Antikoloniale Aktion am Reichstag

Lotti 15.11.2004 14:39 Themen: Antirassismus
Zum Abschluss der Anticolonial Africa Conference wurde am Montag, den15.11.2004 um 12 Uhr, also genau 120 Jahre nach dem Beginn der erstenBerliner Afrika-Konferenz, vor dem Reichstag ein Transparent entrollt,das Entschuldigung und Entschädigung für die Kolonialisierungforderte. Dazu wurde an die neugierigen Reichstagsbesucher einFlugblatt verteilt, das auf den historischen Kontext hinwies und dieaktuellen Forderungen enthielt. Diese Flugblatt wurde außerdem inverschiedenen afrikanischen Sprachen verlesen.
Anticolonial Africa Conference Berlin 2004

Im Jahr 2004 jährt sich zum 100. Mal der Völkermord deutscherKolonialtruppen an den Herero und Nama im heutigen Namibia. Zum 120.Mal jährt sich die Afrika-Konferenz, zu der Reichskanzler Bismarckam 15. November 1884 nach Berlin eingeladen hatte. Zwei Anlässe,an die wir mit der Anticolonial Africa Conference Berlin 2004 erinnernwollen.

speech

DieKriege in Afrika haben allein in den letzten Jahren MillionenMenschen das Leben gekostet. Im Sommer 2003 wurde der gemeinsameeuropäische Krieg in der Demokratischen Republik Kongogeführt. Unter dem Vorwand Frieden zu bringen, werden diekolonialen Strukturen in Wirtschaft und Politik, Kultur undAlltagsleben neu gefestigt.

Wirfordern den sofortigen Stop aller Formen des warbusiness, keinerleiMilitärhilfe und Waffengeschäfte. KeineInterventions-(Kriegs)truppen aus Europa oder anderen Ländernnach Afrika. Keine soziale und materielle Unterstützung derKriege, kein Flüchtlingsmanagement durchNicht-Regierungs-Organisationen (NGOs).

DieTeilnehmerstaaten der Berliner Konferenz von 1884 exportieren heutenoch für über drei Milliarden Dollar jährlichmilitärische Ausrüstung in die Länder Afrikas. Auchwenn afrikanische Regierungen bzw. Rebellengruppen die Kriegeführen,ändert dies nichts daran, dass die europäischen Länderunmittelbar beteiligt sind und von ihnen profitieren. Die Kriege inAngola, Kongo/Zaire, Sierra Leone, am Horn von Afrika, um nur einigezu nennen, zwingen Millionen Menschen zur Flucht, Millionen werdenverletzt, von Minen verstümmelt und getötet. Es geht umBodenschätze wie Diamanten, Coltan, Gold und Öl, auf die eseuropäische Firmen abgesehen haben und die, kontrolliert vonbewaffneten Banden, unter Sklavenbedingungen aus der Erde geholtwerden. Gewalt, die Zerstörung sozialer Verhältnisse undHunger zwingen die Menschen, billigst Dienstleistungen anzubieten,sich als Tagelöhner für den Weltmarkt ausbeuten zu lassenoder sich auf den oft tödlichen Weg in den reichen Norden zumachen.

MitSelbstgefälligkeit und Sendungsbewusstsein versuchen dieKolonisatoren ihre Zivilisation der Welt überall aufzwingen undsagen nicht, dass damit Gewalt, Krieg und Ausbeutung gemeint sind.

Wirfordern die Übernahme der politischen Verantwortung durch dieUnterzeichnerstaaten der Berliner Konferenz für alle Folgenihrer Kolonialpolitik in Afrika. Wir fordern die öffentlicheAnerkennung ihrer Entschädigungspflicht. Die Legalisierung desAufenthalts von Menschen aus Afrika und der freie Zugang nach Europasehen wir als ersten Schritt an.

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Allediskriminierenden Gesetze müssen abgeschafft werden. Als erstessind die Abschiebungen zu stoppen und die Abschiebeknästeaufzulösen. Einreiseverbote, Arbeitsverbote und Residenzpflichtsind aufzuheben und die Ausreisezentren zu schließen.

Wir fordern einAntidiskriminierungs- und antirassistisches Gesetz!

Wersoviel Geld als Entschädigung zu bekommen hat, hat keineSchulden!

reichstag

Am 15.November 1884 um 12:00 Uhr - also vor genau 120 Jahren -eröffnete Reichskanzler Bismarck die sog. Afrika-Konferenz inBerlin.Mit diesem Tag begann die aggressive Kolonialpolitik Deutschlands inAfrika, Asien und Ozeanien. Hier im damaligen Reichstag wurdenentscheidende Weichenstellungen für diese Politik vorgenommen.Deshalbhaben sich heute Menschen aus verschiedenen Ländern Afrikas hierversammelt. Sie fordern von der Bundesregierung und von Deutschlandeine Entschuldigung und Entschädigung für die kolonisation.Sie forderndies in ihren unterschiedlichen Sprachen. Sie sagen:

Jede Kolonisierung ist ein Verbrechen gegen die Menschheit.

Die Beschlüsse der Berliner Konferenz 1884- vor genau 120 Jahren,habenunsere afrikanischen Kontinent völlig verändert. DieeuropäischenMächte bestimmten seitdem über unsere Länder. UnsereVorfahren wurdenzur Zwangsarbeit herangezogen, sie mussten Steuern an dieKolonialherren zahlen, unsere Bodenschätze wurden geplündert,siewurden geschlagen, vergewaltigt und getötet. Sie haben sich heftiggewehrt. Ihr Widerstand wurde mit den modernen Waffen Europasniedergeschlagen, die Opfer sind nicht zu zählen.
Viele Deutsche glauben, dass Deutschland eine 'gemäßigteKolonialpolitik betrieben hätte. Sie wissen wenig oder wollen kaumetwas von den Kolonien und dem Verbrechen der Kolonisation wissen..

Wir wollen zwei Beispiele nennen:

1904 - vor 100 Jahren - wurde durch deutsche Truppen der Widerstand derHerero und Nama in Namibia in einem Völkermord erstickt. Das VolkderHerero wurde nach der Schlacht am Waterberg in eine Wüstegetrieben unddie wenigen Wasserquellen ungenießbar gemacht. DerVölkermord wurde vonKaiser Wilhelm II gedeckt, von seiner Generalität befohlen und inKonzentrationslagern fortgesetzt.

In Teilen des heutigen Tansania wurde 1905 der Maji Maji-Aufstandblutig niedergeschlagen, weil die Menschen sich gegen Zwangsarbeit,Hütten- und Kopfsteuer wehrten. Die von Deutschen geführtenTruppenmetzelten über 75.000 Menschen hin, zehntausende wueder mit denMittelnder 'verbrannten Erde' in der Hungertod getrieben.

Wir verlangen eine ausdrückliche Entschuldigung derBundesregierung fürdas Verbrechen der Kolonisierung. Hier im Reichstag wurden dieKolonialkriege der Regierung diskutiert und von der mehrheitunterstützt. Die Kolonisierung mit all ihren Verbrechen war nichtdieTat Einzelner, sie wurde vom Parlament, von der Regierung undinsbesondere vom Kaiser Wilhelm II gewollt und umgesetzt.

Entschuldigung und Entschädigung für die Kolonisierung

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Ergänzungen