Ambazonia: Africa Social Forum

übers. von indy.org (von lulu) 10.01.2005 08:28 Themen: Antirassismus Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
"Die Geschichte der Armen geht um die Welt. Doch was ist mit der Geschichte der Reichen? Die Geschichte, die nicht erzählt wird handelt von den Nutznießern der Sklaverei und des Kolonialismus. Die Geschichte der Ausbeutung, die uns so aufteilte und unser Leben zu Gebrauchsgütern für den Profit machte. Sie teilten und regierten. Können wir uns vereinen und leben? Können wir uns für die Welt vereinen, die unsere Welt sein wird? Laßt uns uns erheben und beginnen diese Geschichte zu erzählen*, warum sie noch immer reich sind und weiterhin plündern." -- Wahu Kaara, kenianische Feministin, sprach beim Eröffnungsplenum des ASF

Übersetzung eines Features von Indymedia.org:
 http://www.indymedia.org/en/2005/01/112679.shtml
Beim Eröffnungplenum des Afrika Sozialforums in Lusaka, Zambia (10.-14. Dezember 2004), sprachen Delegierte aus ganz Afrika und verbanden die Wahrheiten einzelner miteinander: Rekolonialisierung ist schlimmer als Sklaverei.

ActivistInnen erwähnten die afrikanische Geschichte der Ungerechtigkeiten und der Unterdrückung duch die Kolonialisierung, Sklaverei und Apartheid, gingen aber schnell zu den heutigen Ungerechtigkeiten, dem post-kolonialen Afrika über: Privatisierung und Kostendeckung, Kriege, die um die Rohstoffe Afrikas geführt wurden, die schwere Schuldenlast und Bedingtheiten, unfairer Handel und Krankheiten. Konträr zu dominierenden Berichten über den Kontinent als ein fast biblischer 'verwunschener' 'Korbball' und die AfrikanerInnen als die hilflosen Opfer, betonten die Delegierten einer nach dem anderen, dass Afrikas Armut, Kriege, Krankheiten und Epidemien kausal mit einem globalen Wirtschaftsystem verknüpft ist, das sich auf die Armut von Vielen stützt.

"Die Welt, liebe Freunde, ist am Rande ihrer Vorstellungskraft angekommen", erklärte Corinne Kumar aus Tunesien und Indonesien dem versammelten Plenum. Wie weit kann der müde Mechanismus aus Spenden und Ausbeutung noch ausgedehnt werden? Obwohl sie fortlaufend enttarnt werden, bleibt die Maskerade von
strukturellen Anpassungsprogrammen der Weltbank (SAPs) oder Strategiepapiere für Armutsbekämpfung (PRSPs), wie die Neue Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas (NEPAD) oder ökonomische Partnerschaftsabkommen (EPAs), der Instrumente der Unterdrückung für diejenigen, die versuchen Zugang zu grundlegender Versorgung wie Wasser, Land, Bildung und Gesundheitswesen zu finden gleich hart -- es wird sogar noch schwieriger.

Der Kolonialismus ist ein altes Spiel und ist deshalb gezwungen sich selbst durch Substitutionen zu erhalten -- Substitutionen die AktivistInnen ständig anfechten. Substitutionen der NEPAD (Neue Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas) für ökologische Freiheit von der beständigen weißen Führung der schwarzen Unabhängigkeitspraxis, der "Effizienz" die nur ein paar wenigen statt der Mehrheit zu Gute kommt, von der schuldlosen Vergangenheit für eine Geschichte der Anti-Vorherrschaft, von der Sprache der Mächtigen zur ortsgebundenen Terminologie und Geschichte, von der platten Ansicht von "Gleichheit" zur Würde. Kumar's Behauptungen wurden von vielen AktivistInnen im Forum erwidert: es liegt jetzt am Süden -- und an Afrika im speziellen -- Demokratiebegriffe zu verfechten, die eigentlich nicht an die Marktwirtschaft gebunden sind; neue Machtbegriffe zu finden, die ermöglichen, transformieren und aufwerten; Afrika durch seinen Diskurs von Dissens neu zu definieren -- ein Begriff der die Dominanz dezentralisiert, stört und unterbricht.

