Bauwagenplatz in München-Riem erhält Räumungsbefehl

Xtra-Blatt 13.03.2005 22:19 Themen: Freiräume
Das Projekt Ameise e.V. existiert seit 1996. Der Verein wurde damals gegründet um Heimatlosen und Menschen mit Alkoholproblemen aus der ´Klemme´ zu helfen.
Das Empowermentprojekt umfasst ca. 30 Bauwägen mit ihren BewohnerInnen, 3 Kinder, und jede Menge Hunde und Katzen. Ab 1998 Bezog der Verein das Gelände von den Bewohnern auch liebevoll Gnadenacker genannt. Seit diesem Zeitpunkt haben die Bewohner Probleme mit den Ämtern und der Polizei.
Wichtige Information !

Das Sozialreferat meint die Siedlung sei „illegal, autonom und materiell rechtswidrig“. Den Behörden nach entspräche es nicht dem städtischem Konzept, dass sich Obdachlose unter Verletzung von Bauvorschriften in ungenehmigten Siedlungen niederlassen. Eine Förderung sei nicht vorgesehen, da trotz „teilweise positiv“ zu bewertender Ansätze der Selbstorganisation diese Wohnform ebenfalls nicht den Zielsetzungen der Landeshauptstadt München entsprächen: „Die baulichen Anlagen verunstalten als Fremdkörper das Ort- und Landschaftsbild und fügen sich also nicht in die natürliche Eigenart der Landschaft ein, da es sich hier um eine wesensfremde Bebauung handelt.“ Außerdem soll auf dem Grundstück, das eigentlich gar nicht der Stadt gehört, seit einem Beschluss vom 30.12.2003 eine öffentliche Grünfläche entstehen., diese soll „überwiegend mit Gehölzen und blütenreichen Magerwiesen“ zu gestalten sein.

Des weiteren seien bereits in anderen Gegenden ´Wagenburgen´ Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen gewesen und außerdem beeinflusse die die bauliche Nutzung der umgebenden Grundstücke nachhaltig. So kann sich laut Gericht eine ´gebietsadäquate Nutzung´ negativ auf die Umgebung auswirken, indem sie einen so genannten ´Trade - Down - Effekt´ auslöst. Ob durch eine Umgebungsbebauung eine Störung oder Beeinträchtigung des Lebens der Wagenplatzbewohner zustande kommen könne, danach hat sie natürlich niemand gefragt. Warum auch, sie haben ja sowieso kein geregeltes Leben. Und doch hat ein Großteil von ihnen eine Ausbildung und nahezu jeder geht hier arbeiten erzählt ein Bewohner bei einem Besuch des Platzes.

Seit klar ist das an der Messestadt Ost die Bundesgartenschau stattfinden soll, hat die Stadt nun einen triftigen Grund die lästigen Bewohner ´abzuschieben´. Offiziell werden zwar andere Gründe genannt, jedoch gibt die Lokalbaukommission zu während der Bundesgartenschau keine Vollstreckungsmaßnahmen durchführen zu wollen, da eigentlich Zitat: „Die Angelegenheit gerade wegen des öffentlichen Interesses – dokumentiert durch die Aufmerksamkeit in den Medien – bis dahin (Anfang Mai) ihren Abschluss gefunden haben soll“. Das erklärt natürlich den Zugzwang unter dem verschiedene Referate, natürlich ohne den Stadtrat zu informieren unter Zugzwang stehen. Deswegen ist es seit 10.03.05 hochoffiziell und liest sich auf dem Räumungsbefehl eigentlich wie ein schlechter Scherz: „Die Nutzung des genannten Grundstücks sowie der dort befindlichen baulichen Anlagen zum dauernden Aufenthalt ist spätestens ab 01.04.05 zu unterlassen“ Das Zelten, Camping und Camping und campingähnliche Nutzungsformen sind ab diesem Zeitpunkt ebenfalls untersagt. Einspruch gegen den Bescheid oder Aufschub der Frist ist laut Amtspapier nicht möglich. Auch gebrannt hat es diesen Januar schon auf dem Platz. Die Polizei geht von Brandstiftung aus.

