Völkische Aufmärsche in Berlin

kommunistische BeobachterInnen 13.11.2004 16:35
In Berlin finden traditionell Aufmärsche zum islamistischen "Al-Quds-Tag" statt. Zu diesem Tag wurde vor Jahren von Khomeini aufgerufen. Dieses Jahr gab es eine Gegenkundgebung.
Am Beispiel der "islamischen Revolution" in Iran wird deutlich, welche Ziele diejenigen verfolgen, die heute für Islamismus auf die Straße gegangen sind. Im Iran wurde unter Khomeini die ArbeiterInnenklasse brutal unterdrückt. Etliche tausende Linke, GewerkschaftlerInnen, ArbeiterInnen und Frauenrechtlerinnen wurden umgebracht oder in den Kerker gesteckt und dort grausam gefoltert. Die Islamisten machen nichts anderes, als die Interessen der Bourgeoisie in den arabischen Ländern auf brutalste Art und Weise durchzusetzen.

Zur Interessensdurchsetzung der herrschenden Klasse gehört auf globaler Ebene der Kampf gegen konkurrierende Nationen. So richtet sich der Kampf des politischen Islam gegen die westlichen Nationen. Insbesondere das Judentum und Israel sind Angriffspunkte des Islamismus, weil sie mit antisemitischen Verschwörungstheorien als Verkörperung der westlichen "Zivilisation" betrachtet werden. Dies war Grund genug für einige Gruppen und Personen aus dem deutschen Antifa-Spektrum, eine Gegenkundgebung zu organisieren.

Knapp über 100 Personen versammelten sich daher heute in Berlin am S-Bahnhof Savignplatz. Der erste Eindruck war ekelerregend. Kurz nach dem Eintreffen wurden wir gebeten, unsere Rote Fahne einzurollen, da einige Leute aus dem Vorbereitungsbündnis Probleme mit Kommunismus hätten. In Gesprächen mit Leuten von "Kritik und Praxis" wurde unsere Fahne wiederum begrüßt.

Es gab zahlreiche Israel-Fahnen und Transparente mit Israel-Solidaritätsbekundungen. Für zumindest einen Teil der Veranstalter besteht der Kampf gegen Islamismus in einer einfachen Negation durch das Propagieren eines Gegen-Nationalismus.

Hier zeigt sich einmal mehr, dass das Konzept der Volksfront bzw. Klassenkollaboration - egal ob mit Islamisten im Irak oder mit israelischen Nationalisten - von kommunistischen Kräften entschieden abgelehnt werden muss.

Erfreulich war, dass es einige Menschen gab, die ebenfalls dieser Ansicht sind. GenossInnen aus Iran unterstützten durch Gesichtsbemalung "Gegen Apartheid" (in Israel) und "Gegen Islamismus" die defätistische Position der internationalistischen kommunistischen Linken. Allerdings gab es auch einige Menschen mit Nationalfahnen des ehemaligen nicht-islamistischen Irans. Ihnen ging es wohl lediglich um die Rückkehr zu einer bürgerlichen Demokratie und nicht um eine befreite Gesellschaft.

In einem Redebeitrag von iranischen GenossInnen wurde außerdem neben einer deutlichen Kritik am Islamismus auch eine scharfe Kritik an der Politik Israels geübt und das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Proletariats verteidigt.

In einem Redebeitrag von "Kritik und Praxis" wurde u.a. Kritik am Aufkommen eines anti-islamischen Rassismus geübt.

An der eigentlichen Islamismus-Demo, die durch eine Polizeiabsperrung getrennt an der Kundgebung vorbeizug, beteiligten sich ca. 250 Menschen.

Solidarität mit dem Proletariat - weltweit!

Der Kampf um Befreiung ist International!

