Zuwanderungsgesetz führt zu Arbeitsverbot

caravan 07.03.2005 18:53 Themen: Antirassismus Soziale Kämpfe
Die ersten Konsequenzen des Zuwanderungsgesetzes.

Seit Anfang Januar sind in Nürnberg über 70 Menschen, besonders aus

Äthiopien und Eritrea, die bisher Duldungen mit nachrangigen

Arbeitserlaubnisse hatten, die Arbeitserlaubnisse entzogen worden.
Die Betroffenen leben alle länger als 5, z.T bis 10 Jahre hier, haben hier ihren Lebensmittelpunkt, und haben bisher alle seit mehreren Jahren mit einer nachrangigen Arbeitserlaubnis gearbeitet, ihren Lebensunterhalt selbst bestritten,eigene Wohnungen gemietet und Verbindlichkeiten eingegangen.

Sie haben Kranken-Renten-Arbeitslosenversicherung bezahlt. Kinder sind hier in die Schule gegangen und haben Abschlüsse gemacht. Plötzlich ist Schluß damit.

Sie sind jetzt gezwungen, Sozialleistungen zu beantragen, und da sie aufgrund der Verweigerung  der Arbeitserlaubnis dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, haben sie nicht einmal Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Es betrifft alles Menschen, deren Asylverfahren

abgelehnt wurden, die keine gültigen Papiere (mehr) haben und deren Abschiebung aus gleichem Grund ausgesetzt wurde. Denen

wird nun mangelnde Mitwirkung an der Passbeschaffung unterstellt. Äthiopien verlangt aber mindestens 3 ZeugInnen, die Inhaber eines äthiopischen Passes sind, die die Staatsangehörigkeit bestätigen. Ähnlich Eritrea (4 ZeugInnen)und bei Flüchtlingen, die aus gemischt eritreisch-äthiopischen Familien stammen ist die Situation völlig in der Sackgasse.

Das Land Berlin hat letztes Jahr noch zahlreichen geduldeten ÄthiopierInnen Passersatzpapiere ausgestellt, weil davon ausgegangen wird, dass auf normalem Weg keine Pässe erlangt werden können, sondern Zeugen bezahlt werden müssen, um die notwendigen Unterschriften zur Passbeschaffung zu bekommen.

Warum Ihnen jetzt auf einmal mangelnde Mitwirkung unterstellt werden soll, erschliesst sich nicht wirklich logisch.

Es gibt Berichte, dass das bisher auch innerhalb Bayerns von Stadt zu

Stadt,Gemeinde zu Gemeinde, unterschiedlich ausgelegt wird.



Die Konsequenz ist, diese Menschen sind auf Sozialleistungen angewiesen was in ihrem Fall Rückverlegung in "Sammelunterkünfte" genannte Lager heisst, Residenzpflicht (Verbot, den Landkreis zu verlassen) Sachleistungen (Essenspakete, Gutscheine), Zerstörung sozialer Beziehungen, gezielte Desintegration in Zeiten, wo der Mainstream der Medien, PolitikerInnen und sonstiger Leute, die rassistische Politik umsetzen wollen, ohne sich RassistInnen nennen lassen zu wollen, gerade landauf landab von "Integration" schwallt.



Soweit die konkrete Situation.



Der Grund ist das neue Zuwanderungsgesetz und die damit wechselnde Zuständigkeit für die Ausstellung von Arbeitserlaubnissen. Die lag früher beim Arbeitsamt, jetzt bei den AusländerInnenbehörden. Obwohl sich rechtlich, was die Arbeitsmöglichkeiten für Geduldete angeht, im Prinzip nichts geändert hat, führt das zu massenhaften Entzug der Arbeitserlaubnis und plötzlichem Arbeitsverbot für tausende:



Die Behörden unterstellen pauschal eine mangelnde Mitwirkung, die Menschen müssen den Gegenbeweis anstellen. Das heisst Umkehr der Beweislast, schleichende Aufweichung eines Prinzips der Rechtsprechung: Im Zweifel für den/die Angeklagte/n.



