Deutsche Zustände in Dresden (13. Februar 05)

autonome AntifaschistInnen 21.02.2005 12:11 Themen: Antifa
Nazis ziehen in großen Gruppen durch die Stadt, jagen und verprügeln Linke und Andersaussehende, versuchen jüdische Einrichtungen anzugreifen, während die Polizei zuschaut und oft nur gegen Menschen eingreift, die sich gegen die faschistischen Horden zu Wehr setzen...Ereignisse aus längst vergangenen Zeiten? Nein, das sind Szenen, die sich in Dresden am vergangenen Sonntag dem 13. Februar 2005 in der Dresdener Innenstadt rund um die Frauenkirche (zum wiederholten Male) abspielten.
Doch zunächst von vorn. Seit 1999 finden in Dresden zum Jahrestag der Bombardierung am 13. Februar Aufmärsche der Neonazis statt, die an das bürgerliche Gedenken anknüpfen und den Alliierten geplanten Massenmord unterstellen, um von den Verbrechen Nazideutschlands abzulenken bzw. diese zu relativieren. Dieser Aufmarsch hat sich mittlerweile zu einer festen Größe im Eventkalender der Neonaziszene entwickelt. Wurden anfangs noch einige hundert Neonazis von der rechtsextremen jungen Landsmannschaft Ostpreussen (JLO) nach Dresden mobilisiert, waren es dieses Jahr um die 5000 TeilnehmerInnen – nachdem schon 2002 die Marke 1000 geknackt wurde – und damit einer der größten Aufmärsche der Neonazis in der Nachkriegsgeschichte der BRD. Lediglich der ns-verherrlichende Rudolf-Hess-Gedenkmarsch in Wunsiedel am 20. August vergangenen Jahres und das deutsche Stimme Pressefest der NPD in Mücka liegen in ähnlichen Dimensionen. Allein an diesen Zahlen wird schon klar, welche Bedeutung das Thema in der Neonaziszene hat.

Von bürgerlicher Seite gab es von Anfang an kaum Widerstand gegen die Nazis, da von vielen Dresdener BürgerInnen ähnliches Gedankengut vertreten wird. Vielen ist das Gedenken an die deutschen Opfer der alliierten Bombardierungen wichtiger, als die Erinnerung an die Verbrechen Nazideutschlands und die Auseinandersetzung mit den Ursachen des Nationalsozialismus. Generationsübergreifend hat sich ein regelrechter Opferkult entwickelt, bei dem sich Menschen als Opfer fühlen, die nie Opfer von Bombenangriffen waren. Damit einher gehen Verbreitung von Legenden und Mythen wie angebliche Menschenjagden von alliierten Tieffliegern, Opferzahlen werden nach oben gelogen, und Dresden als unschuldige Kulturstadt bezeichnet. Obwohl es sich schon vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten um eine Hochburg der NSDAP handelte. Kein Wunder dass die Nazis ohne Probleme an diese allgemeine deutsche Opferinszenierung anknüpfen können. Erst nachdem im letzten Jahr die NPD mit 9% der Wählerstimmen in den sächsischen Landtag einzog, und dort mehrer Skandale lostrat, indem sich NPD-Fraktion geschlossen weigerte an einer Gedenkminute zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus teilzunehmen, und die Bombardierung Dresdens als „Bombenholocaust“ bezeichnete (was übrigens auf den Neonazidemos zum 13. Februar schon seit Jahren offiziell stattfindet), konnten die Neonazis nicht mehr ignoriert werden. Es ging jetzt um das Ansehen der Stadt Dresden und Deutschlands in der Welt. So hatte zum Beispiel die Holocaust Überlebende Ruth Klüger ihren Auftritt im Rahmen der „Dresdener Reden“ zum 13. Februar abgesagt, da sie wie sie begründete, nicht über einen jüdischen Überlebenden sprechen kann, während gleichzeitig tausende Judenhasser durch die Stadt ziehen. Deshalb kam es in diesem Jahr das erste mal zu etwas größeren bürgerlichen Gegenveranstaltungen. Doch dazu später mehr. Wichtig ist, dass die Nazis in der vergangenen Zeit bei der Dresdener Bevölkerung nie auf große Ablehnung stießen, sondern im besten Fall Ignoranz aber auch Verständnis ernteten.

