Fortsetzung einer Farce

Ralf Streck 11.02.2005 16:41 Themen: Repression Weltweit
Heute hat vor dem Nationalen Gerichtshof in Spanien der Prozess gegen 42 baskische Jugendliche erneut begonnen. Er sollte schon am Montag anfangen, doch über zahllose Anomalien setzte sich selbst das Sondergericht nicht hinweg und vertagte.
Die Angeklagten stammen aus drei Jugendorganisationen. Sie sollen sie geführt haben und Mitglieder oder Unterstützer der baskischen Untergrundorganisation ETA sein. Schon die Anklage erstaunt, denn „Jarrai“ und „Haika“ hatte der Richter Baltasar Garzón vor vier Jahren verboten, weil sie angeblich zur ETA gehörten, „Segi“ folgte als Neugründung ein Jahr später. Spanien setzte sie sogar auf die EU-Liste terroristischer Organisationen. Der Nachweis sollte also längst erbracht sein, dass es sich um ETA-Mitglieder handelt.
Er fehlt. Er soll nun in aller Eile rückwirkend konstruiert werden, sonst müssten am 6. März die Gefangenen aus der Untersuchungshaft entlassen werden, weil die Höchstdauer überschritten wäre. Erst Mitte Januar bekam die Verteidigung eine Anklageschrift, der Verhandlungstermin wurde sogar nur fünf Tage zuvor bestimmt. So sei kein ordentlicher Prozess möglich, klagte die Verteidigung.
Zudem fehlten am Montag Angeklagte. Bei zweien hatte das Gericht vergessen, dass es sie nach einer Haftverschonung erneut inhaftiert hatte. Auch Asier Tapia fehlte. Obwohl für ihn die Höchststrafe von 112 Jahren Knast gefordert wird, hatte er Haftverschonung erhalten. Er hatte auf einer Pressekonferenz im März 2001 mit drei weiteren Jugendlichen die Verhaftungen von 15 angeblichen Haika-Führunungsmitgliedern angeklagt und gefordert, auf die Repression zu reagieren. Das sei Anstiftung zu „gewalttätigen Aktionen“ und er sei somit für 22 Akte mit „terroristischen Schäden“ verantwortlich. Warum er Haftverschonung bekommen hat, aber seit vier Jahren sitzen, denen nur 10 oder 12 Jahre Haft drohen, weiß wohl auch nur das Sondergericht. Obwohl nicht festgestellt werden konnte, ob der rechtsgültig geladen wurde, erging internationaler Haftbefehl.
Die Eile verhinderte die Anreise internationale Beobachter. Doch die Aufmerksamkeit des ersten Massenprozesses in Madrid gegen baskische Organisationen war groß. Gewerkschaften, Parteien und baskische Regionalregierung hatten Beobachter zu der „Farce“ entsandt, wie die Jugendlichen das Verfahren nennen. Auf einer Pressekonferenz erklärten sie am Mittwoch, es sei ein „politischer Prozess“ bei dem die abgeurteilt werden sollen, die für eine „sozialistisches und unabhängiges Baskenland eintreten“.

Donostia-San Sebastián den 10.02.2005
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

EINLADUNG ZUR BASKENLAND - DELEGATION

Initiativ e.v. 11.02.2005 - 23:12
EINLADUNG ZUR BASKENLAND - DELEGATION MÄRZ/APRIL 2005

Euskal Herria - das Land der Basken

Ausser einer fast unvergleichlichen Medienhetze, wird wenig Information geboten, über einen Konflikt der knapp eintausendfünfhundert Kilometer entfernt, mitten in Europa stattfindet. Über ein Volk, dass von gleich zwei Staaten unterdrückt, dessen land von Spanien und Frankreich besetzt ist, ein Volk dem das faschistische Franco-Regime sogar das sprechen der eigenen Sprache über Jahre verboten hat, ein Volk das im zweiten Weltkrieg dem Bombenterror Deutschlands ausgesetzt war. Die Basken - Euskaldunak - leisten bis heute ungebrochenen widerstand gegen eine imperialistische Bevormundung, gegen ein aufgezwungenes System, dass versucht sich als Demokratie zu verkaufen. Doch foltert, mordet und lügt es wie zu Zeiten des spanischen Faschismus. Die sozialdemokratische spanische Regierung hält fast 800 baskische politische Gefangene in Knästen im gesamten spanischen Staat gefangen, auf freie Meinungsäußerung wird mit Schüssen und Schlagstöcken reagiert.
Die Volkspartei Batasuna wurde 1998 illegalisiert, Zeitungen und Verlage verboten. In den letzten Monaten hat der spanische Staat über 50 politische Gefangene gemacht. Davon 17 an einem einzigen Tag. Die Organisationen der linken Unabhängigkeitsbewegung werden verboten und ein faktischer Ausnahmezustand und eine politische Apartheid für tausende Menschen im Baskenland etabliert. Doch auch das Klima der Angst, kann die Kehle nicht zuschnüren, die nach Freiheit ruft.

