Unruhen in Guatemala fordern Todesopfer

pirata 16.03.2005 12:55 Themen: Globalisierung Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Seit einer Woche wird das wirtschaftiche Leben Guatemlas durch Streiks praktisch lahm gelegt. Und ein Ende ist nicht in Sicht. In erster Linie geht es gegen die Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit den USA. Aber viele Guatemalteken wollen auch die neokonservative Regierung stuerzen.
Das mittelamerikanische Land erlebt derzeit wohl einer der groessten Protestwelle seit seines Bestehens. Und fuer die seit Januar 2004 amtierenede Regierung koennte der Mix an Revoluzzern toedlich sein. Erstmals verbuenden sich womoeglich ultralinke mit ultrarechten Kraeften. Noch demonstrieren die Kommunisten nicht gemeinsam mit den Rechtsradikaeln. Aber es gibt wohl trotzdem heimliche Absprachen. Waehrend die Lehrer, Gewerkschaften und Bauernverbaende seit rund einer Woche das Land bestreiken, sollen am kommen Donnerstag die ultrarechten Ex-Paramiliaters das Land lahm legen, waehrend die sozialen Gruppen einen Tag pausieren planen.
Doch seit dem gestrigen Dienstag koennten die heimlichen Absprachen zur Makulatur werden. In der nordwestlichen Stadt Huehuentenago eroeffneten Polizisten und Soldaten das Feuer auf Streikende, die die Panamerikana blockiert hatten. Ein 24 Jahre alter Lehrer und Vater von fuenf Kindern wurde dabei durch einen Kopschuss getoetet. Sechs weitere Demonstranten mussten mit Schussverletzungen ins Krankenhaus gebracht werden andere erlitten Verletzungen durch den Einsatz von Schlagstoecken und Traenengas. Aus Wut ueber das gestrige Massaker sollen hier die Proteste nun intensiviert werden. Auch aus der Hauptstadt werden brutale Uebergriffe und viele Verlezte durch die Polizei gemeldet. Der Praesident Oskar Berger kuendigte derweil an, die Gewerkschafts- und Bauernanfuehrer verhaften zu wollen.
Diese hatten sich am gestrigen Dienstag zunaechst einmal mit dem Erzbischof von Guatemala Stadt und dem Vizepraesidenten zusammen gesetzt, um eine friedliche Loesung aus zu loten. Vergebens. Das Treffen endete mit einem Ultimatum an die Regierung: Bis heute um 15 Uhr Ortszeit (22 Uhr MEZ) muss der Innenminister und der Polizeichef entlassen sein, der Praesident muss schriftlich zusichern, dass der am Montag vom Parlament ratifizierte und am gestrigen Dienstag vom Praesidenten unterzeichnete Freihandelsvertrag nicht im Gesetzesblatt veroeffentlich wird. Ausserdem muessen bis dahin saemtliche Polizisten und die Soldaten aus den Strassen des Landes abgezogen werden und ein umstrittenes Gesetz zum Minenbau annuliert sein. Werden diese Forderungen nicht erfuellt, sollen die gewaltsamen Proteste weiter gehen.
Es ist nicht damit zu rechnen, dass Praesident Oscar Berger die Forderungen erfuellen wird. Dann wird es am Donnerstag zu einer merkwuerdigen Demo-Konstelation kommen. Zu den revoltierenenden, Lehrern, Landlosen und Kleinbauern werden sich ultrarechte Paramiliaters gesellen, die ebenfalls das Land mit Strassenblockaden lahm legen wollen. Sie fordern seit langem von der Regierung eine Entschaedigung fuer ihre „geleisteten Dienste“ waehrend des Buergerkrieges. Bereits vergangene Woche kamen es zu einem Interessenskonflikt. Waehrend um neun Uhr morgens die ex-Paramilitaers das Parlament blockierten, wurden sie um 11 Uhr von den Lehrern abgeloest.
Die innenpolitische Situation ist derweil verzwickt. Sollte der neokonservative Praesident Berger aufgrund der Proteste gestuerzt werden, ist ein Nachfolger nicht in Sicht. Guatemala verfuegt schlichtweg ueber keinen charismatischen Politiker, dem praesidiale Faehigkeiten nachgesagt werden. Und obwohl die Rechtsradikalen im Parlament die groesste Fraktion stellen, lehnen ueber 80 Prozent der Guatemalteken deren Fuehrer, der 86jaehirge Ex-Diktator Efrain Rioss Mont, ab. Die Linken sind bedeutungslos und die Konservativen zerstritten. Sicher scheint das Groh der Guatemalteken nur in einem Punkt zu sein: Die Regierung muss weg, egal was danach kommt.

Eindrucksvolle Fotos von den Protesten gibt es unter:  http://www.prensalibre.com/especiales/ME/ultimahora/index.jsp
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Ergänzungen

Rough english translation

naja 16.03.2005 - 21:19

2. Demonstrant stirbt im Krankenhaus

15.mrz.2005 17.03.2005 - 13:25
Die Bauern und Bäuerinnen protestierten gegen den Freihandelsvertrag auf der Interamericana CA1 von auf der Höhe von Colotenango, im Dept. Huehuetenango.
Bilder von Verletzten:
 https://freemailng1202.web.de/jump.htm?goto=http://www.freedomsojourn.com/Naranjales.htm

Aufruf zur Solidarität:
 http://www.ghrc-usa.org/Actions/Colotenango.htm

link zu Bildern

cp n pasta 17.03.2005 - 13:40

Kotz und Wuerg

pirata 17.03.2005 - 19:25
Diese Bilder sind wirklich das Schrecklichste und Uebelste, was ich je gesehen habe. Halbtote und tote Indigenas, blutueberstroemt im Staub liegend.
Auf leeren Magen nicht zu empfehlen, auf vollem schon gar nicht.
Denke wirklich, man muss auch in Berlin vor der guatemaltekischen Botschaft ne Protestaktion starten. Immerhin wurden in den lezten Monaten bereits ein Dutzend Landbesezter und Demonstrationen durch Polizeikugeln ermordet. In den meisten Faellen berichten Journalisten und Augenzeugen von regelrechten Hinrichtungen. Dem gezielten ansetzen der Waffe auf einen wehrlos am Boden liegenden ..... und ...

2. Protestant musste Bein amputiert werden

Winston Smith 20.07.2005 - 10:35
Der 2. Protestant wurde so schwer verletzt, dass im Kommunique von cuc von seinem Tod berichtet wurde. Im Krankenhaus musste sein Bein amputiert werden.
Zuerst richtig gestellt durch:
 http://www.ghrc-usa.org/Home.htm