Uni Marburg: "No-Go-Area" für Roland Koch

Störerin 02.12.2004 18:42 Themen: Bildung
Das hatte sich der Jura-Studi anders ausgedacht: Roland Koch sollte an der Uni Marburg eine Rede über "Effizienz in der Normgebung" halten. 150 kritische StudentInnen verhinderten seinen Auftritt.
Hessens Ministerpräsident Roland Koch sollte heute in Marburg eine Rede an der Uni im Fachbereich Jura halten. Anlässlich des Besuches demonstrierten am Nachmittag zuerst etwa 450 Menschen gegen das neue Hessische Hochschulgesetz und den darin enthaltenen Demokratieabbau (die faktische Abschaffung der Studierendenvertretungen - ASTen), Studiengebühren und Sozialabbau. Zu der Demo hatte der Marburger AStA aufgerufen. Motto der Demo "Hessisches Hochschulgesetz kippen - Reeducation is not for sale!"

Nach der Demo liefen etwa 150 kritische StudentInnen zum Veranstaltungsort, dem Landgrafenhaus. Dort wurden vorerst nur Personen mit Einladung eingelassen. MitarbeiterInnen des Jura-Fachbereichs versuchten mit massivem körperlichen Einsatz, den Zugang zu blockieren. Durch zwei engagierte Durchbruchsversuche gelang es aber allen DemonstrantInnen in den völlig überfüllten Hörsaal zu gelangen. Mit Sprechchören und Pfiffen wurde die Veranstaltung massiv gestört. Mehrfach baten die Veranstalter um Ruhe und forderten die Anwesenden auf, aus Sicherheitsgründen ihre Taschen draussen abzugeben: "Wenn Sie ihre Taschen nicht rausbringen, kommt Roland Koch nicht". Das war natürlich eine Einladung...

Nach etwa einer dreiviertelstunde wurde bekanntgegeben, dass die Veranstaltung mit Koch abgesagt wurde.

Im folgenden dokumentieren wir eine gemeinsame Presseerklärung der vier linken Gruppen im Studierendenparlament, die an den Protesten beteiligt waren:

"Gemeinsame Presseerklärung // 2.12.2004 – 18.15 Uhr

FeministischeFrauenLesbenListe // Gruppe dissident //
Linke Bündnisliste // Sozialistische Linke

Uni-Marburg: „No-Go-Area“ für Roland Koch

Am Donnerstag, den 2. Dezember 2004, haben rund 150 kritische Studierende einen öffentlichen Auftritt von Hessens Ministerpräsident Roland Koch verhindert. Damit protestierten sie gegen die Novellierung des Hessischen Hochschulgesetzes und die darin enthaltene faktische Abschaffung der hessischen Studierendenvertretungen, die Einführung von Studierengebühren und den Sozialabbau der hessischen Landesregierung.

Sophia Karlssen, Sprecherin der linken Hochschulgruppen, sagte: „Wer Sozial- und Demokratieabbau betreibt, wird von uns mit Protest konfrontiert. Roland Koch hat an dieser Uni nichts verloren.“ Und weiter: „Koch hat schon wärend der Studierendenproteste im letzten Jahr gezeigt, dass Diskussionen mit ihm keine Wirkung haben. Wir werden auch in Zukunft mit dafür sorgen, dass er Hausverbot an der Uni Marburg hat.“

Trotz undemokratischer Versuche, unliebsame Kritik aus dem Hörsaal zu verbannen, gelang es den Studierenden, ihren Protest an Ort und Stelle zu artikulieren. Aufgrund des entschlossenen Auftretens der Studierenden, verzichtete der Ministerpräsident Koch auf seine Rede.

Wir, die linken Gruppen im Studierendenparlament, bedanken uns bei allen Studierenden, die dazu beigetragen haben, dass die Marburger Uni zur „No-Go-Area“ für Roland Koch wurde.

FeministischeFrauenLesbenListe
Gruppe dissident
Linke Bündnisliste
Sozialistische Linke

Marburg, 2.12.2004
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Ergänzungen

Bilder von der Demo

Störer 02.12.2004 - 21:03
Bilder von der Demo.

Bilder von der Demo

Störer 02.12.2004 - 21:29

kleine Korrektur

TutnichtszurSache 02.12.2004 - 22:03
Die Vorlesung hatte den Titel:
Effizienz in der Normsetzung

Fotos von innen

x 03.12.2004 - 08:00

Kritisch und engagiert

Asteria 03.12.2004 - 09:18
Dieser Artikel beweist, wohl wie "kritisch" diese Masse tatsächlich gewesen ist. Roand Koch hat eine Diskussion angeboten, die von den "Kritkern" die eigentlich laut brüllende Linke waren, abgelehnt wurde. Koch wäre ein Idiot gewesen, wenn er diesen Saal voller herumbrüllender Irrer betreten hätte. Der kritische Sprechchor lautete: na wat denn, na wat denn, na wat denn wat denn wat denn. Diese Leute haben sich einmal mehr ans Bein gepisst, in dem sie die Möglichkeit, Kritik zu üben, einmal mehr torpediett haben.

presse dazu

zeitungsleser 03.12.2004 - 10:21
Die Oberhessische Presse dazu:

 http://www.op-marburg.de/op/home.news/article.op.jsp?id=20041202.471725

Und zu Asteria: Es gab sogar noch bessere Sprüche: "Bildung für alle - und zwar umsonst" // "Roland Koch, du alte Sau - niemand braucht Sozialabbau"

???