Während des ASF bemerkten wir, dass GewerkschaftlerInnen, StudentInnen, Frauen und junge Menschen den Neoliberalismus auf dem Kontinent zunehmend -- die aktuellen Politiker -- angreifen, obwohl die afrikanische Zivilgesellschaft in den unterschiedlichen Regionen nicht einheitlich stark ist. In einer Sitzung über NEPAD kritisierte ein Delegierter aus Zimbabwe, dass afrikanische Staatsoberhäupter an G8-Treffen teilnehmen und eine Politik produzierten , die von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfond bekräftigt wird, was beweist, dass sie sich vor "der Freiheit fürchten, wie frühere Sklaven, die in die Häuser ihrer Herren zurück gingen, weil sie noch nicht bereit waren diese zu verlassen".

Neben der Kritik am Neo-Kolonialismus und der fehlenden Demokratie in der Politik waren die afrikanischen AktivistInnen zunehmend schockiert über die fehlende Demokratie innerhalb der Strukturen des Forums. Das ASF wiederholte vorherrschende sozio-ökonomische, kulturelle und politische Ungleichheiten. Trotz des feministischen Tribunals zu Beginn des Forums wurde vor allem den Frauen während der Konferenz oft nicht genügend Platz zur Teilnahme und zur Erhebung feministischer Themen gegeben. Plenarsitzungen und Podiumsdiskussionen verliefen größtenteils ohne aussagekräftige Dialoge und Debatten. Die einzige Ausnahme bildete der feministische Dialog, der später als eine vielversprechende Alternative diskutiert wird, in dem Frauen ihre Stühle in einem Kreis aufstellten um sich innerhalb des Forums für horizontale Bewegung von Wissen in viele Richtungen einen eigenen Raum zu schaffen.

Warum die Gerätschaft der Herren nie die Häuser der Herren zerstören wird
Das Elend der Erde, prophezeite Frantz Fanon die Erschöpfung des Nationalismus der dritten Welt durch die Verbindung vieler afrikanischer Staatsoberhäupter (1965). In der Tat: ohne den Widerstand der Ziviltesellschaft wird Afrikas Bourgeoisie und seine nationalistischen Staatsoberhäupter darin enden ein 'billiger Jakob' für den westlichen Kapitalismus und Imperialismus zu werden. Wie ein Delegierter kritisierte, "die Gerätschaft der Herren [neo-liberale Politik] wird nie das Haus der Herren [wirtschaftliche Dominanz der reichen Länder über Afrika] zerstören". Patrick Bond stellt die Frage noch direkter: wird Afrika darauf zielen sich mit den internationalen Finanzinstitutionen (IFIs), wie die Weltbank, Welthandelsorganisation (WTO) und dem interantionalen Währungsfond zu 'verbinden' oder sie 'abzulehnen' (Bond, 2000)? Oder, im Hinblick auf die zentrale Problematik, die in unserm Bericht dargestellt wird, wird Afrika die strukturellen Anpassungsmaßnahmen nur durch 'selbstgestrickte' strukturelle Anpassungsmaßnahmen, wie GEAR und NEPAD ersetzen? Sind die ausländischen Aufpasser, wie die Weltbank oder der IWF zufrieden, dass sie sich auf lokale Aufpasser verlassen können, die ihre! Arbeit verrichten? Wurde die Logik der 'Finanzdisziplin' so normalisiert, dass die Herrscherklasse Afrikas sich selbst vor den Wagen des finanziellen Selbstdisziplin gepannt haben?

