[WEF] Bericht über die Fichierungsmaschine in Bern

moa 24.01.2005 22:21 Themen: Antifa Repression
Bern, 22. Januar 2005
„Würden sie bitte schnell anhalten. Und haben sie einen Ausweis?“ Gerade freundlich werden wir von den schwerstgepanzerten Polizisten, die ganz Bern in Beschlag genommen haben, nicht begrüsst. Wir werden auch sofort aufgefordert unsere Taschen zu leeren, was wir natürlich tun. Ich habe einen Filzstift der Marke „Edding“ dabei. Anscheinend ist das ein Gegenstand für Sachbeschädigung, auf jeden Fall gibt es für die Polizisten nichts anderes, als diesen zu beschlagnahmen. Auf die Frage nach einer Quittung, kommt die Antwort: „Das ist nicht nötig. Sie dürfen gleich mitgehen.“. Ein hochgerüstetes „VW-Büssli“ wird herangekarrt und ich darf in den Frachtraum, wo sich zwei Polizisten zu mir gesellen. Wir fahren los. Nach etwa einer Minute kommt dem einen die Idee, dass er mir Handschellen anlegen könnte. Gedacht – Getan. Währenddem geht die Fahrt weiter. Wir fahren am „Bierhübeli“ vorbei, dem letzten Ort, den ich kenne. Es geht nochmals ein ziemliches Stück weiter und als wir ankommen fährt der Transporter rückwärts an ein Garagentor heran und ich werde herausgelassen.

Die Begrüssung ist herzlich. Ein sympathischer nicht uniformierter Herr macht sogar ein Foto von mir. Ich will im die Hand schütteln, muss aber die Handschellen anbehalten. Jetzt fällt mir in der Mitte der Halle der Käfig auf, der extra für diesen Tag dort hingestellt wurde. Mir werden die Handschellen abgenommen und stattdessen werde ich mit einer Kabelbinde gefesselt. Danach komme ich in den Käfig. Er ist in der Mitte durch zusätzliche Gitter und eine schwarze Plastikfolie abgetrennt. Nach einer Weile werde ich herausgeholt und in einen Nebenraum gebracht, der sozusagen das Hirn der Fichierungsmaschine darstellt. Es sind zahlreiche Computer, Drucker und sonstige technische Hilfsmittel aufgebaut. Die Kabelbinde kommt weg, ich muss meine Utensilien abgeben und einige Daten (Name, Adresse, etc.) werden aufgenommen und nochmals geprüft.

Ich werde wieder in den Käfig gebracht, diesmal jedoch in den anderen Teil (auf diesem stand anscheinend „Abgearbeitete“). Hier sind einige Menschen eingesperrt und es kommen laufend neue dazu, die zuerst in den „ersten“ Käfig gebracht werden. Nach einer längeren Wartezeit kommen zwei zivil Gekleidete und wollen, dass ich mitkomme. Der bewachende Polizist öffnet das Schloss und werde in einen kleinen Raum gebracht. Die Frau muss draussen bleiben und der Mann sagt, dass ich mich ausziehen soll. Die Unterhosen kann ich anbehalten, er schaut allerdings hinein, ob ich vielleicht nicht doch noch eine Bombe an meinem Arsch kleben habe. Danach kann ich mich wieder anziehen und werde zurück zum Käfig gebracht. Hier wird einer nach der andern für das gleiche Spiel aufgeboten. Ich warte wieder ziemlich lange und werde dann nochmals von zwei anderen zivilen Polizisten befragt. Diesmal wegen Besitz von cannabis sativa.

