[G801] Die Diaz Polizisten kommen vor Gericht

Rf 13.12.2004 19:43 Themen: Globalisierung Repression Weltweit
Alle 28 Diaz Polizisten kommen vor Gericht. So hat heute die Richterin Faraggi entschieden. Los geht´s am 6. April 2005 um 9 Uhr.
Abgesehen von Massimiliano Di Bernardini, der unmittelbar vor Beginn der Vorverhandlung schwer verunglückte und immer noch im Koma liegt, so dass sein Verfahren abgekoppelt wurde, steht nun für 28 von mindestens 270 ansonsten längst davon gekommenen Polizisten, die im Juli 2001 einen massakerartigen Übergriff gegen größtenteils schlafende Protestteilnehmer in der Diaz-Schule in Genua durchführten fest, dass sie vor Gericht kommen werden. Nachdem die Verteidigung von einigen Angeklagten sehr präzise und schlagkräftig argumentiert hatte, war gar nicht mehr so sicher, ob die Anklagen wirklich gegen alle 28 Bestätigung finden würden. Dies geschah nun doch.

Eine Urteilsbegründung ist bei solchen Verfahren nicht vorgesehen, daher ist vorerst nicht klar, auf welcher Grundlage die Richterin entschieden hat. Die Nachricht ist immerhin willkommen, nachdem es wirklich so schien, als könne der eine oder andere noch davon kommen, auch wenn es jetzt schon bitter ist, was überhaupt noch übrig ist an Strafverfolgung. Unter Hinweis auf die gekonnte Vereidigung in einzelnen Fällen (manche andere Verteidigung war miserabel und oft auch link und unverschämt) sprach Die richterin nach Verkündung der Entscheidung ihr Bedauern aus, diese nicht begründen zu können. Details über das Gerichtsverfahren werden hoffentlich bei der Sitzung am 15. Dezember bekannt. Eine rückblickende Auswertung von dieser Verfahrensphase erscheint demnächst.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

frage

frager 14.12.2004 - 11:24
was ist eigentlich aus den geplanten verfahren gegen nichtitalienische angebliche "black bloc-mitglieder" geworden? soweit ich mich erinnere waren diese damals von einem staatsanwalt angekündigt worden. volxtheaterkarawane u.a. waren im gespräch.
und wie ist der stand bei den italienischen genossInnen, die wegen verwüstung etc. vor gericht stehen/standen?

Benefit T-Shirt

counterculture 14.12.2004 - 13:50
...es gibt eine 2004-edition des genova-libera-soli-shirts...
unterstützt werden mit den einnahmen die menschen, die im sommer 2001 gegen das g8-treffen in genua demonstriert haben und noch immer mit prozessen rechnen müssen.

bestellt werden kann es unter: www.disorder-berlin.de

für weiterverkäuferInnen, infoläden und -stände oder sammelbestellungen gibt es
das shirt für 9 euro...

bitte eine mail an  info@disorder-berlin.de

An Frager

rf 14.12.2004 - 19:29
Also: Die Sache mit den 50 weiteren potenziellen Menschen, die wegen Verwüstung und Plünderung dran kommen könnten, wurde verschiedene Male aus staatsanwaltlichem Munde als "bevorstehend" verkündet.

Warum da noch nicht passiert ist, ist unklar. Es lässt sich bloß spekulieren:

1: Kann sein, dass aus taktischen Gründen damit abgewartet wird. Das könnte sowohl mit dem Verlauf des Verfahrens gegen die Polizisten zu tun haben, als auch mit dem Verfahren gegen die 25.

Bezüglich der Sache mit den Polizisten kann gesagt werden, dass selbst ein Hauch von Verurteilung in den Augen von manchem Machtinhaber "zuviel" sein wird. Entsprechend ist die Staatsanwaltschaft unter Druck und jetzt auch das Gericht. Auch dass alle 28 trotz manch prägnanter Argumentation ab 6. April vor Gericht stehen werden, könnte eine taktische Entscheidung gewesen sein, falls der eine oder andere Freispruch anvisiert oder wie auch immer herbeigeführt wird. Da könnte man dann wenigstens auf Härte im Vorfeld verweisen. Wie gesagt ist das aber pure Spekulation.