Die sozialen Konsequenzen der strukturellen Anpassungsmaßnahmen haben sich in Afrika bereits in den letzten zwei Jahrzehnten gezeigt. Die wirklichen, menschlichen Kosten wurden deutlich, als wir durch das Stadtzentrum von Lusaka gingen, wo zur bröckelnden Infrastruktur auch gebrochene Gullies gehören, die mit Müll verstopft sind, was periodisch einen Herd für Cholerabakterien darstellt. Der namibische Menschenrechts-Anwalt mit Sitz in Lusaka, der uns herumführte, erwähnte, dass PatientInnen, die im öffentlichen Stadtkrankenhaus behandelt werden selbst für ihren Tropf, ihre Medizin, ihr Bett und ihr Essen aufkommen müssen, was das Resultat von Kürzungen ist, die durch strukturelle Anpassungen und den hohen Anteil des Staatbudgets der zur Schuldentilgung verwendet wird, entstanden sind.

Tatsächlich, die von IFI vorgeschlagene Kostendeckung ist in Sambia sehr lebendig: Werbesendungen im sambischen Fernsehen verkünden, dass Stromabschaltungen für Nichtzahler während der Weihnachtsfeiertage immanent seien und dass Angestellte der Elekrizitätsfirma, die ihnen dabei helfen sich anzustöpseln für Strafverfolgungen verantwortlich seien. Jubilee Zambia informierte uns, dass es dieses Jahr nur ein Drittel des sambischen Staatsbudgets an die verhaßte Schuldentilgung geht. Deshalb kommt es einem vor wie eine kleine Überraschung, dass die Lebenserwartung in Sambia durch AIDS und andere vermeidbare und heilbare Infektionskrankheiten auf nur 35 Jahre gesunken ist. Die Wahl die den afrikanischen Staatsoberhäuptern bleibt ist so starr wie die Slogans auf den T-Shirts, die von AktivistInnen des African Friends Service Komittees getragen werden: "LIFE" or "DEBT" ("LEBEN" oder "SCHULDEN").

Die nur zu deutlichen Auswirkungen der neo-liberalen Politik auf das einfache Leben der afrikanischen Bevölkerung, brachte Debatten darüber hervor, wie afrikanische Politiker und Organisationen aus der Zivilgesellschaft mit der gerissenen Abhilfe der IFIs umgehen sollten. Afrikanische Politiker beschäftigen sich bereits mit IFIs und G8-Staaten und es war vielen Delegierten klar, dass NEPAD als ein Produkt solcher Verbindungen gesehen werden kann. In diesem Zusammenhang ist die Verbindung der Zivilgesellschaft Afrikas und den IFIs, wie der Weltbank und Bank-unterstützende Programme wie NEPAD ein wichtiger Punkt auf dem Programm.

Am zweiten Tag wurde eine Sitzung über die Ansicht der "Verbindung der Zivilgesellschaft zur Weltbank" abgehalten. Im Vorsitz Kumi Naidoo von CIVICUS (einer internationalen Schirmgesellschaft von NGOs).
Naidoo umschrieb, wie der Vorstand von CIVICUS für 18 Monate "*einen Prozess der Stimmenwerbung und Dokumentation der Ansichten der Zivilbevölkerung über die Verbindung mit der Bank verfolgte". Naidoo beschrieb dies als einen "schmerzhaften Prozess" für den CIVICUS ziemlich kritisiert wurde.
Dennoch mobilisierte CIVICUS für ein "globales Politikforum" im April 2005, in dem die Zivilbevölkerung mit der Bank zusammengebracht werden soll und somit "das Ende" der Verbindung mit der Bank darstellen soll, so Naidoo.