Auch die linken Gegenaktivitäten hielten sich in Grenzen. Was zum einen der Schwäche der linksradikalen Antifabewegung um die Jahrtausendwende, aber auch der Uneinigkeit der Linken selbst bezüglich dieses Themas geschuldet ist. Einige sächsische Antifas erkannten schon relativ früh das geschichtsrevisionistische Potential des bürgerlichen Gedenkens für die geschichtspolitische Debatte in Deutschland, und legten ihr Hauptaugenmerk folgerichtig auf die Störung des bürgerlichen Gedenkens. Zum 50. Jahrestag der Bombardierung 1995 schaffte es eine Kleingruppe bis in den Festsaal und konnte während der Eröffnung der offiziellen Trauerfeierlichkeiten ein Transparent mit der Aufschrift „no tears for krauts – deutsche Täter sind keine Opfer!“ entrollen. Gegen die seit 1999 stattfindenden Naziaufmärsche, gab es dagegen immer keine oder nur halbherzige Mobilisierungen. Erst letztes Jahr wurde erstmals unter dem Motto „Nazitränen satt!“ explizit gegen den Naziaufmarsch mobilisiert. Leider folgten nur etwa 300 Antifas dem Aufruf.

Diese bürgerliche Akzeptanz und die wenigen linken Gegenaktivitäten hatten zur Folge, dass die Neonazis nur wenig von der Polizei bewacht in der Innenstadt umherziehen konnten. Je größer die rechtsextremen Aufmärsche wurden, um so größer wurde auch das Bedrohungspotential im Umfeld, besonders direkt vor und nach den Demonstrationen. Letztes Jahr am 14. Februar wurde die Innenstadt endgültig zur No-Go-Area für alle die nicht in das Weltbild der Neonazis passten und mussten damit rechnen angepöbelt, gejagt und verprügelt zu werden.  http://germany.indymedia.org/2004/02/74902.shtml

Dieses Jahr sollte alles anders werden. Der 60. Jahrestag stand bevor und der spürbare Rechtsruck der politischen Mitte und die Wahl der Neonazis in den sächsischen Landtag ließen nichts gutes erahnen. Örtliche Dresdener Gruppen beriefen deshalb ein bundesweites Bündnis ein um entsprechend agieren zu können. Schnell wurde aber klar, dass der Neonaziaufmarsch wieder nur ein Randthema ist. Stattdessen sollte unter dem Motto „Frauenkirche abreissen“, oder „Bomber Harris do it again“, und dem unreflektierten Abfeiern der westlichen Alliierten insbesondere der USA und Großbritannien das Bürgergedenken gestört werden. Im Bündnis-Aufruf war dann auch nur von unbedeutenden, pöbelnden Neonazis die Rede. Von diesem Bündnis im dem sich Gruppen wie das BgR („Bündnis gegen die Realität“) Leipzig befanden, die für ihre Strategie der kalten Schulter gegenüber den Neonazis bekannt sind, oder auch die antideutsche Agit-Prop-Truppe „Bad Weather“ aus Hamburg, deren einzig wahrnehmbare Aktionen gegen Neonaziaufmärsche aus Fahnenschwenken besteht, war also nicht wirklich etwas gegen den Naziaufmarsch zu erwarten. Aufrufe gegen den Naziaufmarsch wurden dann auch nur außerhalb des Bündnisses veröffentlicht. Die Mobilisierung gegen den Naziaufmarsch wurde also wieder nur halbherzig betrieben. Immerhin gab es eine Kundgebung des bundesweiten Bündnisses an der Synagoge, die als Ausgangspunkt für die dezentralen Aktionen gegen das Bürgergedenken gedacht war, aber auch für Anti-Nazi-AktivistInnen als Anlaufpunkt genutzt werden konnte.

