Tabak-Tagung in Magdeburg

Schlumpf 17.10.2004 03:07 Themen: Ökologie
Heute fand eine bundesweit angekündigte Tagung zur Tabakproblematik in Magdeburg statt. Sie richtete sich neben dem Fachpublikum aus Verbänden und Organisationen auch an die Betroffenen, die RaucherInnen selbst. Überrannt wurden die VeranstalterInnen nicht, soviel ist klar. Diese hatten zwar keine utopischen Erwartungen, aber doch schon mit mehr als den letztlichen etwa vierzig Leuten gerechnet. Ein Berliner Aktivist dagegen meinte "es ist erstaunlich, wie viele gekommen sind". Da zeigt sich, dass das Tabakthema in der Regel nur wenige Menschen vom Hocker reißt. Das liegt gewiss auch an der Herangehensweise der in diesem Bereich sonst Aktiven: mit erhobenen Zeigefinger und der Reduzierung des Problems auch Detailprobleme lassen sich die Betroffenen (RaucherInnen) kaum motivieren.
Um es vorweg zu nehmen: Während der Tagung sind mir einige inhaltliche und konzeptuelle Fehler bei der Organisation aufgefallen, ohne die gewiss ein größerer Teil der politisch aktiven Menschen hätte erreicht werden können. Obwohl der Ansatz der Kampagne war, sich eben nicht gegen das Rauchen an sich zu stellen, sondern über verschiedene kaum beachtete Aspekte aufzuklären und Menschen einfach nur zu motivieren diese zu reflektieren und ihren eigenen Umgang damit zu entwickeln, wurde meines Erachtens im Vorfeld dieser Veranstaltung viel zu oft der Eindruck erweckt, es handele sich einfach um eine "Anti-Tabak-Veranstaltung". Gewiss ist die Kampagne sehr tabakkritisch, aber ihr Anspruch war doch ein wesentlich tiefergehender.

Witzig waren die Fazite einiger TeilnehmerInnen. So formulierte ein anwesender Professor, Ziel müsse sein, dass SchülerInnen lieber selbst für ihre rauchfreie Schule kämpfen, als das das von oben durchgesetzt würde, ganz nach dem Motto "ich sprühe für die rauchfreie Schule". Der Techniker der Veranstaltung meinte, ein "lustiger Nebeneffekt" von kritischen Nachfragen sei es, "die Politiker ein bisschen zu ärgern". Allerdings forderten stellvertretend für viele Anti-Tabak-AktivistInnen anwesende Studis Rauchen müsse "gesellschaftlich geächtet" werden, so dass sich RaucherInnen quot;unnormal" fühlen würden. Leider verlangen viele Aktive repressive Maßnahmen gegen den Tabakkonsum ein. Emanzipatorisch ist das nicht.

Als Aktionsform wurden aber auch Aktionen bei Veranstaltungen, wo PolitikerInnen mit der Tabakwirtschaft klüngeln, gefordert. Die politisch Verantwortlichen dürften nicht ausgespart und in Ruhe gelassen werden. Stattdessen müssten sie in Zugzwang gebracht und gezwungen werden, ihre Kooperationen zu rechtfertigen. Solche Aktionen gibt es in der BRD leider selten.

Umweltaspekt nicht unproblematisch
Inhaltlich wurde mit der Thematisierung des Umweltaspekts ein für die TabaklobbyistInnen ungewohntes Feld aufgemacht, aber durch die Konzentration auf Umweltzerstörungen in einigen afrikanischen Ländern dem auch eingeladenen Vertreter der deutschen Tabakpflanzer die Möglichkeit gegeben in diesem Bereich zu punkten. Denn auf seine Behauptung, der Anbau von Tabak in der BRD sei der Umwelt eher förderlich, weil diese Pflanzen dem Boden viel Stickstoff entzögen und damit gegen die Überdüngung wirken würden, gab es erstmal vom ebenfalls eingeladenen Umweltexperten erstmal keinen kompetenten Einspruch. Das hätte eigentlich im Voraus erkannt werden können und zu diesem Aspekt bereits reflektiert werden können. Argumente dazu entwickelten sich erst in einem anschließenden Workshop.

