Internationaler Frauenkampftag - Magdeburg

Kultur und Kampf von unten 09.03.2005 20:30 Themen: Gender Soziale Kämpfe
80 Menschen demonstrierten am 8. März in Form eines Auflaufes ("Wir wollen einiges zum Kochen bringen!") durch die Magdeburger Innenstadt. Auflauf deswegen, weil verschiedene Punkte angelaufen wurden, die nicht nur, aber gerade auch, die patriarchale Realität fördern, vorantreiben und ausdrücken. Dieser Auflauf fand im Rahmen einer Aktionswoche rund um den 8. März in Magdeburg statt, welche von einer Frauengruppe organisiert wurde. Unter dem Motto: "Für den Aufbau einer
starken Frauenbefreiungsbewegung weltweit!
Den Kampf gegen die bestehenden Herrschafts- und Unterdrückungsverhältnisse zu führen, bedeutet auch für die Befreiung der Frau zu kämpfen!" sollte der patriarchalen Realität eine kollektive Ansage gesartet werden (hoffentlich nicht nur an diesem Tag)!
80 Menschen demonstrierten am 8. März in Form eines Auflaufes ("Wir wollen einiges zum Kochen bringen!") durch die Magdeburger Innenstadt. Auflauf deswegen, weil verschiedene Punkte angelaufen wurden, die nicht nur, aber gerade auch, die patriarchale Realität fördern, vorantreiben und ausdrücken. So z.B. Sarah Young (Sexshop), MC Donalds und die ALG II Stelle, auch genannt das Jobcenter (Menpower). Unter der Forderung "Kultur und Kampf von unten gegen die Welt der Reichen" wurde der Auflauf durch Straßentheater, Musik, einer Trommelgruppe und Redebeiträgen lebendig. Während des Redebeitrages zu dem Sexshop Sarah Young, entschieden sich einige Menschen sich von der frauendiskriminierenden und -ausbeutenden Ekelhaftigkeit selbst zu überzeugen und stürmten den Laden. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen mit den Angestellten, den Besuchern und den Bullen.
Insgesamt war der Auflauf eine vielfältige und entschlossene Aktion, an der hoffentlich perspektivisch angeknüpft werden wird.

In dieser Woche finden noch weitere Aktivitäten im Rahmen der Aktionswoche zum Internationalen Frauenkampftag statt.
Freitag 11. März, 19 Uhr im BUND (Olvenstedter Straße 10, 2. Etage): Infoveranstaltung mit Anja Flach zur kurdischen Frauenbewegung. Sie kämpfte zwei Jahre in der kurdischen Frauenguerilla und stellt ihr "Jiyaneke Din - Ein anderes Leben. Zwei Jahre bei der kurdischen Frauenarmee"
vor.
Samstag 12. März, ab 20 Uhr im Knast (Moritzplatz):
vielfältiges kulturelles Programm, Film zur indischen Frauenbewegung


Der Aufruf zum Auflauf

„Für den Aufbau einer
starken Frauenbefreiungsbewegung weltweit!“
Den Kampf gegen die bestehenden Herrschafts- und Unterdrückungsverhältnisse zu führen, bedeutet auch für die Befreiung der Frau zu kämpfen!


Schon immer kämpfen Frauen aller Länder der Welt gegen ihre, nicht nur patriarchale Unterdrückung. Der Begriff Frau ist für uns keine feste Kategorie, die durch "weiß, heterosexuell, gesund und europäisch" gekennzeichnet ist, sondern umfasst alle Frauen jeglicher Herkunft, Religion und sexueller Neigung (Transsexuelle, Lesben,...) und schließt Frauen mit Behinderung nicht aus. Ein erkämpfter Raum, in dem sich der Frauenkampf weltweit bündeln und sich stärken soll(te), ist der 8. März - der Internationale Frauenkampftag.

Warum der 8. März?

