Verhandlung wegen Antifa-Flugblatt in Stgt.

alex 01.03.2005 23:54 Themen: Repression
Am Donnerstag, 03. März 05 findet am Amtsgericht Stuttgart ein Prozess gegen einen Antifaschisten statt. Sein Vergehen: Er soll im September 2004 auf einer Kund-
gebung ein Flugblatt verteilt haben, welches zu Protesten gegen einen Aufmarsch
der Nazi-Organisation Bewegung deutsche Volksgemeinschaft (BDVG) aufrief. Bereits wenige Tage nach der angeblichen Verteilung des Flugblatts durchsuchte knapp ein Dutzend Beamte des Staatsschutzes und anderer Polizei-Dienststellen die Wohnung des Betroffenen. Ebenso wurden Plakate die ebenfalls zu Protesten gegen den Naziaufmarsch aufriefen und in Stuttgart plakatiert wurden auf DNA-Spuren überprüft, um zu versuchen, auch sie dem Betroffenen zu zuordnen.
Ihm werden nun gleich mehrere Straftaten vorgeworfen, so „öffentliche Aufforderung zu Straftaten“ und „das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“.
Straftatbestand: Eintreten gegen den Faschismus

Die Staatschützer und die Staatsanwältin berufen sich darauf, dass der Aufmarsch der Nazis nicht verboten wurde. Daher sei die Verteilung des Flugblatts eine Aufforderung „Gewalttätigkeiten vorzunehmen oder anzudrohen oder grobe Störung zu verursachen, in der Absicht, nicht verbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln“. Im Klartext heißt dies, dass sämtliche Versuche, zu verhindern dass Nazis ihre menschenverachtende Propaganda mithilfe ihrer Aufmärschen verbreiten, Gefahr laufen verfolgt und kriminalisiert zu werden.
Dies ist nicht nur im Hinblick auf die deutsche Geschichte, die mit der Machtübergabe 1933 an die NSDAP (die eben kein Putsch o.ä. war) nur allzu deutlich gezeigt hat dass der bürgerliche Staat nicht unbedingt ein widersprüchliches Verhältnis zum Faschismus hat, nicht hinzunehmen. Auch ein Blick auf die aktuelle Situation verdeutlicht die Notwendigkeit des antifaschistischen Widerstandes. So kommen immer wieder Kontakte zwischen bekennenden Nazis und Funktionären der konservativen Parteien ans Tageslicht. Faschistische Organisationen wie die NPD wurden nachweislich von Geldern des Verfassungsschutzes mit aufgebaut und erhalten Millionen an offiziellen staatlichen Zuschüssen zur Parteienfinanzierung. Letztlich befinden sich rechte und faschistische Kräfte auf verschiedenen Ebenen im Aufwind, terrorisieren Menschen und bauen kontinuierlich ihre Strukturen auf. In dieser Situation ist es nicht nur legitim sondern notwendig, sich nicht auf den Staat zu „verlassen“ sondern selbst aktiv zu werden.

Dass nun nicht nur der direkte Widerstand gegen die Faschisten von staatlicher Repression betroffen ist, sondern sogar der Aufruf zum Widerstand kriminalisiert wird, ist eine nicht hinnehmbare Bedrohung für alle AntifaschistInnen.


Neben dem Aufruf zur Verhinderung des Aufmarsches, soll auch die Abbildung von Nazis auf dem Flugblatt einen Straftatbestand darstellen. Dies liest sich dann folgendermassen: „…soll daher auch jeglicher Anschein vermieden werden, in Deutschland würden nationalsozialistischer Strömungen geduldet. Dies verbietet die Verwendung der verbotenen Symbole durch die Gegner des Nationalsozialismus, wenn der politische Frieden im Einzelfall bedroht wird (…) Mit Bildern von demonstrierenden Rechtsextremisten, die Hakenkreuze tragen und den Hitlergruß verwenden, wird suggeriert, dass solche Handlungen in der Bundesrepublik Deutschland toleriert werden, wodurch der politische Frieden erheblich beeinträchtigt und daher eine Strafbarkeit nach § 86a StGB zu bejahen ist.“ (Fehler im Original)
Nicht die Demonstration der Nazis mit ihren volksverhetzenden Inhalten, auch nicht die Nazis in der BRD an sich, sondern deren Thematisierung von Seiten der AntifaschistInnen bedrohe also den politischen Frieden. Und dies, während die Gefahr die von den deutschen Neo-Nazis ausgeht in Wort und Bild selbst in den bürgerlichen Medien ständig Thema ist. Dieser unglaublichen Argumentation des Staatsschutzes und der Staatsanwaltschaft wollte selbst die Ermittlungsrichterin, die dennoch die Hausdurchsuchung bei dem Angeklagten anordnete, zunächst nicht folgen. Dass die Anklage in diesem Punkt überhaupt zugelassen wurde, sollte nicht nur für aktive AntifaschistInnen von Interesse sein. Praktisch sämtliche Darstellungen von durchgestrichenen Hakenkreuzen und von Bildern die Nazis bei strafbaren Handlungen zeigen, können mit dieser Argumentation kriminalisiert werden. Was es nicht geben darf, gibt es nicht – wer es trotzdem abbildet macht sich strafbar.



