Besetzte Fabrik Zanon: Keine Räumung!

arbeiterkontrolle 22.11.2004 23:28 Themen: Weltweit
Die BesetzerInnen der Kachelfabrik in Patagonien sind in die argentinische Hauptstadt Buenos Aires gefahren, um mit einer Aktionswoche Solidarität gegen eine drohende Räumung zu mobilisieren. Dieses außergewöhnliche Beispiel von Arbeitermacht darf nicht geräumt werden! Auch Solidaritätserklärungen von hier aus sind gefragt.
Seit letztem Freitag, dem 19. November steht mitten in Buenos Aires vor dem Kongress ein Zelt der ArbeiterInnen der besetzten Kachelfabrik Zanon. Mit einer Aktionswoche mobilisieren sie gegen die neue Räumungsdrohung, die über ihrer seit drei Jahren besetzten Fabrik schwebt. Damit tragen sie den Konflikt aus Neuquén / Patagonien in die fünfzehn Stunden entfernte Hauptstadt. Bis zum 27. November finden vor dem Kongress täglich Aktionen statt, um die Forderungen der Zanon-ArbeiterInnen zu unterstützen:

* Keine Räumung der besetzten Fabrik.
* Für die Anerkennung der Arbeiterselbstverwaltung und ihrer Kooperative FaSinPat (Fábrica sin Patrones - Fabrik ohne Chefs).
* Für die Enteignung von Zanon und ein Gesetz zur endgültigen Enteignung aller instandbesetzter Betriebe.

Fünf Räumungen konnten die 'ceramistas' (Kachelarbeiter) bereits abwehren, zuletzt im April 2003 (siehe:  http://www.wildcat-www.de/aktuell/a027arge.htm). Nun versucht der Provinzgouverneur Sobisch erneut, diesen ungewöhnlichen Arbeiterkampf zu beenden. Den ersten Vorstoß machte er im August mit dem medienwirksamen Vorschlag, die ArbeiterInnen sollten die Fabrik räumen; 250 von ihnen könnten dann in einer zu gründenden Firma für den Bau von Sozialwohnungen beschäftigt werden. Die Belegschaft von 'Zanon unter Arbeiterkontrolle', die im Laufe der Besetzung auf 450 Beschäftigte angewachsen ist, lehnte dieses Angebot rundweg ab. Den nächsten Versuch macht Sobisch nun über die Schulden. Als der Besitzer Zanon die Fabrik verließ, hinterließ er 75 Millionen US$ Schulden, bei privaten Banken, der Weltbank, und auch bei der Provinz Neuquén. Jahrelang hatte der Provinzgouverneur dem Kapitalisten Zanon Subventionen und Kredite aus öffentlichen Kassen zugeschoben, ohne Rückzahlung zu verlangen; jetzt will er diese Schulden auf Kosten der ArbeiterInnen eintreiben. Er fordert die Beschlagnahmung und Versteigerung der Maschinerie, und eine Richterin in Neuquén hat bereits die Gendarmerie angewiesen, diese Beschlagnahmung durchzuführen.

Mit der besetzten Fabrik ist jedoch noch ein weiterer Richter beschäftigt, der das Konkursverfahren leitet, und der sitzt in Buenos Aires. Bisher ist der Konkurs nicht erklärt, weswegen ein vorübergehendes Enteignungsverfahren, wie es bei vielen anderen besetzten Betrieben angewendet wurde, im Fall von Zanon bisher nicht möglich war. Außerdem wurde die Kooperative FaSinPat, die die Zanon-ArbeiterInnen gegründet haben, um eine Legalisierung zu ermöglichen, bisher nicht anerkannt. Die ArbeiterInnen fordern einerseits eine sofortige Lösung für ihr Projekt - die Anerkennung der Kooperative und der Selbstverwaltung - aber auch ein Gesetz über die endgültige Enteignung von Betrieben. Hierbei werden sie von anderen BetriebsbesetzerInnen unterstützt, und auch von etwa fünfzig Abgeordneten. Denn die bisherigen 'Enteignungsverfahren' gelten nur befristet, und laufen bei vielen legalisierten Betrieben in Kürze aus. Dann stehen die BesetzerInnen vor dem Problem, entweder den Laden kaufen zu müssen und sich unmögliche Schuldenberge und Mehrarbeit aufzubürden, oder sich der Masse von Arbeitslosen in Argentinien anzuschließen.

Nach Bekanntwerden der neuen Räumungsgefahr haben die ArbeiterInnen von Zanon nochmals bekräftigt, dass sie nicht freiwillig gehen werden und bereit sind, ihr Projekt mit ihrem Leben zu verteidigen. Diese Entschlossenheit und die große Unterstützung, die sie in der Bevölkerung haben, konnte letztes Jahr die angedrohte Räumung in letzter Minute verhindern. Jetzt suchen sie breitere Solidarität in der Hauptstadt. Am Eröffnungsabend kamen 4000 Leute zum Festival vor dem Kongress, wo u.a. León Gieco für die Zanon-ArbeiterInnen spielte - einer der bekanntesten Liedermacher Argentiniens, der schon in den 70er Jahren aktiv war und in der Diktatur untertauchen musste. In der Woche wird es weitere Konzerte, Veranstaltungen, Filmvorführungen, Unterschriftensammlungen und Aktionen geben.

Die besetzte Kachelfabrik Zanon ist für viele ArbeiterInnen, die sich nicht mehr von Unternehmern einschüchtern und von Gewerkschaftsbürokraten vereinahmen lassen wollen, zu einem Beispiel geworden - nicht nur in Argentinien.

Die ArbeiterInnen von Zanon würden sich über solidarische Grüße aus Deutschland freuen und könnten sie auch gebrauchen, um ihre Position gegenüber dem Hardliner-Provinzfürsten Sobisch zu stärken.

Zanon gehört den Arbeitern - Zanon es de los obreros!!

Solidaritätsadressen - wer kann, auf spanisch - bitte schicken an:
 prensaobrerosdezanon@neunet.com.ar

Homepage der ArbeiterInnen von Zanon:
 http://www.obrerosdezanon.org

Broschüre 'Eine Fabrik in Patagonien - Zanon gehört den Arbeitern'
(Beilage zur Wildcat #68, Januar 2004) als pdf-Datei:
 http://www.wildcat-www.de/wildcat/68/w68_zanon.pdf

Video
Mate, Ton und Produktion
Zanon - Eine Fabrik unter Arbeiterkontrolle
D./Arg. 2003, AK KRAAK, 55 min.
 http://www.akkraak.squat.net

Fotos der Aktionswoche:
 http://www.argentina.indymedia.org/news/2004/11/238109.php
 http://www.argentina.indymedia.org/news/2004/11/238089.php
 http://www.argentina.indymedia.org/news/2004/11/238078.php
 http://www.argentina.indymedia.org/news/2004/11/238489.php
 http://www.argentina.indymedia.org/news/2004/11/238659.php
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Ergänzungen

solidarität mit besetzten Fabriken

ab 23.11.2004 - 11:07