Am 12. Februar fand dann eine Demonstration gegen Geschichtsrevisionismus statt an der sich 500 Menschen beteiligten. Diese Demonstration wurde aufgrund ihrer Außenwirkung zurecht von niemandem ernst genommen, und war somit auch nicht geeignet, irgendwelche Akzente in der geschichtspolitischen Debatte um Dresden zu setzen. Die inhaltliche Ausrichtung schreckte auch viele AntifaschistInnen ab sich an der Demo zu beteiligen, bzw. überhaupt nach Dresden zu fahren. Am nächsten Tag waren trotzdem etwa 800 – 1000 Antifas rund um den Neonaziaufmarsch unterwegs. Der Aufmarsch der Rechtsextremen konnte aber nur marginal gestört werden, was an der starken Absicherung durch die Polizei, den menschenleeren Gegenden am neustädtischen Elbufer und an der mangelnden Motivation und offensichtlich schlechten Vorbereitung der GegendemonstrantInnen lag. Als zum Beispiel auf der Augustusbrücke etwa 30 Leute die Route der Nazis blockierten und aufgrund der starken Anwesenheit der Presse nicht einfach weggeprügelt werden konnten, standen oben auf den Elbterassen mindestens hundert weitere potentielle GegendemonstrantInnen, die sich aber nicht anschlossen, auch nicht als die dünne Polizeiabsperrung auf einmal abzog, sondern sich lieber darauf beschränkten sich das ganze von oben anzusehen und mit dem Union Jack zu wedeln...

In der Innenstadt sah es diesmal anfangs besser aus. Dadurch dass sich zeitweise einige hundert AntifaschistInnen in der Innenstadt befanden, konnten die Nazis diesmal nicht das Stadtbild dominieren. Im Gegenteil oft mussten sie fluchtartig das Gebiet verlassen und konnten nicht ewig in Kleingruppen unbehelligt umherziehen. Dafür setzte die Polizei am Altmarkt ein große Gruppe linksalternativer Jugendliche fest, die in Richtung Auftaktkundgebung der Nazis unterwegs waren, und nahm ungefähr 50 von ihnen bis nachts um 2:00 Uhr in Gewahrsam. Ohne dass ihnen irgendwelche Straftaten vorgeworfen werden konnten. Bis zur Auflösung der Nazidemo befanden sich dann kaum noch Neonazis in der Innenstadt. Kurz bevor die Nazidemo zu Ende war, tauchten dann Nazi-Hools in der Innenstadt auf, und fingen am Postplatz an, Jagd auf Linke zu machen, zogen sich aber bald in das Neubaugebiet hinter dem Postplatz zurück. Währenddessen kamen von der Neonazidemo immer mehr Kleingruppen von Nazis in die Innenstadt und fingen an alle möglichen Leute zu belästigen. Eine Gruppe dunkelhäutiger Menschen wurde mit „Nigger! Nigger!“-Rufen durch die Innenstadt gejagt, und vor den Augen der Polizei verprügelt, die anstatt einzugreifen einfach weg fuhr. Die braunen Mobs wurden jetzt immer größer und dreister, auch ein Stand der JUSOs wurde attackiert. Die Polizei war absolut nicht mehr Herr der Lage (wenn sie es denn überhaupt wollte) und die Zustände wurden immer chaotischer. Parallel zur Prager Strasse trafen etwa 60 Antifas auf mehrere hundert Neonazis, die von ihrer inzwischen aufgelösten Abschlusskundgebung kamen. Durch sofortiges Handeln der Antifas konnten die Neonazis vertrieben werden und wurden bis zum Postplatz zurückgedrängt. Hier griff auf einmal die ansonsten völlig untätige Polizei ein, und ging auf die Antifas los. Zu diesem Zeitpunkt tauchten auch die Hools wieder auf, und versuchten den Antifas den Rückzugsweg abzuschneiden, was sich aber bald als ihre dümmste Aktion an diesem Tag herausstellte, so hatten einige Linke, die kurz vorher noch gejagt worden waren, die Gelegenheit sich entsprechend zu revanchieren. Da die Polizei inzwischen noch eine ganze Hundertschaft auffuhr mussten sich die Antifas jetzt endgültig zurückziehen und wurden versprengt. Teilweise wurden sie von den Bullen fast in die Arme der herumziehenden Nazimobs getrieben. Überall kam es jetzt zu Übergriffen der Neonazis und die Antifas zogen sich aus der Innenstadt zurück. In der Zwischenzeit hatte eine bürgerliche Gegendemonstration mit der Auftaktkundgebung begonnen, die sich aber am anderen Ende der Innenstadt befand, und deren TeilnehmerInnen von den Ereignissen rund um die Prager Strasse – Postplatz – Altmarkt nix mitbekamen. Die Demo führte dann mit mehreren Tausenden BürgerInnen schweigend um die Innenstadt herum (über zum Teil noch aufgerissene Pflaster, aufgrund der Auseinandersetzungen) bis zum Postplatz. Hier sorgte dann die Polizei dafür, dass die Neonazis nicht mit der Bürger-Demo in Berührung kamen. Sonst wurden die Neonazis nicht eingeschränkt. Im Gegenteil, nachdem die Polizei den ganzen Tag an der Synagoge wegen der Antifakundgebung präsent war, fuhr sie davon, als die Nazis ihre Kundgebung auflösten und die Bedrohung am Größten war. Prompt versuchten 2 Gruppen von Neonazis (einmal 50, einmal um die 100) zum Teil mit Holzlatten bewaffnet die Synagoge anzugreifen. Während die bürgerlichen GegendemonstrantInnen am Postplatz standen und sich selbst und die Stadt für die Weltöffentlichkeit feierten, mussten Antifas die Synagoge verteidigen. Das ist in Dresden kein Einzelfall mehr, in der Vergangenheit kam es immer wieder rund um die Naziaufmärsche zu Angriffsversuchen auf die Synagoge, zuletzt am 8.Mai 2004 als eine Horde Nazis das Kinderfest an der Synagoge stürmen wollte, und nur durch zufällig vorbei kommende Polizei ihr Vorhaben aufgaben. Danach wurde es aber bald wieder ruhig, die Neonazis machten sich größtenteils auf den Weg nach Hause. Bei Einigen dürfte es aber in den Bussen und Autos etwas zugig gewesen sein.

