Wer zerstört die sozialen Bewegungen?

Leo Sedov 20.10.2004 15:56 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe
Nach der Beendigung des ESF fliegen die Fetzen. Auf indy uk laufen derzeit interessante Diskussionen. Wer macht die Bewegung kaputt? Die "trotzkistische" Sozialistische Arbeiterpartei", SWP? Oder sind diese Leute eher der Bremser weil sie uns ständig Bündnisse mit den Gewerkschaftsbossen aufzwingen wollen?
"Wir müssen die Gewerkschaften in´s Boot bekommen" "Die PDS wird sich mit einer größeren Summe an der Demonstration am 2. 10 beteiligen". So oder ähnliche Argumente sind Aktivisten gegen Sozialbbau seitens der üblichen Verdächtigen aus dem attac-Umfeld und besonders führenden Linksruckern bekannt.

Es lohnt sich, um Schlüsse für uns zu ziehen, mal die Diskussion in England anzusehen.

"many times ESF co-ordinating committee meetings were presented with a stark choice - either go along with what "the unions" want, or the unions will withdraw their funding and the esf will not happen... "

"Viele Male wurden ESF Organisationskommittees vor die Wahl gestellt - entweder macht ihr das was die Gewerkschaften wollen - oder die Gewerkschaft wird ihre finanzielle Unterstützung zurückziehen".

Das kommt uns doch sehr bekannt vor!

Auch die SWP muß in den Diskussionen auf indy uk gut was einstecken, ihr wird vorgeworfen das ESF an den englischen DGB verraten zu haben, und Bewegungen kaputtzumachen:

Dem wird entgegengehalten: "To realise why the power of the SWP is over-rated you have to understand that they cannot build significant movements nor can they destroy them. What they can do very well is act as a break on significant movements, mainly by holding back them through bureaucratic inertia. Their expertise is in gaining the necessary bureaucratic positions."

"Um zu erkennen warum die Macht der SWP überschätzt wird, ist es notwendig zu erkennen, das sie selbst keine bedeutenden Bewegungen aufbauen können - noch können sie sie zerstören. Was sie sehr gut können (die SWP) ist als Bremser von sozialen Bewegungen zu dienen, hauptsächlich dadurch dass sie die Bewegung durh bürokratische Trägheit zurückhalten. Ihre xpertise besteht darin die notwendigen bürokratischen Positionen zu besetzen."

Tja, das kennt man in Deutschland ja nicht nur von der SWP-Schwester-Organisation Linksruck - sondern auch von einigen kleine attac-Königen oder von den diversen Chefchens der Sozialforen. Komischerweise sind es auch immer die gleichen Leute, die schnell auf den Bewegunszug springen und alle Posten besetzen und sich dann durch bürokratische Trägheit auszeichnen. "Bloß nach dem Erfolg vom 4. März die nächste Aktion planen. Was haltet ihr von der Durchführung eines Volksbegehrens. Die Unterstützung der Gewerkschaft der Polizei haben wir. Das wird uns weiterbringen. Also dann sollten wir auch Vertreter für die Pressegruppe bestimmen. Da hätten wir euch schon mal ein paar Vorschläge zu machen..."

Jaja, so kennen und lieben wir sie. Radikale Aktionen und Inhalte werden dann von der so langsam entstehenden Bewegungs-Nomenklatura bürokratisch gehemmt - der PDS und der Gewerkschaft werden so indirekt Zugeständnisse gemavht.

