Hitler als Friedensengel?

Ludwig König 20.02.2005 19:03 Themen: Antifa
Auf einer Veranstaltung der rechtsgerichteten Münchner Winterakademie vertrat der ehemalige Bundeswehrgeneral Gerd Schultze-Rhonhof geschichtsrevisionistische Thesen über die deutsche Kriegsschuld. Auch antisemitische Äußerungen wurden getätigt.
Hitler als Friedensengel?

Ehemaliger Bundeswehrgeneral im brauen Sumpf

Eine geschichtsrevisionistische Märchenstunden mit einem ehemaligen
Bundeswehrgeneral stand am Mittwoch 16.Februar 2005 auf dem Programm der
nationalkonservativen Münchner Winterakademie.

60 Jahre nach der "Katastrophe", die von den "gleichgeschalteten Medien
Befreiung" genannt wird, soll Generalmajor a.D. Gerd Schultze-Rhonhof
über "Die Entstehung des Zweiten Weltkrieges - Ein noch immer
tabuisiertes Thema" sprechen, kündigt Regina Freifrau von
Schrenck-Notzing den Referenten an. Schlagzeilen machte Schultze-Rhonhof
Mitte der 90er Jahre, als er aus Protest gegen das
Soldaten-sind-Mörder-Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Dienst
schied. Seitdem tingelt er als Geschichtsrevisionist durch rechte Zirkel
- von Burschenschaften bis zu den Ritterkreuzträgern der Waffen-SS um
für eine "deutsche Renaissance" zu kämpfen.

Fast 300 zu meist ältere Zuhörer drängen sich im übervollen Saal des
Hotels Eden-Wolff am Münchner Hauptbahnhof. Mitglieder von
Revanchistenverbänden und kahlgeschorene Burschenschafter sind auch
dabei. Auf der Anwesenheitsliste tragen sich viele Akademiker ein. Fast
jeder legt einen Geldschein in den Spendenkorb.

Hitler habe 1939 den Weltkrieg nicht gewollt, so Schultze-Rhonhofs
These. Stalin dagegen habe die Voraussetzungen für einen
deutsch-britisch-französischen Krieg schaffen wollen, um die
kapitalistische Welt zu zersetzen. "Stalin dachte, daß die Völker nach
einem mitteleuropäischen Krieg so aufgerieben wären, daß sie bereit für
die kommunistische Revolution sind." Bis zu letzt habe sich Hitler für
eine Verhandlungslösung mit Polen eingesetzt, doch Engländer, Franzosen
und US-Präsident Roosevelt hätten dies verhindert, so daß Hitler zur
Befreiung der von Polen drangsalierten Deutschen nur noch die
kriegerische Option blieb. Dies sei bei der Entstehung des Weltkriegs
"unser Stückchen unglücklichen Gepäcks, daß wir mitschleppen müssen".

Die deutsche Bevölkerung hätte keine Anhaltspunkte gehabt, daß es zum
Krieg kommt. Schließlich ziehe sich die Friedenspropaganda als
durchgängiger Faden durch die öffentlichen Reden Hitlers bis 1939. Nur
vor kleinen Zirkeln habe der Führer über seine Kriegspläne gesprochen.
Kriegsdrohungen gegen Polen seien nachträglich von den Alliierten
während der Nürnberger Prozesse in die Redemanuskripte eingefügt worden.
Daß Hitler sein mörderisches Programm in "Mein Kampf" bereits in aller
Deutlichkeit beschrieb sei unerheblich, da das Buch von den meisten
Deutschen als "Jugendsünde" des Führers betrachtet wurde.

"Schultze-Rhonhofs dürre Bilanz stellt die Ergebnisse der seriösen
Forschung auf den Kopf", urteilte die FAZ am 26. November 2003 über
Schultze-Rhonhofs Buch "1939 - Der Krieg, der viele Väter hatte", "Im
Grunde sind Interpretationen wie diese nicht neu. Sie folgten alten
Spuren, die weniger im Bereich der Forschung als in dem von Ideologie
und Propaganda angesiedelt sind. Neu ist dagegen, daß sie von einem
ehemals führenden Offizier der Bundeswehr öffentlich vertreten werden."

Vor 10 Jahren vom rechtspopulistischen Bund Freier Bürger ins Lebens
gerufen läuft die Winterakademie inzwischen im Rahmen der Förderstiftung
Konservative Bildung und Forschung FKBF weiter. Der Kopf hinter der FKBF
ist der langjährige Herausgeber des natinalchauvinistischen
Theorieblattes Criticon Caspar von Schrenck-Notzing, der mit der
Zeitschrift "Unsere Agenda" im Herbst 2004 ein neues rechtskonservatives
Publikationsprojekt startete. Er vertritt dabei weniger eine völkische
Ideologie, sondern orientiert sich eher an den britischen Konservativen
amerikanischen Neokonservativen. Bei den Veranstaltungen und
Publikationen der FKBF kommt ein breites ideologisches Spektrum des
Konservatismus zu Wort - vom nationalkonservativen Rand der CDU über
christliche Fundamentalisten bis zu Vertretern der Neuen Rechten.

Schrenck-Notzings Ehefrau Regina leitet die Winterakademie. Sie kennt
ihre Pappenheimer. "Keine Agitation, keine Verschwörungstheorien" mahnt
sie vor Fragen aus dem Publikum. Was der General über das "Zusammenspiel
von kapitalistischen und kommunistischen Juden hinter Roosevelt und
Stalin denke", wollte ein junger Mann wissen. "Ich habe dazu natürlich
meine Meinung, aber wenn ich die äußern würde, hätte ich das ganze Buch
nicht veröffentlichen können", deutet Schultze-Rhonhof an und erntet
dafür schallenden Applaus.

Deutlicher werden Besucher der Veranstaltung im privaten Gespräch. Da
wird Bundespräsident Horst Köhler aufgrund seiner Israelreise als JK
-Judenknecht - tituliert und der Abriß der Passauer Nibelungenhalle, in
der die DVU alljährlich ihre Großveranstaltungen durchführte, als Akt
der Meinungszensur interpretiert.

Ludwig König, München
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Ergänzungen

mehr über Schultze-Rhonhof

Surfer 21.02.2005 - 17:58
mehr über Schultze-Rhonhof, der in Buxtehude bei Hamburg wohnt und dort zu den Honoratioren zählt:
 http://www.stade.vvn-bda.de/schrh.htm

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 4 Kommentare an

Schwachsinn — Mr. X

?? — tut nix zur sache

@ Fake-"Mr. X" — Mr.X