Zwischenbericht der Anti-Atom-Wintertage

Atomgegner 02.02.2005 21:00 Themen: Atom
International besetzter Anti-Atomkongress, Stadtspaziergänge zu atompolitischen Brennpunkten in Berlin, Brandanschläge auf Fahrzeuge der Deutschen Bahn und der BEWAG, Transpi-Aktion von Robin Wood am Tagungsort des Deutschen Atomforum e.V., zwei Kundgebungen und Spontandemo: Eine erste Zusammenfassung der Anti-Atom-Wintertage
Gestern Abend traf die Atommafia im Berliner Hotel Maritim ein, um sich im Rahmen ihrer Wintertagung für einen "vernünftigen Energiemix" auszusprechen: Vertreter der Atomindustrie (RWE, Vattenfall, E.On, EnBW) und von dem schmutzigen Geschäften profitierende Unternehmen wie Siemens, RAG, Deutsche-, Dresdner- und Commerzbank treffen sich mit den energiepolitischen Sprechern aller im Bundestag vertretenen Parteien und hohen Funktionären der IG Bergbau, Energie, Chemie. Ebenfalls eingeladen sind Wissenschaftler, die es immer noch schaffen einen 90-minütigen Vortrag über die Geschichte der Atomenergie zu halten, ohne auch nur einmal das Wort "Tschernobyl" in den Mund zu nehmen. Dieser korrupte Haufen wird ergänzt von vielen kleineren Unternehmen. So ist bspw. das Handelsblatt und der Verband der bayrischen Exportwirtschaft Mitglied des Dt. Atomforum e.V. (gemeinnütziger Verein!!!).
Das erklärte Ziel des Dt. Atomforum e.V. ist es, die Rahmenbedingungen für die "zivile Nutzung" der Kernkraft zu verbessern. Soll heissen: Sie will den politischen Diskurs dahingehend beeinflussen, dass eine Technologie, die beinahe überall wo sie auftritt, auf Widerstand stößt, wieder salonfähig wird. Atomexporte (Akw-Neubauten in Finnland, Brasilien, China; angereichertes Uran durch Erweiterung der UAA Gronau; geplanter Verkauf von Hanau an China) sollen problemlos durchgeführt werden können. Die als "Konsens über den Ausstieg aus der Kernenergie" überschriebene Weiterbetriebsgarantie für deutsche AKWs wird jetzt schon massiv in Frage gestellt. Einmal mehr wird uns die Kernkraft als eine Alternative zum Öl präsentiert, eine vermeintlich klimafreundliche Art der Energiegewinnung.

Vgl.:  http://www.atomforum.de und  http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1105631140821&openMenu=1013016724320&calledPageId=1013016724320&listid=1018881578370

Am Wochenende fand ein Anti-Atom-Kongress statt. Zum Auftakt hielt der Physiker und Vorsitzende der Gesellschaft für Strahlenschutz, Sebastian Pflugbeil, einen Vortrag zu den atompolitisch-militärische Interessen der BRD in den letzten 60 Jahren. Einmal mehr wurde klar, dass es keine Grenze zwischen militärischer und "ziviler" Nutzung von Atomkraft gibt. Am Sonntag fand ein Seminar für Widerstands-Neulinge statt, das einen regen Zusrpuch auslöste. Später referierte die finnische Anti-Atom-Aktivistin Ulla Klötzer (Frauen gegen Atomkraft:  http://www.atomstopp.com ) über den gerade stattfindenden Neubau eines Prototyps eines EPR-Reaktor (Framatome/Siemens) und des wahrscheinlich ersten Endlagers für hochradioaktive Abfälle der Welt. Außerdem berichtete sie schauerliche Geschichten von den vier Atommeilern von Sosnovy Bor (bei St. Petersburg), deren Betriebserlaubnis um 15 Jahre verlängert wurden - und das trotz erheblicher Sicherheitsmängel der nach Bauart des Tschernobyl-Reaktors schon über 25 Jahre alter AKWs. So sind die Abklimgbecken, die sich gerademal 90m vor der Küste des finnischen Meerbusens befinden, hoffnunglos überfüllt sind. Dort lagert 40-50 mal von dem, was in Tschernobyl freigesetzt wurde. Und grundlegende Sicherheitsmassnahmen werden nicht beachtet. Anscheinend reicht das Geld nicht, um neue AKWs zu bauen...

