Trauer und Wut um Sébastien Briard

Bremer Anti-Atom-Forum (BAAF) 13.11.2004 14:00 Themen: Atom
Sébastien Briard wurde am 7.11.2004 von dem Castorzug aus La Hague nach Gorleben überfahren. Dieser Vorfall ist kein Einzelfall. Mehrere Beispiele zeigen, dass der Tod von Demonstranten billigend in Kauf genommen wird. Wir werden uns weiterhin dieser menschenverachtenden Atomtechnologie in den Weg stellen. Für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen und des herrschenden Systems weltweit!
Trauer und Wut

Wir trauern um den Tod des französischen Anti-Atom-Aktivisten Sébastien Briard. Er wurde am Sonntag, den 7.11.2004, von dem Castorzug aus La Hague nach Gorleben überfahren. Der Aktivist wollte mit einer Gruppe von Aktivisten den Zug bei Avricourt in Frankreich blockieren. Die vorhandene Stoppgruppe konnte den Atommülltransport allerdings nicht anhalten. So ist der Zug mit 100 km/h auf die Gruppe ungebremst zugerast. Die Aktivisten hatten sich nach eigenen Angaben noch nicht festgekettet, Sebastien konnte sich aber im Gegensatz zu den anderen nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen. Die Polizei wusste, dass in dieser Region mit Blockaden zu rechnen war. Trotzdem wurde weder die Geschwindigkeit des Zuges reduziert, noch gab es zu dem Zeitpunkt einen Begleithubschrauber.

Dieser Vorfall ist kein Einzelfall. In den letzten Jahren wurden immer wieder Sicherheitsvorkehrungen missachtet. Grundsätzlich werden bei Castortransporten die internationalen Notsignale zum Stoppen eines Zuges nicht berücksichtigt. Mehrfach wurde mit unverringertem Tempo auf Demonstranten zugefahren, die sich auf den Gleisen befanden. Selbst Telefonhinweise an Bahn und Behörden sowie Sichtkontakte des Hubschraubers führten im Falle einer Blockade am 11.11.2003 nicht zum Anhalten des Castortransportes. Auch andere Beispiele zeigen, dass der Tod von Demonstranten billigend in Kauf genommen wird. Schon der Betrieb von Atomanlagen, begonnen beim Uranabbau bis zum hochradioaktiven Atommüll, gefährdet und tötet ständig Menschenleben.

Wir werden uns weiterhin dieser menschenverachtenden Atomtechnologie in den Weg stellen. Unsere verschiedensten Widerstandsformen folgen dem Grundsatz keine Menschenleben zu gefährden. Hierzu gehört auch die eigene Sicherheit.

Sébastien Briard verstarb bei dem Versuch, den hochgefährlichen Atomtransport zu stoppen, die Herrschenden zum (Um-)Denken zu bewegen und die Welt lebenswerter zu gestalten. In unserem Widerstand werden wir ihm immer gedenken.

Für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen und des herrschenden Systems weltweit!

Bremer Anti-Atom-Forum (BAAF)



einige Fälle aus der Vergangenheit:

05.1996 Castorzug La Hague-Gorleben Der Castorzug fährt in der Nähe von Göttingen ungebremst auf Sitzblockade zu. Die Polizei ist vor Ort. Die Menschen kommen gerade noch rechtzeitig von den Schienen

12.11.2002 Castorzug La Hague-Gorleben Castorzug fährt trotz Sichtkontakt des Hubschraubers bei Rotenburg/Hessen ungebremst auf Angekettete zu. Diese können sich gerade noch losmachen

09.04.2003 Castorzug zur Wiederaufbereitungsanlage in La Hague Zug hält bei Buchholz aufgrund von Feuerwerksbeschuss 2 Km weiter Überfahren von Strohpuppen mit Normalgeschwindigkeit

11.11.2003 Castorzug La Hague-Gorleben Bei Witzenhausen bremst der Zug nicht, obwohl Leute auf den Schienen sind.

11.11.2003 Castorzug La Hague-Gorleben Telefonhinweise, Signalfeuer Bei Klein Schneen bei Göttingen fährt der Castorzug durch eine Materialblockade.
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Ergänzungen