Daß dabei durchaus ein Ermessenspielraum besteht, zeigt die Tatsache, dass diese "Beschäftigungsverfahrensordnung" in anderen Städten, Gemeinden und Ländern unterschiedlich ausgelegt wird.

Auch Menschen, die ein Papier der Botschaft vorlegen können, dass sie dort waren, sich um Papiere bemüht haben und keine ausgestellt bekamen, sind vom Arbeitsverbot betroffen.



Was sich hinter Legalitätsprinzip, Gesetzen und Verordnungen, die den Anschein erwecken, es handle sich um "Recht" versteckt, ist simpler Rassismus.

Logisch sind diese Massnahmen nicht zu erklären, weil sie ja sogar unwirtschaftlich sind. MigrantInnen sind ArbeitgeberInnen, ArbeitnehmerInnen, sorgen für die Rente der alternden Doitschen und steigern durch ihre Arbeitsleistung und die Tatsache, dass sie hier Geld ausgeben, das Bruttosozialprodukt, was ja angeblich auch Arbeitsplätze schafft. Trotzdem gibt es so etwas, wie diese Nachrangigkeitsverordnung, was heisst, dass Arbeitsplätze zuerst an deutsche StaatsbürgerInnen, dann EU-BürgerInnen, und dann erstAusser-EU BürgerInnen vergeben werden.
Damit wird das rassistische Stereotyp unterstützt, MigrantInnen würden einheimischen ArbeiterInnen Arbeitsplätze wegnehmen, was völliger Blödsinn ist: die jüngste Meldung über Rekordgewinne der Deutschen Bank und die gleichzeitige Ankündigung von Rationalisierung und Massenentlassungen weisen auf die strukturellen Ursachen von Arbeitslosigkeit hin.


Wenn Arbeitslosigkeit damit zusammenhinge, wie viele Menschen sich irgendwo aufhalten, wäre in Griechenland, das die Fläche der alten BRD hat, bei 14 Mio EinwohnerInnen Vollbeschäftigung und sie würden zusätzlich ArbeiterInnen aus anderen Ländern anwerben. Tatsächlich gibt es aber auch dort Arbeitslosigkeit.



Die herrschende Politik läuft auf eine globale Apardtheid hinaus. Ärger, Frustration und Gefährdung des sozialen Friedens sind die Folge.

Von dem Arbeitsverbot und den sich daraus ergebenden Desintegrationsmassnahmen sind Tausend betroffen.

Schnelles Handeln ist jetzt gefragt, d.h. eine massive Kampagne, um da gegenzusteuern.



Was in Nürnberg bisher passiert ist:

Die Karawane hat zusammen mit der äthiopischen und eritreischen Community eine Kampagne initiiert. Das heisst zuerst Networking, Information, Einbindung von Organisationen und Initiativen, die zu Migration arbeiten. Anfragen an Behörden und Institutionen und als da eher abwiegelnde Reaktionen kamen, eine Kundgebung und daraufhin eine Pressekonferenz mit Betroffenen Rechtsanwälten, einem Vertreter von ai, vom AusländerInnenbeirat und der Karawane.Nürnberg nennt sich Stadt der Menschenrechte und muss sich zusätzlich an diesem Anspruch messen lassen.



Hier die Reaktinen der Nürnberger Presse auf die Pressekonferenz:





1.)Nürnberger Nachrichten (SPD-lastig-bis-hörig)



Über Nacht war der Job bei McDonald’s weg

Flüchtlinge verlieren durch neues Gesetz massenhaft Arbeitserlaubnis —

Kritik an „Stadt der Menschenrechte“

  



Das neue Zuwanderungsgesetz, gültig seit Januar 2005, hat für über 70

Flüchtlinge aus Eritrea und Äthiopien und ihre Familien katastrophale

Folgen. Ohne Vorankündigung hat ihnen die Nürnberger Ausländerbehörde die Arbeitserlaubnis entzogen.