Die Stadt, die Presse, die Polizei und auch der Verfassungsschutz sind sich darin einig, dass Dresden an dem Tag sich der Welt von der besten Seite gezeigt hat. 5000 Neonazis sind auf einmal nur noch ein kleines Häuflein denen 50 000 Dresdener BürgerInnen gegenüber stehen. Die Frage warum 5000 Nazis nach Dresden gekommen wurde dagegen kaum gestellt. Genauso wenig wird über die Ereignisse in der Innenstadt berichtet. Der Verfassungsschutz gibt zwar zu, dass die Neonazidemonstration inzwischen bundesweite Bedeutung hat. Attestiert den Rechtsextremen aber einen friedlichen Ablauf, während den „Linksextremen“ unterstellt wird, dass sie die Auseinandersetzungen mit den Rechten suchte, und es dabei zu Gewaltätigkeiten kam. Wie das zusammengeht, wenn die Polizei angeblich die ganze Zeit Herr der Lage war und die Neonazis sich friedlich verhalten haben, bleibt das Geheimnis der sächsischen Verfassungsschützer.  http://www.sachsen.de/de/bf/verwaltung/verfassungsschutz/aktuelles/inhalt_akt.html#a65

Festzustellen ist auf jeden Fall, dass in der Öffentlichkeit der Naziaufmarsch klein geredet wird und die Stadt sich mit ihrem Gedenken als geläutert präsentiert hat. Wobei weder das eine noch das andere der Realität entspricht. Dazu passt, dass das Symbol schlechthin an diesem Tag, der aus Kerzen gebildete Schriftzug „Diese Stadt hat Nazis satt!“ von einer durchtrampelnden Horde Nazihools beschädigt wurde. Selbstverständlich steht davon kein Wort in der Presse..

Das wichtigste Ziel des bundesweiten (antideutschen) Bündnisses die Störung des bürgerlichen Gedenkens und ein Eingreifen in die öffentliche Debatte ist nicht gelungen.
Zur Verteidigung kann angeführt werden, dass die Polizei jegliche Störaktionen die sich gegen das bürgerliche Gedenken richteten vor Ort im Keim erstickte, und Menschen die ihrem Unmut lautstark Ausdruck verliehen, entgegen jeder Rechtsgrundlage ohne vorherige Erteilung eines Platzverweis bis spät in die Nacht in Gewahrsam genommen wurden. Einen großen Anteil an dem Scheitern jedoch machte aber sicher das Auftreten des Bündnisses nach außen aus. Was dazu führte, dass eigene Positionen keiner größeren Öffentlichkeit vermittelt werden konnten, und die inhaltsleere Institutionalisierung der Provokation, auch Linke und andere potentielle MitstreiterInnen eher abschreckte nach Dresden zu kommen.