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Ergänzungen

hallo?!

xax 13.11.2004 - 17:00
was is denn das für ne praxis, nur bestimmte leute der gegenkundgebung auf den fotos unkenntlich zu machen??
fotos 2,3,4 löschen oder ändern!

beim al quds tag geht es darum, dass das existenz israels zur illegalen besatzung verklärt werden soll, die al quds demo richtet sich also gegen die Existenz eines jüdischen Staates Israel. wo ist also dein problem genau, wenn heute auf der gegendemo israelfahnen zu sehen waren?? das hat einen scheiß mit "gegennationalismus" zu tun.

es ist falsch, das die kundgebung ausschließlich oder vornehmlich "aus dem deutschen Antifa-Spektrum" organisiert wurde -> siehe unterstuetzer und organisatoren liste auf www.aktion-november.de

PS.:du sagst, es sei einigen iranern um die "Rückkehr zu einer bürgerlichen Demokratie und nicht um eine befreite Gesellschaft" gegangen. vielleicht solltest du bei marx noch mal nachschlagen, was da so über die befreiung des menschen steht; an die Stelle "erst kommt die bürgerliche Gesellschaft, dann die Barbarei und dann der Kommunismus" kann ich mich jedenfalls nicht erinnern.

war halb so schlimm

dabeigewesener 13.11.2004 - 17:35
beide demonstrationen versuchten in ihren redebeiträgen ausgewogenheit und differenziertheit raum zu geben.
die anti-al-quds demo machte (welche gruppe weiß ich nicht) auf die gefahr eines rassistischen antiislamismus aufmerksam, die "islamisten"-demo betonte ausdrücklich, dass kritik an der politik des staates israel nicht zur anstachelung von allgemeinem hass gegen juden führen dürfe und sprach sich in regelmäßigkeit gegen antisemitismus aus. nichts von wegen israel muss verschwinden oder so.
insgesamt waren beide seiten wohl viel handzahmer, als die jeweils anderen es gerne gehabt hätten. wehrmutstropfen bei der anti-al-quds-kundgebung: die anwesenheit der bahamas-flugblattverteiler und das schwenken von usa-fahnen. bei der al-quds-demo: getrennte frauen und männer-blöcke, alle frauen (bis auf ca. 5) mit kopftüchern.
alles in allem kein tag für erhitzte gemüter. deswegen sollte jetzt von außen (von leuten die nicht da waren) auch kein fass aufgemacht werden.

harmlose demos

xax 13.11.2004 - 17:58
ich war dabei, habe die islamisten demo begleitet und so nichts wirklich von der gegendemo mitbekommen (ausser israelfahnen über den dächern von polizeiwannen und laute musik).

@dabeigewesener:
du sagst
" ...und sprach sich in regelmäßigkeit gegen antisemitismus aus. nichts von wegen israel muss verschwinden oder so."

es gab tatsächlich vom demowagen ständig bekundungen gegen antisemitismus, der dabei als "ein rassismus" verharmlost wurde. am anfang wurde auch klar gestellt, dass "das Leid der Juden" um vieles größer gewesen sei, als das heutige der palästinenser. die teilnehmer der demo schwiegen vor allem. es gab keinen applaus für die redebeiträge. nur in der nähe der gegendemo wurde von gruppen junger männer mehrfach "alahu akbar" skandiert.
alle redner der demo bis zur abschlusskundegebung betonten ihre abgrenzung zum terrorismus, zu "jeder form der unterdrückung" und zu "universellen menschenrechten".

trotzdem wurde während der demo grundsätzlich israels existenz insgesamt als besatzung bezeichnet, die "illegal" und "ein verbrechen" sei - man forderte ein "freies" bethlehem, jerusalem, haifa etc. stattdessen solle ein palästina existieren, in dem "alle religionen friedlich zusammenleben" können. die existenz israels stehe einer solchen forderung im wege, da israel rassismus gegen nichtjuden betreibe.

