Hartz IV verfassungswidrig - Gutachten
Gutachten: Hartz IV in zehn Punkten verfassungswidrig
Eine von den PDS-Fraktionen in den Landtagen von Brandenburg, Sachsen
und Thüringen in Auftrag gegebene gutachterliche Stellungnahme zum
Vierten Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz IV)
kommt zu dem Ergebnis, dass dieses Gesetz zehnfach gegen das
Grundgesetz verstößt.
Eine von den PDS-Fraktionen in den Landtagen von Brandenburg, Sachsen
und Thüringen in Auftrag gegebene gutachterliche Stellungnahme zum
Vierten Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz IV)
kommt zu dem Ergebnis, dass dieses Gesetz zehnfach gegen das
Grundgesetz verstößt.
Zwar begegnen dem Systemwechsel - der Zusammenlegung von Arbeitslosen-
und Sozialhilfe - keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil der
Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist, im Nachgang
zur Versicherungsleistung Arbeitslosengeld ein auf Dauer angelegtes
System der Arbeitslosenhilfe vorzuhalten. Doch dies gilt nur insoweit,
als mit den Neuregelungen die aus dem Grundgesetz folgenden Vorgaben
des Sozialstaatsgebots sowie der Grundrechte und grundrechtgleichen
Rechte gewahrt werden.
1. Genau dies leistet jedoch das Regelwerk des SGB II im Hinblick auf
das Sozialstaatsgebot des Artikel 20 Absatz 1 nicht im
verfassungsrechtlich gebotenen Maße. Mit diesem Gesetz nimmt der
Gesetzgeber klar Abstand vom Sozialstaatsgebot, wie es das
Grundgesetz normiert hat.
2. Die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe auf dem
vorgesehenen Niveau der Sozialhilfe unterschreitet den Bedarf der
Betroffenen und ist deshalb mit dem Grundrecht auf Menschenwürde
gemäß Artikel 1 Absatz 1 in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot
des Grundgesetzes nicht vereinbar ist. Insbesondere die mit der
Pauschalierung verbundene Abschaffung von Einmal-Leistungen und
der nicht mehr vorgesehene Ausgleich von Notlagen steuern die
Betroffenen in eine Situation, wo sie ihren Bedarf nicht mehr
decken können. Die Regelsätze reichen nicht aus.
3. Die Kombination der Verkürzung der Anspruchsdauer auf die Zahlung
von Arbeitslosengeld I mit der Einführung des Arbeitslosengeldes
II ohne angemessene Übergangsregelungen ist insbesondere für
Langzeitversicherte nicht mit dem Eigentumsschutz des Artikels 14
des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot gemäß
Artikel 20 und 28 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar, sofern diese durch
diese Regelung schlechter gestellt werden.
4. Die Beschränkung der Leistungen für Bezieher von
Arbeitslosenhilfe, die die so genannte 58er-Regelung in Anspruch
genommen haben, ist mit dem Eigentumsschutz von Artikel 14 in
Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot gemäß Artikel 20 und 28 Abs.
1 Grundgesetz unvereinbar.
5. Die mittelbare Diskriminierung von Frauen, die durch die
Anrechnung des Partnereinkommens innerhalb der Bedarfsgemeinschaft
weit überwiegend von einem dadurch begründeten Leistungsentzug
betroffen sein werden, ist mit dem Grundsatz der
Gleichberechtigung gemäß Artikel 3 Abs. 2 und 3 des Grundgesetzes
unvereinbar.
6. Diese Regelung des SGB II zur Hilfebedürftigkeit bei
Bedarfsgemeinschaft ist ebenso unvereinbar mit dem besonderen
Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 Absatz 1.
7. Die Zumutbarkeitsregelungen in Verbindung mit dem
sanktionsbewährten Zwang, jede Arbeit anzunehmen, sind mit dem
Artikeln 12 Abs. 2 und 3 des Grundgesetzes unvereinbar, wenn die
Aufnahme von Arbeitsgelegenheiten gegen den Willen des oder der
Betroffenen verlangt wird und diesem oder dieser der Arbeitsmarkt
verschlossen ist.
8. Der sanktionierte Zwang, eine so genannte
Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, ist wegen des Fehlens
privatautonomer Entscheidungsfreiheit mit dem Grundrecht auf
allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Artikel 2 Absatz 1 unvereinbar.
9. Die derzeitige Verwaltungspraxis der Bundesagentur für Arbeit,
insbesondere der zur Antragstellung gehörende Fragebogen, ist mit
dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Artikel 2
Abs. 1 und mit Artikel 1 Abs. 1 unvereinbar. Es werden Daten
erhoben, die die Bundesagentur für die Bewilligung der Leistungen
gar nicht benötigt.