Dabei wäre gerade zu diesem Thema eine Intervenierung der radikalen Linken bitter nötig gewesen. Wer glaubt dass es in Dresden nur um das Gedenken einiger Bombenopfer geht, ist entweder sehr naiv oder nimmt einfach die Realitäten der aktuellen öffentlichen Debatte nicht zur Kenntnis. Ein wesentlicher Aspekt der Erinnerns ist es, die Vergangenheit lebendig zu halten. Durch die Vergegenwärtigung werden Bezugspunkte geschaffen – Bezugspunkte für eine Handlungsorientierung und eine Sinnsetzung. Das bedeutet, dass Erinnerungen immer auch von den gegenwärtigen Bedingungen des Erinnerns abhängen. Erinnerungen dienen einer Gesellschaft der Sinnproduktion und politisieren somit auch im hohen Maße. Erinnerungskultur und Identitätsstiftung hängen in einer Gesellschaft somit unmittelbar zusammen. Durch dieses identitätsstiftende Element ist der Vorgang des kollektiven sich Erinnerns wie es auch in Dresden geschieht von großer Relevanz für Machtinteressenstrukturen, die das steuernde Element der Erinnerungskultur zu instrumentalisieren wissen wollen. Das geschieht nicht nur durch die Neonazis. In Deutschland ist es inzwischen Gang und Gebe die deutschen Opfer des 2. Weltkrieges in den Vordergrund zu stellen, und die Verbrechen Nazideutschlands in einer Grauzone des gemeinsamen Opfersein verschwinden zu lassen. Dieser deutsche Opfermythos findet Ausdruck z.B. in den hohen Einschaltquoten der aktuellen Machwerke Guido Knopps zu den Vertriebenen und dem Bombenkrieg, und den Bestsellerquoten des Buches von Jörg Friedrich „Der Brand“, in dem der Bombenkrieg in die Nähe des Holocaust gerückt wird. Wer es immer noch nicht verstanden hat, dem sei folgende Milchmädchenrechnung präsentiert. Am 13. Februar war das Gedenken in Dresden das Topthema in allen Nachrichtensendungen, am 27. Januar war dagegen der 60. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee erst ein Thema unter vielen, während der Schiedsrichterskandal die Nation als das Top-Thema beschäftigte. Diese Beispiel macht auch deutlich wie verlogen es ist, wenn gefordert wird, jetzt müsste endlich auch mal der deutschen Opfer gedacht werden. Statt Auseinandersetzung mit den Ursachen des Nationalsozialismus wird immer offener wieder ein unverkrampftes Verhältnis zur Nation gefordert und auch gelebt. In Krisenzeiten wird dem Bürger statt Wein eine Fahne in die Hand gedrückt, damit er bei der Stange bleibt und jede Schweinerei mit Begeisterung mitmacht, auch wenn der Gürtel enger geschnallt werden muss. Wer sich dann noch wundert wieso mehrere Tausend Nazis zu dem Anlass nach Dresden kommen, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.

Von bürgerlicher Seite aus, ist also nichts Positives zu erwarten, die Linke ist in Dresden am 13. Februar auf sich allein gestellt, und muss ihre Verantwortung endlich wahrnehmen. Dieses Jahr haben sich schon mehr AntifaschistInnen an den Gegenaktivitäten beteiligt. Teilweise konnte gezeigt werden, dass durch entschlossenes Handeln Einiges machbar ist. Gleichzeitig müssen die Leute sich gut vorbereiten und umsichtig handeln, da es bei diesen Massen von Nazis teilweise mit hohen persönlichen Risiken verbunden ist. Nie war es wichtiger in festen Bezugsgruppen unterwegs zu sein, die Lage realistisch einzuschätzen und sich gut vorzubereiten. Anzumerken bleibt dabei dass dieses Thema nicht nur auf Straßen Dresdens entschieden wird, hier kann es nur um Schadensbegrenzung gehen, vielmehr sollte verstärkt eine linke, antifaschistische Erinnerungskultur das ganze Jahr über betrieben werden, damit den Opfern und den Ursachen des Nationalsozialismus Rechnung getragen werden kann. Daran muss sich auch eine Mobilisierung im nächsten Jahr orientieren.

