Demos gegen Lula da Silva legen Brasília lahm

De Almeida, Lemes & Lo Scaltro von Genua 17.12.2004 10:32 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Am 25. November 2004 wurde Brasília durch zwei Demonstrationen gegen die pro-imperialistische Regierung Lula erschüttert.Dieses Jahr wird im Zeichen von Straßenmobilisierungen zu Ende gehen und weist zugleich auf die Perspektive eines kämpferischen 2005 hin.
BRASILIEN UNTER DER HERRSCHAFT DER PRO-IMPERIALISTISCHEN REGIERUNG LULA

DEMOS GEGEN DIE REGIERUNG LULA DA SILVA
LEGEN ERNEUT BRASÍLIA LAHM


Organisation und Übersetzung :
Eduardo de Almeida Neto
Albuquerque Lemes
Lo Scaltro von Genua
 emilvonmuenchen@web.de
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Am 25. November 2004 wurde Brasília durch zwei Demonstrationen gegen die pro-imperialistische Regierung Lula erschüttert.

Eine von diesen war der Marsch gegen die neoliberalen Gewerkschafts- und Arbeitsreformen, aufgerufen von der Nationalgewerkschaft der Dozenten der Hochschulen (ANDES: Sindicato Nacional dos Docentes das Instituições de Ensino Superior), von der Nationalkoordination der Kämpfe (CONLUTAS: Coordenação Nacional das Lutas) und diversen anderen Organisationen, die mit zirka 15 000 Menschen die Hauptstrasse der brasilianischen Ministerien lahm legten.

Der zweite Demonstrationszug war der von der landlosen Landarbeiterbewegung (MST: Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra) mit 9 000 Leuten, die sich nach der Konferenz über Land und Wasser formierte.

Er endete vor der Zentralbank und wurde durch die Führung der MST instruiert, nicht direkt gegen die Regierung Lula zu demonstrieren, sondern nur gegen den Finanzminister Lulas, Antônio Palocci, und dessen Finanzpolitik.

Aus diesem Grund verweigerte die Führung der MST sich mit dem anderen Demonstrationszug zu vereinen. Indessen, die Realität setzte sich durch und zeigte, dass auch dieser Marsch vom Inhalt her, eine Manifestation gegen die Regierung Lula da Silva war.

Der 25. November 2004 wurde durch die dritte große Manifestation gegen die Regierung Lula beherrscht.

2003 hatten wir eine Mobilisierung von 50 000 Menschen im Rahmen der Streiks der Beamten und Angestellten gegen die neoliberale Lula-Reform der sozialen Vorsorge.

Am 16. Juni 2004 brachte die CONLUTAS 20 000 Demonstranten erneut gegen die neoliberalen Gewerkschafts-, Arbeits- und Universitätsreformen in Brasília auf die Strasse.

Dieses Jahr wird im Zeichen von Straßenmobilisierungen zu Ende gehen und weist zugleich auf die Perspektive eines kämpferischen 2005 hin.



Die Sektoren im Marsch



Der Marsch gegen die neoliberalen Reformen Lulas war ein Sieg. Er vereinigte Sektoren mit unterschiedlichen Gewichten.

Der erste Demonstrationszug wurde von CONLUTAS und der Nationalkoordination der studentischen Kämpfe (CONLUTE: Coordenação Nacional de Luta dos Estudantes) gebildet und stellte die Hälfte des Zugs dar, so dass sie alle gut zu erkennen waren.

Zusammen mit vielen Militanten war auch die Vereinigte Sozialistische Arbeiterpartei (PSTU: Partido Socialista dos Trabalhadores Unificado) in jedem Marsch gut zu erkennen: durch ihre Größe, durch die Sprechchöre gegen die Regierung Lula, gegen die Einheitliche Zentrale der Arbeiter (CUT: Central Única dos Trabalhadores) und die Nationalunion der Studenten (UNE: União Nacional dos Estudantes) und durch die riesige Puppen von Olinda, Spruchbände und Plakaten.