!!! 03.12.2004 - 10:26
ich denke nicht, dass 450 leute bei der demo waren, eher 300.
roko ist übrigens direkt bis vor's landgrafenhaus vorgefahren, hat fünf minuten in seiner limousine gewartet und ist dann wieder abgedampft.

aus der marburger neuen zeitung

leser 03.12.2004 - 11:05
Juristen blasen gestern Nachmittag Vortrag im Landgrafenhaus ab

Roland Koch kapituliert vor Demonstranten-Übermacht
03.12.2004

Von Stephan Schienbein und Michael Marten
Tel.: (0 64 21) 16 999 12
E-Mail: s.schienbein@mail.mittelhessen.de

Marburg/Stadtallendorf. Überraschend geplatzt ist gestern ein Vortrag, den der hessische Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) an der Marburger Universität halten wollte. Der Landesvater sollte - nachdem er sich in Stadtallendorf über die Chancen für die A 49 informiert hatte - vor Studenten das Thema "Effizienz der Gesetzgebung" beleuchten. Dazu hatte ihn Professor Georgios Gounalakis im Rahmen seiner Vorlesung über das Bürgerliche Gesetzbuch eingeladen. Doch der nicht nur von den Studierenden sondern auch von Vertretern der Hochschule mit Spannung erwartete Auftritt wurde überraschend abgeblasen - aus Sicherheitsgründen.
Rund 300 Demonstranten protestierten gestern Nachmittag gegen die Hochschulpolitik der hessischen Landesregierung. Sie zogen über den Steinweg (unser Bild) durch die Oberstadt zur Augustinertreppe.(Fotos: Schienbein)
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Mehrfach hatte Gastgeber Gounalakis die etwa 250 Zuhörer im Saal 101 des Landgrafenhauses in der Universitätsstraße aufgefordert, mitgebrachte Taschen vor dem Saal abzustellen. Der Aufforderung war jedoch niemand nachgekommen, so dass der studentische Protest gegen das geplante Hochschulgesetz Wirkung zeigte: Gounalakis trat schließlich vor die Anwesenden und kündigte nach einer halben Stunde das Ende seiner Vorlesung an.

Die Sicherheitskräfte des Ministerpräsidenten hatte auf das Entfernen der Taschen bestanden und wollten davon nicht abrücken.

Zuvor waren rund 300 Demonstranten unter dem Motto "Zeig` Koch die rote Karte" durch Marburg gezogen, um gegen das neue hessische Hochschulgesetz zu protestieren.

Der Allgemeine Studierenden Ausschuss (AStA) und die Fachschaftenkonferenz hatten zu dieser Demonstration augerufen.

Nachdem sich die Demonstranten am Hörsaalgebäude in der Biegenstraße versammelt hatten, zogen sie mit Polizeibegleitung über die Biegenstraße, den Steinweg, den Marktplatz und die Barfüßerstraße zur Augustinertreppe, wo eine Kundgebung mit Redebeiträgen stattfand.

Ein Teilnehmer des Protestzuges mit einem Schild, das den befürchteten Demokratieverlust an den Unis thematisiert.
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Demokratieverlust an der Uni befürchtet

Während ihres Zuges durch die Stadt zeigten die Demonstrierenden Plakate, unter anderem mit der Aufschrift "Bildungsstandort Hessen - Sie verlassen den demokratischen Sektor". Die Inhalte der Sprechchöre während des Demonstrationszuges reichten von einer Forderung für ein freies Hinterland über das Verbot der CDU bis hin zu "Alles für alle - und zwar umsonst" oder "Broiler für alle, sonst gibt`s Krawalle".

Die Studierenden befürchten durch das neue Hochschulgesetz mit einem zunehmenden Demokratieabbau einen Verlust ihres Mitspracherechts. "Den Studierenden soll das Recht genommen werden, eigenständig und durch demokratische Wahlen legitimiert über ihre Belange zu entscheiden", teilte der AStA mit. Auf diese Weise wolle die Regierung Koch die Studierendenvertretungen mundtot machen, so Hanna Tuszynsji vom AStA-Vorstand.

"Zur Kasse, bitte und Schnauze halten - Demokratie wird outgesourct" lautete dann auch eine Aussage in einem Redebeitrag an der Augustinertreppe.

