Prozeß gegen FDP-Politiker wegen Feuerlegens
Heute kam es einem Prozess gegen den FDPler und Mitglied der Studentenverbindung Lunaburgia, Niccolo Martin, der noch lange nachdem er der Brandstiftung verdächtigt wurde, als Kreisvorsitzenden der FDP Göttingen tätig sein durfte. Sein Saufkumpan und FDP-Parteikollege, Moritz Strate, Jurastudent und Mitglied der Katholischen Studentenverbindung Winfridia ist mit ihm zusammen erwischt worden und wird ebenfalls angeklagt..
Der Prozess gegen die beiden rechten Verbindungsstudenten fand heute am 8. März um 08.30 Uhr im Amtsgericht Göttingen (Maschmühlenweg 11) im Raum B 12 statt. Tatvorwurf ist bislang nur Sachbeschädigung, Unverständlicherweise stehen Brandstiftung und Hausfriedensbruch allem Anschein nach gar nicht mehr zur Debatte.
Noch mal ein Rückblick, was war geschehen?
Am Rande des Göttinger Ringfestes 2003 drangen am 20.07.2003 um 6.10 Uhr die beiden bekannten Lokal- und Hochschulpolitiker der eine FDP und Kandidat der rechtsextremen Hochschulgruppe Freiheitlich Demokratische Liste, der andere (Kreisvorsitzender der FDP Göttingen, Ex-AStA-Referent und Kandidat der Liberalen Hochschulgruppe, in den Keller eines Hauses im Kreuzbergring ein. In diesen Räumen befand sich zu dieser Zeit eine Ausstellung zur mehrmonatigen Besetzung eines Basisgruppenraumes im AStA-Gebäude.. Als sie von einer in den Räumlichkeiten übernachtenden Person entdeckt wurden, suchten sie schnell das Weite. Der Zeuge merkte sogleich, dass unmittelbar vorher Teile der Ausstellung angezündet worden waren. Die Ausstellung thematisierte vor allem auch die Rolle der beiden FDP-Politiker als maßgebliche Akteure gegen die BG-RaumbesetzerInnen und linke Uni-Strukturen im Allgemeinen.
Glücklicherweise wurde der Brand schnell gelöscht und niemand der 16 im Haus befindlichen Personen (darunter ein dreijähriges Kind) verletzt. Die herbeigerufene Polizei sah die beiden Verbindungsstudenten als "dringend tatverdächtig" an.
In der FDP führten die Brandereignisse zu keinem Karrierebruch, im Gegenteil: der eine wurde Chef vom FDP Arbeitskreis "Innen und Recht". Arbeitsschwerpunkt ist die "sog. "gemeinlästige Kriminalität" wie Graffiti, wildes Plakatieren und Bettelei, aber auch vermeintliche Bagatelldelikte" der andere blieb bis Februar 2005 weiterhin ungeschoren Kreisvorsitzender.
Es ist ein schier unglaublicher Vorgang, daß die Möglichkeit einer Ausbreitung des Brandes auf das Gebäude von der Staatsanwaltschaft ausgeschlossen wird und damit auf eine Anklage wegen Brandstiftung verzichtet wird.
Hier bleibt zu hoffen, dass der nun beginnende Prozeß diesen Punkt noch einmal aufgreift. Hier darf es nicht zu einerevtl. augenzwinkernden Nachsichtigkeit der Justiz gegenüber Burschenschaftlern kommen, sondern der Gefährdung eines Wohnhauses durch Feuerlegen muß in vollem Umfang gerichtlich Rechnung getragen werden.
Leider war das Verfahren sehr schnell vorbei.
Der Vorsitzende Richter bat die Anwälte und den Staatsanwalt in sein Besprechungszimmer. Die Sitzung wurde um zehn Minuten vertagt.
Danach sprachen die Anwälte mit ihren Mandaten. Der Richter fragte, nachdem er die Angeklagten wieder hereingebeten hatte, ob die Angeklagten damit einverstanden sind,
daß dieses Verfahren nach §153a StPO (Strafprozeßordnung) eingestellt wird.
"Exkurs §153a StPo"
§153a
(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,
1. zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2. einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3. sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4. Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5. sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben, oder
6. an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder § 4 Abs. 8 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nr. 1 bis 3, 5 und 6 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nr. 4 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nr. 1 bis 5 entsprechend.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren bis zum Ende der Hauptverhandlung, in der die tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden können, vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.
(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung
Natürlich nahmen die Angeklagten das Angebot seitens des Richters an
Die Auflage ist jeweils eine Zahlung von 300 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung bis zum 30.04.2005
Noch mal ein Rückblick, was war geschehen?
Am Rande des Göttinger Ringfestes 2003 drangen am 20.07.2003 um 6.10 Uhr die beiden bekannten Lokal- und Hochschulpolitiker der eine FDP und Kandidat der rechtsextremen Hochschulgruppe Freiheitlich Demokratische Liste, der andere (Kreisvorsitzender der FDP Göttingen, Ex-AStA-Referent und Kandidat der Liberalen Hochschulgruppe, in den Keller eines Hauses im Kreuzbergring ein. In diesen Räumen befand sich zu dieser Zeit eine Ausstellung zur mehrmonatigen Besetzung eines Basisgruppenraumes im AStA-Gebäude.. Als sie von einer in den Räumlichkeiten übernachtenden Person entdeckt wurden, suchten sie schnell das Weite. Der Zeuge merkte sogleich, dass unmittelbar vorher Teile der Ausstellung angezündet worden waren. Die Ausstellung thematisierte vor allem auch die Rolle der beiden FDP-Politiker als maßgebliche Akteure gegen die BG-RaumbesetzerInnen und linke Uni-Strukturen im Allgemeinen.