Die Kolonne von CONLUTAS setzte sich zusammen aus Teilen der Gewerkschaftsbewegung des ganzen Landes und aus den Jugendlichen, die die Mehrheit dieser Kolonne zusammen mit Genossen von der Uni Brasília (UnB: Universidade Nacional de Brasília), Uni Campinas (UNICAMP), Uni Rio de Janeiro (UFR: Universidade Federal do Rio de Janeiro) und von den anderen Universitäten war.

Die Linke von der CUT und der Arbeiterpartei (PT: Partido dos Trabalhadores) war die zweite Kraft im Zug, hatte aber viel weniger Begeisterung. Sie hielten weder Fahnen von der PT noch von der CUT und so verschwanden sie visuell und politisch in die Demonstration.

Die Partei für Sozialismus und Freiheit (P-SOL: Partido Socialismo e Liberdade) von Heloísa Helena tritt zum ersten Mal in diesem Marsch mit Spruchbänden und Fahnen auf und umfasste auch eine Kolonne der Bewegung Erde und Freiheit (MTL: Movimento Terra e Liberdade).



Es ist immer noch Zeit, um in Januar 2005

auf dem Weltsozialforum (WSF) in Porto Alegre

mit der Regierung Lula da Silva,

mit der CUT und der UNE zu brechen!



Die zwei Demos vom 25. November 2004 in Brasília drückten das Gefühl eines ganzen Teils der Massenbewegung gegen die pro-imperialistische Regierung Lula aus.

Aber im Gegensatz zu dem, was in den Wahlen von Oktober 2004 passiert ist, wurde dieses Gefühl nicht durch die rechte Opposition ausgenutzt, denn der Marsch wurde durch linke Sektoren organisiert, die mit der Massenbewegung in Verbindung stehen.

Die in den zwei Märschen konzentrierte Kampfbasis hatte eine Konfrontationsstellung gegen die Regierung Lula da Silva.

Dies geschah sowohl in dem Marsch der Hauptstrasse der Ministerien gegen die neoliberalen Gewerkschafts-, Arbeits- und Universitätsreformen, als auch in dem Marsch der Landlosen.

Die zwei kämpferischen Demonstrationszüge waren sogar linker als Teile ihrer Führung, wie die von der MST und der linken der CUT und der PT, die noch nicht mit der Regierung brachen.

Die Regierung Lula wiederum folgt ihrem Kurs mit absoluter Klarheit. Die Agrarreform ist in ganz Brasilien stillgelegt und hat insgesamt eine niedrige Zahl von Besiedlungen als die von der Regierung Cardoso.

Lula da Silva bereit die neoliberalen Gewerkschafts-, Arbeits-, und Universitätsreformen vor, die den Weg zur gesamtamerikanischen Freihandelszone (FTAA/ALCA) mit den USA öffnet.

Der Nepotismus in der Regierung wird offensichtlich im Rahmen der Verhandlungen mit der bürgerlichen Partei der demokratischen Bewegung Brasilien (PMDB: Partido do Movimento Democrático Brasileiro) und der bürgerlichen Fortschrittspartei (PP: Partido Progressista) von Paulo Maluf, die einen unverschämten Austausch von Ämtern und Ministerien gegen politische Unterstützung praktiziert.

Die CUT und die UNE sind immer noch mit der Regierung Lula verbunden und bereiten zusammen mit dieser die neoliberalen Reformen vor.

Was jedoch ins Auge springt, ist die Tatsache, dass die Führung von der MST die Regierung weiter unterstützt, genau wie die Linke der PT.

Ein wichtiger Teil der P-SOL von Heloísa Helena ist immer noch gegen den Bruch mit der CUT und der UNE.

Wir ziehen zwei Schlussfolgerungen aus den Mobilisierungen vom 25. November 2004 in Brasília:

Die Erste ist die, dass die Vereinigung in einem einzigen großen Marsch gegen die pro-imperialistische Regierung Lula da Silva möglich war.

Die Zweite ist die, dass die Führung von MST mit Lula und seinem mit dem großen Agrarbusiness kompromittierten Regierung brechen muss.

