Die Privatisierung von Krieg

PROCONTR@ 14.11.2004 00:22 Themen: 3. Golfkrieg Globalisierung Militarismus Weltweit
Söldnerfirmen spielen eine wachsende Rolle sowohl im Verteidigungssystem der Vereinigten Staaten als auch mit zunehmender Tendenz in Europa.
Eine Zusammenfassung (Teil 1)
Söldnerfirmen spielen mittlerweile im Verteidigungssystem der Vereinigten Staaten und bei der logistischen Unterstützung ausländischer Kampfeinsätze eine vitale Rolle. Viele von ihnen sind im Laufe der letzten Jahre zu leistungsfähigen Partnern bei der Durchführung sog. " friedensstiftender Maßnahmen " geworden.
Infolge der Globalisierung des militärisch-industriellen Komplexes verstärken die USA das bellizistische "Outsourcing " . Private Militärunternehmen ( PMC ' s ) werden als finanziell vorteilhaft und effizient angesehen, sollen doch durch die militärpolizeiliche Auftragsvergabe und die " privatisierte " Entwicklung der Armeeausrüstung Gelder für neue Waffensysteme; weitere und perfektioniertere Aufrüstung ec. eingespart werden. Leider hat diese Formel den kleinen Nachteil, dass sich die Unterschiede zwischen Entwicklungshilfe, Humanitärer Hilfe und Militäreinsätzen noch weiter verwischen ( lassen ). Sie bedeutet auch die Gefährdung von Beschäftigten rein ziviler Organisationen, welche mit Bedacht auf militärischen Schutz verzichten, weil er ihre Arbeit diskreditieren würde.

In den vergangenen fünf Jahren kam es zu einer umfassenden Neustrukturierung der US-amerikanischen Rüstungsindustrie bezüglich der Expansion privatmilitärischer Aktivitäten, z.B. in Form von Fusionen und Unternehmensübernahmen. " Der Einsatz moderner Informations - und Kommunikationstechnik ist das Mittel zur Beherrschung des Schlachtfeldes der Zukunft " , so die Propaganda multinationaler Konzerne. Für sie bedeutet Krieg ein lukrativer Markt für Dienstleistungen und " Produkte " dessen Chancen auf Auftragserweiterung besser stehen denn je.

Im Ramen des " Outsourcings " von Dienstleistungen für Truppen im Auslandseinsatz unterzeichnete die US-Administration zwischen 1994 und 2004 über 3000 Verträge, darunter auch mit diversen Söldnerfirmen wie der DynCorp, der Military Professional Ressources Inc .( MPRI ) und Kellogg Brown & Root ( KBR ). Das Gesamtauftragsvolumen der letzten zehn Jahre liegt bei über 300 Milliarden $. Die stetig wachsende Zahl Beschäftigter des Privatsektors stellt Truppenverbände und übernimmt die Aufgaben von Logistik und die Instandhaltung und Wartung der Waffensysteme . Das Pentagon erhofft sich so jährliche Einsparungen von 4,5 bis 6 Milliarden $. Weshalb diese Rechnung nicht aufgeht, beweisen z.B. gefälschte Rechnungen oder der Vertrag , über die Tochterfirma KBR, mit dem Ölkonzern Halliburton ( dem bis 2000 US-Vizepräsident Cheney vorstand ) über 1 Milliarde $, der die Interessenverquickung zwischen Bush-Administration und US-militärisch-industriellem Komplex deutlich machte.

Beim " Outsourcing spielen strategische Überlegungen gegen den " Terrorismus " eine gravierende Rolle. Ausser zu ihren " Kriegen niederer Intensität " ( von den GegnerInnen des Widerstandes als " schmutzige Kriege " bezeichnet ) wollen die USA , laut ihrer Militärdoktrin, auch in der Lage sein, mehrere grössere Konfrontationen gleichzeitig zu bestehen ( oder zu begehen ) . So soll das Delegieren die regulären Streitkräfte von Missionen entlasten die für die nationale Sicherheit geringere Priorität haben. Als Ziel von Outsourcing wird unterschieden zwischen Dienstleistungen zur Unterstützung der regulären Streitkräfte , also Tätigkeiten " im Hintergrund " sowie " in der Etappe " , und im engeren Sinn operativen Funktionen auf dem Schlachtfeld. Seit dem 11. Sept. ist die Grenze jedoch auch hier unscharf geworden.
Ausserdem bietet das Programm die Möglichkeit, die Aussenpolitk der Kontrolle durch den US - Kongreß zu entziehen : so können etwa private Einheiten aktiviert werden auch wenn offizielle keine Bodentruppen entsandt werden dürfen . Ebenso lassen sich Vorgaben wie das " Null Tote " - Ziel ( per des Anheuerns von Auftragsmödern also ) unschwer umgehen. Ein Beispiel für das Funktionieren dieses Systems ist der Bosnienkonflikt, wo die US - Regierung , obwohl sie sich offiziell zur Neutralität und Mitwirkung an friedensstiftenden Maßnahmen bekannt hatte, der Söldnerfirma MPRI freie Hand ließ, die unter Verletzung des UN - Embargos die kroatisch-muslimischen Truppen mit Waffen versorgte und ausbildete.
Die Streitkräfte von über 40 Ländern wurden in den 1990ziger Jahren im Ramen militärischer Kooperationsabkommen von US - Söldnerfirmen wie Vinell Corporation; MPRI; Cubic oder Logicon ausgebildet und trainiert. Hieraus ergaben sich in Konsequenz Instrumente zur Verbreitung von US - Militärnormen und zum Abschluss von Ad-hoc Bündnissen in Lateinamerika, Afrika und im Nahen Osten.