Eine Sprecherin der Bunten Hilfe Stuttgart:
Das Verfahren ist Teil einer ganzen Welle staatlicher Repression gegen AntifaschistInnen und Linke in Stuttgart und der Region. Die diversen Verfahren die seit dem 1. Mai 2004 unter verschiedenen Vorwänden in die Wege geleitet wurden, strotzen nur so von Ungereimtheiten, Widersprüchen und offensichtlich konstruierten Vorwürfen. Für die Betroffenen brachten sie bisher Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen sowie Geld- und Bewährungsstrafen mit sich. Auch bei dem aktuellen Verfahren zeigt sich, dass die Gesetze bis zum geht nicht mehr gedehnt werden. Während zum Beispiel überall die Gefahr die aktuell von deutschen Neonazis ausgeht thematisiert wird, dient die Abbildung von Nazis in diesem Fall als Vorwand, um aktive AntifaschistInnen zu kriminalisieren.


Die öffentliche Verhandlung findet statt am Donnerstag, 03. März 2005
ab 13.30 Uhr im Amtsgericht Stuttgart (Hauffstrasse 5), Saal 303
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Die Unterdückung hat einen

Namen! 02.03.2005 - 09:35
Wann gewöhnt Ihr Euch mal an, die Namen der verantwortlichen Richter, Staatsanwälte & Staatsschützer zu nennen!
Die Unterdückung hat einen Namen - und ein Gesicht !
Es ist nicht der namenlose unpersönliche Staatsapparat der unterdrückt, sondern die verantwortliche Staatsanwältin X, der prügenlnde Bulle Y, der verurteilende Richter Z!
Dafür bekommen sie nämlich ihr Gehalt und ihren sicheren Arbeitsplatz!

a

b 02.03.2005 - 14:51
Ich wuerde gern mal das genannte Flugblatt sehen!

muss ausgefüllt mwerden

Stuttgarter 02.03.2005 - 15:58
Leider kannst du das Flugblatt nur sehn wenn du nach stuttgart kommst da es schon genug stress damit gab und einbe Veröffentlichung auf Indy wäre nur ein weiterer grund der Kriminalisierung der betroffenen, auf die Frage warum nicht die Namen genannt werden: die Antwort gabst du dir selbst es geht bei der Antirepression nicht darum einzelne zu verurteilen sondern es geht umn die gesamte Systematik im Kapitalismus es ist nicht de prügelnde Bulle x und der böse Staatsanwalt y sondern es ist ein in sich repressives System das all dies bewirkt. die ausführenden sind einzelne aber teil einer gesamten aufgabe die jede Emanzipatorische bewegung ünterdrücken soll. Beim ankreiden einzelner ist das Problem das dadurch der eindruck entsteht das es halt ein paar böse gibt die sowas Verurteilen anklagen oder (wie Bullen) auf Leute einprügeln, sondern dahinter ein in sich geschlossenes Repressives system (der Kapitalismus) steht. Solidarität mit den Betroffenen: getroffen hat es wenige, gemeint sind wir alle! Fragt euch ´nicht nach den Namen der Bukllen und Richter sondern lieber wann ihr die nächsten sein könntet! oder wie heisst es L*** nächste woche du! Spendet den Roten hilfen, lasst uns ihre Repression mit Solidarität beantworten!!

Kein Fußbreit den Faschisten!

Friederike 02.03.2005 - 21:49
Eine echte Herausforderung für die Stuttgarter Jugend!
Zeigt mal, was ihr denkt und seid - ihr steht in einer außerordentlich guten Tradition. Die Stuttgarter Jugend hat in den 70er Jahren sehr gut zusammengearbeitet und eine Menge gelernt über diesen ganzen Staat und wie alles funktioniert aber auch über sich selbst und daß es auf sie ankommt. Da macht mal weiter und berichtet bitte auch wieder.
Gruß Friederike

Jo! Namen!