Konsequenz: Die Betroffenen verloren über Nacht ihre Jobs. Ein breites

Bündnis, angeführt von der Flüchtlingsorganisation Karawane, setzt sich jetzt dafür ein, ihnen die Existenzgrundlage zu lassen und sie nicht in die Armut zu treiben.

Die Behörde, so Gisela Voltz von Karawane, habe genug Handlungsspielraum. In Berlin, Niedersachsen, aber auch in Fürth können geduldete Asylbewerber weiter arbeiten gehen.

Nürnberg habe als „Stadt der Menschenrechte“ die Pflicht, anders zu handeln.

Sie machen, zu Deutsch, den Dreck weg. Sie übernehmen Arbeiten, für die sich auch nach intensiver Suche weder ein deutscher noch ein Bewerber aus dem europäischen Ausland gefunden hat. Haile Habtezion aus Äthiopien etwa reinigt seit Jahren im Hotel Pyramide Konferenzsäle.

Jede Nacht.

Jetzt stehtder geduldete Asylbewerber, der seinen schmalen Lebensunterhalt verdienen, Steuern und Sozialabgaben zahlen konnte, auf der Straße. Einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gewährt ihm das neue Gesetz nämlich auch nicht mehr.

Tigist Teshome (23) ist seit drei Jahren Bedienung bei McDonald’s am

Dianaplatz. Ihr Chef war über den erzwungenen Ausstieg der zuverlässigen Mitarbeiterin entsetzt. Er habe für sie bei den Behörden angerufen, berichtet sie. Umsonst.

Tigist Teshome fürchtet wie alle Flüchtlinge, ohne Arbeitslosengeld ihre Wohnung zu verlieren und ins Asylbewerberheim zu

müssen.

Zahlreiche Flüchtlinge schilderten bei einer Pressekonferenz gestern in fließendem Deutsch ihre Situation. Er habe „als ganz normaler Mensch“

jahrelang legal hier gelebt und gearbeitet, berichtete ein Eritreer.

Kinderwuchsen hier auf, integrierten sich. Jetzt stehe er wieder vor dem Nichts.

Antrag abgelehnt



Der Asylantrag von Abebe Geremew (29) ist wie viele andere nach Jahren

abgelehnt worden; weil er keinen Pass vorlegen kann, erteilt ihm jetzt das Ausländeramt keine Arbeitserlaubnis.

Die äthiopische Botschaft in Berlin hat die Hürden für einen solchen Pass jedoch so hoch gelegt, dass ihn so gut wie niemand erhält. Aus humanitären Gründen könnte den Betroffenen zwar nach 18

Monaten das Arbeiten erlaubt werden. Doch sie müssen laut Gesetz an ihrer eigenen Abschiebung auch aktiv mitarbeiten, sprich: den Pass beibringen.

Ein Teufelskreis, aus dem sich auch Abebe Geremew nicht mehr befreien kann.

Vor zehn Jahren ist er aus seinem Land geflohen, dem amnesty international

(ai) nach wie vor Folter, willkürliche Verhaftungen und flächendeckende Menschenrechtsverletzungen vorwirft. Fast fünf Jahre lang war er Schichtführer bei McDonald’s in Nürnberg. Das ist vorbei.

Die Stadt schneide sich mit der neuen Praxis ins eigene Fleisch, sagte

Rechtsanwalt Thomas Dietz, der einige Betroffene vertritt. Zwangsläufig hingen die Flüchtlinge nun am Tropf der Sozialhilfe. Sein Kollege Thomas Musiol kritisierte die „uralte politische Lüge, dass weniger Menschen mehr Arbeitsplätze“ bedeuteten. Während in ganz Europa die Grenzen fielen, würden in Deutschland neue Mauern hochgezogen. Musiol: „Da geht viel Wissen und Know-how verloren.“