10. Die Ermächtigung zur Pauschalierung der Leistung durch Verordnung
der zuständigen Bundesministerien steht auf keiner ausreichend
geregelten gesetzlichen Grundlage und ist deshalb mit dem
Rechtsstaatsgebot gemäß Artikel 20 und 28 Absatz 1 unvereinbar.
Die PDS geht mit diesen gutachterlichen Ergebnissen von einer
gravierenden Verfassungswidrigkeit der Hartz-Gesetze aus. Die Prüfung
hat ergeben, dass die PDS nicht im eigenen Namen Verstöße von Hartz IV
gegen das Grundgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht geltend machen
kann. Sie wird deshalb den Arbeitslosenverband darin unterstützen,
Betroffene auf ihrem Gang durch die Instanzen bis nach Karlsruhe zu
begleiten. Wegen der Erheblichkeit der Grundgesetzverstöße und wegen
der Vielzahl der von Hartz IV Betroffenen ist es im Interesse des
Landes, wenn die Verfahren nicht über Jahre hinweg durch alle
Instanzen laufen, sondern alle Möglichkeiten genutzt werden, um die
Karlsruher Richter schnellstmöglich damit zu befassen.
und Sozialhilfe - keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil der
Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist, im Nachgang
zur Versicherungsleistung Arbeitslosengeld ein auf Dauer angelegtes
System der Arbeitslosenhilfe vorzuhalten. Doch dies gilt nur insoweit,
als mit den Neuregelungen die aus dem Grundgesetz folgenden Vorgaben
des Sozialstaatsgebots sowie der Grundrechte und grundrechtgleichen
Rechte gewahrt werden.
1. Genau dies leistet jedoch das Regelwerk des SGB II im Hinblick auf
das Sozialstaatsgebot des Artikel 20 Absatz 1 nicht im
verfassungsrechtlich gebotenen Maße. Mit diesem Gesetz nimmt der
Gesetzgeber klar Abstand vom Sozialstaatsgebot, wie es das
Grundgesetz normiert hat.
2. Die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe auf dem
vorgesehenen Niveau der Sozialhilfe unterschreitet den Bedarf der
Betroffenen und ist deshalb mit dem Grundrecht auf Menschenwürde
gemäß Artikel 1 Absatz 1 in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot
des Grundgesetzes nicht vereinbar ist. Insbesondere die mit der
Pauschalierung verbundene Abschaffung von Einmal-Leistungen und
der nicht mehr vorgesehene Ausgleich von Notlagen steuern die
Betroffenen in eine Situation, wo sie ihren Bedarf nicht mehr
decken können. Die Regelsätze reichen nicht aus.
3. Die Kombination der Verkürzung der Anspruchsdauer auf die Zahlung
von Arbeitslosengeld I mit der Einführung des Arbeitslosengeldes
II ohne angemessene Übergangsregelungen ist insbesondere für
Langzeitversicherte nicht mit dem Eigentumsschutz des Artikels 14
des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot gemäß
Artikel 20 und 28 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar, sofern diese durch
diese Regelung schlechter gestellt werden.
4. Die Beschränkung der Leistungen für Bezieher von
Arbeitslosenhilfe, die die so genannte 58er-Regelung in Anspruch
genommen haben, ist mit dem Eigentumsschutz von Artikel 14 in
Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot gemäß Artikel 20 und 28 Abs.
1 Grundgesetz unvereinbar.
5. Die mittelbare Diskriminierung von Frauen, die durch die
Anrechnung des Partnereinkommens innerhalb der Bedarfsgemeinschaft
weit überwiegend von einem dadurch begründeten Leistungsentzug
betroffen sein werden, ist mit dem Grundsatz der
Gleichberechtigung gemäß Artikel 3 Abs. 2 und 3 des Grundgesetzes
unvereinbar.
6. Diese Regelung des SGB II zur Hilfebedürftigkeit bei
Bedarfsgemeinschaft ist ebenso unvereinbar mit dem besonderen
Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 Absatz 1.
7. Die Zumutbarkeitsregelungen in Verbindung mit dem
sanktionsbewährten Zwang, jede Arbeit anzunehmen, sind mit dem
Artikeln 12 Abs. 2 und 3 des Grundgesetzes unvereinbar, wenn die
Aufnahme von Arbeitsgelegenheiten gegen den Willen des oder der
Betroffenen verlangt wird und diesem oder dieser der Arbeitsmarkt
verschlossen ist.
8. Der sanktionierte Zwang, eine so genannte
Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, ist wegen des Fehlens
privatautonomer Entscheidungsfreiheit mit dem Grundrecht auf
allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Artikel 2 Absatz 1 unvereinbar.
9. Die derzeitige Verwaltungspraxis der Bundesagentur für Arbeit,
insbesondere der zur Antragstellung gehörende Fragebogen, ist mit
dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Artikel 2
Abs. 1 und mit Artikel 1 Abs. 1 unvereinbar. Es werden Daten
erhoben, die die Bundesagentur für die Bewilligung der Leistungen
gar nicht benötigt.