Die Wurzeln des „Internationalen Frauenkampftages“ sind in den proletarischen Frauenkämpfen des 19. und 20. Jahrhunderts zu finden. 1909 riefen nordamerikanische SozialistInnen zu einem Frauenkampftag auf nationaler Ebene auf. Ein Jahr später beschlossen 100 sozialistische Frauen aus 17 verschiedenen Ländern auf der II. Internationalen Frauenkonferenz in Kopenhagen am 19. März einen internationalen Frauenkampftag durchzuführen.
Die Wahl fiel zunächst auf den 19. März, um einerseits an die Märzgefallenen der Revolution von 1848 zu erinnern und andererseits einen Bezugspunkt zu den ersten Revolten der Pariser Kommune 1871 herzustellen. Schon damals zeigte sich die enge Verknüpfung von Frauenkampf und dem Kampf gegen andere Herrschaftsverhältnisse - hier der Klassenkampf. So gab es erste Aktionen von organisierten und unorganisierten proletarischen Frauen aus Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA zum internationalen Frauenkampftag am 19. März 1911.
Danach fand der Internationale Frauenkampftag jährlich an wechselnden Daten statt. Nach und nach schlossen sich Frauen aus Frankreich, Holland, Schweden, Russland und der Tschechoslowakei an. Russische Textilarbeiterinnen begannen später in St. Petersburg einen Streik gegen das Kriegselend mit der Forderung „Brot und Frieden!“, diesem schlossen sich viele ArbeiterInnen an. Das führte letztlich zur Ausweitung des Widerstands und kann deshalb als Auslöser der russischen „Februarrevolution“ gesehen werden.
1921 wurde, aufgrund dieser Ereignisse, der 8. März von der Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz als festes Datum eingeführt. Seitdem wird der 8. März gefüllt mit Inhalten wie Frauenwahlrecht (1918), Abtreibung, Mutterschutz, Existenzprobleme...

Heute - etwa 100 Jahre später- ist der internationale Frauenkampftag eher zu einem Feiertag verkommen.
Wir sehen die Notwendigkeit ihn wieder zum Kampftag zu machen, da es nach wie vor wichtig ist an diesem Tag - und nicht nur an diesem - zusammen auf die Straße zu gehen und sich gegen Ausbeutung und Unterdrückung zu organisieren.

Warum Frauenkampf in der „westlichen Zivilisation“?


Wenn mensch der medialen Öffentlichkeit glauben schenkt, könnte mensch glauben, dass wir Frauen hier keinen Grund zum Jammern haben sollten, wir alles tun und lassen könnten, worauf wir Bock haben, wir eine „zivilisierte“ Gemeinschaft sind, wir also im krassen Gegensatz zur „barbarischen“ Welt stehen.
Doch was verbirgt sich hinter der Maskerade?
Da finden wir in Deutschland 150.000 - 200.000 Frauen, die pro Jahr vergewaltigt werden, 2 - 3 Millionen Frauen, die pro Jahr von ihren Männern häusliche Gewalt erfahren, 350.000 Frauen, die sich prostituieren mussten und täglich Männer befriedigen müssen, Ca. 10.000 Männer, die in andere Länder fahren, um Minderjährige Jungen und Mädchen sexuell zu mißbrauchen, Frauen, die alleine ihre Kinder erziehen, Frauen, die vorzugsweise in den Billiglohnsektor eingeschleust werden und prozentual im durchschnitt 30 % weniger Einkommen als Männer kriegen - für die gleiche Arbeit, Frauen, die Magersucht und Bulimie erleiden, unter anderem, weil sie ein von Männern geprägtem Schönheitsideal nacheifern, und auch den Aspekt, dass auch homosexuelle Frauen in Deutschland offiziell „getraut“ werden, was völlig verschleiert das dieser Zeremonie noch lange nicht die selben Rechte wie der „normalen“ Ehe folgen.