Seit Jahren fordert auch der Ausländerbeirat der Stadt, Flüchtlingen, die jahrelang im Land leben, sicheren Aufenthalt zu garantieren. In Frankreich, Belgien, Spanien und Griechenland etwa gebe es regelmäßige Amnestien, die sogar illegal Eingereisten die Chance eröffnet, sich zu integrieren. Siehe

Kommentar Seite 10

CLAUDINE STAUBER

4.3.2005 0:00 MEZ

©

NÜRNBERGER NACHRICHTEN    

2.) Nürnberger Zeitung (Eher CSU-lastig)

Flüchtlinge sehen sich durch Ausländeramt und Zuwanderungsgesetz ins Abseits gedrängt



Wer nicht „mitwirkt“, darf nicht arbeiten

  

„Was soll ich denn machen?“ Abebe Geremew ist verzweifelt. Vor zehn Jahren ist er aus politischen Gründen aus Äthiopien geflüchtet, hat in Nürnberg unter schwierigsten Bedingungen Deutsch gelernt und es mittlerweile zum Vorarbeiter bei McDonalds gebracht. Jetzt musste er dort kündigen, von Amts wegen. Nicht nur der 29-jährige Geremew, auch der Arbeitgeber hat deswegen einen Anwalt eingeschaltet.

Wie Geremew erging es rund 70 anderen Flüchtlingen aus Äthiopien und

Eritrea, die seit fünf bis zwölf Jahren mit einer Duldung in Nürnberg leben:

Ihnen wurde die Arbeitserlaubnis entzogen. Grund ist das seit Januar

geltende Zuwanderungsgesetz der rot-grünen Bundesregierung.

Dieses sieht eine so genannte „Mitwirkungspflicht“ beim Abschiebeverfahren vor.

Im konkreten Fall wird von den Flüchtlingen aus Äthiopien und Eritrea verlangt, dass sie sich Pässe ihres Heimatlandes besorgen.

Geremew hat dies, nachdem er plötzlich mit dem Entzug der Arbeitserlaubnis konfrontiert war, sofort versucht. „Ich war in Frankfurt beim Generalkonsulat.“ Dort habe man ihm jedoch mitgeteilt, er benötige eine Geburtsurkunde, drei Zeugen, die bereits in Besitz eines äthiopischen Passes sind und eine Bescheinigung vom Ausländeramt.

Allein die Suche nach drei Zeugen ist für die hier lebenden Flüchtlinge auf Grund der politischen Lage in ihrem Heimatland praktisch unmöglich (laut Amnesty International sind in

Äthiopien und Eritrea nach wie vor willkürliche Verhaftungen,

Folterungen und Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung). Für Geremew kam noch hinzu, dass er die Bescheinigung des Nürnberger Ausländeramtes nach dessen Aussagen nur erhält, wenn er eine entsprechende Bestätigung seiner Botschaft oder seines Konsulates beibringt.

Die Bestätigung bekommt der Flüchtling jedoch nicht ohne Bescheinigung des Ausländeramtes.

Aber nicht nur deshalb sieht sich der 29-Jährige in einer ausweglosen

Situation. Da er sich ohne Arbeit seine Wohnung nicht mehr leisten kann, muss er wohl zurück ins Asylbewerberheim und Antrag auf Sozialleistungen stellen. „Ich habe zehn Jahre gekämpft, um selbstständig zu sein, und dann kommt sowas; was für eine Zukunft habe ich überhaupt noch?“, fragt sich Geremew.



Gisela Voltz von der Nürnberger Flüchtlings-Initiative „Karawane“ und

Günther Wagner von Amnesty International fragen sich hingegen, was die Stadt Nürnberg reitet, sich auf diese Art „ins eigene Fleisch zu schneiden“.

Zum einen müsse sie jetzt Sozialleistungen zahlen für Menschen, die bislang ihren Lebensunterhalt selbst bestritten haben. Zum anderen lege sie ein „zweifelhaftes Gesetz“ knallhart aus und nutze nicht — wie andere Kommunen auch — die Ermessensspielräume oder greife auf Härtefallregelungen zurück.