Genau wie die linken Sektoren von CUT, UNE, P-SOL mit dieser regierungstreuen Einrichtungen brechen müssen und eine Alternative zur Führung der Arbeiterkämpfe gemeinsam mit CONLUTAS im Rahmen des Nationaltreffens von Januar 2005 auf dem Weltsozialforum (WSF) in Porto Alegre aufbauen muss.



WIE ARBEITET

DIE PSTU VON BRASILIEN?

Organisation und Übersetzung :

Lo Scaltro von Genua

Albuquerque Lemes

 emilvonmuenchen@web.de



Die PSTU von Brasilien arbeitet auf der Basis des Prinzips des demokratischen Zentralismus.

Das heißt, alle Genossen und Genossinnen unserer Organisation handeln nach dem gleichem Programm und der gleichen Politik, nachdem eine parteiinterne demokratische Diskussion stattgefunden hat.

Die Zentralisierung der Parteiaktionen ist notwendig, weil wir uns mit der Bourgeoisie und mit dem bürgerlichen Staat konfrontieren.

Ohne eine zentralisierte Struktur ist es unmöglich um die Macht zu kämpfen.

Um die Zentralisierung in der Aktion zu sichern, haben wir eine umfangreiche Freiheit für interne Diskussion: Jede Politik wird ständig diskutiert und eingeschätzt durch die Genossen und Genossinnen in den Veranstaltungen unserer Organisation.

Die interne Demokratie bedeutet die Möglichkeit und die Notwendigkeit, dass die Partei eine umfangreiche Debatte zwischen den verschiedenen Positionen erfährt.

Die großen politischen und pragmatischen Entscheidungen werden auf unserem Kongress getroffen.

In den Vorbereitungszeiten dieser Kongresse gibt es die Möglichkeit, diese Unterschiede auszudrücken und auch Tendenzen und Fraktionen (d.h. Genossengruppen, die sich für die Verteidigung ihre Vorschläge organisieren) aufzubauen.

Aber, soweit die Politik auf dem Kongress entschieden wird, lösen sich die Tendenzen und Fraktionen auf und verpflichten sich die Genossen und Genossinnen dafür, die selber Politik in die Praxis umzusetzen, die durch die Mehrheit festgesetzt wurde.

Viele unabhängige Aktivisten und die Mehrheit der Militanten von anderen Parteien und Organisationen wissen nicht Bescheid oder haben viele Zweifel über diesen demokratischen Zentralismus.

Der Hauptverantwortliche für diese Konfusion ist der Stalinismus, der nicht nur die Diktatur einer einzigen Partei in die ehemaligen Arbeiterstaaten einpflasterte, sondern auch den bürokratischen Zentralismus innerhalb der kommunistischen Parteien, in dem die Führung entscheidet und die Basis gehorcht.

Wer anderer politischer Meinung war, wurde hinausgeworfen, verleumdet oder sogar getötet.

So geschah es zu Zeiten Stalins, dass er, um seine bürokratische Konterrevolution durchzuführen, die Arbeiterdemokratie, die zu Zeiten Lenins und Trotzkis in der Partei der Bolschewiken existierte, zerstörte und fast alle ihrer Führer tötete.

Andere Genossen sind getäuscht durch scheinbare „Demokratie“, welche in Parteien wie die brasilianische Arbeiterpartei (PT) von Lula da Silva existiert.

In Wahrheit gibt es überhaupt keine Demokratie in der Arbeiterpartei (PT) von Lula da Silva.

Denn wer die Politik dieser Partei entscheidet ist die Parteispitze, die besetzt ist mit Gouverneuren, Bürgermeistern und Parlamentariern, genauso wie in den bürgerlichen Parteien.

Die Basis der Arbeiterpartei (PT) von São Paulo, Recife, Porto Alegre oder Belém entscheidet nicht darüber, was die Bürgermeister machen werden.