ap 02.03.2005 - 23:11
kann dem aussortierten "die unterdrückung hat einen namen" nur recht geben, warum wird den täterInnen seit einigen jahren von der "scene" annonymität gewährt?
soll doch eigentlich jede/r wissen welche nachbarn von ihm/ihr dreckiges zeugs betreiben... auf mich und andere hat mal in den 90ern ein bulle in ffm geschossen... einsatzleiter war er, viererbe hiess er, wurde später "besonnener" bullenchef in bad vilbel oder so - wir haben den drecksack aber immer benannt - und ich denke, dass ist auch okay und wichtig und richtig.
wer prügelt über das "normale" hinaus, wo wohnt er/sie?
wer schiebt ab? wer vor allem voller überzeugung und freut sich drüber?
wer verurteilt "linke" besonders hart?
wer wer wer?
- das ist doch alles nicht irgendwie gottgegeben - fuck gott - das sind leute (fast) wie du und ich, die das ausführen; und weil sie so schön annonym ausführen können, führen sie´s vielleicht unbefangener, exzessiver aus...

gebt ihnen namen + gesichter

Namen? Keine Namen!

eeak! 04.03.2005 - 00:36
Es ist hier immer wieder die Forderung nach der Nennung der Namen aufgetaucht.
Dazu gibt es allerdings zu sagen:

Es ist egal, ob da Richter xyz oder Richter def oder Richter abc den Angeklagten verknackt. Das Problem besteht darin, dass der Angeklagte überhaupt verknackt wird.

Das Problem ist nicht der Nachbar von Nebenan, der ein "dreckiges zeugs betreibt". Das anonyme Nennen der Klassenjustiz an sich hat auch nichts damit zu tun, hier irgendjemanden in Schutz zu nehmen.

Wenn hier (und auch in meinen Artikeln) generell keine Differenzierung nach Richter abc/Richter cde/Richter xyz vorgenommen wird, dann deshalb, weil sie austauschbar sind. Es sind an sich Prototypen, die von jedem anderen Prototyen ersetzt werden können. Es sind Prototypen, die keine freie Wahl in ihren Urteilen haben - ihre Handlungsmöglichkeiten sind durch das System selbst eingeschränkt, sie ergeben sich aus den Gesetzen eines kapitalistischen Staates.
Mit andern Worten: Wenn du einen von ihnen angreifst, wenn du im extremfall einen wegbombst, dann kommt der nächste Nach.
Richter sind die Zähne im Haifischrachen des Staatsapparats. Da kommt immer wieder ein gleicher nach.

"wer prügelt über das "normale" hinaus, wo wohnt er/sie?
wer schiebt ab? wer vor allem voller überzeugung und freut sich drüber?
wer verurteilt "linke" besonders hart?"

Es geht darum, dass überhaupt geprügelt wird, das überhaupt abgeschoben wird, dass überhaupt politisch verurteilt wird.

Ein Reformismus, wie er sich in der Namensnennung ausdrückt, ist nur halbherzig. Die Spitzen wegzunehmen, z.B. durch öffentliche Denunziation,bringt wenig.
Dann gibts nämlich immer noch prügelnde Bullen, abschiebende Behörden und politisch verurteilende Richter.
Gut, du hast dann zwei blaue Flecken statt vier, du wirst nicht mehr aus Überzeugung, sondern mit einem guten Wunsch und mit dem Bedauern deines Sachbearbeiters in ein Kriegs- oder Folterland abgeschoben und du kriegst nun 2 Monate statt 4 Monate Knast fürs Maul aufmachen.
Das kanns aber nicht wirklich sein.

Konflikte muss man auf die Spitze treiben, um sie letztendlich überwinden zu können. Dazu gehört auf Gegenkurs zum jetzigen System zu gehen. Dazu gehört nicht mehr länger nur einzelne "harte Richter", einzelne "überzeugte Abschieber" und einzelne "Prügelbullen" wegzumachen, dazu gehört eben nun mal das Ganze System an sich anzugreifen. Der Versuch irgendwelche Behörden, Parlamente, Landesjugendämter usw. zu unterwandern und so das System zu verändern ist sozialdemokratischer Unsinn. Das hat in den letzten 50 Jahren nicht funktionieren und das wird auch in den nächsten 50 Jahren so sein.
Denn dann, wenn die Sozialdemokraten an der Macht sind, dann werden sie selbst Teil des kapitalistischen Repressionsapparats.
Es war die SPD, die 1918/19 die deutsche Revolution der Räte gewaltsam beenden und die Räterepubliken recht skrupellos von Freikorpsgnadenlos zusammenschießen lies.
Es ist kein Zufall, dass die Genossen der RAF, der RZ und des 2. Juni, etc. unter einer SPD-Regierung am härtesten Verfolgt wurden. Die SPD zeichnete damals verantwortlich für den "Radikalenerlass" mit den folgenen Berufsverboten, die SPD brachte die Notstandsgesetze mit auf den Weg.
Es ist kein Zufall, dass es die SPD war, die Hartz IV auf den Weg brachte, und die einen Kanzler stellt, der eng mit der Autoindustrie, namentlich mit VW, verbunden ist; die einen Kanzler stellt, der von ehemals sozialdemokratischen Idealen nichts mehr wissen will.