„Warum gerade in Nürnberg, der Stadt der Menschenrechte, so rigoros und ohne

Einzelfallprüfung mit den Flüchtlingen verfahren wird, ist nicht

nachzuvollziehen“, erklärt Gisela Voltz.

Durch diese Praxis entsteht laut Anwalt Stefan Musiol aber auch

„volkswirtschaftlicher Schaden“. Schließlich würden damit jahrelang

eingearbeitete Beschäftigte auf einem Schlag dem Arbeitsleben entzogen. Die Grundlage dafür biete „die uralte politische Lüge, dass weniger Menschen mehr Arbeitsplätze ergeben und Menschen daher nur als Ballast begriffen

werden“. Demzufolge fordert der Nürnberger Ausländerbeirat jetzt auch, dass alle die länger als fünf Jahre in Deutschland „geduldet“ waren, eine Aufenthaltsverfestigung erhalten sollen.

Olaf Kuch, Leiter des Einwohneramtes, verteidigt dagegen die Nürnberger Praxis, die mit München abgestimmt sei. Diese werde „Signalwirkung“ für die

anderen Kommunen haben, die mit der Umsetzung des Gesetzestextes noch

zögern. Peter Viebig

4.3.2005 0:00 MEZ

  ©

NÜRNBERGER ZEITUNG    

   

Die Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen (Gruppe

Nürnberg) protestiert deswegen gegen das genannte Unrecht auf das schärfste,

fordert die sofortige Einstellung dieser Umgangsweisen und

uneingeschränktes Bleiberecht !

Protestiert und unterstützt unsere Forderungen, z.B. durch Faxe an die
Verantwortlichen der Nürnberger Ausländerbehörde:
Fax: 09112313283

                             Leiter Olaf Kuch    Tel: 09112313240                                                                             

                                                                            
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Ergänzungen

Links

caravan 07.03.2005 - 21:18
Hier noch paar Links dazu:  http://www.proasyl.de/
(Bei aktuell/Presseerklärungen)
Hier können Erläuterungen zum Zuwanderungsgesetz in verschiedenen Sprachen heruntergeladen werden:
 http://fr-hessen.de/
ansonsten: http://www.thecaravan.org/
 http://www.contrast.org/borders/kein/
 http://www.nds-fluerat.org/

Stadt reagiert nervös

caravan 08.03.2005 - 13:38
Heute stand in den Nürnberger Nachrichten folgendes:


Brandbrief an Otto Schily
Zuwanderungsgesetz: OB Maly will rechtliche Klärung
  
Oberbürgermeister Ulrich Maly hat in einem Schreiben an Bundesinnenminister Otto Schily angemahnt, den Umgang mit geduldeten äthiopischen und eritreischen Flüchtlingen rechtlich zu klären. Das neue Zuwanderungsgesetz, so Maly, werfe „insbesondere aus menschlicher, aber auch aus finanzieller und rechtlicher Sicht Probleme auf, die nicht einfach zu lösen sind“.
Wie ausführlich berichtet, ist rund 70 Betroffenen in der Stadt teilweise nach Jahren jetzt die Arbeitserlaubnis entzogen worden. Die Flüchtlingsorganisation Karawane hatte gegenüber dem städtischen Ausländeramt den Vorwurf erhoben, es zerstöre die mühsam aufgebaute Existenz dieser Menschen und schöpfe seinen Handlungsspielraum nicht aus.
In dem Schreiben an seinen Parteifreund in Berlin beklagt der OB, die ursprüngliche Absicht des neuen Gesetzes und seiner „Beschäftigungsverfahrensverordnung“ werde nicht eingelöst. Die Betroffenen lebten zum Teil seit vielen Jahren hier, wenn auch ohne förmliches Aufenthaltsrecht. Viele seien, so Maly, ins Stadtleben integriert und schwebten nun in der Gefahr, von Sozialleistungen abhängig oder in die Illegalität gedrängt zu werden.
Es bestehe die Gefahr, dass verschiedene Ausländerämter die tatsächliche Mitwirkungspflicht der Betroffenen an einer Abschiebung unterschiedlich einschätzten.
Rechtsdirektor Hartmut Frommer betonte dagegen gegenüber der Lokalredaktion, die betreffende Verordnung lasse keinerlei Spielraum. Gehe es um Eheschließungen, brächten die Betroffenen in fast allen Fällen den geforderten Pass bei. Sollen sie jedoch an der eigenen Abschiebung mitwirken, sei es plötzlich unmöglich, die fraglichen Papiere zu besorgen.
Die Bundesrepublik wolle sich Zuwanderung nicht aufdrängen lassen, sagte Frommer. Der Rechtsdirektor wörtlich: „Menschlich sind das schwierige Wertungsfälle. Da müssen wir uns raushalten.“
Dem Oberbürgermeister stimmt Frommer insofern zu, als Regelungen für Altfälle — also für schon lange hier lebende, abgelehnte Asylbewerber — fehlten und die Praxis der ausländischen Botschaften in der Tat schwer einzuschätzen sei.
CLAUDINE STAUBER
8.3.2005 0:00 MEZ


