Hausdurchsuchunng in HH

ARI Berlin 16.02.2005 04:45 Themen: Antirassismus Repression
Hausdurchsuchung in Hamburg

Am 15. Februar zwischen 7 Uhr und 10 Uhr morgens fand in Hamburg
St. Pauli eine polizeiliche Durchsuchung der Wohnung eines Aktivisten
der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen statt.
Die
Durchsuchung wurde in Abwesenheit des Betroffenen durchgeführt. Als
Zeuge wurde ein Mitarbeiter des örtlichen Bezirksamtes hinzugezogen.
Begründet wurde die Aktion mit einem Ermittlungsverfahren wegen des
Verdachtes der Verleumdung. Dabei drehte es sich um ein Flugblatt zur
deutschen Abschiebepolitik, den Massenabschiebungen per Charterflug und
die Kollaboration des deutschen Staates mit der Diktatur in Togo und
anderen afrikanischen Ländern. Zu dieser Zeit, im Frühjahr 2004, wurde
der Hamburger Flughafen zur Drehscheibe für Massenabschiebungen nach
Westafrika, teilweise in Kooperation mit anderen europäischen Staaten.

Im richterlichen Durchsuchungsbeschluss vom 10. Januar 2005 wird der
Betroffene als verdächtig bezeichnet indem er laut Zitat: "... in
bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit noch unbekannten Mittlern im
Namen der Organisation "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und
MigrantInnen, Koordinationskreis Hamburg" ein Flugblatt erstellte, in
dem zunächst die Behauptung eines nach Westafrika abgeschobenen Mannes,
er sei während der Abschiebung von BGS-Beamten schwer misshandelt worden
und er in einem Krankenhaus habe behandelt werden müssen, wobei Frau
Michaelis, Mitarbeiterin der Ausländerbehörde, dabei gewesen und diese
Misshandlungen begrüßt habe, wieder gegeben wird und im Anschluss
bewertend ausgeführt wird, "Personen wie Frau Michaelis sind die
hochgelobten und willigem Vollstrecker einer deutschen Innenpolitik, die
sogenannte Säuberungsstellen und Internierungslager einrichtet und im
großen Stil - bevor das neue rassistische Zuwanderungsgesetz das Recht
auf Asyl vollständig entsorgt - Frauen, Männer und Kinder Tag und Nacht
jagt, inhaftiert und deportiert", und dieses Flugblatt im Rahmen des von
ihm angemeldeten und geleiteten Aufzuges "Abschiebestop nach Togo" am
12.05.2004 in der Hamburger Innenstadt an Passanten verteilen liess."
Zitatende.

Aus der durchsuchten Wohnung wurde ein Laptop beschlagnahmt.

Weitere Informationen und eine Bewertung dieses Staatsschutzangriffes
werden folgen.
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Ergänzungen

déjà vu

antifa 16.02.2005 - 11:21
Das erinnert mich frappierend an eine Hausdurchsuchung...
 http://www.antifa-freiburg.de/spip/antifa.php3?id_article=294

...die im Kontext einer größeren Repressionswelle stattfand:
 http://www.antifa-freiburg.de/spip/antifa.php3?id_article=293

Schafft Öffentlichkeit und lasst nicht zu, dass der Staat auf unliebsame Flugblätter mit Hausdurchsuchungen reagiert. Solidarität nach Hamburg!

verleumdung?

antira 16.02.2005 - 11:50
also ich finde das der zitierte text noch relativ nett beschreibt was flüchtlingen in deutschland angetan wird.

das der staat das als verleumdung auslegt zeigt das es ihm anscheinend unangenehm ist, dass sowas öffentlich wird.

also weiter so, mit aller kraft!

Nachhilfe für Ole?

AfricanQueen 16.02.2005 - 13:37
Ist Nachhilfeunterricht für Ole von Beust angesagt?
Was will man schon von einem CDU-Senat erwarten, dessen Galionsfigur Ole von Beust in Wandsbek,
der ehemaligen Sklavenhändlerhochburg aufgewachsen ist. Ist möglicherweise in Mr.Präsidents Erziehung einiges schiefgelaufen und falsch vermittelt worden und nun weiss er gar nicht warum er so handelt?
Stichwort : Schimmelmann und seine Aktivitäten weltweit.
Sklavenhändermonopol aus Hamburg ?
 http://www.afrika-hamburg.de/forum/read.php?f=1&i=51&t=51#reply_51
GolobalPlayers: Wer kennt schon den Wandsbeker Schimmelmann?
 http://www.afrika-hamburg.de/forum/read.php?f=1&i=52&t=52#reply_52

Vorsicht!

Gottfried 16.02.2005 - 20:27
Als gelernter Zonie, heute fast fünfzig, kann ich derartige Nachrichten in einer Weise einschätzen, die mich nichts Gutes hoffen lässt für unser seit fünfzehn Jahren so großes Deutschland. Jedenfalls bin ich mit meiner Biografie gut vorbereitet auf Kommendes, solange ich mir das Erinnern und das Nachdenken nicht abgewöhnen lasse.
Wenn wir es einfach nur schaffen könnten, der veröffentlichten Meinung schrittweise die Akzeptanz zu entziehen, wäre schon viel erreicht.
Andererseits - wären wir wirklich so klein und ganz ohne Kraft, würde die Gegenseite zu solchen Mitteln wohl noch nicht greifen.
Lasst uns nicht aufgeben!

presseerklärung

flüchtlingsrat hamburg 24.02.2005 - 21:59



Mitteilung an die Presse:
den Hamburg ,16. 02.05

Keine Kriminalisierung von Flüchtlingen und ihren UnterstützerInnen!


