Kronawitter in der Falle des KUH-G

Ulrich Brosa 20.01.2005 09:16 Themen: Repression
In der Praxis wird das sogenannte Kunsturheber-Gesetz benutzt,
um Fotos mit gewalttätigen Gesetzeshütern der Öffentlichkeit
vorzuenthalten.
Im Neuen Deutschland vom 21.12.2004 erschien

400 Euro wegen 'übler Nachrede'

Arzt Michael Kronawitter ... soll im vergangenen Jahr
am Rande eines antifaschistischen Fußballturniers
den Polizisten Frank Sch. beleidigt haben. Kronawitter
habe lautstark behauptet, der Ordnungshüter habe sich
an Misshandlungen gegen einen linken Demonstranten
am 1.Mai 2000 beteiligt....

Als Zeuge der Anklage belastete der Polizist den Angeklagten...
Zwei weitere Zeugen konnten sich jedoch nicht daran erinnern,
dass Kronawitter den Beamten persönlich ansprach...
Zeugen der Verteidigung wiesen auch auf laufende Ermittlungen
gegen gewalttätige Polizeibeamte hin.

Richter Schmidt zeigte sich unbeeindruckt. Außerdem sei
er seit Verhandlungsbeginn davon ausgegangen, dass
"ein Polizist keine wahrheitswidrigen Angaben macht."

Das kennen wir schon. Casanova erzählt in seinen Memoiren,
ihm sei die Flucht aus den Bleikammern nur gelungen,
weil die Sbirren (die venezianische Polizei) bei der gesamten
Bevölkerung so verhasst gewesen seien, dass alle ihm geholfen
hätten.

Der dicke Hammer für Michael Kronawitter, der von Commissario
Brunetti nur träumen kann, kommt erst noch:

...Kronawitter und Gesetzeshüter Sch. stehen sich noch in einem
weiteren Verfahren gegenüber... wird gegen den Arzt wegen eines
Plakates ermittelt, das Beamte bei Zugriffen auf linke Demonstranten
zeigt... Die Staatsanwaltschaft betrachtet es als einen Verstoß gegen
das Urhebergesetz und die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten
Polizisten.

Wenn also Kronawitter behauptet, Polizisten misshandelten Demonstranten,
verleumdet er die Polizisten. Wenn aber Kronawitter seine Behauptungen
mit einem Foto beweisen will, verstößt er gegen das Kunsturheber-Gesetz
(KUH-G).

Kronawitter sitzt in der Falle. Er kann jetzt nur noch alle Strafen,
die auf ihn zukommen werden, demütig hinnehmen und sollte sich
in Zukunft allem bedingungslos unterwerfen, was ihm Polizei und
Justiz befehlen. Und wehe wehe wehe, wenn er sich je wieder erdreistet,
untadlige Beamte mit seiner schmutzigen Schmähkritik zu beschmieren.

Das KUH-G ist eins der verlogenen Gesetze,
die in den vergangenen Jahren verabschiedet wurden.
Sinn des Gesetzes sollte sein, dass eine schöne Frau,
die fotografiert wird, etwas von den Einnahmen abbekommt,
wenn ihr Bild an eine Werbeagentur verkauft wird.
"Schutz der Persönlichkeitsrechte" hört sich gut an.
Doch in der Praxis benutzen Behörden das KUH-G hauptsächlich
um Beweise für eigenes Fehlverhalten zu unterdrücken.
Das berüchtigte Video mit den vier Polizisten, die den Autofahrer
Rodney King verprügeln, dürfte in Deutschland nicht gezeigt werden,
weil es die "Persönlichkeitsrechte der Beamten" verletzt.

Jederzeit darf sich Kronawitter an die gütigen Behörden wenden.
Die entscheiden für ihn und Öffentlichkeit, ob seine vermeintlichen
Beweise gleich oder sofort zu vernichten sind.

Wer sich sowas gefallen lässt, macht sich mitschuldig.

Ulrich Brosa

P.S. Die Demo am 1.5.2000 ist legendär. Irmela Mensah-Schramm war
auch dort:  http://www.geocities.com/althand/adupok.html
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Ergänzungen

Frage der Perspektive

baga 20.01.2005 - 11:25
> Das KUH-G ist eins der verlogenen Gesetze,
> die in den vergangenen Jahren verabschiedet wurden.

Naja, das ist jetzt eine sehr weitgehende Aussage. Das Kunsturhebergesetz ist von 1907, man könnte da wohl eher was über deutsche Kontinuitäten sagen.

Außerdem ist der Vergleich mit Rodney King falsch: Wenn es ein Video gäbe, wie Frank Sch. Demonstranten mißhandelt hat, dann hätte das vermutlich auch den voreingenommenen Richter überzeugt. Tatsachenbehauptungen darf man machen, man muß sie bloß beweisen können, und da schlägt dann die Weltsicht des Gerichts durch, wenn Zweifelsfälle zu entscheiden sind. Und das KunstUrhG beschäftigt sich mit dem Verbreiten oder zur Schau Stellen von Bildern, nicht mit der Frage, ob man sie als Beweis vor Gericht benutzen darf.