So freute sich Günther Hechler vom Bundesverband deutscher Tabakpflanzer erstmal "lieber mit- als übereinander reden" zu können und einen Raum zur Imagewerbung für die deutschen Tabakpflanzer zu haben. Glücklicherweise waren die in dieser Arbeitsgruppe beteiligten Personen dem jedoch sehr kritisch gegenüber und führten die Diskussion in eine andere Richtung.

Allgemeines zum Tabak
Zunächst versuchte er mit einer ausführlichen Schilderung der "Wunderpflanze Tabak" eine positive Atmosphäre für seine Position zu schaffen. Im folgenden berichtete er über die Situation des Tabakanbaus in der BRD. Ein Hektar (ha) Tabakpflanzen werfe etwa 300.000 EUR ab, davon seien 270.000 ha Tabaksteuer (die zu einem nicht unBed">bedeutenden Teil in Bundeswehr und innere Sicherheitskräfte gesteckt werden. Die Kosten eines solchen Hektars liegen bei einigen zehntausend EUR.

Im folgenden preist er Tabak als "hervorragenden Sauerstoff-Spender" an. 270 Menschen (?) könnten ihren Sauerstoff-Bed">Bedarf durch eine Hektar Tabak decken. Naja, kein dolles Argument, aber klingt ja vielleicht gut... Außerdem sei die Tabakpflanze doch ein guter Holzlieferant (das als Gegenargument zu dem Vortrag des kritischen Wissenschaftlers Helmut Geist, der über die Verfeuerung riesiger Holzmengen in Afrika berichtete und die damit verbundene Urwaldvernichtung anprangerte); die Stengel könnten nach der Trocknung verbrannt werden (3 Tonnen pro Hektar). Das sei vor allem "in den Entwicklungsländern" denkbar; hierzulande werden diese Abfallprodukte der Pflanze jedoch auch nur in den Boden eingearbeitet.

Für Tourismus und Landschaftspflege seien die Tabakanbauregionen in der BRD sehr attraktiv ("Ziergarten Deutschlands" - die blühenden Tabakpflanzen); es würden besondere Tabakführungen und Tabak-Dorffeste in seiner eigenen Anbauregion geführt werden. Die eigentlichen "Argumente" des Lobbyisten waren dementsprechend auch nur Arbeitsplätze und die Erhaltung traditionellen Anbaus. Dafür möchte er gern neue Subventionen, da seine Branche ansonsten nicht konkurrenzfähig sei.

Die Hauptanbaugebiete in der BRD sind Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Pro Jahr werden 11.400 Tonnen Tabak angebaut. Davon bleiben 90% in Europa, allerdings könnten nur 4% des hiesigen Tabakkonsums durch diese Ernte abgedeckt werden. Historisch ist der Anbau rückläufig. Von 1870 noch 20.000 ha seien heute nur noch 4.700 ha übrig geblieben. Ursache war der Konkurrenzdruck der Kolonien. Aber Hechler findet das gut, so seien nur noch die Besten übriggeblieben. Weltweit werden 6 bis 7 Mio Tonnen der Pflanze auf 4 Mio ha Fläche angebaut; den Hauptanteil hat China mit 2,6 Mio Tonnen.

Profitabler Anbau
Hechler gab unumwunden zu, dass sein Lobbyverband zu den Profiteuren des Tabak gehören, "dazu stehen wir auch". Seine Argumentation reduzierte sich letztlich auch auf die Erhaltung dieser Tradition und auf Arbeitsplätze, wenn er das auch nicht so konkret formulierte. Allerdings sei die Branche nicht wettbewerbsfähig und deshalb abhängig von Subventionen. Er fände es nur fair, wenn die TabakpflanzerInnen einen festen Anteil der Tabaksteuer ausgezahlt bekämen.