Wir finden im Großen und Ganzen eine gesellschaftliche Situation von Frauen wieder, die so gar nicht mit dem vielverwendeten Begriff der EMANZIPATION zu tun hat.
Die Frage, die sich hierbei zwangsläufig stellt, ist, was bedeutet eigentlich der Begriff „Emanzipation“ in unserer ach so „zivilisierten“ Gesellschaft?
Ist es emanzipatorisch, dass Frauen jetzt auch in der Bundeswehr das deutsche Militär bei Kriegen in der Welt unterstützen dürfen? Ist es emanzipatorisch, dass Frauen sich halb nackt der (Männer)Welt präsentieren „dürfen“ und dies sogar von der Gesellschaft als erstrebenswert vermittelt wird? Ist es emanzipatorisch, dass Frauen aus der sozialen Not heraus sich prostituieren "dürfen"?...
Wir verstehen unter Emanzipation nicht die Angleichung an den Mann, nicht die Angleichung an die männliche Vorstellung von FRAU, und schon gar nicht die Erlaubnis sich an Unterdrückung und Ausbeutung durch Führungspositionen in Wirtschaft und Politik zu beteiligen!
Die Vorstellung der Gesellschaft und die damit verbundene Vermittlung von Emanzipation der Frauen folgt aber genau dieser Logik!
Um diese angebliche Emanzipation zu untermauern, zieht die westliche „zivilisierte“ Welt einseitige Vergleiche gegenüber der „barbarischen“ sogenannten Dritten Welt. Diese Vergleiche dienen der Legitimation und der Relativierung der bestehenden Verhältnisse hier.

Sowohl in der westlichen Welt, als auch in der sogenannten Dritten Welt gibt es patriarchale Unterdrückung, jedoch in unterschiedlicher Form und Ausprägung. Der Grund für die Unterschiedlichkeit ist sehr vielschichtig.
Zum einen sehen wir eine enge Verknüpfung der patriarchalen Unterdrückung mit anderen Herrschaftsverhältnissen, wie Klassenunterschiede, Imperialismus, und Rassismus. Da diese in der globalen Realität unterschiedlich ausgeprägt sind, finden sich auch die Frauen in unterschiedlichen Situationen wieder.
Zum Beispiel Nord - Süd Gefälle, d.h. die imperialistische Ausbeutung durch Kriege, Besatzung oder auch durch multinationale Konzerne, was die Folge des kapitalistischen Weltsystems ist.
In imperialistischen oder westlichen Ländern sind migrantische Menschen und gerade die Frauen wiederum auch stärker von Rassismus, Klassenunterschieden, etc. betroffen, was sich in Deutschland exemplarisch im neuen Zuwanderungsgesetz wiederspiegelt.
Auf der anderen Seite sehen wir eine Wechselwirkung zwischen Unterdrückung und Widerstand, und damit verbunden eine unterschiedliche Ausprägung der patriarchalen Verhältnisse in den jeweiligen Ländern und Regionen.

Wo stehen wir?

Wir Frauen befinden uns in einem ständigen Widerspruch mit unseren Ansprüchen und der Realität, nämlich dass wir Unterdrückungsmechanismen selber (re-)produzieren und uns selbst in Ausbeutungsverhältnissen wieder finden. Wir können und wollen daher keinen Absolutheitsanspruch mit all unseren Standpunkten stellen und auch unseren eurozentristischen Blick auf andere Kämpfe im internationalen Kontext hinterfragen und ablegen. Der Kampf um Befreiung von jeglichen Herrschaftsverhältnissen muss internationalistisch sein und kann auch nur so gewonnen werden. Es ist notwendig, dass wir uns in unseren Kämpfen gegen Ausbeutung und Unterdrückung international aufeinander beziehen, uns gegenseitig unterstützen, um das mörderische Ausbeutungs- und Herrschaftssystem zu zerschlagen.
Der erste Schritt, mit dem wir nicht nur unsere Widersprüche aufbrechen (können), ist, dass wir uns zusammen organisieren, miteinander diskutieren und kämpfen!
In einem kollektivem Prozess wollen wir dem Ziel einer Welt, in der Ausbeutung und Unterdrückung in den Geschichtsbüchern zu finden ist, einer herrschaftsfreie und klassenlose Welt ohne patriarchale Strukturen weltweit ein Stück näher kommen!



In diesem Sinne unterstützen wir die Forderungen alle emanzipatorische Frauenkämpfe weltweit!

Gegen Geschlechterkonstruktion und Mainstream!
Kultur und Kampf von unten gegen die Welt der Reichen!!!
Frauen aller Länder vereinigt euch!
Für den Aufbau einer starken Frauenbefreiungsbewegung weltweit!

Infos unter  fightsexismMD@web.de
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