Tja, dass Maly sich ausgerechnet an Schily wendet, gegen dessen heftigen Widerstand das ganze Beschäftigungsordnungsgesetz - also die grundsätzliche Möglichkeit für Geduldete, nach einem Jahr Aufenthalt eine nachrangige Arbeitserlaubnis zu erhalten - überhaupt erst durchgesetzt wurde, lässt nichts Gutes ahnen.
Völliger Schwachsinn ist ja das etwas rassistisch anmutende Zitat des Stadtdirektors Frommer bezüglich Papierbeschaffung und die Unterschiede bei Abschiebung oder heiraten.
Es ist ungefähr so, wie wenn er zur Erstellung von allgemeinen Krankheitsstatistiken nur UrologInnen fragt und zum Schluss kommt, Blasenentzündung sei die häufigste Volkskrankheit.:-/
Wer keine Papiere hat und beibringen kann, kann eben auch nicht heiraten und sich den Gang zum Standesamt sparen.

Mag sein dass Leute ihre Papiere verstecken, das ist aber eher selten und liegt ehre an den Unzulänglichkeiten des sogenannten "Ausländerrechts".

Ich selbst habe es schon erlebt, dass eine Frau aus Äthiopien heiraten wollte, keine Paiere hatte und nach einem dreiviertel Jahr aufgab, weil sie einfach keine bekam. Sie hatte falsche( gekaufte ) Papiere aus Eritrea, die das Standesamt nicht anerkannte, den Ausländerbehörden aber zur Abschiebung reichten...

Bund-Länderlyrik und Rechtsreferenten

Caravan 10.04.2005 - 14:25
Hier ein Artikel aus den Nürnberger Nachrichten vom 8.4.2004


Folgenreiche „Bund-Länder-Lyrik“
Unerwünschte Nebenwirkungen des Einwanderergesetzes — 70 auf der Straße

Rund 70 Flüchtlinge aus Eritrea und Äthiopien haben vor einigen Wochen ihre Arbeitserlaubnis verloren. Während sie auf der Straße stehen, betonen jetzt in Berlin SPD, Grüne und die Flüchtlingsbeauftragte des Bundes, dass diese Nebenwirkung des neuen Zuwanderergesetzes keineswegs gewollt sei.

Offenbar hat das Gesetz die Kompromissverhandlungen zwischen Bund und Ländern nicht unbeschadet überstanden. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion nimmt in einem Schreiben an den Äthiopischen Kulturverein Nürnberg „diese Tendenz besorgt zur Kenntnis“. Das Gesetz müsse „überdacht werden, wenn sich die Entscheidungspraxis nicht ändert“, so Dieter Wiefelspütz. Die Berliner Migrationsexpertin Jutta Graf (Grüne) argumentiert in ihrer Stellungnahme ähnlich.