"Um zu leben" wird Tabak in der BRD angebaut, also zum Profit machen. Als Zeichen dafür wie unschädlich die Pflanze für den Boden sei, erläutert Hechler, dass der Anbau noch immer in den gleichen Gemarkungen stattfinde und im Fruchtwechsel mit u.a. Getreide und Zuckerrüben stattfinde. Daher gäbe es "den Tabakbauer" in der BRD auch nicht. Es handele sich um einfache Landwirte, die u.a. Tabak anbauen. Zwei Jahre hintereinander Tabak zu produzieren sei nicht zulässig.

"Tabak ist ein Genussmittel, dessen sind sich die Pflanzer bewusst" und die Jugend soll natürlich nicht zum Rauchen greifen. Erwachsene aber müssten die Gefahren für sich selbst einschätzen können. Bei dieser Argumentation wird ausgeblendet, dass die Herrschaftsverältnisse eine unabhängige Wahl schwer zulassen. Medien und Werbeindustrie haben erhebliche Einflüsse. Da gibt es neben der herkömmlichen Werbung all die Filme, in denen coole Typen rauchen; andere Menschen in dieser Gesellschaft leben Tabakkonsum vor; mit Arbeitsplätzen und angeblichen Umweltaspekten wird Politik gemacht. Nicht zuletzt werden gerade als "ungesunde" Dinge für jüngere Leute attraktiv...

Filz zwischen Politik und Konzernen
In einem Referat von Johannes Spatz vom "Forum Rauchfrei" wurde sehr informativ auf das enge Beziehungsgeflecht zwischen Tabakwirtschaft und PolitikerInnen eingegangen. Er führte beispielhaft für einige Konzerne deren Lobbyveranstaltungen und die PolitikerInnen, die sich daran beteiligten auf. Diese Informationen werden hoffentlich im Laufe der kommenden Woche auf www.alles-ueber-tabak.de zur Verügung gestellt werden.

Hechler ist ein Beispiel für diese politischen Verflechtungen. Die "Berührungspunkte mit Politik sind Tagesgeschäft." Jahrelang war er staatlicher (!) Berater für Tabakbau und in verschiedenen Gremien tätig. Sowohl in der Politik hat er gute Kontakte als auch zu denjenigen Stellen, die über die Fördermittelgabe für kritische Projekte entscheiden. Außerdem war er früher im Entwicklungsdienst tätig. (alles seine eigenen Aussagen)

Urwaldvernichtung
Die Argumentation hierzu stützte sich bei Hechler auf vier Aussagen. Zum einen sei die Nachfrage nach Edelhölzer nicht weniger wichtig für die Urwaldvernichtung. Zudem sei es ja doch nicht gaaanz so schlimm, wie Helmut Geist es dargestellt habe, weil es nicht überall so schlimm sei wie dort, von wo er berichtete. Dabei bringt er als Gegenbeispiele u.a. Heizung durch Gas und Öl und meint wohl, das sei weniger umweltschädlich als Holz zu verfeuern...

"Ich möchte ja nur objektiv berichten ...", " das sind ja Konkurrenten": in Süd-Brasilien entstehe beispielsweise durch den Tabakanbau mehr Wald, weil es Auflagen zur Aufforstung gebe. (das ist doch ein guter Ersatz für den zerstörten natürlichen Wald, oder?). Zu Afrika sagt er "dort liegt und lag natürlich vieles im Argen", relativiere sich aber durch den Zusammenbruch eines Teils des Tabakanbaus. Und an anderen Stellen werden halt "Fehler gemacht".