Haltezeichen?

nachdenklich 13.11.2004 - 18:06
Darüber, dass Sébastien schon alleine wegen der Geschwindigkeit des Zuges, wegen des Wegfliegens des Hubschraubers und wegen der Tatsache, dass solche Trasporte überhaupt rollen durch den Castor getötet wurde, bleibt traurige Gewissheit. Einiges stimmt aber nach wie vor nachdenklich, was die Durchführung der Aktion an sich angeht, nicht nur wegen der unglücklichen Wahl der Stelle für die Blockade. Die Blockierergruppe um Sébastien hat in ihrer Erklärung gesagt, der Vorposten hätte den Zug nicht zum Bremsen veranlassen können, weil der Hubschrauber "zum Tanken" geflogen war, wo sie doch damit gerechnet hätten, dass er das baldige Eintreffen des Zuges signalisieren würde. Außerdem seien Gendarmeriefahrzeuge mit hoher Geschwindigkeit neben dem Zug hergefahren. Wenn dem so ist, dann ist es schlimmer als egal schon sagt. Haltezeichen sind Haltezeichen also wäre es schon angebracht, die richtigen zu verwenden, d.h. solche, die unmissverständlich interpretiert werden können. Das Problem ist aber zusätzlich, dass es in der Erklärung so klingt, als hätten sich diese Leute vom Vorposten gar nicht bemüht, das Signal abzugeben. Sie weisen auf schnell fahrende Gendarmeriefahrzeuge hin. Auch diese hätten mit einem Signal gestoppt werden können. Warum wird auf schnell fahrende Fahrzeuge hingewiesen? Des Nachts im Wald ist es still. Züge und schnell fahrende Polizeiwannen sind ganz schön laut. 30 Sekunden mindestens dürften sie Zeit gehabt haben, bevor der Zug samt Eskorte vorbeiraste, wahrscheinlich mehr. Und die Motorradgendarmen, die waren vorbeigefahren, die waren ja auch Vorboten des Zuges, also hätten sie auf der Hut sein müssen. Wurde nun ein Signal abgegeben oder nicht? Über 1.500 Meter hätte der Zug locker bremsen können. Verdammt, ihre Leute waren auf den Schienen... Sie sagen gar nicht, um welches Signal es sich gehandelt haben soll und ob es überhaupt betätigt wurde. Warfen sie sich in die Büsche, statt, erst recht weil der Zug schon da war, wenigstens die Gendarmerieautos mit dem Signal zu alarmieren? Was war das für ein Signal? War es eine Leuchte? Und wurde sie betätigt? Oder waren es Rauchkerzen, die sich nicht schnell genug anzünden ließen, oder Leuchtspurmunition, die noch geladen werden musste? Waren die Leute einfach überfordert? Die schnell fahrenden Gendarmerieautos bleiben Grund genug für eine mögliche Handlungsunfähigkeit, aber so viel Courage auch genau zu sagen, was war, müsste sein, damit in Zukunft auch die richtigen Techniken verwendet werden. Tut mir natürlich leid, das anmerken zu müssen. Aber die Stellungnahme ist in entscheidenden Punkten einfach zu nebulös. So, wie es in der Erklärung steht, klingt es nämlich so, als sei einfach gar nichts passiert: "Da neben dem Zug Fahrzeuge der Gendarmerie mit hoher Geschwindigkeit fuhren, konnte die Stoppergruppe nicht handeln".

laufendes Verfahren

--- 13.11.2004 - 19:08
In der Tat läßt die Erklärung Fragen offen, allerdings handelt es sich um ein laufendes Verfahren, in dem die Beteiligten sicherlich als Verdächtige dastehen und deswegen nicht alles sagen.

Notsignale sind übrigens auch alles andere als eine sichere Lösung, um ausgerechnet einen Castor anzuhalten.
Siehe dazu auch  http://de.indymedia.org//2002/05/22296.shtml
Da die Seite nicht erreichbar ist, sei sie unten reinkopiert.