Die vollständigen und interessanten Diskussionen über das ESF und die Rolle der Gewerschaftführung und der SWP findet ihr unter:

TUC leader calls for closer links between unions and social movements
 http://www.indymedia.org.uk/en/2004/10/299538.html

The Trots will destroy ESF
 http://www.indymedia.org.uk/en/2004/10/299602.html
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Ergänzungen

es war nicht nur die swp, die in london

der nestscheißer 20.10.2004 - 17:37
gebremst und mit bürokratischen methoden die veranstaltung zu dominieren versucht hat; ebenso aktiv war da der komplex um den londoner bürgermeister ken livingston (rief im frühjahr zum streikbruch gegen die eisenbahner/innen-gewerkschaft rmt auf) und die in seinem umfeld herumschwirrende gruppe "socialist action" (nicht mit den gleichnamigen gruppen in den usa oder kanada zu verwechseln), bei welchem es sich um eine kaum öffentlich agierende gruppe (ihre zeitschrift haben sie 2001 eingestellt, homepage gibt es noch:  http://ourworld.compuserve.com/homepages/sa_review/sahome.htm ) ehemaliger, inzwischen zynisch gewordener ex-linksradikaler handelt, deren mitglieder in aller regel inzwischen bezahlte posten in labour, tuc, ngos oder der londoner verwaltung haben, ansonsten im vergleich zu früher reichlich stalinophil geworden sind.

ansonsten gibt es auch für swp & konsorten gewerkschaften und gewerkschaften: so wurden bei den gewerkschaftlichen sprecher/innen auf dem esf im vorfeld die meisten linkeren (außer bob crow von der rmt) gewerkschafter/innen wie mark serwotka (parteiloser trotzkist, pcsu-vorsitzender) vom der mehrheit von swp/ken livingston & socialist action abgelehnt, siehe  http://www.cpgb.org.uk/worker/542/esf.htm .

Nun mal einige Fakten

Mr.X 20.10.2004 - 17:51
Leider kommmt diese Text etwas polemisch rüber. fakten sind aber wichtig.

Die SWP/Labor/Livingstone-Leute hat in den Monaten vor dem Beginn des ESF fast alle Bsisgruppen raus-dominiert. Alles, was irgendwie nach "basisdemokratisch" oder "anarchistisch" roch, wurde rausgesäubert. Die Entscheidungen wurden in der Regel von SWP und Labour durchgedrückt. Viele blieben deswegen zu Hause, das ESF hatte noch noch halb so viele Teilnehmer wie das ESF im Vorjahr.

Auf dem ESF gingen SWPler mehrmals zusammen mit der Polizei gegen Kritiker vor. Auf der Abschlußdemo verhinderten Schläger der SWP zusammen mit Polizisten, daß eine Einkesselung von Demonstranten bekanntgegeben wird.

Solidaritätserklärungen mit streikenden Opel-Arbeitern wurden verhindert, um die Labour-Partei nicht zu verärgern.

Nach dem "Treffen der Bewegungen" stichen ESF-Kader heimlich einige Passagen aus der gemeinsamen Erklärung. Betroffen war unter anderem eine Solidaritätserklärung mit Indymedia wegen der FBI-Aktion vor einer Woche.

SWP/Labour haben die ESF-Strukturen nachhaltig sabotiert und auch die jetzt aufkommende Zankerei soll wohl dazu dienen, die Bewegung zu lähmen (die SWP ist in UK sehr an einem guten Verhältnis zur Regierung interessiert, weswegen sie dabei hilft, die Bewegungen zu schwächen).

Auf dem ESF gab es von SWP-Kadern teilweise sehr rechte Äußerungen, es wurde sich offen mit Hamas und islamistischen Fundamentalisten solidarisiert (interessant: sie drängen libertäre Linke raus, arbeiten mit der Polizei zusammen und solididarisieren sich mit Fundamentalisten)

Diese Liste könnte noch weitergeführt werden.
Interessanterweise ist die einzige Antwort der SWP/Linksruck-Kader auf diese Kritik: "das sind alles böse dogmatische Anarchisten, die uns kritisieren".

was

Frage 20.10.2004 - 19:39
"Jaja, so kennen und lieben wir sie. Radikale Aktionen und Inhalte werden dann von der so langsam entstehenden Bewegungs-Nomenklatura bürokratisch gehemmt "

Was waren denn die radikalen Aktionen und Inhalte? Bestehen die nur in der Abgrenzung zu den Reformern? Es gab doch ne Menge autonomous spaces???