Subventionen
In der BRD kostet (Hechler zufolge) eine Zigarette 20 Cent, davon macht die Tabaksteuer 15 Cent aus. 0,5 Cent gehen an die Pflanzer, 4,5 Cent bezeichnete er als "Tabakteilwert". In der EU gäbe es eine Anbauprämie von 0,9 Mrd. EUR inclusive Forschungsprogrammen und Informationsseminaren. Die Tabaksteuer bringe dagegen 65 Mrd. EUr ein. Die Subventionierung sei da doch völlig OK, mache sie doch gerade mal 1,5% der Steuer aus. (Allerdings wird gewiss keine Steuer erhoben, um sie dann direkt an den Konzern zurückzugeben...)

Die Tabakpreise orientieren sich am Weltmarkt. Daher habe hierzulande der Tabakanbau keine Chance ohne Subventionierung durch den Staat. Hechler schätzt ein, dass ohne diese Förderung deutscher Tabak nicht konkurrenzfähig sei und in einigen Jahren nicht mehr existieren würde. Ich sehe an diesem Punkt die Gefahr im Diskurs in den kapitalistischen Denkmustern hängenzubleiben: Es könnte zu der skurrilen Situation kommen, dass Anti-Tabak-Leute fordern die Markt-Regulations-Mechanismen zu nutzen, um dem Tabakanbau hier den Garaus zu machen - also auf den Markt gesetzt werden - während gleichzeitig die Pro-Tabak-Seite nach dem Staat zum Schutz vor der Globalisierung fordert...

Die Umstellung der hiesigen TabakbäuerInnen von Tabak auf andere Produkte sei schwierig und habe auch auf andere ProduzentInnen Auswirkungen, da diese neue Konkurrenz bekämen. Auch hier zeigt sich, dass die Agrarpolitik ein Problemfeld ist, das - wie viele andere auch - ohne grundlegende Systemveränderungen kaum sinnvoll zu lösen ist. Die TabakbäuerInnen seien schon bereit für Veränderungen, aber eher langfristig und auf technische Dinge und Sorten beschränkt. Die RaucherInnen würden schließlich genug Steuern zahlen, davon sollte am besten ein Teil direkt dem Tabakbau zugeführt werden.

Gibt es guten Tabak?
Nun entspannte sich eine Diskussion darüber, welche Sorten alternativ zum Tabak angebaut werden könnten. Allerdings zielen solche Auseinandersetzungen doch nur darauf ab, den Profit und die Verhältnisse aufrecht zu erhalten. Das eigentliche Problem, dass der aktuelle Tabakkonsum ganz wesentlich auch system- und gesellschaftlich Bed">bedingt sind, wird dabei nicht angegangen. Der Bed">Bedarf wird erst durch Werbung und Sozialisation geschaffen. Es ist eines von vielen Beispielen dafür, dass im Kapitalismus alles produziert wird, was Geld zu bringen verspricht.