Wir hoffen, dass sich nächstes Jahr wesentlich mehr Linke auf den Weg nach Dresden machen. Wir denken, dass einige Linke den Protesten in Dresden ferngeblieben sind, da sie befürchteten in einer Masse mit USA-Fahnen schwenkenden, dumpfe Sprüche klopfenden Leuten zu stehen. Es sollte der radikalen Linken aber möglich sein, eigene Inhalte zu transportieren und sich eben nicht von einer kleinen politisch inakzeptablen Gruppe in der Weise beeinflussen zu lassen, dass sie an den Protesten nicht teilnimmt. Hier drängt sich auch der Verdacht auf, dass es sich ein Teil der Linken sehr einfach macht, in dem er das Thema der deutschen Opferpolitik und wie eine linksradikale Position dazu aussehen könnte ausklammert. Gerade durch die inhaltliche Nähe von Nazis und BürgerInnen bekommt die Dresden-Problematik eine Brisanz, bei der es stark fahrlässig wäre, hier nicht als radikale Linke zu intervenieren.


P.S.
Wer in die Thematik der Geschichtspolitik einsteigen will, der sei die aktuelle Lotta (Nr. 19 // Winter 2004/2005) empfohlen.
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Ergänzungen

npd-kaderschmiede im visier

antifa 21.02.2005 - 13:02
aufgrund der "bombenholocaust-rede" von JÜRGEN GANSEL im sächsischen landtag ist seit tagen die GIESSENER BURSCHENSCHAFT DRESDENSIA RUGIA im visier der medien von giessener zeitungen bis hessischer rundfunk und fernsehen: JÜRGEN GANSEL lebte jahrelang in dem haus der DRESDENSIA RUGIA im grossen steinweg 12 in giessen, ebenso wohnt dort STEFAN ROCHOW, bundesvorsitzender der JUNGEN NATIONALDEMOKRATEN. ende der 90-er jahre referierte der cdu-landtagsabgeordnete und rechtsaussen IRMER im haus dieser burschenschaft, was jetzt zu einer anfrage der spd im hessischen landtag geführt hat. bereits vor eineinhalb jahren protestierten rund 200 antifas gegen ein stiftungsfest der DRESDENSIA RUGIA und gegen reaktionäre burschenschaften im allgemeinen. an solche antifaschistische mobilisierungen muss nun angeknüpft werden- haltet augen und ohren offen! TROUBLE AN DER HEIMATFRONT- DRESDENSIA RUGIA DICHTMACHEN!!!

Zur Antifamobilisierung in Dresden

Antifas aus Berlin 21.02.2005 - 13:11
Liebe "autonome AntifaschistInnen",

wie ihr selbst schreibt liegt der Schwerpunkt der Aktivitäten am 13. Februar in Dresden bei Störungen der bürgerlichen Gedenkveranstaltungen. Das muss nicht unbedingt falsch sein, denn auch nicht-antideutsche AntifaschistInnen erkennen das geschichtsrevisionistische Potential dieses Gedenkens und sind gewillt dagegen vor zu gehen.

Hierfür ist es allerdings notwendig ernst genommen zu werden und seine politische Seriösität nicht zu verlieren. Abgesehen davon, dass "Nazitränen satt" ein den Nationalsozialismus verharmlosendes Motto ist, da hauptsächlich gegen die trauernden Dresdner Bürger mobilisiert wird, erfüllen antideutsche Provokationen mit den Fahnen der USA, GB oder der Royal Air Force und Parolen wie "Bomber Harris do it again" ausser eben dieser Provokation keinen Zweck. Konkret führen sie auch bei Personen, welche die "deutsche Täter sind keine Opfer" Positionen verstehen und ihnen zustimmen würden zu Abschottung und Ablehnung, so dass diese mit den eigentlichen politischen Forderungen nicht mehr erreicht werden. Das liegt daran, dass die Provokationen nicht nur die Position der Rechtmässigkeit und der militärischen Notwendigkeit der Angriffe auf die Städte im dritten Reich untermauern. Vielmehr stehen sie auch für Kolonisation, Weltordnungskriege und die militärische Absicherung der weltweiten Durchsetzung einer kapitalistischen Wirschaftsordnung.