Als der Planarsaal geöffnet wurde, kritisierte Console Tleane vom Freedom of Expression Institute Südafrika, dass CIVICUS unfairerweise nach einer Legitimierung für ihre Verbindungen mit der Bank auf dem Afrika Sozialforum suche. Tleane deutete darauf hin, dass die Konversation ungeschickt auf die Agenda des Forums gesetzt zu sein schien -- anstatt die Ansichten der Zivilbevölkerung über eine Zusammenarbeit mit der Bank abzutasten, waren die Delegierten dazu bereit Strategien zu entwickeln, wie im April 2005 ein Ende der Zusammenarbeit mit der Bank gesetzt werden könnte. Die kenianische Aktivistin Njoke Njehu von der Gruppe 50 Years is Enough, einer NGO mit Sitz in Washington DC, kritisierte, dass es drei Versuche der Zivilgesellschaft gab mit der Bank, einschließlich der Weltkomission für Dämme und dem Extractive Industry Review zusammen zu arbeiten -- und sie scheiterten alle. Das hauptsächliche Ziel der Bank, im Versuch mit der Zivilbevölkerung zusammen zu arbeiten ist es, ihre Öffentlickeitsarbeit anzukurbeln und ihren undurchsichtigen und undemokratischen Aktionen einen Schutzfilm von Legitimierung und Transparenz zu verleien.
Njehu legte dar, dass die Bank über ein PR-Budget von über 20 Millionen US$ pro Jahr und siebzig ergebenen Mitarbeitern verfügt um ihr Image aufzupolieren. Sie ging dazu über zu fragen, wer CIVICUS Zusammenarbeit mit der Bank finanziere und tatsächlich war die Organisation von der Bank unabhängig.

Ein senegalesischer Gewerkschaftlter im Sektor der Higher Education kritisierte, dass die Politik der Weltbank durch drastische Budget-Kürzungen und Kostendeckung afrikanische Universitäten vernichtet hätte. Ähnlich erklärte eine nigerianische Aktivistin, dass sie einen Monat vorher an einem Treffen mit der Bank beim PRSP teilgenommen hatte und den Eindruck erhielt, die Bank hätte bereits beschlossen, welche Gesetze im Land eingeführt werden sollten und das Treffen mit AktivistInnen aus der Zivilbevölkerung nur abgehalten wurde, "weil es der Prozess so vorsieht". Jahrein jahraus ging die NGO-Sprecherin zu Treffen mit der Bank und konnte keine Umsetzung von Vorschlägen aus der progressiven Zivilbevölkerung erkennen, ausser auf höchst kosmetischem Level.

Der südafrikanische Aktivist gegen Apartheid und für soziale Gerechtigkeit Dennis Brutus wandte ein, dass CIVICUS noch immer aktiv mit der Bank zusammen arbeite und so sei es unehrlich zu behaupten, dass sie sich nach einem Treffen im April 2005 von der Bank 'lösen' wolle. Njehu fuhr damit fort zu kritisieren, dass der IWF und die Weltbank NGOs in 'gute' NGOs wie CIVICUS, in 'verhandelbare' und 'böse' NGOs wie 50 Years, die jegliche Verhandlungsangebote abschlugen, unterteilen. Wäre die Bank tatsächlich daran interessiert die Meinungen der Zivilbevölkerungen zu hören, wäre sie darauf gefaßt sehr kritische Ansichten zu hören -- sogar diejenigen, die zu einem Boykott durch ethische Investoren auf dem Bond-Markt und eine abolute Schließung fordern.

Tleane sprach sich für AktivistInnen aus, die sich nicht mit der Zusammenarbeit einverstanden erklären und bei solchen Treffen ähnlich wie die "Not in My Name" Kampagne zu protestieren, die von linken JüdInnen in Südafrika ins Leben gerufen wurde und sich gegen die Gesetze des israelischen Präsidenten Ariel Sharon in Bezug auf PalästinenserInnen richtete. Einer der Autoren dieses Papiers sprach sich für die Gruppe 50 Years aus, die vor dem Treffen demonstrierten, um zu zeigen, dass nicht die ganze Zivilbevölkerung der Zusammenarbeit mit der Bank zustimmten. Die Aktivistin des südafrikanischen Anti-Privatisierungs Forums Virginia Setshedi stimmte dann mit den teilnehmenden Delegierten ein Protestlied an, gegen eine Zusammenarbeit mit neo-kolonialen Mächten. In dem Artikel "Nein zu Verbindungen zwischen Weltbank und Zivilbevölkerung", schreibt die African Flame, die täglich erscheinende ASF-Zeitung über die Sitzung folgendes:

Ohne eine einzige Gegenstimme, lehnten die TeilnehmerInnen jegliche Verhandlung mit der Bank ab. Die schlechten Erfahrungen mit der Bank auf dem Kontinent und die vielen Beweise die indizieren, dass sie die Armut der afrikanischen Bevölkerung nur vorantreiben will wurden als Gründe angegeben warum jegliche Zusammenarbeit nicht sinnvoll sein wird. Die Botschaft war deutlich: unter keinen Umständen würde das ASF Verhandlungen mit der Bank unterhalten.

AktivistInnen in der NEPAD-Sitzung kamen zum selben Schluss, was das Potential von neo-liberalen Institutionen und Gesetzen anging.
Die Ablehnung von NEPAD durch den senegalesischen Ökonom Demba Dembele stützt sich auf zwei grundlegende Annahmen: dass der Westen Afrika niemals entwickeln wird und dass sich die meisten afrikanischen Staatsoberhäupter nicht um das Gemeinwohl ihrer BürgerInnen sorgt. Er deutet auf die Tatsache hin, dass NEPAD den Abbau und den Export afrikanischer Rohstoffe und die Öffnung des Kontinents zu ausbeuterischen Direktinvestitionen aus dem Ausland (FDI) voraussetzt, ein Ökonom aus Zimbabwe charakterisierte NEPAD als eine "Formung der Bill of Rights für transnationale Unternehmen". Somit, schließt er: "wird unsere Verbindung nichts bringen".

Eigene Werkzeuge finden: Feministischer Dialog

Mit den Strukturen anderer Forums-Sitzungen brechend, in denen zwei oder drei Diskussionsteilnehmer (vornehmlich Männer) die Anwesenden für ca. zwei Stunden ansprachen und anschließend ein paar Fragen aufgriffen, wurde der feministische Dialog wie eine richtige Konversation konstruiert -- offen für Dissens und Debatten und er erlaubte es auf einander aufzubauen. Stühle wurden in einem großen Kreis aufgestellt und am Ende der Sitzung hatte jede Frau, jeder Mann ihre/seine Meinung gesagt.
Leider ging die Diskussion ständig um Gender und Feminismus in unserer Gesellschaft (über Frauen in Machtpositionen, aus denen 'Patriarchen' wurden und über die Notwendigkeit eines besseren, kontext-spezifischen Verständnisses von Gender und Feminismus, um eine negative Ettikettierung zu vermeiden), behandelte aber wenig den Feminismus und die Rolle der Frau innerhalb unserer eigenen Bewegung. Die patriarchalische Form der Konversation enthielt einen Dissens gegen die Strukturierung des ASF und doch muss die Kritik weiter geführt werden.

Wir wissen, dass Frauen unsere Bewegung (und noch isoliertere Widerstandsmomente) in ganz Afrika voran treiben, doch sie waren in der Unterzahl beim Afrika Sozialforum, weil die Führung der Organisationen und Bewegungen (d.h. diejenigen die Organisationen bei internationalen Foren vertreten) Männer sind. Wir wissen, dass wir in unsere Sitzungen zurück gehen und sich einige Frauen nicht zutrauen, das Wort zu erheben. Hauptsächlich sind wir uns darüber bewußt, dass Patriarchat und andere Formen der Dominanz innerhalb unserer Widerstandsbewegungen neu betitelt werden müssen.