Daher einige Überlegungen zur Tabakproblematik:
1. Zu Gesundheitsuntersuchungen/Belegen für Ungefährlichkeit oder Gefährlichkeit werden unsinnige (weil wenig aussagekräftige) und die Lebewesen verachtende Tierversuche geführt.
2. Mit der Tabaksteuer werden direkt Überwachungsstaat (Abbau von ohnehin unzureichenden Schutzrechten gegenüber dem Staat; Repression gegen kritische Menschen) und Militäreinsätze bezahlt; indirekte Bezahlung des Staates und ablehnungswürdiger Projekte.
3. Intensiv angebaute Pflanzen (auch Tabak) Bed">bedeuten immer Umweltzerstörungen; hier ist Tabak kein Sonderfall - für andere Sorten gilt das ebenfalls. In einigen Ländern (siehe Miombo-Urwaldvernichtung) handelt es sich sogar um extreme Umweltprobleme.
4. (wie bei anderen landwirtschaftlichen Produkten auch): ArbeiterInnen in der "3. Welt" werden ausgebeutet: arbeiten für wenig Geld, haben kaum eine Wahl, werden von der Industrie immer abhängiger, unter nicht einmal den hiesigen Gesundheitsschutz-Bestimmungen entsprechenden Bed">Bedingungen muss gearbeitet werden, Lebensgrundlage wird zerstört, überwiegend weiße EigentümerInnen und westliche Konzerne sind die MachthaberInnen über die ArbeiterInnen vor Ort
5. Rechte Connections von Tabakkonzernen sind symptomatisch für die kapitalistische Gesellschaft (Tabak ist kein Spezialfall); der Profit dieser Konzerne unterstützt indirekt auch viele rechte Organisationen (in den USA beispielsweise die rechte NRA durch den Philipp Morris-Konzern).
6. Medien- und Werbeindustrie haben wesentlichen Anteil am Bed">Bedürfnis nach Tabak, das ist eine Form der Machtausübung auf Menschen.
7. Gesundheitliche Auswirkungen (ca. 50% der RaucherInnen leben durchschnittlich zehn Jahre weniger; schwerwiegende Erkrankungen, deren statistische Bed">Bedeutung an zweiter Stelle nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen liegt): wäre da nicht die diskursive (nur die?) Herrschaft, könnten Menschen individuell für sich einschätzen, ob sie das Risiko tragen wollen. Auch nicht zu vergessen sind die NichtraucherInnen, deren Gesundheit durch den Konsum anderer gefährdet wird. Dadurch wird Rauchen oft zu einer Entscheidung, die nicht nur persönliche Bed">Bedeutung hat.

Um diese Probleme zu lösen, ist ökologisch und fair angebauter Tabak auch keine Lösung. Denn Werbeeinflüsse erschweren freie Entscheidung über die Inkaufnahme der Gesundheitsrisiken, Tabaksteuer gibt es weiter etc.).
Selbst angebauter Tabak würde eine ausreichend starke Motivation der RaucherInnen und eine bewusste Entscheidung dafür zugrunde haben. Auch die Umweltauswirkungen wären durch geringere Anbaumengen niedriger. Das Ausbeutungsargument würde in diesem Fall nicht zutreffen. Die Auswirkungen der Tabaksteuer würden umgangen werden. Aber: werbewirtschaftliche und gesellschaftliche Verhältnisse wirken weiter! Letztlich kann mensch nicht wirklich frei entscheiden, so lange diese Mechanismen herrschen.

"Rauchopfer"
Am Abend wurde noch der Film "Rauchopfer" im kleinen Alternativkino "Oli Lichtspiele" gezeigt. Mit dabei waren die Macher Helmut Geist und Peter Heller. Dieser Film zeigt eindrucksvoll, wie die Menschen in Afrika durch Konzerne wie Reemtsma ausgebeutet und abhängig gemacht werden. Auch die Dimensionen der Umweltzerstörungen dort durch den Tabakanbau wurden deutlich. Im Anschluss an den Film berichteten die Beiden von den Attacken und der Zensur durch den Reemtsma-Konzern. Einige (harmlose) Szenen durften nicht ausgestrahlt werden, dem lokalen Fabrik-Manager in dem afrikanischen Ort, der sich hatte interviewen lassen wurde auch Druck gemacht. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen knickte lange Zeit auch vor dem Konzern ein.

Beide meinten, in der BRD sei eine besonders tabakkonzernfreundliche Politik - im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern - festzustellen. Sowohl die Ignoranz der Medien und Politik gegenüber dem Thema als auch die Probleme mit dem Vorführen des Films seien einmalig. Auch AktivistInnen und PolitikerInnen aus aller Welt beschweren sich über die Blockadepolitik von internationalen politischen Maßnahmen gegen Tabakkonzerne.