Ende November 2004 rief Bundeskanzler Gerhard Schröder zur „Zivilcourage
gegen Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Antisemitismus“ auf.
Er sagte, es seien Menschen nötig, „die nicht wegschauen, wenn Unrecht
geschieht, die Zivilcourage im Alltag beweisen.“ Was Menschen geschieht,
„die nicht wegschauen“, sondern sich ganz bewusst einmischen, wenn Recht
zu Unrecht wird, bekam Ralf S.L., ein Hamburger Mitglied der Karawane für
die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen, zu spüren: Am frühen Morgen
des 15. Februar ´05 wurde seine Wohnung von ca. acht Zivilbeamten der
Polizei durchsucht - in seiner Abwesenheit. Gegen ihn wird ermittelt, weil
er Stefanie Michaelis, eine leitende Sachbearbeiterin der Hamburger
Ausländerbehörde, namentlich für Misshandlungen von Flüchtlingen während
einer Abschiebung verantwortlich gemacht haben soll.
Misshandlungen von Flüchtlingen durch Staatsbeamte sind alltäglich in
diesem Land. Aameer Ageeb, der 1999 bei seiner Abschiebung zu Tode
gefoltert wurde, ist das bekannteste Beispiel dafür. Glücklicherweise
enden nicht alle Misshandlungen von Flüchtlingen tödlich, scheinbar werden
nur diese von der Öffentlichkeit wahr genommen.
Solche Übergriffe ereignen sich auch in Hamburg: Der Tag des 26. Mai ´04
begann für die afrikanischen Gefangenen in der Abschiebeabteilung der
Hamburger Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel, bevor die Nacht des 25.
Mai richtig angefangen hatte: Ein Rollkommando der Polizei stürmte laut
Berichten mehrerer Gefangener am späten Abend die Zellen, warf die
Gefangenen auf den Boden, fesselte sie und sortierte anhand von Fotos vier
togoische Flüchtlinge aus, die umgehend zwecks Abschiebung zum Flughafen
transportiert wurden. Einige hätten sich dabei Blessuren an Handgelenken,
Armen und anderen Körperteilen zugezogen, berichteten die ebenfalls
malträtierten Mitgefangenen einer Sozialarbeiterin, von der sie betreut
werden. Diese bestätigte Flüchtlingsorganisationen gegenüber die genannten
Verletzungen.
Dieser Übergriff war der Auftakt zu der ersten europäischen
Sammelabschiebung, die in der Nacht vom 25. auf den 26. Mai ´04
durchgeführt wurde. Flüchtlinge, die aus der BRD abgeschoben werden
sollten, wurden von einer niederländischen Chartermaschine auf dem
Hamburger Flughafen Fuhlsbüttel „abgeholt“. Sie wurden nach Amsterdam
gebracht und von dort aus mit Flüchtlingen aus anderen europäischen
Staaten nach Togo abgeschoben. In dem Flugzeug saß u.a. ein HIV-positiver
Flüchtling, der vorher nicht über seine Abschiebung informiert wurde -
ebenso wenig sein Anwalt.
Die Maschine hob am 26. Mai ´04 morgens gegen 2h ab. Um diese konzertierte
Aktion mehrerer europäischer Staaten bei Nacht und Nebel durchziehen zu
können, wurde sogar das Nachtflugverbot in Fuhlsbüttel aufgehoben. Laut
taz-Hamburg leugneten die zuständigen Hamburger Behörden trotzdem noch am
25. Mai ´04, dass es diesen Abschiebecharter geben würde. Dieser Nachtflug
war die Nagelprobe für eine weiteren europäische Sammelabschiebung, die am
13. September ´04 unter deutscher Leitung, genauer gesagt, unter der Ägide
der Hamburger Innenbehörde, stattfand.
Für gewalttätige Übergriffe auf Flüchtlinge gibt es Verantwortliche:
Diejenigen, die sie aktiv ausführen, aber auch diejenigen, die sie
anordnen und/oder dulden. Es ist nicht bekannt, ob Stefanie Michaelis als
verantwortliche Sachbearbeiterin der Hamburger Ausländerbehörde für den
Bereich Westafrika von dem oben geschilderten und anderen bekannt
gewordenen Übergriffen wusste. Aber es ist auch nicht bekannt, dass sie
sich je davon distanziert hätte. Und es ist bekannt, dass Frau Michaelis
mitunter Abschiebeflüge nach Westafrika persönlich begleitet.
Um die massenhaften Abschiebungen zu rechtfertigen, werden die Flüchtlinge
von den politisch Verantwortlichen in der Öffentlichkeit kurzerhand zu
„Kriminellen“ erklärt. Ihr größtes Vergehen: einfach nur da zu sein.
Die Kriminalisierung von Flüchtlingen wird zunehmend auch auf deren
UntersützerInnen übertragen. Diejenigen müssen mit Repressionen rechnen,
die sich für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen einsetzen - und
die Namen derer nennen, die für Misshandlung und Folter von Flüchtlingen
verantwortlich sind.
Der Flüchtlingsrat Hamburg fordert:
- Einstellung des Verfahrens gegen Ralf S. L.
- Einstellung aller Verfahren gegen Flüchtlinge wegen rassistischer
Sondergesetze, z.B. der Residenzpflicht
- Sofortigen Stopp aller Abschiebungen und Einstellung aller
Misshandlungen von Flüchtlingen
- Das Geld, das für die kostspieligen Abschiebungen ausgegeben wird,
sollte statt dessen dazu verwandt werden, den Flüchtlingen ein
menschenwürdiges Dasein in einem Land ihrer Wahl zu ermöglichen.

fLÜCHtLINgSRat HamBURg
Offenes Plenum für antirassistische
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