1:1 für www.puk.de

Perspektive unabhängige Kommunikation 30.10.2004 15:15 Themen: Antifa Netactivism Repression
"Wir sehen den Ausgang des Verfahrens mit einem lachenden und einem weinenden Auge", so der Vorstand des Vereins puk e.V.
Zwar musste die Klägerin ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Betreiber des Projekts "Politik und Kultur" (www.puk.de) zurückziehen, es gelang aber nicht, das Gericht dazu zu bewegen, sich generell zum Thema Linkhaftung zu positionieren.
Am 29. Oktober fand am Landgericht Göttingen das mündliche Verfahren zur einstweiligen Verfügung gegen den Verein "Perspektive unabhängige Kommunikation e.V. (puk)" statt.

Dem Verein puk e.V. wurde in der einstweiligen Verfügung mit Strafbewehrung von 6000 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

„1. (...) einen Link zu einer Webseite zu legen, auf welcher das mit den Worten „Timo Sxxxx mit Freundin Mandy, Sängerin bei Agitator“ unterschriebene Foto der Antragstellerin zu erkennen ist“

„2. öffentlich, insbesondere im Internet, zu verbreiten, die auf vorgenanntem Lichtbild erkennbare Antragstellerin sei Sängerin der Musikgruppe Agitator“

Indymedia berichtete ausführlich unter  http://germany.indymedia.org/2004/09/94801.shtml

In der zweieinhalbstündigen Verhandlung, die in Folge des Widerspruchs durch den Verein puk e.V. gegen die erlassene einstweilige Verfügung vom 26.8. anberaumt wurde, ging es zunächst darum, dem Gericht die Struktur des Internet-Projekts "Politik und Kultur" (www.puk.de) zu erläutern. Dabei wurde durch den Anwalt des puk e.V., Thomas Breitenbach aus Göttingen, geltend gemacht, dass unter der Adresse www.puk.de in Unterverzeichnissen rund 200 verschiedene Gruppen aus einem breiten sozialen, politisch und kulturellen Spektrum selbstständig und eigenverantwortlich publizieren, wobei sich das Gesamt-Datenvolumen auf ca. 3,5 Gigabyte beläuft und aus ungefähr 92.000 verschiedenen Dateien besteht. Diese Datenmenge, deren Inhalt sich jederzeit verändern könne, sei unmöglich zu kontrollieren und auf vermeintlich strafbare Inhalte zu prüfen. Im übrigen sei eine Haftung des Vereins für fremde Inhalte nach § 8 Teledienstgesetz ausgeschlossen. Darüber hinaus wurde von den beiden Vereinsvorsitzenden glaubhaft gemacht, dass es von der Seite www.puk.de niemals den beanstandeten Link auf das Flugblatt mit dem Foto der Klägerin gegeben habe (zu 1. der einstw. Vf.) und der Verein auch niemals behauptet habe, die Klägerin sei Sängerin einer rechtsextremen Band (zu 2. der einstw. Vf.).

Angesichts der komplexen Materie wurde dieser Sachverhalt plastisch am Beispiel eines Webhosters wie der Telekom dargestellt, die z.B. unter home.t-online.de etliche tausend Unterverzeichnisse bereitstellt, die von ihren Kunden selbständig und eigenverantwortlich als Homepages verwaltet werden. Auch die Telekom sei nicht verantwortlich für die Inhalte der Webseiten ihrer Kunden, solange sie keinen Link darauf setze oder Kenntnis über möglicherweise strafbare Inhalte habe.

Die Klägerin, vertreten durch den in rechtsextremen Kreisen bekannten Anwalt Klaus Kunze aus Uslar , versteifte sich dagegen darauf, zu behaupten, die bei puk.de gehosteten Gruppen seien nicht real existent und dienten lediglich als Schutzbehauptungen, um die Strafverfolgung zu erschweren. Kunze verstieg sich sogar dazu, zu unterstellen, die Betreiber des puk-Projekts seien identisch mit der bei puk.de gehosteten Antifa-Gruppe, auf deren Seiten sich das beanstandete Foto befand. Als "Beweis" führte er an, dass sowohl der Verein puk e.V. als auch die Antifagruppe eine E-Mail-Adresse mit der gleichlautenden Domainendung ".....@puk.de" besässen, sich also der Verein selber E.Mails schicke, wenn er an die Antifa oder eine beliebige andere Gruppe mit ...@puk.de E-Mailadresse schreibe. Hier offenbarte Herr Kunze ebenso wie an anderen Stellen offenkundige Unkenntnis über die Struktur des Internet, der mit einer Bemerkung wie "Glauben Sie auch, dass die Telekom sich jede Mail mit Endung ...@t-online.de selber zuschickt ?" schnell - und vom Gericht offenkundig nachvollziehbar - Abhilfe geschaffen werden sollte. Das war zumindest anzunehmen, aber weit gefehlt. Anwalt Kunze setzte noch eins drauf und versuchte in einer eher kläglichen Vorstellung immer wieder, die Vereinsvorstände in eine vermeintlich Terrorismus-bejahende Ecke zu stellen. Hierzu zitierte er einen uralten Forenbeitrag auf puk.de zu einem offiziell mit ISBN-Nummer erhältlichen Nachdruck des Buchs "Revolutionäre Kriegskunst" von Johann Most, 1885.