@was

das 20.10.2004 - 19:46
eine Podiumbesetzung, auf der ordentlich geschimpft wurde, und eine anschliessende nicht angemeldete Demo von 200 Leuten, die "no border no nation, stop deportation" riefen und in der Pampa zwischen dem Hauptveranstaltungort (Alexandra Palace) und einem autonomous space (Middle Sex University) im Nichts verschwanden.

Das waren die radikalen Aktionen und Inhalte.

Vereinnahmungslogiken

Ovu Ovu (lat.) 20.10.2004 - 21:54
Vereinnahmung aller Projekte, die Popularität und politischen (Pseudo)Einfluß, Spenden oder Mitglieder versprechen, ist ja nix Neues und tritt nicht nur beim ESF auf. Mehr Beispiele:
- Vereinnahmung bei Hartz-IV:  http://www.de.indymedia.org/2004/09/94945.shtml
- WSF und ESF, Sozialforum:  http://www.projektwerkstatt.de/sozialforum
- Attac:  http://www.attac-online.de.vu
- Wahlalternative:  http://www.wahlalternative.de.vu
- Umweltbewegung:  http://www.projektwerkstatt.de/oekofilz

Interessant ist

N.N. 20.10.2004 - 23:21
wie sich europäische Arbeiterorganisationen bzw. einzelne von deren Vertretern vor und in europäischen faschsitischen Systemen bzw.zum Faschismus in Europa verhalten haben .Da im Moment niemand die kapitalistische Vergesellschaftung selber ,bzw.den Kapitalismus in Frage stellt (außer in flachen Rhetoriken ),alle aber parallel zu oder mit der
staatlichen Politik autoritär/er werden,ist das interessant .Stalinismusvorwürfe wären zu überprüfen,Stalin ist tot und es gibt,im Gegensatz zur Politik der parteikommunistischen Arbeit (im Westen ) in den fünfziger ,sechziger und siebziger Jahren keinen Bezug auf eine staatskommunistisch-stalinistische Politik.Es gibt ja nichtmal mehr eine UDSSR,was soll an denen noch "stalinistisch" sein. Überprüft bitte mal eure Rhetorikblasen allerseits und werdet genauer und differenzierter,in euren Zuschreibungen und euren Vorwürfen und euren Abgrenzungen.Politiken ,im Trend,mit der Entsorgung der Geschichte der UDSSR oder der KPDSU,gleich mit zu diffamieren oder mitentsorgen zu wollen erlaubt !),wirkt auf der Folie der anstehenden und vollzogenen
Änderungen europäischer (!!!) Politik wie angestaubtes propagandistisches Instrumentarium,wie "Nachmacherpolitik ".Die Gefahr,auch die innerhalb der Arbeiterbewegung,der Arbeiterorganisationen,droht heute wieder "von
rechts".Bitte guck sich jemand Elemente des Faschismus (Programm und Politik )an ,die Klassenherrschaft,Herrschaft ÜBER die arbeitende Klasse,soziale Kontrolle ,faschistische Sozialpolitik,Integration der Arbeiterbewegung ,Antisemitismus,Bevölkerungspolitik,Korporatismus,etc betreffen.Stichwort "die Gelben ".
Mann,
in die faschistischen Staaten,Arbeiterrrechte,

@ovu ovu Vereinahmung

nn 21.10.2004 - 11:57
der link Wahlalternative:  http://www.wahlalternative.de.vu geht nicht.

"Blai must go!"

Peter G. 21.10.2004 - 13:01
ist eine der Losungen, die auf den Schildern der SWP stand. Auch "Blair raus, Flüchtlinge bleiben". Solche Sprüche macht man also in England, wenn man an einem guten Verhältnis zur Regierung interessiert ist. Na alles klar. Das ist ja wie jemandem in die Fresse zu hauen, dessen Freund man gern wär. Schwachsinn! Oder Lügen?

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