In Sachen 25 ist es wiederum so, dass die Polizei in dem Verfahren immer schlechter wegkommt. Das wird denen, die beim Scheiben zerschlagen oder mit Mollis in der Hand fotografiert wurden natürlich kaum helfen - nach wie vor müssen einige ohne Zweifel mit dem Damokles-Schwert einer gut zehnjährigen Strafe leben, sofern sie wirklich ald die auf den Beweisbildern identifiziert werden. Voller Ernst, das ist leider so. Aber: die derzeit als Zeugen angehörte Polizisten verstricken sich dauernd in Kolossale Widersprüche, es werden zig polizeiliche Lügen aufgedeckt. Beispielsweise konnte klar gemacht werden, dass ein Angeklagter nicht wie ihm vorgeworfen einen Carabiniere verprügelt hatte, sondern dass er vielmehr diesem helfen wollte, in dem er anderen, die prügelten zurief, dass sie aufhören sollen. Oder noch fetter: nach mehreren polizeilichen Schilderungen von Steinhageln durch eine blindwütige Masse in der Via Tolemaide (Der Zusammenhang: der Angriff auf die Disobbedienti Demo, auf die dann die Eskalation folgte, die auf der Piazza Alimonda zum Tod Carlo Giulianis führte) konnte gezeigt werden, dass rein gar nichts derartiges vorlag, als die Carabinieri angriffen und dass vielmehr diese Typen selbst mit nicht regulamentären Schlägern und Stangen in der Größe XXL bewaffnet auf die Leute los gingen. Auch das könnte bremsend auf die Belangung von weiteren "Verdächtigen" wirken.

2. Die italienische Justiz ist seit jeher wegen der extrem hohen Zahl an Verfahren, die sich ewig über jede Frist hinweg ziehen, DAS Sorgenkind des Europarates schlechthin. Der Faktor langsames Mahlen spielt evtl. auch eine Rolle. Das schließt ja taktiererische Ursachen gar nicht aus, im Gegenteil.

3. Was genau begründet, dass nichts passiert, weiß aber wirklich niemand. Ein einziges Detail ist zu dem auf dieser Site bereits Gesagtem dazu gekommen (der Nachrichtenfluss zu Genua ist allgemein wirklich sehr dünn, vermutlich gewollt - kaum ein Blatt berichtet, wenn es nicht sein muss). Die neue Mutmaßung ist nun diese: ein Mensch könnte zu der Gruppe der 50 gehören, einder mit einem aus öffentlichem Eigentum entwendeten Stempel und wie auch immer mit zwei von den 25, die jetzt vor Gericht stehen in Verbindung gebracht wird, die derzeit mit am tiefsten in der Tinte stecken.

Ich versuche bald mal ausführlichere Updates. Umstände, für die ich nichts konnte, haben mich eine ganze Weile davon abgehalten. Das ändert sich bald, wobei ich zu den 25 erst im Januar ein Feature plane, weil nur dann ein brauchbares Bild reproduziert werden kann, wenn die Logistik und bestimmte Dynamiken noch mal strukturiert dargestellt werden. Das dauert.

Solidarität ist übrigens weiter sehr gefragt, in Genua wird dringend Geld gebraucht, um die Dokumentationsarbeit weiterzuführen und die immensen Gerichtskosten zu tragen.

Frage

Hannes 15.12.2004 - 18:33
Gibt es eine Spendenadresse?

libera

rf 15.12.2004 - 22:33
zum stand der verfahren wegen des g8 und anderer repressionsnews ist auch die libera lesenswert, sie erscheint in unregelmäßigen abständen auf www.  libera@squat.net bzw. als druchversion

Spendenadresse

rf 15.12.2004 - 23:30
Spendenadressen (über Bank oder per Paypal) samt Infos zur Soliarbeit hier:

 http://de.indymedia.org/2004/07/87079.shtml

:) Danke der Nachfrage, das Geld wird wirklich gebraucht.

Ansonsten: der Hinweis auf Libera stammt von einem Kürzelvetter oder von einer Kürzelcousine. Nur so der Klarheit halber. Der Hinweis an sich ist durchaus korrekt und sachbezogen.

Weitere Infos zur italienischen Linken

gaetano 17.12.2004 - 00:12
Ein Hinweis für alle, die an den Kämpfen und Diskussionen in Italien interessiert sind: Zahlreiche Übersetzungen von Interviews, Dokumenten und Artikeln der italienischen (radikalen) Linken bzw. über sie (insbesondere aus "il manifesto" und Liberazione") finden sich auf der Homepage der Antifa Uni Hannover:  http://kickme.to/antifa-uni-hannover