Was Peter Lustig in der Fernsehsendung ´Löwenzahn´ darf, bleibt den Bewohnern dieser Siedlung verwehrt. Die ja eigentlich nach gar nicht Obdachlosen sollen laut TV München künftig in einem Asylantenwohnheim wohnen und spätestens bis 14.04.05 aus der Wagenburg verschwunden und komplett dorthin verfrachtet worden sein. Ansonsten steht eine Zwangsräumung kurz bevor. Das ´Wohnheim´ stellt sich als ein paar Baracken heraus und kosten die Stadt am Tag pro Person ca. 9 Euro. 2 Personen könnten hier auf 12 Quadratmetern mit dem Sonderstatus ´Sondernutzungsrecht durch Tiere´ vegetieren. Soviel scheint ihr ein sauberes Öffentlichkeitsbild wert zu sein. Die selbst ernannte „Weltstadt mit Herz“ stellt über eines ihrer Ämter auch dar, dass es nicht das Ziel sei, ´obdachlose Menschen´ zu diskriminieren. Es ginge vielmehr darum rechtmäßige Zustände im Außenbereich herzustellen und die Grünflächennutzung durchzusetzen. Die Lokalbaukommission habe sich auf Grundlage des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 16.01.2001 entschieden ein neues ´bauaufsichtliches Verfahren´ zu eröffnen. Unter Berücksichtigung der personellen Kapazitäten sowie der schwierigen und letztendlich erfolglosen Suche nach einem Ersatzstandort, sei ein Einschreiten erst zum jetzigen Zeitpunkt ermöglicht worden.

Hoppe, auch genannt der ´grüne Rebell´ und offizieller Pächter des privaten Grundstücks sagt das sei das endgültige Aus des Programms nach der Losung ´Hilfe zur Selbsthilfe´. Viele der Teilnehmer würden wieder unter die Brücken gehen. Und tatsächlich ist es nicht besonders schön in einer von der Stadt zugewiesenen Unterkunft zu leben. Oft klagen die Bewohner über Schikanen durch Sicherheitsdienste. Bett und Besuchszeiten werden verhängt, ein Hausmeister verwaltet das Gebäude für die ´hilflosen´ Menschen. Da mach ich lieber wieder Platte sagen sich viele denen das zuviel ist. Trotzdem hat Hoppe noch Ironie für die Öffentlichkeit übrig als er in eine Fernsehkamera sagt, das wenn der Mooshammer noch Leben würde er wenigstens mal einen Pelzmantel unter die Brücke werfen würde.

In einem Schreiben an die Öffentlichkeit haben die Bewohner angekündigt dass sie nicht weichen werden und bitten um Unterstützung. Demnächst wird es auch eine Unterschriftenliste geben, auf der man sich durch eine Unterschrift gegen eine Räumung des Gnadenackers aussprechen kann.

Informationen zum derzeitigen Geschehen auf:
www.dieameise-ev.de
Sprecher Peter Kranawetvogl zu erreichen unter:
0173/4655050
Mail an:
 Ameise-ev@t-online.de
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Ergänzungen

Linx

Firn 13.03.2005 - 22:38
Links zum Thema:
 http://www.marktplatz-oberbayern.de/regionen/mstadt/art1606,254804.html

Bericht von Robin Haus:
 http://de.linefeed.org/2004/07/88442.shtml

Obdachlose in München: Auch Wohltaten müssen genehmigt sein (Bericht von 2000)
 http://www.konradlischka.de/nhproben201.htm

Der grüne Rebell und die Penner (Bericht 2001):
 http://www.konradlischka.de/nhproben79.htm

21. 1. 2004. ANFRAGE Dürfen BuGa-Besucher keine Obdachlosen sehen ?!
 http://www.gruene-muenchen-stadtrat.de/seiten/texte/antraege_htm/A04/anfragen04/anfrage_040121.html

Mit dem Regenwurm auf Du und Du, aktuelles vom Mai 2004 zum Gnadenacker:
 http://www.wochenanzeiger.de/article/42350.html

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Die Überschrift — Salve

Sachtmal — Maxe

Schweinerei sowas — Tyrael

Wat — Rex

Fehlerteufel — X-tra Blatt