Zur „Kritik“ aus der Linken

Der Kampf der baskischen Bevölkerung für Unabhängigkeit, der bis heute nichts an seiner Aktualität verloren hat, ist in Deutschland und im besonderen in der „deutschen Linken“ anscheinend und fatalerweise von geringem Interesse, oder wird - wenn überhaupt - mit Vorurteilen und gefährlichem Halbwissen durch die Brille der staatlichen und privaten Medien betrachtet. Selbst in so genannten „freien“ und „unabhängigen“ Medien wird ein völlig verzerrtes, mit durchsichtigen Lügen gespicktes Bild der baskischen Bewegung verkauft und offene Feindschaft geschürt. Dabei würde es wahrscheinlich in den meisten Fällen reichen, die Bewegung mit den eigenen Augen zu erleben; die Basken, ihre Wege und Ziele persönlich kennen zu lernen. Wir meinen, dass es auch unser Kampf ist, der dort geführt wird - ein Kampf gegen Unterdrückung, Ausbeutung und Imperialismus. Statt das Volk zum Fetisch zu erheben und einen bürgerlichen Nationalismus zu propagieren verknüpft die linke Unabhängigkeitsbewegung den Kampf um nationale Befreiung untrennbar mit dem Klassenkampf.

Viele Wege führen zur Selbstbestimmung

Wahrscheinlich gibt es keine Massenbewegung in Europa, die bis heute, auf so vielen Wegen mit so vielen Menschen, das gleiche Ziel verfolgt: von einer starken Jugendorganisation, unzähligen Militanten, Internationalisten, Umweltschützern, einer wachsenden Hausbesetzerszene, über Angehörigen- und Gefangenenorganisationen, bis zu freien Radios, Sprachschulen und anderen unabhängigen Kulturprojekten, haben alle das Ziel eines freien Baskenlandes und einer klassenlosen Gesellschaft, die sie selbst gestalten können.

Für ein Europa von unten

Natürlich ist der baskische Konflikt kein ausschließlich regionales „Problem“. Das baskische Territorium wurde in den vergangenen Jahrzehnten konsequent zum Testfeld für Aufstandsbekämpfung, Überwachung und Repression ausgebaut. Unter anderem trainiert von Agenten des deutschen Bundeskriminalamtes, zählt beispielsweise die dortige Spezialpolizei heute zu einer der effektivsten Europas. Die Guardia Civil und der spanische Geheimdienst profitieren von den Erfahrungen in der Verfolgung der Basken und stellen internationalen Polizeibehörden und Militärs – z.B. im Irak - ihre Infrastruktur und ihr Wissen zur Verfügung. Zum Europa der Mächtigen - Europol, Enfopol, „Terrorliste“ und EU-Verfassung, wollen wir, zusammen mit der baskischen und anderen Bewegungen Europas einen Gegenpol schaffen - ein Europa von unten.

Die Delegation

Wir laden alle Interessierten zu einer Delegation vom 24.03.-02.04.05 ins Baskenland ein, bei der ihr die Möglichkeit haben werdet, die Bewegung in ihrer Vielfältigkeit hautnah kennen zu lernen. Wir werden uns mit verschiedenen Organisationen treffen, gemeinsame Perspektiven diskutieren und an kulturellen und politischen Aktivitäten der Bewegung teilnehmen.

Hoch die internationale Solidarität!


Bei Interesse meldet euch bitte bei uns.

Mit solidarischen Grüßen,

Initiativ e.v.
Verein für Demokratie und Kultur von unten
 initiativ@antifakomitee.de
www.antifakomitee.de


Demonstration für die polit. Gefangenen

euskaldun 12.02.2005 - 12:34
18. Februar, 16.00 Uhr, Eberswalder Str., Demo in Berlin