Wie es sicherer geht, steht übrigens hier:
 http://www.kommunikationssystem.de/fis/read.php?groups=cl.politik.atom%25%2Ccl.initiativen.x-1000malquer&group=&msgid=%3Ccmvn1f%242ie%241%40server.kommunikationssystem.de%3E

Indymedia:

Weiterhin skandalöser Umgang mit Castor-Transporten bei der Bahn

von anonym - 18.05.2002 16:36

Am vergangenen Donnerstag wollten einige AktivistInnen zwischen Walheim (Neckarwestheim) und Wörth den Castor blockieren, um für die sofortige Stillegung aller Atomanlagen zu demonstrieren.
Der Lokführer der mit mehreren Tonnen hochradioaktivem Atommüll unterwegs war, ignorierte jedoch das internationale Notsignal, das ihm sofortigen Halt signalisierte. Obwohl er die Strecke wegen einer Kurve nicht einsehen konnte, bremste er den Zug nicht ab.

Dabei verließ er sich möglicherweise auf die lückenhafte Streckenkontrolle der zahlreichen, vorausfliegenden Hubschrauber oder des Vorzugs. Es besteht kein Zweifel daran, daß das Signal vom Lokführer erkannt wurde.
Nur durch einen Zufall ist es der zweiten Sicherungsgruppe nicht gelungen, ein 4 Quadratmeter großes Transparent auf dem Gleis zu befestigen, das schon daneben bereitstand, ohne vom Vorzug oder den Hubschraubern entdeckt worden zu sein.
Das Transparent war so konstruiert, daß es das Gegengleis nicht beeinträchtigt hätte und selbst bei Aufprall mit voller Geschwindigkeit keine Personen gefährdet worden wären.
Die vorsätzliche Mißachtung von Notsignalen zeigt, daß sich auch nachdem der skandalöse Umgang mit Atommültransporten seitens der Bahn beim Prozeß gegen die 'fünf von Süschendorf' öffentlich wurde, nichts daran geändert hat.
Was wäre passiert, wenn dort wirklich eine Gefahrensituation bestanden hätte? Der Zug wäre fast ungebremst hineingerast. Dieser leichtsinnige Umgang mit den mit Abstand gefährlichsten Transporten, die die Bahn überhaupt durchführt, zeigt einmal mehr, welche unzuverlässigen Firmen Atomkraftwerke betreinben dürfen. (Die Bahn ist Mitbetreiberin des AKW Neckarwestheim.)




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ERGÆNZUNGEN

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In Neumarkt ereignete sich Identisches!
Von: lieber anonoym 22.05.2002 01:30

Unglaublich! In Neumarkt (Bayern/Oberpfalz) ereignete sich fast die gleiche Situation. Der Castor fuhr ungebremst bis er die DemonstrantInnen schon gesehen haben müsste, obwohl zuvor die Polizei telefonisch informiert (da abwesend - klingt doof, aber Sorge von einem Regionalzug überfahren zu werden, gibt es ja auch) und ein Polizeihubschrauber Minuten vorher über den DemonstrantInnen kreiste. Wären die sechs jungen Menschen nicht sofort von den Gleisen gesprungen, hätte der Castorzug sie einfach überrollt. Der Zug kam erst ca. 30 Meter nach der Stelle zum Stillstand, an der zuvor die DemonstrantInnen gestanden/ gesessen waren. Auch hier fuhr der Castor zuvor in etlicher Entfernung aus einer Kurve und bremste erst als er schon gerade auf die Gruppe zusteuerte. So wurde aus einer kleinen Sitzblockade (Ordnungswidrigkeit) gleich der Vorwurf gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr (schwere Straftat). Außerdem wurde hier Leben riskiert. Hätte sich jemand angekettet o.ä. wäre der Castor einfach darübergerollt.

Bitte meldet euch, damit wir da Infos austauschen können, und das sicher vor Gericht anführen können.

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Sehr krank! — nix da