Referendum nach Ablehnung

Ralf Streck 05.02.2005 11:19 Themen: Repression Weltweit
Das spanische Parlament hat eine Reform des baskischen Autonomiestatuts zur Neuregelung der Beziehungen abgelehnt. Jetzt soll die Bevölkerung entscheiden. Eine Umfrage für die Mediengruppe Prisa von gestern zeigt, dass sich das Parlament in vollen Widerspruch zur Bevölkerung begibt. 60 % sind demnach dafür, ein neues Statut auszuhandeln.
Erwartungsgemäß hat das spanische Parlament am Dienstag den Wunsch der Basken abgelehnt, die Beziehungen zu Spanien neu zu regeln. Darauf hatten sich die großen spanischen Parteien im Vorfeld geeinigt, weshalb das Ergebnis mit 313 zu 29 Stimmen nicht verwundert. Unterstützung der Plan in Katalonien und Galicien. Die Vereinte Linke (IU) stimmte dagegen.
Das war peinlich, weil deren baskische Sektion, als Teil der Regionalregierung, den Plan trägt. Die baskische IU-Führung hatte die Zentrale in Madrid aufgefordert, "Mut" zu beweisen, um einen "multinationalen und föderalen Staat" gegen den medialen Druck zu verteidigen. Doch das half nichts mehr, obwohl die IU in ihrem Programm einen föderalen Staat fordert.

Nach dem baskischen Regierungschef Juan José Ibarretxe benannt, sieht der Plan die Reform des Autonomiestatuts vor. In 25 Jahren des Bestehens wurden große Teile der verfassungsmäßig garantierten Rechte nicht an die Basken übertragen, deshalb soll nun eine "freie Assoziation" an Spanien weitgehende Selbstbestimmungsrechte sichern.

Seit der Annahme im baskischen Regionalparlament am 30. Dezember kam es in Madrid zu hektischen Reaktionen. Eiligst wurde seine Behandlung im Parlament festgelegt, um ihn schnell vom Tisch zu wischen. Eine Debatte in der Verfassungskommission wurde nicht erlaubt. Die konservative Volkspartei (PP), die schon mit der Autonomie die Einheit Spaniens in Gefahr sah, wollte sogar ihn gar dem Parlament vorenthalten. Er sei verfassungswidrig und von der Untergrundorganisation ETA "inspiriert", erklärte der PP-Chef Mariano Rajoy im Parlament. Die regierenden Sozialisten (PSOE) wollten Ibarretxe zunächst nur 15 Minuten Zeit einräumen und ihn dann auf die Zuschauerbühne verweisen. Erwiderungen waren nicht vorgesehen. Wegen einer Drohung der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) wurde erst kurz vor der Sitzung eine wirkliche Debatte angesetzt. Die ERC unterstützt den Plan und verknüpfte ihr Bündnis mit der PSOE, die von ERC abhängt, mit der Behandlung Ibarretxes.

Der bot dem Parlament einen "ausgestreckten Arm" an. Es vertrete einen Vorschlag zum "besseren Zusammenleben, nicht zum Bruch" mit dem spanischen Staat. Es sei eine "historische Chance" den "jahrhundertealten Konflikt" zu lösen, der viel älter als die Gewalt der ETA sei. Im Geist des Dialogs sei er nach Madrid gekommen, um das Recht der Basken zu verteidigen, "über die eigene Zukunft zu bestimmen".

Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero entgegnete, es gehe der spanischen Regierung nicht darum, die Diskussion abzuwürgen. Man wende sich gegen einen Vorschlag, der "weder von allen kommt noch für alle bestimmt ist". Die Ablehnung solle niemand als "Niederlage" auffassen. Es sei ein Auftrag ein neues Projekt auszuarbeiten, das von allen getragen werde und verfassungskonform sei, sagte Zapatero. Er ging so der Frage aus dem Weg, wie das Projekt aussehen könnte und warum die Autonomie nie umgesetzt wurde. Vorschläge hatte weder die PSOE noch die PP in zwei Jahren Diskussion über den Plan unterbreitet.

Ibarretxe erklärte, einen Weg zurück gäbe es nicht. Das Zusammenleben müsse "frei entschieden und könne nicht diktiert werden". Er werde nun sein Versprechen einlösen und die Bevölkerung per Referendum über den Plan entscheiden lassen, kündigte er an.

Als direktes Ergebnis hat die Regionalregierung nun den Termin der Wahlen festgelegt. Die sollen am 17. April stattfinden. Offenbar sollen die Wähler das Verhalten der spanischen Parteien noch gut bei der Wahl präsent haben. Nach einer Umfrage sind 80 % im Baskenland dafür, die Beziehungen neu zu verhandeln. Erstaunlich ist auch eine Umfrage für die Mediengruppe Prisa von gestern. Sie zeigt, dass sich das spanische Parlament in vollen Widerspruch zur Bevölkerung im spanischen Staat begibt. Demnach sind dort auch 60 % dafür, ein neues Statut auszuhandeln.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián den 05.02.2005
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