Castor und ein paar Bilder

Heupferd 08.11.2004 22:40 Themen: Atom
Ein loser Bericht und Fotos über Ereignisse in den letzten Tagen, von der Auftaktdemo, dem Laternenumzug in Metzingen, der Rallye Monte Göhrde, und von der Trauerfeier in Hitzacker.
Dieses Jahr ist es wieder voll – voller, als alle erwartet hatten. Der Marktplatz in Dannenberg, an dem sich die Einheimischen und Angereisten am Samstag zur Auftaktdemo sammelten, platzte aus allen Nähten. Die Vokü auf der Essowiese meldete einen unerwartet hohen Verbrauch an Lebensmitteln. Auf dem Camp in Metzingen mussten im Verlaufe des Tages immer wieder zusätzliche Scheunen organisiert werden, weil die bereits eingerichteten sich im Handumdrehen füllten. Mit ca. 5.000 bis 6.000 Besuchern war die diesjährige Auftaktdemo fast doppelt so gut besucht wie im vergangenen Jahr. Im Gegensatz dazu schienen Polizei und BGS zunächst mit erheblich geringerer Truppenstärke angerückt zu sein.

Im Rahmen der Auftaktdemo konnte sich jeder davon überzeugen, dass in grossem Masse in die Dannenberger Infrastruktur investiert worden war. In der Nähe des Verladekrans befindet sich ein einducksvoll grosses Containerdorf der Polizei, für dessen errichtung und Unterhalt Unsummen an Geldern geflossen sein müssen. Für besondere Überraschung sorgte auch der eine oder andere angemietete Europcar-Wagen, aus dem es einen grün uniformiert entgegenblickte.

Nach der Demo verteilten sich die Menschen auf die unterschiedlichen Camps und begannen, den Besatzern zu zeigen, wie wenig sie willkommen sind. In Metzingen an der Bundesstrasse zwischen Lüneburg und Dannenberg gab es am Abend einen Laternenumzug, der für eine viele Stunden dauernde Umleitung des Verkehrs verantwortlich war.

Damit nicht wieder die Situation entsteht, dass die Polizei den Parkplatz gegenüber dem Camp für ihre eigenen Zwecke nutzt, hatte hier rechtzeitig vorher eine Ausstellung von historischen landwirtschaftlichen Maschinen Einzug gehalten. Ein anscheinend etwas zu selbstsicheres Zivi-Pärchen glaubte, sich mit seinem PKW dazwischen mogeln zu können. Sie fielen allerdings auf und konnten dann dummerweise nicht mehr wegfahren. Ein paar eilig herbeigerufene Kollegen leisteten moralische Unterstützung, während die Zivis vergeblich und anscheinend erheblich übermüdet versuchten, im Inneren des Wagens ein wenig Schlaf zu finden. Derweil vergnügten sich etwa 100 Leute, die um das Auto herum standen, damit, es ein wenig zu schaukeln oder an die Scheiben zu klopfen und hineinzuleuchten. Es half alles nichts; während draussen eine Feuertonne und Bänke auf die Strasse geräumt wurden und die Leute es sich gemütlich machten und Heißgetränke holten, mussten die beiden warten, bis der Bürgermeister des Ortes sich zu einem Kompromiss bereitschlagen lies. Sie mussten ihren Wagen zu Fuß verlassen, dieser wurde von Polizeikollegen schließlich entfernt. Allerdings gerieten sie noch in eine autonome Verkehrskontrolle und mussten dort ihre Personalien und ihr Lichtbild abgeben. Das jähe Ende einer Zivikarriere?

Am Sonntag startete dann von Metzingen aus die schon aus dem Frühjahr bekannte und auch in diesem Jahr sehr beliebte „Rallye Monte Göhrde“. 3 Stunden lang hatten die über 100 Teams Zeit, die Waldwege an den Schienen auf Begehbarkeit zu überprüfen, Wildschweine mit Futter zu versorgen, die Akustik in Freier Natur zu testen oder Bewässerungsgräben anzulegen. Am Ende trafen sich alle wieder wohlbehalten auf einer Waldlichtung zu einem Teller heisser Suppe und berichteten von ihren Erlebnissen, während ein kleiner grüner Hubschrauber versuchte, möglichst unauffällig über ihnen zu kreisen und Bilder fürs Familienalbum zu kipsen.
Derweil gab es auf den Waldwegen auch den einen oder anderen Rückstau nicht unerheblicher Mengen von Polizeieinsatzkräften, die anscheinend die Wegebeschilderung nicht ausreichend beachtet hatten. Einer hatte eine Länge von etwa einem Kilometer und reichte bis Leitstade.
Als noch gemeinschaftlich über die Auflösung dieses riesigen Blechknäuls mitten im Wald beratschlagt wurde, erreichte die Anwesenden die Nachricht von dem Unglück in Frankreich.

Nach einem gemeinsamen Plenum in der Scheune fuhr das Camp gemeinsam nach Hitzacker zur Trauerkundgebung. Die Medienpräsenz war überwältigend, die Worte von der Bühne hilflos und karg. Ein Vertreter der Kirche sprach als letztes und forderte zur Besinnung und zu Andachten auf. Erst als eine weitere Person auf die Bühne trat und äußerte, das es am Meisten im Sinne des Toten wäre, wenn der Castor -dieses eine Mal- nicht durchkommen dürfe, kam Bewegung in die Menge und es gab viel Applaus.
Im Anschluß an die Kundgebung sollte es noch einen Trauermarsch geben. Eine Gruppe von etwa 100 Leuten ging zu den Schienen und besetzte sie symbolisch und zündete Kerzen im Gleisbett an. Die Polizei lies ausrichten, das die Leute zunächst geduldet würden, allerdings solle man sich davor hüten, an den Gleisen zu manipulieren. Einen Bahnübergang weiter gab es noch Auseinandersetzungen, bei denen angeblich die Scheiben eines Polizeiautos zu Bruch gingen..

Spät in der Nacht rollten von Lüneburg aus mehrere nicht enden wollende Konvois von Polizeifahrzeigen Richtung Dannenberg .
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