Vgl.:  http://www.widerstandsmix.de

Am Montag fanden zwei kleinere Stadtspaziergänge zu atompolitischen Brennpunkten statt. So wurden die sächsische Vertretung (kommender Rossendorf-Ahaus-Transport, NPD), das ständige Büro des Dt. Atomforums und die Zentrale des Atom- und Kohlegiganten Vattenfall Europe (eigentlich: "Vattenfall Deutschland", u.a. BEWAG, HEW, LAUBAG) von Anti-AtomaktivistInnen besucht.

Ebenfalls am Montag wurden in Friedrichshain und Treptow Brandanschläge auf Fahrzeuge der Deutschen Bahn (verdient an CASTOR-Transporten sowie an einer 25prozentigen Beteiligung am AKW Neckarwestheim) und der BEWAG verübt.

Vgl.:  http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/418020.html

Zur Ankunft der Atommafia am Tagungsort erklommen AktivistInnen der Umweltschutzorganisation Robin Wood das Vordach des Hotel Maritim und befestigten ein Transparent mit der Aufschrift: "Vernünftig ist nur der Ausstieg - Energiewende jetzt!".

Fotos und Robin Wood-Pressemitteilung unter:
 http://www.umwelt.org/robin-wood/german/presse/neu/aktuell3.htm
 http://de.indymedia.org/2005/02/105693.shtml
 http://de.indymedia.org/2005/02/105716.shtml

80-120 Menschen versammelten sich im Laufe des Nachmittags in der Nähe des Hotels. Einigen gelang es, unbemerkt mit den Atombossen Champagner zu schlürfen. Anderen war dieses Glück nicht beschieden: es kam zu mindestens vier Personalienfestellungen wg. angeblichem Verstoß gegen das Versammlungsgesetz sowie wegen Verleumdungen von anwesenden Taxifahrern. Drei AktivistInnen von Robin Wood wurden ED-behandelt, eine Aktivistin zog sich beim Polizeieinsatz eine leichte Verletzung zu. Am späten Abend wurden alle AktivistInnen wieder entlassen. Ihnen wird (doppelter) Hausfriedensbruch und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen.

Auch heute versammelten sich 150-200 AtomgegnerInnen vor dem Tagungsort. Im Anschluss an zwei Kundgebungen von Grüner Jugend / Greenpeace und dem Berliner Anti-Atom-Forum demonstrierten rund 100 Menschen spontan in der Nähe des Hotels sowie im S-Bhf. Friedrichstr.

Ein erster Fotobericht unter:
 http://de.indymedia.org/2005/02/105775.shtml
Weitere Berichte mit Bildern und Videos folgen.

Für morgen ist die Theateraktion „Die Atomlobby geht – wir dekontaminieren Berlin“ angekündigt. Am Freitag findet in der Offenen Uni (OUBs) neben einer Infoveranstaltung über den Autobahntransport von Dresden-Rossendorf nach Ahaus, eine After-Work-Party statt. Nachmittags gibt es einen ersten Rückblick auf die Anti-Atom-Woche mit Filmaufnahmen und Fotos.

Weitere Infos unter  http://www.stoppatom.de

Den Atomstaat angreifen!
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Ergänzungen

Atommafia will Verlängerung der Laufzeiten

Roberta 03.02.2005 - 16:03
Die AKW-Betreiber, deren Profite aufgrund der größtenteil längst abgeschriebenen AKWs mit jedem Tag wachsen, wollen eine Veränderung des "Konsens" über den Weiterbetrieb der deutschen Kernkraftwerke und das Verbot von Neubauten in der BRD. Sie fordern zwei weitere Jahre für jeden ihrer Atommeiler. Dies würde bedeuten, dass lt. diesem Vertrag das letzte AKW realistsicherweise nicht vor 2030 vom Netz gehen würde. Allerdings könnte dummerweise jede neue Regierung diesen Vertrag für null und nichtig erklären. Das ist aus der Sicht der Atomindustrie z.Zt. gar nicht nötig. Durch den "Konsens" ist der Widerstand gegen ihre menschenverachtende, profitgierige Politik erst einmal geschwächt. Interessant wird es erst wieder in 8-10 Jahren, wenn über AKW-Neubauten entschieden werden müsste. Wichtig für die Atombosse ist jetzt die Festlegung Gorlebens als Endlagerstandort. Dagegen müssen wir uns wehren. Außerdem sollten wir den "Konsens" angreifen, ihn bspw. anhand des Ausbaus der UAA Gronaus als propagandistische Lüge entlarven.

Kein Konsens mit der Atommafia!
Den Atomstaat angreifen!


Quelle:  http://www.jungewelt.de/2005/02-03/013.php