Wie Shallo Skaba, eine äthiopische Kaffee-Arbeiterin beim Afrikanischen Frauengericht angab, "Niemand kümmert sich um die Probleme von Frauen. Niemand berücksichtigt, was Frauen leisten". Wenn Bewegungen so weiter machen, werden Frauenprobleme nicht beachtet, sogar noch weniger effektiv organisiert werden. Eine Frau schlug im Dialog vor, dass Feminismus ein politisches Bewußtsein über Macht und Machtungleichheiten sei. Laßt es uns dann anwenden, das kritische Bewußtsein gegenüber der Gesellschaft, der wir uns widersetzen und gegenüber der Widerstandsformen, die wir durch unsere Energie, unsere Aufopferung, unsere bedingten Mittel, unseren Mut -- doch zu oft nicht durch unser Beschlüsse und der Weisheit und Erfahrung unserer Frauen -- vorwärts bringen.

Und wieder wurde aus dem Charakter des Forums heraus einige Aktionen beschlossen. Diese beinhalteten ein Treffen und Buchbörse von Feministinnen aus allen Teilen Afrikas, was über eine E-Maillisten Diskussion besprochen und in existierenden Publikationen wie dem Feminist Africa, der Webseite des Centre for Civil Society, Forschungsreporten und WeWrite berichtet wurde. Der feministische Dialog muß von (überwiegend nördlichen) akademischen Räumen zurück erobert werden, welche die Debatte hinzuwählten und sie anschließend definierten (und einschränkten).

Die Anwesenden überlegten auch nach Strategien, um in Ämter gewählte Frauen zur Verantwortung zu ziehen. Das ist dringend notwendig, wie in Südafrika demonstriert wurde, wo der Gesundheitsminister Manto Tshabalala-Msimang fortwährend Gesetze forwärts brachte, die alles nur noch schlimmer machten -- und schließlich -- Arme, Schwarze und HIV-positive Freuen umbrachte. In Tansania, erklärte Fatima Alloo, treffen sich Aktivistinnen mit jeder Politikerin nach ihren Amtseinführungen. Vom Anfang ihrer Legislaturperiode -- und oft vorher, während dem Wahlkampf -- versuchen Aktivistinnen ein direktes Netzwerk und Basis für die Politikerinnen zu stellen. Obwohls sich Frauen oft mit einem System identifizieren, das sie "beschützen" will, ist es doch so, dass sie verfolgt werden, wenn sie 'Nein' sagen. Aktivistinnen können so alternative Schutzformen bilden und Frauen in gehobeneren Positionen können ihre Kraft nicht vom vorherrschenden System der patriarchalen Kontrolle beziehen, sondern von denjenigen, die eine Ahnung von der Schattenseite der Macht haben.

Schließlich sind AktivistInnen dazu aufgerufen weiterhin Strategien zu entwickeln, um Frauen wirtschaftlich unabhängig zu machen. Wie ein Aktivist aus Gambia bemerkte: Wir müssen es ermöglichen, dass Frauen die sich, wenn es nötig ist, scheiden lassen finanziell unabhängig sind. In einer globalen Wirtschaft, in der Frauen über 80 % erwirtschaften und davon doch nur 20 % besitzen, wird der Kampf um wirtschaftliche Souveränität von Frauen lang und voller Hindernisse sein. Wir werden jedoch daran arbeiten, um sicher zu stellen, dass Frauen nicht weiter von unseren eigenen Bewegungen ausgebeutet werden und dass wir Mittel für wirtschaftliche Unabhängigkeit schaffen, so gut es uns gelingt.

Sind unsere Waffen scharf genug?

Während mehrerer Sitzungen stellten einige TeilnehmerInnen ähnliche Fragen: Was machen wir, damit wir die hier stattgefundenen Debatten an unsere Basen in unseren eigenen Ländern mitnehmen? Die Menschen in meinem Land sterben an AIDS, aggressive Kostendeckung bedeutet, dass Wasser und Elektrizität abgeschaltet werden, Handelsgespräche finden statt, die Existenzen zerstören werden, wie wird dieses Forum unseren Kampf weiter tragen?