Ich komme nochmals in den Käfig und werde dann mit ein paar anderen in Handschellen gelegt und mindestens zwei Stockwerke nach unten in eine grössere Garage gebracht. Das Garagentor geht auf und ich sehe, dass es einen genau gleich aufgebauten Käfig hat. Nur ist der etwa dreimal so gross und es sind schon ein einige AktivistInnen eingesperrt. Die Handschellen werden uns abgenommen und wir dürfen zu den anderen in den Käfig. Rundherum sind Polizisten stationiert, teilweise mit deutschen Schäferhunden. Ich vernehme, dass ein Aktivist von einem Hund gebissen wurde, als ein Polizist in den Käfig kam und ein anderer sei geschlagen worden. Jemand wird festgenommen, weil er zu seiner Freundin will und eine Spraydose im Rucksack hat. Eine Gruppe klettert an kapitalistischen Hochburgen herum, bis die Polizei sich zu sehr langweilt und die AktivistInnen auch im Käfig landen. Ein vielleicht 50 jähriger Herr ist ebenfalls unter den Gästen. Er hatte ein Transparent mitgeführt. Ansonsten waren eher junge Menschen da und die nicht erwachsenen werden durch Gitter und Sichtbehinderung von den über 18 jährigen getrennt. Ab und zu kommen neue Gefangene dazu. Mit fast allen Polizisten ist kein anständiges Wort zu reden. Bedenklich ist, wie sich die Polizisten in dem eher dunkeln, tiefen Raum aufführen. Das ganze erinnert mich an den Film „Das Experiment“. Durch posierendes Dastehen, lautes Hundgebell, an der Leine reissende Hunde, zooähnliches Gaffen, abschätzende, rassistische und sexistische Bemerkungen, etc., demonstrieren sie ihre Machtstellung. Teilweise merkt man richtig, wie sie ihren Spass daran haben. Es gibt aber auch Ausnahmen. Ein Polizist sagt uns, was für Zeit ist. Dieser Polizist hat den ruhigsten Hund und den einzigen, von dem ich das Gefühl habe, dass er grundsätzlich friedlich ist.

Ich bin bereits etwa 4 Stunden hier. Die Polizisten geben uns überhaupt keine Auskunft. Warum wir genau hier sind und wie lange noch, wollen wir wissen. Im besten Fall sind leere Floskeln und Phrasen die Antwort. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als zu warten. Der Boden ist kalt. Ein paar Mal kommen zivile Leute herein, laufen um den Käfig und beglotzen uns. Erstmals werden ein paar Leute aus dem Käfig hinausgebracht. Allerdings weiss niemand wohin. Um ca. 19.00 geht’s dann relativ schnell. Es können ziemlich viele, (ich weiss nicht genau wie viele) in Handschellen gelegt und in Transporter gesteckt, darauf warten, bis sie einzeln einen Wegweisungsbefehl und ihre nicht beschlagnahmten Utensilien bekommen. Die beschlagnahmte Ware muss bei der Polizei übernachten und kann abgeholt werden. Wieder ist etwa ein halbe Stunde vergangen und wir werden zum Bahnhof gefahren. Dort nimmt man uns die Handschellen ab und wir können gehen. Auf Wiedersehen!



FREIHEIT FÜR DIE HUNDE!
WIE DER BULL – SO DER HUND!

EURE REPRESSION MACHT UNS NUR STÄRKER !!!
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Ergänzungen

was war denn in Bern für ein Anlass?

frageer 24.01.2005 - 22:58
?

würd ich auch gern wissen

mastermindchaos 25.01.2005 - 00:38
scheint ja schon etwas her zu sein das ganze.
und was ne fichiermaschine ist, deswegen hab ich den artikel überhaupt erst aufgemacht.
ja ein paar erklärende worte wären nett. sallü mitanand.