Die Dresdner AntifaschistInnen haben gerade aufgrund der sich zuspitzenden Situation in ihrer Stadt die Pflicht sich bei den nächsten Mobilisierungen bündnisfähiger zu präsentieren. Wenn tatsächlich gegen den Rechtsruck vorgegangen werden soll, dann müssen annehmbare Alternativen von Links angeboten werden. Hierfür müssen die AntifaschistInnen ihre innerlinken Befindlichkeiten vergessen, sich überlegen wo sie eigentlich hin wollen und wer dem entsprechend Freund und Feind sind. Sonst stehen sie und ihr Szenemikrokosmos wie in den letzten Jahren ganz allein da, wo eine breite antifaschistische Intervention von Nöten wäre.

geschichtrevision

strickjackenmann 21.02.2005 - 15:18
guter beitrag!
ein beweis, wie weit geschichtsrevisionismus in der bevoelkerung verbreitet ist:

 http://www.fritz.de/cgi-bin/ultimatebb.cgi?ubb=get_topic;f=7;t=000073

selbst hoerer des radios "fritz" greifen antifaschischistische beitraege massiv an.

ich weiß

nicht, wo 21.02.2005 - 16:46
du diese erkenntnisse her hast, aber sie sind zum teil völlig falsch.

1. der richtigkeit halber, die 50 leute, die am altmarkt in gewahrsam genommen wurden: da braucht es keinen vorwurf einer straftat, deswegen auch "gewahrssamnahme" und nicht "vorläufige festnahme"
2. in der innenstadt war nach ende der nazidemo mehr polizei als alles andere unterwegs nicht nur nazis
3. es wurden keine leute vor den augen der polizei verprügelt
4. wir war en jederzeit herr der lage, nicht der mob
5. es kam zu keiner zeit zu solch "tollen" übergriffen vom linken und rechten mob, wie du sie hier beschreibst
6. aufgerissenes pflaster?! wo?

ich weiß also nicht, ob die tatsachen deinem wunschdenken entsprungen sind oder wo auch immer - und die meisten die in dresden waren, werden wissen, dass die beschreibungen von dir falsch sind. wast du überhaupt da?
sicher gab es auseinandersetzungen zw. links und rechts, aber so wie du sie beschreibst... ich weiß nicht. ich denke, dass du nicht in dresden warst und dich hier nur produzieren möchtest

Kieferbruch und Antifa

Linker Antifaschist 21.02.2005 - 16:54
In Dresden wurde einem Antifa gegen Abend vor einem Bahnhof von der Polizei mit einem Schlagstock der Kiefer eingeschlagen, nachdem eine Gruppe Berliner Antifas versuchte in den Bahnhof zu gelangen.
Die Antifas wurden zuvor von einer Horde Nazis gejagt und versuchten in ihren Zielbahnhof zu gelangen. Als Willkommensgruß gab es leider keine offene Tür, sondern Dresche von den Bullen.
Ein weiterer Berliner wurde ohne Grund und unter Verwendung von Falschaussagen seitens der Polizei eingebuchtet und darf vielleicht die nächsten vier Jahre im Knast verbringen. So etwas spricht sich natürlich herum und soll ganz offensichtlich zur Abschreckung dienen.

Zur Orga:
- Das Demo-Bündnis bzw. die Organisation war wirklich unter aller Kanone.
Friedenstauben-Zerschlagende Fäuste auf Transparenten auf dem Lauti vor der Synagoge
- Keine auch nur annähernd koordinierten, solidarisch durchgeführten "Antifaschistischen-Aktionen"
- Völlig panne-mäßige "Bomber-Harris und die Flut" Transpis und Sprechchöre.
- Lauter Ami- und GB-Fahnen wedelnde Antideutsche, die unter anderem aus sicherer Entfernung die "Antizionistisch-Antisemitische-Bewegungslinke" mit Countdowns zu Rangeleien mit der Polizei animierte, selbst anscheinend keine Lust auf Schläge bzw. Ingewahrsamnahmen hatte.