Als wir unterschiedliche Delegierte fragten, wie die ASF-Treffen organisiert waren, konnten sie nur mit noch mehr Fragen antworten.
Wie z. B. wurden die Treffen finanziert? Wie wurde das Organisationsteam gebildet?

AktivistInnen von südafrikanischen Sozialbewegungen Indaba (SMI) stellten die Struktur des ASF (ein ungewähltes, selbst ernanntes, 'unrepresentatives Kollegium) und die 'fehlende politische Richtung' in Frage. SMI-AktivistInnen sagten, sie glaubten das Kollegium und das ASF sei von den NGOs beeinflußt, da die Mitgliedschaft im Kollegium keine Vertretung des selben nach sich zog und Mitglieder des Kollegiums mußten die Anfahrt zu den Treffen selbst bezahlen. Ein Statement wurde von SMI abgegeben und zirkulierte unter den TeilnehmerInnen, was die Kritik noch weiter ausdehnte:

"Die Unterrepresentiertheit von sozialen Bewegungen im Vergleich zu NGOs spiegelt sich im politischen Inhalt des Forums wider. Dadurch entsteht der Eindruck, das Afrika Sozialforum sei nichts anderes als ein Raum. Es sollte ein Programm haben, das unseren Kampf gegen den Neoliberalismus fördert (1)."

Das SMI sprach sich außerdem für ein Plenum aus, das eine gemeinsame Entscheidungsfindung für die Struktur und das Funktionieren des ASF erlaubt, eine Erklärung verfaßt und ein Aktionsprogramm entwickelt.

Diese Probleme sind bei Veranstaltungen wie dem ASF nicht neu. Andere Sozialforen wurden dafür kritisiert, dass sie nicht genügend konkrete politische Ergebnisse erzielt hatten, die den Kampf der sozialen Bewegungen voran treiben könnten. Bei der Diskussion über das Boston Social Forum z. B. wandte Peter Marcuse ein, dass sich nicht genügend 'basisdemokratische AktivistInnen' beteiligten (AktivistInnen, die sehr arm sind, die wenig Fürsorge erhalten, etc.) (Marcuse verfügbar ab 2005). Im Allgemeinen wurde die Notwendigkeit ausgedrückt das BSF und andere Sozialforen mit "Aktionen" und "konkreten Resultaten" zu verlinken (ibid, 3). Wie Marcuse argumentiert: da diese Foren den "Grundstein" einer Zukunft für die globale soziale Bewegung bietet, ist es zu früh, von einer globalen sozialen Bewegung zu sprechen, das sich auf limitierte Ziele ausrichtet und mit größeren Themen wie Macht und sozialer Gerechtigkeit beschäftigt (ibid).

Ähnlich schreibt ein Aktivist für  http://schnews.org.uk über das Europäische Sozialforum 2004, das in London stattfand. Er argumentierte:
"[AktivistInnen] kamen um zu sehen, ob 'eine andere Welt möglich ist', doch wurde es, wie erwartet, von Menschen überfallen, deren Vision mit vielen Menschen in Konflikt stehen, die sich mit basisdemokratischer Politik beschäftigen". Viele ESF-AktivistInnen stellten in Frage, ob es so klug sei, eine Bande unverantwortlicher politischer Kumpel gegen eine andere auszutauschen.

Wir bilden unser eigenes Haus: vom 'Raum' zur Aktion?

Dafür dass Sozialforen weiterhin von AktivistInnen aus sozialen Bewegungen akzeptiert bleiben, wird man einen Schritt weiter gehen müssen, so dass sie nicht mehr nur 'Räume' oder 'Foren' für Debatten über 'andere Möglichkeiten' für eine bessere Welt bleiben, sondern Foren darstellen in denen Strategien, Taktiken und gemeinsame Kampagnen diskutiert werden. Z. B. scheint es einen Kampf um die Seele der Sozialforen zu geben: werden sie 'Podien für Fachsimpelein' sein, oder 'Ideenfabriken', oder 'Arenen in denen Aktionen und Kampagnen geplant werden', oder 'Strategie und Taktik Seminare'? Wie die FeministInnen-Treffen im Rahmen des ASF zeigte, die TeilnehmerInnen mehr zur Teilnahme und zur Einbeziehung zu bewegen, könnte ein wichtiger Schritt sein, berechtigte Kritik an den Sozialforumen und die Hervorhebung ihrer einzelnen Bewegungen zu erlauben. Dies wiederum könnte für eine intensivere Fokussierung auf politische Diskussionen und Ergebnisse bei den Foren sorgen.