10. Die Ermächtigung zur Pauschalierung der Leistung durch Verordnung
der zuständigen Bundesministerien steht auf keiner ausreichend
geregelten gesetzlichen Grundlage und ist deshalb mit dem
Rechtsstaatsgebot gemäß Artikel 20 und 28 Absatz 1 unvereinbar.
Die PDS geht mit diesen gutachterlichen Ergebnissen von einer
gravierenden Verfassungswidrigkeit der Hartz-Gesetze aus. Die Prüfung
hat ergeben, dass die PDS nicht im eigenen Namen Verstöße von Hartz IV
gegen das Grundgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht geltend machen
kann. Sie wird deshalb den Arbeitslosenverband darin unterstützen,
Betroffene auf ihrem Gang durch die Instanzen bis nach Karlsruhe zu
begleiten. Wegen der Erheblichkeit der Grundgesetzverstöße und wegen
der Vielzahl der von Hartz IV Betroffenen ist es im Interesse des
Landes, wenn die Verfahren nicht über Jahre hinweg durch alle
Instanzen laufen, sondern alle Möglichkeiten genutzt werden, um die
Karlsruher Richter schnellstmöglich damit zu befassen.
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Ergänzungen
Verfassungsänderung?
Verfassungsbeschwerde statt Protest
Leider hoehrt man das hier nicht gerne, anderswo auch nicht. Kritik an dieser eigentlich tollen Aktion ist eben nicht angebracht. Ich moechte auch gar nicht die Arbeit der Organisatoren in Frage stellen. Es ist in den anderen Staedten auch nicht anders gelaufen, nur kann ich das nur aus Reportagen und Meldungen entnehmen.
Hier wurde schon im Anschluss an die dritte Demo die Frage nach der Verfassung gestellt. Das Urteil hiess: Hartz mit allen Mitteln kippen, also auch auf Grund einer Verfassungsbeschwerde.
Wenn wir uns nun aber nur auf das Grundgesetz beziehen und die Proteste gar keiner mehr auf die Strasse locken ist das nicht richtig durchdacht. Das Grundgesetz wurde ja nicht zu diesem Zweck erlassen. Es duerften sich nach dem Grundgesetz viele andere Punkte durchbringen lassen. In wie fern nun gerade Hartz verfassungswiedrig ist kann ich nicht sagen. Da aber kriegerische Einsaetze wie z.B. in Afganistan oder im Balkan sind nach dem Grundgesetz erlaubt. Auch eine Beteiligung im Irak haette wohl nur die Zustimmung des Parlaments benoetigt.
Was ich aber eigentlich sagen moechte ist:
Wenn wir unseren Protest auf Grundgesetze beschraenken, kaempft man auf Dauer gegen nichts mehr. Es gibt bestimmt 1000 Gruende warum der Hartz Protest gescheitert ist, oder zuminsdest im Keim erstickt wurde, aber das nun die selben nach dem Grundgesetz schreien finde ich schon komisch. Zumal es sich teilweise um Gruppen handelt, die auf Flugblaettern ganz klar das kapitalischtische System verantwortlich machen, was ja auch richtig ist. Nun aber probieren diese Leute Hartz zu kippen an Hand des eindeutig zum System gehoerenden Grundgesetz. Das System wird sich nicht aendern, wenn man seinen Protest auf GG-Klagen beschraenkt.
Sollten einige Punkte von Hartz nicht verfassungsgemaess sein, werden diese geaendert. Auch die 10 Euro beim Arzt sind verfasusngsgemaess. Auch habe ich von chronisch Kranken gehoert, denen in den ersten Tagen kein Arsch geholfen hat. Auch kein Grundgesetz. Das Parlament hat dann nachgebessert. Das kann man aber niemals in jedem Fall erwarten.
Klagen ersetzen den Protest nicht und sind auch kein gutes Mittel um gegen die Zustaende in diesem Land Front zu machen. Es suggeriert im Gegenteil, dass dieses System gar nicht so schlecht ist und man es im gesetzlichen Rahmen verbessern kann, dass ist grundlegend falsch, meiner Meinung nach.
Solche Klagen werden von der Regierung seit schon vielen Jahren hingenommen. Eine Nachbesserung ist dann noetig, aber diese liegt immer so im Rahmen, dass sich praktisch nichts aendert.
Klagen ersetzen keine Proteste. Niemals.
Pressebericht
Verfassungsgericht soll Hartz IV aushebeln
http://www.lr-online.de/nachrichten/laurundschau/tagesthemen/art1065,762433.html?fCMS=06ef7e51f96921c710eef012ef177a81
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
Na und?
Quelle sicher?
ich hab diese Meldung über eine Mailingliste erhalten. Daher bin ich mir nicht 100% sicher, ob sie stimmt.