Glücklicherweise wurde der Brand schnell gelöscht und niemand der 16 im Haus befindlichen Personen (darunter ein dreijähriges Kind) verletzt. Die herbeigerufene Polizei sah die beiden Verbindungsstudenten als "dringend tatverdächtig" an.
In der FDP führten die Brandereignisse zu keinem Karrierebruch, im Gegenteil: der eine wurde Chef vom FDP Arbeitskreis "Innen und Recht". Arbeitsschwerpunkt ist die "sog. "gemeinlästige Kriminalität" wie Graffiti, wildes Plakatieren und Bettelei, aber auch vermeintliche Bagatelldelikte" der andere blieb bis Februar 2005 weiterhin ungeschoren Kreisvorsitzender.
Es ist ein schier unglaublicher Vorgang, daß die Möglichkeit einer Ausbreitung des Brandes auf das Gebäude von der Staatsanwaltschaft ausgeschlossen wird und damit auf eine Anklage wegen Brandstiftung verzichtet wird.
Hier bleibt zu hoffen, dass der nun beginnende Prozeß diesen Punkt noch einmal aufgreift. Hier darf es nicht zu einerevtl. augenzwinkernden Nachsichtigkeit der Justiz gegenüber Burschenschaftlern kommen, sondern der Gefährdung eines Wohnhauses durch Feuerlegen muß in vollem Umfang gerichtlich Rechnung getragen werden.
Leider war das Verfahren sehr schnell vorbei.
Der Vorsitzende Richter bat die Anwälte und den Staatsanwalt in sein Besprechungszimmer. Die Sitzung wurde um zehn Minuten vertagt.
Danach sprachen die Anwälte mit ihren Mandaten. Der Richter fragte, nachdem er die Angeklagten wieder hereingebeten hatte, ob die Angeklagten damit einverstanden sind,
daß dieses Verfahren nach §153a StPO (Strafprozeßordnung) eingestellt wird.
"Exkurs §153a StPo"
§153a
(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,
1. zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2. einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3. sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4. Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5. sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben, oder
6. an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder § 4 Abs. 8 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nr. 1 bis 3, 5 und 6 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nr. 4 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nr. 1 bis 5 entsprechend.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren bis zum Ende der Hauptverhandlung, in der die tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden können, vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.
(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung
Natürlich nahmen die Angeklagten das Angebot seitens des Richters an
Die Auflage ist jeweils eine Zahlung von 300 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung bis zum 30.04.2005
Dieses Werk ist gemeinfrei im Sinne der
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Weitere Beiträge:
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Ergänzungen
Berufung ist hier wichtig
Wie heißt eigentlich der Richter? Ist sein Background bekannt? Würde vielleicht bei Befangenheitsanträgen etc, interessant sein.
Berufung?
Wer sollte da Berufung einlegen?
Aber es gibt doch sicherlich noch das Mittel der Klage auf Schadensersatz, oder?
Wird da etwas gemacht?
Brandstiftung
Sachbeschädigung ist es allemal - und - bei der Intention der Täter - auch Hausfriedensbruch.
Schlussendlich sollte es mit einem Strafbefehl für die (Erst)täter ausgehen - also völlig im Rahmen geltender Rechtsprechung...
Stadtradiobericht
Das Verfahren gegen den ehemaligen Göttinger FDP-Kreisvorsitzenden Nicolo Martin wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung ist heute vor dem Amtsgericht gegen Auflagen eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte Martin und einem Mitbeschuldigten vorgeworfen, im Sommer 2003 in ein Studentenwohnheim eingedrungen und dort ein Ausstellungsobjekt in Brand gesetzt zu haben. Gegen einen Strafbefehl von jeweils 1.000 Euro hatten die beiden Angeklagten Einspruch eingelegt. Noch vor Eintritt in die Beweisaufnahme einigte sich das Gericht, Staatsanwaltschaft und die Anwälte auf eine Einstellung gegen Zahlung von je 300 Euro. Der Hauptbelastungszeuge hat Polizei und Staatsanwaltschaft unterdessen schwere Versäumnisse bei den Ermittlungen vorgeworfen. Spuren seien zunächst gar nicht und später nur oberflächlich gesichert worden, erklärte er gegenüber dem StadtRadio. Auch sei das Brandgutachten auf der Grundlage falscher Voraussetzungen entstanden, der Gutachter habe das angezündete Modell nicht gekannt.
Verfahrensfehler
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
wie heißt den der richter? — xyz
Kritik am Rechtssystem — Sportsfreund
@Burschi ! — egal
ja eben richter!! — ...
deutsche Richter/Schreibtischtäter — deutsches Recht
deutsche Kontinuitäten? — frager
Jetzt ist die radikale Linke in Göttingen... — ...
Richter=Fascho=unrichtig — Antirassist