es Menschen gibt, die in Containern und von Fresspaketen leben muessen, folgt daraus.

Tja

caravan 30.03.2005 - 18:13
Wenn die Reden, vor allem die Sprüche wenigstens klug wären...
"Ein Baum ein Strick, ein Nazigenick"...
Solidarität ist keine Einbahnstraße. Linke Inhalte positiv zu vermitteln durch praktische Solidarität und den gemeinsamen Kampf mit unterdrückten und ausgegrenzten Menschen kann viel mehr verändern, als ab und zu mal posend und empört über Bullenketten hinweg Nazis anzuschreien. Das soll nicht gegen Antifaaktivitäten sprechen, aber andererseits stellen wir aus unserer Praxis fest: Viele Antifas sind auch nur deutsch, wollen unter sich bleiben und antirassistische Aktivitäten interessieren sie einfach nicht.
Wie von Noname beschrieben: Antirassistische Arbeit, Engagement Solidarität sind permanent. Teilzeitantirassismus wäre Verarschung der von Rassismus Betroffenen.
Die Verschränkungen mit allen anderen Ausbeutungsverhältnissen sind offenkundig. Warum also diese Ignoranz?
Schon am 10.12. fiel es den Nazis leicht, von einer lang angekündigten Karawanedemo in München wegzumobilisieren, zu einem "Aufmarsch" in Dorfen, zu dem 50 Nazis und 300 Antifas erschienen. An der Karawanedemo nahmen dann halt nur 200 Leute teil, zur Hälfte MigrantInnen. Ganz toll.
Sind wir die Hampelmenschen der Nazis? Es IST ein Dilemma und ich verlange so langsam ultimativ von den Annifas, sich dazu mehr zu überlegen als blind und mit den immer gleichen Sprüchen, völlig inhaltslos zu jedem noch so popligen Naziaufmarsch zu rennen.
In München werden tausende von Münchner BürgerInnen zum Naziaufmarsch kommen. Warum es nicht möglich ist, die Aktionen zum europaweiten Aktionstag gegen Lager, Prekarisierung und für Bewegungsfreiheit mit den Aktionen gegen den Naziaufmarsch zu verbinden, bzw. sich solidarisch aufeinander zu beziehen und zueinander zu verhalten, ist nicht einzusehen. Die Antifa wird dadurch ein nicht ernst zu nehmender Faktor linker Politik, so vergänglich wie eine Mode.
Überlegt euch was dazu!

Rassismus

antifa 30.03.2005 - 18:16
Es ist schon Lustig wie der Autor den "Alltagsrassismus" auschließlich bei Regierung, Polizei und Behörden sieht.

Abschiebungen sind Volkes Wille. Die gesamte Gesellschaft ist Rassistisch. Protest gegen Rassismus muss auch neben den Abschiebungen den Durchschnittsdeutschen mit ein beziehen.

Nieder mit Deutschland!

@caravan

Antifa 31.03.2005 - 19:49
Ich spreche von mehrfach erlebten Ausgrenzungsmechanismen der "antirassistischen" Szene. Mit einem bestimmten Outfit und bestimmten politischen Positionen werden Menschen bei euch fast schon strukturell misstrauisch betrachtet und ausgeschlossen. Das Grenzcamp in Köln war einer der Höhepunkte dieser Erscheinungen. Allein schon der Blickwinkel, aus dem du Antifas betrachtest, ist dumm. Woran willst du denn fest machen, wer "Antifa" ist, der zu euren Aktionen kommt/ nicht kommt, wenn du sagst, dass da gerade mal so viele waren wie beim Aufmarsch xy. Woran hast du erkannt, dass es "Antifas" waren und woran hast du erkannt, dass die anderen keine waren?

@antifa

caravan 31.03.2005 - 20:20
Ganz einfach
Antira ist leider nicht sehr populär, dafür sehr arbeitsintensiv. Daher sind wir oft und viel in Kontakt zueinander. Daher wissen wir auch, wenn wir praktisch "unter uns" sind, weil wir uns inzwischen fast alle kennen oder zumindast schon mal bei ner gemeinsamen Aktion gesehen haben. Die Antifas bei uns kenn ich, davon tauchen doch immer recht wenige auf, die anderen sind genauso am Outfit zu erkennen, wie du den Antiras unterstellst, und wenn mal neue kommen, frag ich sie einfach, aus welchen Zusammenhängen sie sind. Glaub mir, das ist kein beleidigtes Gepöbel sondern eine zugegebenermassen etwas angenervte politische Kritik, die schon oft völlig unbeantwortet. blieb. Auch du hast es unterlassen auf die Substanz der Problematik einzugehen...
Ich werde mich auch nicht von Antifaschismus distanzieren, dazu war ich viel zu lang selbst in Antifagruppen aktiv.

5.4.2005, @ antifa

Caravan 06.04.2005 - 01:42
Der 1/2. April sind vorbei. Am europaweiten Aktionstag, zu dem ja gemeinsam mobilisiert worden war kamen insgesamt 60 Leute.
Zum Naziaufmarsch Tags darauf 6000... Muss ich noch mehr sagen, um meine vorhergehenden Einlassungen zu unterstreichen...
P.S. Der Artikel selbst ist nicht von mir

@caravan

auch antifa 06.04.2005 - 02:56
ich kann deine kritik gut nachvollziehen.
ich arbeite mit migrantischen jugendlichen, kenne ihre probleme mit rassismus, prekärem aufenthaltsstatus und miserabler finanzieller situation. die grenzcamps habe ich teilweise mitgekriegt. bewegungstechnisch aktiv aber bin ich doch eher als antifa. woran liegt das? ist eine interessante frage für die antifa, mögliche gründe (antira arbeitsintensiv etc. hast du genannt) ist vielleicht auch ne frage der "niedrigschwelligkeit des angebots" bei antifas, es braucht nicht viel um bei ner anti-nazi demo mitzulatschen, um es mal verkürzt auszudrücken. existenzielle nöte von migranten und flüchtlingen wie residenzpflicht oder die probleme mit dem aufenthaltsstatus kennen viele nur vom hörensagen. fälle von leuten aus dem ehemaligen jugoslawien, die seit dem bürgerkrieg, also über 10 jahre in deutschland lebten und jetzt abgeschoben wurden ohne jede perspektive habe ich in den letzten 2 jahren oft mitgekriegt, u.a. ein 19 jähriger der seit 12 jahren in deutschland lebte, mit seiner ganzen familie. die einzige option wäre die illegalität gewesen. aufgabe der antifa wäre es, das politisch zu thematisieren. ich denke die problematik hat mit der lebensrealität von vielen (weißen) antifas nicht so viel zu tun. ein dialog wäre wichtig. gruß

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 3 Kommentare an

Was soll das !? — Antifa

Sinnvoller.... — ...wäre...

@antifa — caravan