Ergebnis der Kreuzberger Rathaus-Besetzung

my59 19.03.2005 00:54 Themen: Soziale Kämpfe
Das Kreuzberger Rathaus in Berlin wurde von Donnerstag, den 17. März bis Freitag den 18. März 2004 von UnterstützerInnen des räumungsbedrohten Hausprojekt Yorck59 besetzt. Nach der heutigen Pressemitteilung steht für die BewohnerInnen und UnterstützerInnen fest, dass trotz der Zusage von Innensenator Körting, sich für ein Räumungsmoratorium einzusetzen, noch längst nicht aller Tage Abend ist.
Ergebnisse der Kreuzberger Rathausbesetzung anläßlich der Räumungsandrohung gegen die Yorck59.

Von Donnerstag, den 17. März, 15 Uhr bis Freitag den 18. März wurde das Kreuzberger Rathaus von ungefähr 100 Personen besetzt. Grund dafür sind die angedrohte Räumung des Hausprojekts Yorck59 durch den Eigentümer Walter.
Im Rathaus wurde seit gestern darüber informiert, wie sich die Situation in der Yorck59 seit Herbst 2004 zuspitzt. Die MieterInnen weigern sich, die Verdoppelung der Miete zu akzeptieren. Eigentümer wie Hausverwalter behaupten nun seit einer Woche, dass sie alles in die Wege leiten, um in Kürze das Projekt unter Polizeischutz zu räumen. Als aktuellen Anlass nannten sie die „Beschmutzung“ der Villen von Marianne Marweld, Mutter des Verwalters und Miteigentümerin der Hausverwaltung BauPartner. Als Reaktion auf den Widerstand der Yorck59 und ihrer UnterstützerInnen wurde ihnen vom 12. bis 14.3. das Wasser und die Heizung abgestellt. Die Betroffenen fordern eine politische Lösung.
Zwar setzen sich PolitikerInnen auf Bezirksebene - beispielsweise die Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer und der Baustadtrat Franz Schulz - für den Erhalt des Projektes ein. Doch betonen sie stets, dass PrivatbesitzerInnen nicht zu einer politischen Lösung gezwungen werden können.
Mit der Besetzung wurde darauf aufmerksam gemacht, dass der Interessenskonflikt zwischen Eigentümer und Hausprojekt jedoch nur durch eine politische Lösung zu beenden sein wird. Es wurde daher gefordert, dass der Berliner Innensenator Erhardt Körting zu einem Gespräch mit den BesetzerInnen ins Rathaus kommen solle, um einen Räumungstop zu garantieren. Gegen 19 Uhr kam Körting dann auch mit Reinauer ins Rathaus, versprach aber lediglich, sich persönlich mit dem Hauseigentümer Marc Walter in Verbindung zu setzen. Er werde ihn noch einmal darüber informieren, dass der Liegenschaftsfonds Walter Ersatzobjekte anbietet, wie bereits letzte Woche geschehen. Körting signalisierte, dass er kein Interesse an einer weiterer Eskalation des Konflikts hätte und ein zeitlich begrenztes Räumungsmoratorium für möglich hält. Der Grund dafür sei weniger sein Interesse am Hausprojekt als vielmehr die Notwendigkeit einer friedlichen Lösung. Doch dass seine Kompetenzen als Innensenator und Befehlshaber der Polizei weit darüber hinaus gehen, liegt auf der Hand. Z.B. musste Körting im Falle der räumungsbedrohten Rigaerstr. 94 einen dreimonatigen Räumungsstop aussprechen und wird dies auch bei der Yorck59 können!
Körting sicherte gestern schließlich zu, am Mittwoch kommender Woche die BewohnerInnen und Initiativen der Yorck59 über die Ergebnisse seiner Gespräche mit Walter zu informieren. Das Gespräch wird im Bezirksamt Kreuzberg u.a. unter Teilnahme von Christian Ströbele und VertreterInnen des Wirtschaftssenats stattfinden.

Die BesetzerInnen handelten mit der Bezirksbürgermeisterin darauf hin aus, die Besetzung des Rathauses bis zur Pressekonferenz am Freitag Morgen aufrecht zu erhalten. Im Laufe des Abends erschienen zahlreiche UnterstützerInnnen sowie mehrere Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses im Rathaus, um sich über die eskalierende Situation in der Yorck59 zu informieren. Auch sie versicherten, sich für eine Lösung des Konflikts auf Senatsebene einzusetzen.

Heute, am 18. März fand um 11 Uhr eine Pressekonferenz mit den BewohnerInnen der Yorck59 und anderer Projekte sowie deren UnterstützerInnen im Sitzungssaal der
Bezirksvollversammlung statt. Sechs Personen aus der Yorck59 und anderen bedrohten Projekten (Offene Uni Berlins und Schwarzer Kanal) informierten die Medien über den Zweck der Besetzung und erklärten ihre Forderungen. Die Bezirksbürgermeisterin erschien gegen Ende der Konferenz. Danach wurde die Besetzung beendet und beschlossen, die Verhandlungen zwischen Innensenat und Bezirksamt mit dem Hauseigentümer der Yorckstr. 59, Marc Walter erst einmal abzuwarten und dann weitere Schritte zu planen, um den Erhalt des Hausprojektes politisch zu erkämpfen.

Parallel zur Pressekonferenz unterstützten AktivistInnen den Widerstand der Yorck59 mit einem Transparent beeindruckender Größe (ca. 6X10m), das in einer Kletteraktion vom 10. Stockwerk des Rathauses an der Aussenwand befestigt wurde. Darauf war zu lesen:
Räumung ist keine Privatsache -
her mit der politischen Lösung!
Yorck59 bleibt!