Vergeblich forderte Jura-Professor Georgios Gounalakis (li.) die Anwesenden auf, mitgebrachte Taschen vor dem Hörsaal abzulegen. Die Sicherheitskräfte des Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) hatten das zur Bedingung für seinen Auftritt gemacht. Da niemand der Aufforderung nachkam, wurde die Veranstaltung abgesagt.(Foto: Marten)
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"Zeig Koch die rote Karte" war das Motto

Mit den Änderungen des Gesetzes würden Demokratie an den Hochschulen abgebaut, gebührenfinanzierte "Premium-Studiengänge" eingeführt sowie die verfasste Studierendenschaft ihrer finanziellen Grundlage beraubt. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, die Beiträge für die Studierendenschaft an die Wahlbeteiligung zu koppeln. Der AStA behauptet, mit dem Vorwand, die Wahlbeteiligung zu steigern. Unterm Strich bedeute dies aber, so der AStA, dass den Studierendenschaften ihre finanzielle Grundlage entzogen wird.

Das zunächst sprichwörtlich gedachte Motto des Protests, Koch die rote Karte zu zeigen, wurde dann mit der Absage des Ministerpräsidenten überraschend real, zumal er schon in seinem Dienst-BMW hinter dem Landgrafenhaus in der Schulstraße auf seinen Auftritt gewartet hatte.

@Asteria

ohne 03.12.2004 - 13:51
Roland Koch hat sicher KEIN Gespräch angeboten und auch keine offene Diskussion. Und Roland Koch hätte sich auch NICHT der Kritik angenommen. Roland Koch hätte stattdessen, dem Titel des Vortrags angemessen, versucht seinen Nationalstolz unter Beweis zu stellen, hätte DEUTSCHE Normen vertreten und überhaupt sein ganzes Law-anbd-Order Geschwafel abgelassen. Was dort verhindert wurde ist nichts anderes als eine Propagandaveranstaltung und ich findes es gut, wenn wie Marburg oder im Frühjahr in Freiburg propagandistische Veranstaltungen von menschenverachtenden Rechtsaußen nicht geduldet werden!

Zuviel Opposition für Hessen-Hitler

Lomkowitz 03.12.2004 - 16:55
Ich studiere selbst Jura in Marburg, und ich war auch vor Ort. Mein Eindruck:

Nach der ersten Aufregung war es eigentlich ruhig genug im Saal, aber Roland hatte sich wahrscheinlich schon entschieden, nicht zu sprechen - davon zeugt, dass er sein Auftreten an eine Bedingung knüpfte, von der jeder annehmen konnte, dass sie nicht erfüllt werden würde. Die Taschen-Taktik diente meines Erachtens also nur dazu, den bösen bösen Linken den schwarzen Peter zuzuschieben.

Die hatten sich den Zugang zum Saal erst erzwingen müssen, obwohl Gounalakis angekündigt hatte, auch fachfremde Hörer einzulassen. Nun haben wahrscheinlich die meisten gefürchtet, dass sie, wenn sie den Saal verließen, nicht wieder hereinkämen.

Die Kommentare einiger Komilitonen fand ich ziemlich heftig und unangebracht, von wegen "asoziales Pack" und "Bombe draufschmeißen". Einige Kommentare hier sind aber auch nicht intelligenter resp. besser.

Just my 2 cents.

@ohne

nichtsowichtig 03.12.2004 - 17:30
Eine "Norm" im juristischen Sinne ist eine Rechtsvorschrift, in diesem Lichte ist auch der Titel der Veranstaltung zu sehen. Alles andere ist Bullshit.

Reinhaltung der deutschen sprache??

noLeitkultur 03.12.2004 - 18:02
jetzt wird auf indy schon die reinhaltung der deutschen sprache gefordert, oder was, monk?
der beitrag ist wirklich bemerkenswert; in so wenig zeilen text so viele feindbilder raushauen (george bush, anglizismen, möglicherweise auch noch antideutsche?).
naja, aber wie er selbst sagt, nur das beste fürs "VOLK"-> schon mal drüber nachgedacht, dass der begriff in Dland vielleicht ne vorbelastete bedeutung hat? Oder bewusst benutzt??
übrigens gibts nen netten verein, der es sich ebenfalls zur aufgabe gemacht hat, die deutsche sprache reinzuhalten-die haben bestimmt auch ein internet-forum. -> also monk, das nächte mal einfach da posten, die verstehen was du meinst;die sind in dem selben völkischen und nationalistischen wahn wie du unterwegs!!
GEGEN DEUTSCHE LEITKULTUR!!HIER UND ÜBERALL!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Sehr schön! — Berliner

Ja, aber... — Tina

In Betracht — no name.

Juristen abschaffen — Anwalt

warum denn? — zucker