Herr Kunze ließ auch noch nicht ab, als das Gericht bereits versuchte, einen Urteilsspruch zu finden, so dass sich die Richterin veranlasst sah, Kunze ins Wort zu fallen und ihn mit scharfen Worten zurechtzuweisen. Was dann auch wirkte, musste die Gegenseite doch einsehen, dass ansonsten die ganze Sache für sie mit Pauken und Trompeten verloren gegangen wäre.

So kam es schließlich nach ca. zweieinhalbstündiger Verhandlungsdauer zu einem Abschluss des Verfahrens mit folgendem Ergebnis (im übertragenen Sinne wiedergegeben, da das schriftliche Protokoll des Gerichts noch nicht vorliegt):

1) Die Klägerin zieht ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.
2) Im Gegenzug verzichtet der puk e.V. auf Kostenanträge gegen die Klägerin

In der Konsequenz bedeutet dies, die Klägerin hat das Verfahren in der Sache verloren, muss aber nur eigene Anwaltskosten und Gerichtskosten tragen. Dieses Zugeständnis war notwendig, um einen kostenintensiveren Vergleich, der im offenkundigen finanziellen Interesse (aufgrund höherer Anwaltsgebühren) von Herrn Kunze lag, zu vermeiden.

3) Der Verein puk e.V., vertreten durch den Vorstand, erklärte sich bereit, zukünftig nach Kenntnis einer weiteren Veröffentlichung von Bildern der Klägerin oder der Behauptung, sie sei Sängerin bei „Agitator“ auf dem Server des Vereins unverzüglich zu handeln und die entsprechenden Seiten zu sperren. Andernfalls wäre eine Strafe von 6.000 € fällig.

Der Verein puk e.V. kann mit diesem Urteil leben, da die einstweilige Verfügung mit ihrer unmittelbaren Strafandrohung nun vom Tisch ist und ansonsten lediglich konkretisiert wird, was nach § 8 Teledienstgesetz ohnehin gängige Rechtssprechung ist.

Letztlich war das Verfahren aber kein eindeutiger Erfolg für den puk e.V. und sein Internet- Projekt. Neben der Abwendung der einstweiligen Verfügung war es Ziel, dass das Gericht generell feststellen sollte, das der puk e.V. nicht für Inhalte Dritter auf deren eigenen Seite verantwortlich ist. Das Gericht wollte dem nicht folgen, da dies in jedem Fall einer Klage individuell überprüft werden müsse.

Nachtrag: Droht bereits neuer Ärger ?

Am Vortag des Verfahrens kam es zu einem Besuch der Polizei Kassel beim DNS (Domain Name Server) -Anbieters des Vereins. Sie forderten ihn per gerichtlichen Beschluss aus Süddeutschland, vermutlich Würzburg oder Nürnberg, auf, die Logdateien des puk-Servers herauszugeben, wozu er nach §8 TDG verpflichtet sei. Da der DNS-Anbieter weder weiß, wo der Server steht, noch Logdateien besitzt, verneinte er die Bereitstellung mangels Möglichkeit. Daraufhin kündigte die Polizei weitere Aktivitäten der Polizei Göttingen an. Zu den Hintergründen ist bislang noch nichts offizielles bekannt, da der puk e.V. als Domaininhaber bislang nicht angesprochen wurde.

Da dem Verein offenbar neuer Ärger ins Haus steht und er seine Anwaltskosten aus der mündlichen Verhandlung der einstweiligen Verfügung selbst tragen muss, wird weiterhin dringend um Spenden (keine steuerlich absetzbare Spendenbescheinigung möglich) gebeten:

Bankverbindung:

Empfänger: Perspektive unabhängigeKommunikation e.V. (puk)
Verwendungszweck: „Prozess“
Kontonummer: 50 58 73 77
Bankinstitut: Sparkasse Göttingen
Bankleitzahl: 260 500 01

Vielen Dank!
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