Trotz der Absprache mit Reinauer und Schulz, das Transparent bis um 10 Uhr des nächsten Tages hängen zu lassen, um den kletterfreudigen UnterstützerInnen Gelegenheit zu geben, es selbst wieder abzunehmen und damit vor dem Abschneiden zu retten, machten sich Reinauer und Schulz selbst ans Werk und schnitten den Stoff von einem Fenster aus entzwei, um ihn dann auch noch einzubehalten! Wir fordern: her mit dem Stoff!

Die Bilanz der Entwicklungen der letzten Tage ist relativ positiv. Durch die übliche Art des Hausverwalters Marweld, mit Kurzschlusshandlungen zu reagieren, also Wasser und Heizung abzustellen, und durch die großartige Besetzung des Rathauses konnte eine breite, auch mediale Öffentlichkeit erreicht werden. Damit sah sich der Innensenator gefordert, Stellung zu beziehen und selbst Schritte in Richtung Marc Walter zuzusagen, um ihn zu einer Lösung zu bewegen; statt das Problem auf den Bezirk abzuwälzen. Dass dies nicht reichen wird, um Walter zu überzeugen, ist absehbar. Daher sind weitere Aktionen in der Öffentlichkeit wichtig, um politisch Druck auszuüben und eine Räumung zu verhindern!
Venceremos!
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Ergänzungen

Junge Welt und TAZ

Zeitungsleser 19.03.2005 - 09:08

Presseberichte

Zeitungskiosk 19.03.2005 - 11:55

Keine Unterstützung von Seiten der Politik

Alf 19.03.2005 - 12:16
Es wäre doch zu schön, wenn es wirklich eine Unterstützung von Seiten der erwähnten Politiker geben würde. Nur, es ist wie es immer ist nach vorne schön reden und nach hinten den Scheiss praktizieren. Gegen über der Berliner Zeitung hat Innensenator Körting gesagt, dass es nur eine einzige Lösung gibt, das Problem zu beenden "ein friedlicher Auszug der Bewohner". So zu lesen in der Print-Ausgabe der Berliner Zeitung vom 19.3.2005.

wohnungsmarkt in berlin

millionär 20.03.2005 - 12:14
sagt mal muss der stress mit dem besitzer denn sein?


wenn ihr als gruppe zusammen sein wollt, gibt es nicht in berlin die möglichkeit, dass ihr legal wohnungen bekommen könnt und das mit den finanzen auch klären könnt?

ich mein in berlin stehen fast 200 000 wohnungen leer.in allen bezirken und aus unterschiedlichen grüden. also nicht nur , weil es sich bei den objekten um luxuswohnungen handelt.

ich kenne nicht eure situation, darum entschuldigt, wenn ich da vielleicht mir sachen vorstelle die bei euch überhaupt nicht passen.

wenn wohnraum wirklich knapp ist und besitzer lieber spekulieren und nur luxusvermittungen haben wollen, dann ist das eh gerechtfertigt, dass dann menschen sich zusammen tun und zur nothilfe greifen.

und jeder der hier hohl daherredet, von wegen das sei nicht euer haus und es gehört einem anderen, der ja wohl mit seinem besitz anstellen und nicht anstellen darf was er will: es gibt auch verantwortung, gesellschaftliche verantwortung, über die sich jeder bewusst sein muss. wenn ich eine immobilie kaufe und dann mit den darin lebenden menschen umgehe, als wenn sie dreckt sind, der weg muss, dann darf ich nicht wirklich überrascht sein, dass die nicht gerade dankbar sich verhalten.

wäre ziemlich naiv zu glauben, das sich menschen, die heute immer stärker werdende ausgrenzung erfahren und nur noch als kosten-nutzen-faktoren eine rolle spiellen, nicht wehren.

wenn deutschland seine innenpolitik privatisiert und betribeswirtschaftliches denken, zunehmend alle gesellschaftliche bereiche dominiert dann wird das gegenbewegungen auslösen. es wird dann noch ganz anders krachen!

und zu guter letzt sollte sich auch keiner wirklich wundern, wenn dann wieder der deutsche blutbrunne läuft.

Hallo Millionär

Maxe 20.03.2005 - 12:37
Die Leute dort leben schon legal in diesem Haus. Sie leben dort legal seit vielen Jahren. Nun kam ein krimineller Typ, kaufte das Haus den Leuten weg (sie wollten es selbst vom Altbesitzer, dem sie Miete zahlten, abkaufen) und begann mit üblen Mitteln die Bewohner zu mobben. Auf einmal wurden wahlos fristlose Kündigungen ausgesprochen, Wohnungen zugemauert, wurden Einbrüche begangen und Bewohner verprügelt. Selbst die Polizei dieses Revieres steht mittlerweile eher auf Seiten des Bewohner. Einen Überblick gab dieses Feature:  http://de.indymedia.org/2005/01/103985.shtml

Ähnliches passiert auch anderso, siehe: www.w25.de - ein Mietshaus in Schöneberg.

Weiter So

Heyerdahl 21.03.2005 - 16:30
Herzlichen Glückwunsch zu der gelungenen Aktion, möge sie Euch Erfolg bringen!!

Von den guten Aktionen rund um York59 könnten sich die Hamburger mal etwas abschauen und schluss machen mit den friedlichen Latsch-Demos!

Heyerdahl

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 8 Kommentare an

supi — supi

respekt — urst

ist schon komisch — (muss ausgefüllt werden)

ihr seht... — carlos

Waaaas???? — PolitikerInnen wozu??

........... — tut niX zu sache