1907

dieKunst 20.01.2005 - 11:51
"Das KUH-G ist eins der verlogenen Gesetze,
die in den vergangenen Jahren verabschiedet wurden".

Das KunsturheberGesetz ist schon 1907 erlassen worden und wurde in den 60er Jahren auf wenige §§, die das Recht am eigenen Bild beinhalten, zurecht gestutzt. Zweifelsohne aber ein Gesetz was von der deutschen Prügelpolizei auf einem silbernen Tablett getragen werden dürfte.



deutsche gesinnungsjustiz

antifaschist 20.01.2005 - 14:23
das vorgehen der polizei hinsichtlich der verwendung des kunsturheber-gesetzes zur unterdrueckung von beweisen gegen kriminelle polizeibeamte kann ich so bestaetigen. bereits 1999 wurde mir der film aus der kamera gerissen, da ich darauf den ueberfall von polizeibeamten auf linke demonstranten dokumentiert hatte. um ein druckmittel gegen mich in der hand zu haben, behaupteten die polizeibeamten wahrheitswidrig, dass ich mich bei meiner festnahme durch 5 polizeibeamte gewehrt haette. der zustaendige richter stellte mich vor die wahl: entweder ich stimmer der vernichtung des filmes zu, oder er werde gegen mich ein verfahren wegen widerstandes gegen die staatsgewalt eroeffnen.

das ist die deutsche gesinnungsjustiz.

Pressefreiheit ./. KunstUrhG

baga 21.01.2005 - 15:30
Zu der Nachfrage von N.N., die ein übereifriger Redaktör wegsortiert hat:

Stimmt schon, dass Aufnahmen zu Pressezwecken von der Pressefreiheit geschützt sind. Und "Presse" würde ich nicht eng auslegen, das umfasst auch zB indy. Aber juristisch gesehen gibt es hier einen Konflikt zwischen dem Recht der Presse, über Leute zu berichten und sie dafür zu filmen, und dem Recht der Leute, nicht gefilmt zu werden (allgemeines Persönlichkeitsrecht). Das gleiche gilt für die Kunstfreiheit, das Recht des Künstlers, das Leben um ihn herum als Material zu verwenden.

Und diesen Konflikt soll das Kunsturhebergesetz lösen. Die Leitlinie bei Polizeieinsätzen etc. ist so ungefähr, dass Portraits der Beamten nicht erlaubt sind, während der Einsatz als Ereignis natürlich fotografiert werden darf. Und der Begriff des Porträts wird von der Polizei gerne sehr weit ausgelegt.

"Weltsicht des Gerichts"

Ulrich Brosa 23.01.2005 - 13:53
Was sind Beweise wert, die nur dem "Gericht" vorgelegt werden dürfen?

Ist schon vergessen, dass ein "Gericht" die Polizisten,
die Rodney King verprügelt hatten, freisprach?
Dass erst halb LA zerkloppt werden musste, bevor die Prügel-Polizisten
auch nur ein ganz klein bisschen zur Rechenschaft gezogen wurden?

Beweise, die nicht öffentlich vorgezeigt werden dürfen, sind nichts wert.

Die meisten Juristen sind Betrüger. Dass es so ist, ist seit langem bekannt.
Schließlich stammt das Wort "Schuft" aus dem Hebräischen, wo es
"Richter" bedeutet. Der Beruf ist zu attraktiv für Schwindler aller Art,
und die Gesellschaft hat keine Mittel um die Schlitzohren abzuhalten.
Der Abschaum sammelt sich in der Justiz mit der gleichen Notwendigkeit
wie der Filz (filth) im Abfluss der Badewanne.

Das ist in allen Staaten so, auch in den sozialistischen. Doch ist es in
Deutschland besonders arg wegen der gediegen nationalsozialistischen
Erziehung der deutschen Juristen.
 http://www.geocities.com/althand/hetzmar.html
Dr. Helmut Kramer und einige andere
nehme ich aus.

Wenn Beweise einem Richter nicht passen, negiert er sie oder macht
ein paar blöde Bemerkungen darüber. Zeugen, die dem Schuft nicht passen,
lädt er nicht vor oder macht sie willkürlich madig. Oder wenn sich Zeugen
nicht willfährig zeigen, werden sie erpresst, indem ihnen Strafverfahren
angedroht werden. Das ist in der Praxis die "Weltsicht des Gerichts"
oder die "Rechtsauffassung".

Das einzige Mittel dagegen ist öffentlicher Protest. Und auf die Dauer
werden uns überlegen müssen, wie wir die Schufte loswerden.

Ulrich Brosa

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Fallen dokumentarische Aufnahmen denn

N.N. 20.01.2005 - 22:10
unter das Kunsturhebergesetz ,und nicht in größerem Rahmen unter "Pressefeiheit" ?