Der Einsatz bei dieser Debatte ist hoch. Setshedi argumentierte:
"den Menschen zu Hause wird der Anschluss gekappt, was tue ich hier, wenn es ihnen nicht in ihrem Kampf hilft?". Oder wie eine HIV-positive feministische Aktivistin aus Simbabwe argumentierte, "die Menschen zu Hause sterben an AIDS, wir müssen über eine gemeinsame Kampagnen-Plattform nachdenken um ihnen den Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen".
Diese AktivistInnen kritisierten, dass es viel Zeit und Mittel bedarf, um an den Sozialforen teil zu nehmen und dass sie etwas vorzeigen müssen um daran teil nehmen zu können.

Die Delegierten beim ASF verweigerten die Zusammenarbeit mit der Bank und NEPAD, es sollte trotz allem nicht vergessen werden, dass indirekte Annäherungen zu einer solchen Zusammenarbeit, von Mittelsleuten aus der Zivilbevölkerung kamen. Das zeigt, dass die Kaperung des Sozialforums und das Abstumpfen seines Einflusses ein verlockendes Ergebnis für die Bank und 'dritte-Weg' Politiker wäre. Das bedeutet, dass wir uns noch mehr beeilen müssen mit den Debatten über die politische Richtung und die Zukunft der Sozialforen, um die Ziele der sozialen Bewegungen fpr sozio-ökonomische Gerechtigkeit voran zu treiben. Es ist offensichtlich, dass sich AktivistInnen aus sozialen Bewegungen auf der ganzen Welt wünschen die Sozialforen gegen Depolitisierung und unnötige Abstraktion zu schützen, indem diese nur 'Raum für Debatten' bieten. Diese AktivistInnen merken, dass sie wenn sie sich in Debatten über den 'Raum' erschöpfen, die Programme der Bank oder anderer IFIs nicht ernsthaft angreifen können. Und je zielstrebiger die Waffen der Sozialforen werden, umso größer ist die Chance, dass AktivistInnen diese Waffen einsetzen werden.

Amanda Alexander ist ein Besuchsforscher am Centre for Civil Society, Universität KwaZulu-Natal. Mandisa Mbali ist ein befreundeter Forscher am Centre for Civil Society, Universität KwaZulu-Natal.

Literaturnachweis

Bond, Patrick (2000). Against Global Apartheid: South Africa meets the World Bank, IMF and International Finance. Cape Town: UCT Press.

"Endless Shit Flinging" (2004).  http://www.schnews.org.uk .
22 Oktober.

Fanon, Frantz (1965). The Wretched of the Earth. NY: Grove Press.


Marcuse, Peter (forthcoming). "Are Social Forums the Future of Social Movements?" International Journal of Urban and Regional Research.

Social Movements Indaba (2004). Statement distributed at the Africa Social Forum. 12 December.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Ambazonia

ana 16.01.2005 - 19:05
Wer sich jetzt fragt, wo eigentlich dieses "Ambazonia" liegt, den dürfte folgender Link interessieren...

Eine kurze geschichtliche Zusammenfassing ueber ein Land, dessen Unabhaengigkeit nur auf dem Papier existiert.

@ Ana

Interessierter 18.01.2005 - 12:42
Hi Ana,
das Link ist nicht vorhanden.
Ambazonia ist nicht Teil des Kameruns?
Danke

Ambazonia

x 28.01.2005 - 19:50
von Kamerum besetzt.