In Brasilien waren die Aktivisten der Basis der Arbeiterpartei (PT) waren gegen eine Allianz mit der Liberalen Partei (PL) von José Alencar, aber die Führung und der „Kongress“ (in dem es nur möglich ist die Mehrheit zu bekommen, wenn man die bürgerlichen Apparate kontrolliert ; in dem man Massenaufnahmen von neuen Mitgliedern betreibt, um Stimmen ohne Diskussion zu sammeln) haben den liberalen Alencar in bürokratischer Weise durchgesetzt.

Die militante Basis ist gegen die Gesundheitsreform und auch gegen die übrigem Reformen des IWF und FTAA /ALCA.

Aber die Führung der Arbeiterpartei (PT) von Lula da Silva und die Anhänger seiner Regierung betreiben, was sie allzu gut verstehen.

Die linken Aktivisten, die gegen diese Politik der Führung der Arbeiterpartei (PT) von Brasilien rebellieren werden bestraft oder mit dem Ausschluss bedroht.

Der demokratische Zentralismus ist durch historische Erfahrung die einzige Methode, die garantiert, dass alle Mitglieder der Partei, von der Führung bis zur Basis, an der Ausarbeitung der Parteipolitik, an der Festlegung einer starken und effektiven Politik, in der niemand privilegiert ist, teilnehmen, um sie danach zusammen anzuwenden.
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Ergänzungen

Frage der Organisation

Nachdenk 17.12.2004 - 13:59
Ich finde es spannend, dass sich in diesem Artikel Gedanken über politische Organisation gemacht werden. Auch wenn ich das Modell einer Partei für problematisch halte, finde ich die Ausführungen über demokratischen Zentralismus interessant und die Abgrenzung zum Stalinismus wichtig.
Frappant ist, dass (soweit ich das überblicken kann) in Deutschland kaum Debatten über Organisation laufen oder wenn dann nur auf einem ziemlich unbefriedigenden Level, sei es die Organisation von freefood oder ähnlichem. Eine kontroverse Debatte über gemeinsame politische Strukturen und Strategien sehe ich nicht und das finde ich problematisch.

P.S.: Leider funktioniert der Link nicht

Lage völlig verkannt

Peter Echevers 17.12.2004 - 18:02
Ich finde es in höchstem Maße problematisch, wenn Mitglieder von Parteien oder Organisationen in Unkenntnis der politischen Lage vor Ort kritiklos Übersetzungen vornehmen, die ein politsches Bild wiedergeben, das mit der Realität aber auch gar nichts mehr zu tun hat.

Wenn es ein Mann aus dem Volk schafft, sich als Metaller gewerkschaftlich zu organisieren, Rückhalt in der Gesamtbevölkerung findet und dann im vierten Anlauf den Weg in die Präsidentschaft schafft, kann man wohl kaum von Proimperialismus reden - nur weil das so ein nettes Schlagwort ist.

Auch kann man nicht ungeprüft Zahlen wieder geben, die den Tatsachen vor Ort wiedersprechen. Es ist immer die alte Leier, es wird angeklagt, aber einen konstruktiven Vorschlag bleibt man schuldig. Jetzt soll also Brasilien seine Staatsschulden nicht zurück zahlen, das Geld aber in Sozialprogramme stecken, wie "Fome Zero". Wie weltfremd ist der Verfasser eigentlich?`Hat man sich überhaupt einmal der Mühe unterzogen, wie weit das Riesenprogramm "Fome Zero" mittlerweile ausgedehnt ist? Garantiert nicht!
In Deutschland mag es mittlerweile so sein, dass Politik gemacht wird, um den Parteien eine Daseinsberechtigung zu schaffen, hier in Brasilien macht man die Politik noch für das Volk.

Peter Echevers, São Paulo

Chavez und Lula

faslo 17.12.2004 - 19:14
Außenpolitisch sind Chavez und Lula gleich. Innenpolitisch aber unterscheiden sich beide sehr stark. Während Lula die Politik seiner Vorgänger weiterverfolgt, hat es Chavez verstanden, endlich mal einen Bruch zu vollziehen. Die einzige Hoffnung in Lateinamerika ist Chavez.