oder gar nur 1/4 so schlimm

auch dagewesen 13.11.2004 - 18:10
Auf der einen Seite: 100-150 freiwillige oder unfreiwillige RepräsentantInnen des Anti-D-tums, denn zu sehen waren hauptsächlich die Flaggen, wobei es wirklich eine besondere Geschmacklosigkeit war, die alte persische Flagge der Pahlewi-Diktatur (das ist die mit dem Löwen drauf) zu schwenken, dafür werden sich alle fortschrittlichen IranerInnen herzlich bedanken, die damals unter vielen Opfern gegen den Schah gekämpft haben und danach von den Islamisten weiterverfolgt wurden. Höhepunkt der Gegendemo war der Versuch, durch das Abspielen von Madonna (Like a Virgin, hihi) und Frankie goes to Hollywood (schwul und so) die andere Demo zu ordentlich provozieren. Gähn.
Auf der anderen Seite: Etwa 800 Leute (nahezu keine Weißen dabei), wobei außer den auf dem Foto sichtbaren Schildern (Khomeini-Foto etc) nicht viel islamistisches, nicht mal viel islamisches zu sehen war. Die Frauen waren nicht verschleiert, sondern trugen Kopftücher, was absolut KEIN Zeichen für Islamismus ist. Die Transparente waren allesamt im Stil von "Religionen aller Länder vereinigt euch und seid lieb zueinander". Im Vergleich mit anderen Demos (etwa dem grässlichen Islamisten-Aufmarsch in Berlin im April 2002), bei denen die islamistischen Gruppen gezeigt haben, dass sie mobilisierungsfähig und selbstbewusst sind, war dies ein kleiner Marsch von ziemlich un-islamistisch aussehenden Leuten, vermutlich eher der PLO bzw. Al Fatah nahestehend. Also viel Raum um wenig.

Die richtige Wahrnehmung

no nation no border 14.11.2004 - 12:59
Merkwürdig, auch ich war als Beobachter dort, und habe lediglich 50 bis ca. 70 Menschen auf der sog. "Gegenkundgebung" wahrgenommen, mit höchstpeinlichen Redebeiträgen. Den Aufruf unterschrieben hatten mehr als 170 Einzelpersonen von CDU, SPD und Grünen bis hin zur K&P.

Anzahl der Personen geteilt durch UnterzeichnerInnen ergibt eine beteiligung von ca. 0,33 Personen pro Gruppe/UnterzeichnerIn.

Wer sich nicht zu blöd war, dort einzureihen, war die K&P.

"unfreiwilliger repräsentant"

s.o. 14.11.2004 - 15:38
sog. ("anti") deutschtums. genau so kam ich mir vor. während die anti-ds den aufruf 2003 noch als antisemitisch beschimpft hatten, weil in diesem auch was gegen rassismus und insbesondere anti-arabischen rassismus in der folge von 9/11 stand, war ihnen die antirassistische ausrichtung des aufrufs diesmal völlig egal. und sie haben die kundgebung gekapert. während ich beim aufruf "nur" bauchschmerzen hatte, fand ich die kundgebung ziemlich ekelig. es war leider -auch und transpiell dominant- genau der rassistisch-autoritäre bushkriegs-fanblock da, mit dem ich nix zu tun haben will.
das konzept eines "offenen aufrufs" ist für mich damit an diesem thema erst mal gescheitert. weil: mobilisiert nicht und bildet eine "korrektere" kulisse für leute, die in die junge union gehören (und da an den rechten rand).
mach ich nicht wieder mit. versprochen.

Keine Mullahs und kein Schah,

Freiheit für Iran! 14.11.2004 - 23:35
1. Der Aufmarsch wird wie jedes Jahr vom Iran aus organisiert. Es laufen der Fan-Club der Hizbollah, dass Du sie mit der Fatah verwechselst ist dein Problem aber keine inhaltliche Ergänzung.
2. Was ist an Redebeiträgen vom "Internationalen Komitee gegen Steinigung", die auf die ekelhafte Praxis im Iran und anderen Ländern hinweist, hochpeinlich? Und was für eine inhatliche Ergänzung soll das bitte sein?

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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