Die Irakkrise zeigt, dass private Sicherheitskräfte während und nach einem bewaffneten Konflikt unentbehrlich sind, um die Machtpositionen der USA abzustützen. Die Gesamtstärke der PMC' s im Irak aktuell entspricht bereits einem Fünftel der US-Streitkräfte und stellt so eine zweite Besatzungstruppe dar. Der Sektor ist jeglicher Kontrolle durch die Iraker entzogen ....

Söldnerfirmen lassen sich , so der US - Bundesrechnungshof, kaum kontrollieren : " Die zahllosen Outsourcing - Verträge der einzelnen US - Regierungsbehörden seinen unmöglich zu überblicken ". Die gängige Regierungspraxis Bestimmungen, besonders im Bereich der Informationsbeschaffung und bei Sonderoperationen, zu umgehen entzieht sich auf illegale Weise der vorgeschriebenen staatlichen Kontrolle. Die republikanische Asministration nutzt dabei Gesetzeslücken vornehmlich bei der Bekämpfung des Terrorismus aus. Die quasi einzigen Schranken beim Einsatz der PMC ' s sind Spannungen im Bereich der marktwirtschaftlichen Dynamik oder wenn sie das Rekrutierungsbedürfniss der Berufsarmee zu tangieren drohen.

Welcher Moral diese Humanitäts- und Antiterrorgemetzel entsprechen zeigt dass bereits Anfang 2004 bekannt wurde, dass Angestellte der US - Söldnerfirmen Caci und Titan an der Mißhandlung irakischer Kriegsgefangener beteiligt gewesen waren .
Die Gehälter in diesem " Privatsektor " sind für Spezialisten bis zu zehnmal höher als bei regulären westlichen Sicherheits-und Militärinstitutionen. Die Sicherheitslücke die im Irak dadurch entstand, dass die PMC ' s vor Ort zum leichter angreifbaren Ziel wurden, führte zu einem Anstieg der Tageshonorare für Söldner auf bis zu 1000 $.

Private Militärunternehmen funktionieren vielfach als informelle Netzwerke und begünstigen so Korruption und Kriminalität. Die von der US - Administration angestrebte globale " Interventionsfähigkeit " erweist sich als Ursache für Instabilität und Chaos. Sie legitimiert die unilaterale Machtausübung der USA weltweit, vor allem aber in den " instabilen " Regionen des Südens - dort, wo mittels CIA, Sondereinsatzkräften und Söldnerfirmen jene ( schmutzigen ) Kriege " niederer Intensität " geführt werden ....

Das paralysierte Europa begutachtet indess den nordamerikanischen Outsourcing - Testlauf im Irak und ringt mit sich ob es der Vorgabe Folge leisten soll:
Während in Frankreich eine Arbeitsgruppe der Abteilung für Sonderaufgaben beim Generalstab seit Anfang 2004 einen Leitfaden entwirft, der sich eher auf Vorsichtsmaßnahmen zum Erhalt staatlicher Kontrolle beschränkt, statt blindeuphorisches Eivernehmen zu signalisieren - tendiert die englische Regierung zur Assimilation.
In Schweden, Spanien und Italien machen private Leistungen indess nur einen geringen Teil des Verteidigungsbudgets aus . Belgien begreift die Privatisierung als Beitrag zur " Integration des Militärs in die Gesellschaft " und vergibt von daher fleissig Aufträge für Versorgung, nicht militärische Infrastruktur, Wartung und Ausbildung.
In den Niederlanden befinden sich die PMC ' s in straffer Konkurrenz gegen staatliche Institutionen.
In Deutschland wurde beschlossen die Neugestaltung der Kommunikations - und Datenbanksysteme der Bundeswehr ( Herkules ) einem privaten Konsortium zu übertragen, dessen Teilhaber CDC ( siehe auch : Diktatur der Schatten in Kolumbien ) und EADS der Finanzaufsicht der Deutschen Bank unterliegen.

Das britische Verteidigungsministerium hat kürzlich mit einen Vertrag mit Paradigm Secure Communications, eine Tochterfirma von EADS, über die Einrichtung von Skynet 5 abgeschlossen : fünfzehn Jahre lang soll das Unternehmen einer der grössten Militärmächte der Welt alle Dienste im Bereich der Telekommunikation liefern.
Eine noch nie dagewesene Dimension.

( Quelle: LE MONDE diplomatique ; Nov.2004 )
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