Nur mal so:
Natürlich danken wir den Alliierten für die Befreiung West-Europas(bis auf Spanien) vom Nationalsozialismus/ Faschismus.
Aber, liebe MitstreiterInnen: 1945 ist vorbei. Seit spätestens 1947 sind die Amis mal hier mal dort ein wenig größenwahnsinnig geworden. Warum sieht das heutzutage ein Teil der Antifa nicht mehr? Was gibt es da überhaupt zu diskutieren?
Scheiß USA, scheiß Russland, scheiß Europa, scheiß Deutschland, scheiß Alles... - so siehts aus.

Zum Schluß ein Buchtipp: "Sie warn die Antideutschesten der deutschem Linken", erschienen 2004, Gerhard Hanloser, Unrast-Verlag
Hier wird das Anti-Imp- und AntiD-Sektenwesen gleichermaßen unter die Lupe genommen. U.a. gibt Moshe Zuckermann einen sehr aufschlußreichen Aufsatz über eine wirkliche "Solidarität mit Israel" zum Besten. Sehr Interessante Literatur, liebe Antideutschen-, Anti-Imp- und Bahamiten-SektiererInnen.

Antifa ist der Kampf ums Ganze!

fakt

ist 21.02.2005 - 17:20
das die Synagoge von Nazis angegriffen wurde und dieser Angriff (auch von Antideutschen) erfolgreich zurückgeschlagen wurde!!(ein Bus von den Nazis mußte "leider" ohne Scheiben wieder abreisen!)
und das die Cops eher auf der Faschoseite sind,ist wahrscheinlich auch jedem klar,so wundert es nicht das sie einfach mal nix mitbekommen,wenn eine Horde Nazis ein paar Antifas jagd...

@mods

Antifarocker 21.02.2005 - 19:11
Hallo Mods, finde euern pluralistischen Gedanken, auch Bullen hier schreiben zu lassen, nicht schlecht. ICH WEISS schreibt allerdings Blödsinn. Es gab tatsächlich einige Angriffe auf Linke, bei denen die Polizei fahrlässiger weise nicht anwesend war, oder weg geschaut hat. Allein die Tatasache 5000 Nazis nach der Demo nicht zum Bahnhof oder den Bussen zu begleiten ist ein Skandal. Ich habe ausserdem selbst gesehen, wie Migranten unter "Nigger, Nigger" Rufen durch die Stadt gejagt und geschlagen wurden und eine Bullenwanne vor dem jagenden Nazimob davon gefahren ist...

Bullen haben zugeschaut????

Ano 23.02.2005 - 12:18
Wenn's denn so gewesen ist, dass Polizisten zugeschaut haben, wie Menschen gejagt und geschlagen wurden, dann hat bestimmt irgendwer ein paar Fotos. Oder nicht?! Behaupten kann man sehr viel, beweisen dagegen ist schon schwerer. Normalerweise hat doch fast jeder gute Gegendemonstrant eine Digicam dabei.
Und übrigens: Die Innenstadt war bis in den späten Abend voll mit Polizei.

Natürlich wurden auch hier wieder Studien über Rechtsextremismus in der Polizei durchgeführt. Denn sonst könnte man ja wohl kaum behaupten, dass die ganze Polizei rechts gesinnt ist. Wo bitte kann ich die Ergebnisse solcher Studien nachlesen? Das die Polizei bei rechten Demos eher selten gegen die Rechten einschreitet, liegt vielleicht daran, dass diese Demos in der Regel ohne Probleme ablaufen. Die Rechten versuchen sich ein "Saubermann-Image" in der Öffentlichkeit aufzubauen. Daher werden sie wohl kaum Randale machen. Dass die Rechten in "Kleingruppen" außerhalb von Demos gefährlich sind, ist unbestritten. Aber solange sie sich während den Demos friedlich verhalten, gibt es kaum Möglichkeiten, diese zu verbieten.

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große Panne! — Brian