Wirtin blitzte ab

Wie mehrfach berichtet, hat das Nürnberger Ausländeramt den nach einem abgelehnten Asylantrag geduldeten 70 Migranten plötzlich die Arbeitserlaubnis verweigert und sich dabei auf eine neue Verordnung berufen. Die Betroffenen, oft seit Jahren in festen Stellen, wurden zwangsweise zu Sozialhilfeempfängern. Sie müssen schlimmstenfalls wieder in Asylbewerberheime ziehen.

Anspruch auf Arbeitslosengeld haben sie trotz jahrelang gezahlter Beiträge nich

t, weil sie dem Arbeitsmarkt ja nicht zur Verfügung stünden, heißt es. Keine Arbeitserlaubnis, kein Arbeitslosengeld, heißt die Gleichung. Die Betroffenen fühlen sich nicht nur übel behandelt, sondern auch noch enteignet.

„Die vielen kleinen rassistischen Anfeindungen im Alltag und das Gefühl, hier nicht willkommen zu sein, begleiten uns Ausländer tagtäglich“, schrieb Lepesse Kassu vom Äthiopischen Kulturverein an Marieluise Beck, die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung. Seine Landsleute bräuchten endlich eine Perspektive für ihr Leben, sonst gingen sie psychisch zu Grunde.

Marieluise Beck kritisiert in ihrer Antwort an die Äthiopier denn auch die „schwerwiegenden Folgen der ausländerbehördlichen Praxis der Stadt Nürnberg“ und verweist darauf, dass „öffentliche Stellen . . . in der Startphase einzelne Abläufe noch nicht eingeübt haben“ könnten.

Aus Sicht der Grünen-Politikerin wollte der Gesetzgeber eigentlich bisher geduldeten Ausländern eine Aufenthaltserlaubnis und damit eine Bleibeperspektive erhalten. Beck geht davon aus, dass sich „die von Ihnen beschriebene Praxis nicht verfestigen wird“.

Dafür gibt es allerdings keinerlei Anzeichen. Obwohl sich Arbeitgeber wie die Inhaberin des Restaurants „Ca’sandra“, Sandra Müller, intensiv für bewährte Küchenhelfer und Putzkräfte einsetzten, bleibt die Behörde bei ihrem Vorgehen. Auch Wirtin Müller blitzte ab: „Es hieß nur, alles sei rechtens.“ Sie selbst ist da anderer Meinung, doch der Betrieb muss weiterlaufen.

Rechtslage bleibt gleich

Ein Schreiben des Bundesinnenministeriums an alle 16 Bundesländer gießt nun zusätzlich Wasser auf die Mühlen der Kritiker der Ausländerbehörde. Gerold Lehnguth, Chef der Migrationsabteilung, teilt „aus gegebenem Anlass“ mit, dass trotz des neuen Gesetzes hier „keine Änderung der Rechtslage“ eingetreten sei.

Organisationen wie Flüchtlingsorganisation Karawane, Arbeitskreis Asyl der Innenstadtgemeinden oder Ausländerbeirat sehen sich bestätigt — Rechtsdirektor Hartmut Frommer dagegen hält sich an den Buchstaben des Verordnungstextes. Auch wenn er ihn kaum mehr begreift. „Das ist Bund-Länder-Lyrik“, schimpft Frommer. Das Gesetz sei zu Tode kompromisst worden und er allein könne nicht entscheiden, ob Integration oder ausländerpolitische Härte gewollt seien.