Begleiterscheiungen des WEF

Maxe 25.01.2005 - 01:19
Es handelt sich hierbei um Begleiterscheinungen des WEF (siehe auch:  http://de.indymedia.org/2005/01/104807.shtml). Das WEF begann ja mal als mächtiges Geheimtreffen der wichtigsten Vertreter aus Politik und Wirtschaft weltweit, sollte sowas werden, was Verschwörungstheoretiker als Geheimregierung bezeichnen würden. Wurde aber 1994 von Aktivisten an die Öffentlichkeit gerissen. Seither gabs immer stärkere Proteste. So ab 2000 war das WEF und die unglaublichen Vorgänge um das WEF breit diskutiertes Thema in den kritischen Teilen der Öffentlichkeit. Bis heute weiß aber trotzdem niemand, was beim WEF besprochen wird.
Die Reaktion war hysterisch zu nennen. Die schweizer Behörden begannen auf Druck des WEF jegliche Proteste in Gewalt zu ersticken. Dennoch wuchs das Interesse an den Protesten, reagierten die Medien weiter kritisch und das WSF als gegenveranstaltung entstand. Zwischendurch mußte das WEF sogar nach NewYork fliehen (das war 2003). Die schweizer Regierung bettelte aber darum, das WEF wieder in Davos haben zu dürfen (zumal in NYC auch 10.000 demonstrierten) und versprach, dafür jegliche Rechtstaatlichkeit sein zu lassen.

Seit 2001 siehts in Davos eigentlich so aus:
- Im Vorfeld lassen die Behörden mit vielen Falschinfos in den Medien Hetze zu verbreiten, versuchen mit Fakes auf Mailinglisten und Indymedia die Vorbereitungen zu den Protesten zu sabotieren, die WEF-Kritiker zu spalten. Immer besser gelingt es im Vorfeld ein Klima von Angst und Terror aufzubauen.
- das WEF wird von tausenden Soldaten, Stacheldraht und mit scharfen Waffen abgeschirmt. Näher als 100 Km kommt niemand an Davos heran (ausnahme sind 100 ausgesuchte Demonstranten, die in einem Sicherheitskäfig eine Runde drehen dürfen)
- in der gesamten Schweiz herrscht Ausnahmezustand, alle demokratischen Grundrechte sind suspendiert. Jeder Protest - sei auch noch so fridlich - steht unter enormen Druck. Wenns mit dem WEF soweit ist, werden eigentlich jedesmal die Demonstranten schon auf dem Weg zu Protesten eingekesselt und mit Tränengas regelrecht ausgeräuchert. Auch deutsche Polizisten mischen dort mit.

Dieses Jahr zeichnet sich eine weitere Steigerung der Agressivität der Behörden ab. Eigentlich dürfte es möglich sein, alle beteiligten Beamten zu zu verklagen. Voraussetzung: es gibt in der Schweiz noch eine funktionierende Justitz.

WIPE OUT WEF!

Padre Pio 25.01.2005 - 01:28

Das Erlebnisprotokoll entstand anlässlich der (verbotenen) Auftaktkundgebung gegen das Jahrestreffen des WORLD ECONOMIC FORUM, welche in Bern stattfand.
Ein Beispielsloses Polizeiaufgebot machte die Berner Innenstadt zur militarisierten Zone, viele Anreisende wurden bereits am Bahnhof ohne Angabe von Gründen verhaftet und in einem zum Bullenposten umgebauten Parkhaus stundenlang festgehalten.

Mehr Infos:
 http://www.antiwef05.ch
 http://www.ch.indymedia.org/de

Zusammenfassung auch unter:
 http://www.de.indymedia.org/2005/01/104807.shtml

Fichenskandal?

sd 25.01.2005 - 12:20
1989 folg auf das die schwizerische Bundespolizei über 500 000 Menschen beobachtet hat.(bei rund 6 000 000 einwohnerInnen). In den Akten wurden unbemerkt von der Öffentlichkeit "interssante" Sachen wie Teilnahe an Demos,
Resie in den "Osten" oder Südamerika(mit genauem Flugdatum und Zeit), etc. Registriet.

kontrollen umgehen ist das beste

loop 26.01.2005 - 17:27
da hilft nur kontrollen konsequent umgehen, was in bern sehr gut möglich war, selbst bei der kontrolle im bahnhof war es möglich das gleis an der hinteren treppe problemlos und unkontrolliert zu verlassen, nicht immer unnötiges massenglucken und auch in der stadt, wenn mensch an den läden unter den arkaden entlang ging unter den passanten und nicht auf der strasse geradewegs auf die bullen zulief war es ein leichtes die kontrollen zu umgehen, dito