CLAUDINE STAUBER
9.4.2005 0:00 MEZ

© NÜRNBERGER NACHRICHTEN

Wie auch aus diesem Artikel hervorgeht machen die Rechtsreferenten bzw.-direktoren die Vorlagen für Amter und Behörden. Offensichtlich fühlt sich der Nürnberger Rechtsreferent Frommer auf der sicheren Seite, wenn er sich für die "ausländerpolitische Härte" entscheidet.
Vielleicht sollte ihm die Stadt zum Ausgleich anbieten, den nächsten Menschenrechtspreis der Stadt der Menschenrechte, Nürnberg an den Preisträger zu überreichen.
Ist ja schließlich ein Standortfaktor, bringt Touristen und Devisen in die Stadt...;-/ (Vorsicht, Ironie)

Arbeitsverbot in Baden-Württembeg

G. 09.11.2005 - 22:37
Alles, was nach dem Inkrafttretten vom Zuwanderungsgesetz in Nürnberg passiert, wird in Baden-Württemberg schon seit Jahren praktiziert. Mein Mann ist aus Äthiopien, ich aus Russland, haben 2 Kinder und sind seit 6 Jahren vom Arbeitsverbot betroffen. Mein Mann ist aus Äthiopien und lebt schon seit 14 Jahren in Deutschland, ist Chemiker(Dipl.-Ing.) von Beruf und arbeitete bis 1999 als Abteilungsleiter bei F&O Electronic Systems. Dann kam das Arbeitsverbot. Das Gerichtsverfahren dagegen haben wir verloren, obwohl auch sein Arbeitgeber sich sehr für ihn einsetzte und eine Unabkömmlichkeitsbescheinigung ausstellte. Die objektive Schwierigkeiten, von der äthiopischen Botschaft ein Pass zu bekommen, ignorieren die Behörden, wie sie in Baden-Württemberg schon die Altfallregelung für Familien mit Kindern im Jahr 2000 ignoriert hatten.(Eine der Versagungsgründe war bei uns, dass wir unser Lebensunterhalt nicht selbstständig sichern konnten. Dabei haben uns die gleichen Behörden den Arbeitsverbot wenige Monate zuvor erteilt. Willkommen in Absurdistan.)
Auch bei uns ist die Lage mit Arbeitsverbot von Stadt zu Stadt verschieden, auch innerhalb von Wirkungsbereich vom Regierungspräsidium Karlsruhe. Bei uns wundert sich auch jeder, das wir nicht arbeiten DÜRFEN, dabei überall nur von Sparmaßnahmen und fehlender Integration von Ausländer gesprochen wird. Aber so richtig verstehen diese absurde Lage, oder sich gar einsetzen will keiner. Deswegen fanden wir es so gut, dass die Gruppe aus Nürnberg die Betroffene vom Arbeitsverbot unterstützt und die rechtliche Lage richtig versteht und beschreibt, was sehr selten zu finden ist. Es wäre gut, eine Initiative gegen das Arbeitsverbot bundesweit zu starten, damit von möglichen Ergebnissen jeder profitieren kann, unabhängig davon, wo er lebt und sich mit eigenen Problemen nicht allein gelassen fühlt.
Ein Fall von unserem Bekannten will ich noch beschreiben, von unserem Bekannten, auch aus Äthiopien, seit 15 Jahren in Deutschland, Vater von 3 Kindern. Erst arbeitete er, dann mehrere Jahre Arbeitsverbot. Im Herbst 2004 bekommt er wieder Arbeitserlaubnis, ausser sich vor Freude findet nach nur 2 Wochen gute Arbeitsstelle, arbeitet ein Paar Monate. Im Januar 2005 - wieder Arbeitsverbot. Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz. Gerichtsverfahren gegen Arbeitsverbot läuft wieder. Wo ist da die Logik? Was ist mit der Menschenwürde? Jeder will sich für die Menschenrechte in Afganistan, Irak, Burkina-Faso und anderswo einsetzen. Was ist mit uns hier?
Unabhängig voneinander wollten 2 ZDF-Korrespondenten die Reportage über uns machen. Bei den beiden wurde das von oben nicht genehmigt. Ein Bild von Ausländern, die nicht arbeiten, Deutsch nicht lernen oder sich nicht integrieren wollen, kommt praktisch jeden Tag ins Fernsehen. Ein Leiter der Hybridabteilung, der seit 14 Jahren in Deutschland lebt, von seiner Firma gebraucht wird und nich arbeiten darf passt nicht ins Bild.