Ausblick
In den nächsten Tagen finden in Magdeburg Informationsveranstaltungen zu speziellen Tabakaspekten (Tabaksteuer, Ausbeutung, rechte Connections) statt. Am kommenden Wochenende gibt es dann einen bundesweiten Perspektiven-Workshop, um zu besprechen, wie effektvoller weiter an dieser Thematik gearbeitet werden kann.
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Ergänzungen

Kapitalismuskritik

Nichtraucher 17.10.2004 - 14:50
Man kann gewiss viele Dinge am Tabak kritisieren. Aber die Aussage, dass der Tabakkonsum ganz wesentlich system- und gesellschaftlich bedingt sei, ist so erstmal Schwachsinn. Natürlich sorgt die Werbung dafür das immer wieder Menschen anfangen zu Rauchen, aber gerraucht wird in Europa seit Tabak bekannt ist. Egal unter welchem System und in welcher gesellschaftlichen Position. Und auch die Ureinwohner Amerikas haben bereits geraucht.

Kapitalismus und Tabak

Schlumpf 18.10.2004 - 01:46
Natuerlich ist der Tabakkonsum kein reines kapitalistisches Phaenomen. Doch der Grund fuer die massiven Abhaengigkeiten vom Tabak haengt _heute_ ganz wesentlich von dem ab, was in der Gesellschaft vorgelebt wird und was die Werbung an Beduerfnissen schafft. Bei den Ureinwohnern Amerikas war der Tabakkonsum von ritualer Bedeutung, er wurde nur zu ausgwaehlten Anlaessen angewendet. Und auch die historische Entwicklung der RaucherInnen-Zusammensetzung in Europa zeigt, dass der massenhafte Gebrauch dieser Droge erst spaet einsetzte.
Unabhaengig von dieser historischen Betrachtung ist es fuer die Einschaetzung der Bedeutung von Herrschaftsverhaeltnissen doch wichtig, welche Auswirkungen diese heute auf die RaucherInnen von heute haben. Daher kommt auch die Formulierung der "ganz wesentlichen system- und gesellschafts-Bedingtheit", bei der uebrigens bewusst vom "aktuellen" Konsum gesprochen wírd.

Rituale Rituale

Warhead 18.10.2004 - 12:47
Ich glaube ich erwähnte es schonmal
Rausch ist ein Grundbedürfnis so wie Stoffwechsel,Sicherheit und Fortpflanzung.So mancher Rausch wird tabuisiert,welcher,das ist von Gesellschaft zu Gesellschaft unterschieden.Malayen beispielsweise,trinken kaum Alkohol,es macht sie rasend.Dafür ist der Gebrauch von Heroin bei den Malayen kulturell eingebettet,so wie der Gebrauch von Pilzen und LSA in mittelamerikanischen und sibirischen Kulturen,und der Gebrauch von Kokain in südamerikanischen Kulturen.In kleineren Gemeinschaften wird es selten vorkommen das dieses Rauschbedürfnis zur Sucht ausartet,die soziale Kontrolle lässt dieses kaum zu,denn steigt die Anzahl der Sozialfälle in Kleingruppen zu sehr an,können diese nicht mehr aufgefangen werden und die Gemeinschaft zerfällt.Der gemeinsame Gebrauch von Drogen hat daher einen zusammenscheissenden Kollektivcharakter.In der Anonymität der Grosstädte hingegen,fällt diese soziale Kontrolle weg,die Einzelindividuen haben die Möglichkeit unbeobachtet Tabus zu brechen und zu experimentieren.Und da es in der Schule keine Gebrauchsanleitung für den verantwortungsvollen Gebrauch von Drogen gibt,wie es eigentlich sein müsste,ist jeder auf sich selbst bzw die Umfelderfahrungen angewiesen.Würden hingegen erfahrene Lehrer mit den Schülern die erste Nase konsumieren oder die erste Fixe aufziehen,würden die Schüler frühzeitig erfahren welches Toxin im Körper diesen oder jenen Reiz auslöst,welche Transmitter freigesetzt werden,was im lymbischen System passiert etc etc,dann würden die Kids auch verantwortungsvoller,mit mehr Respekt an solche Stoffe herangehen.Aber dies wird nicht passieren,solange diese Gesellschaft die eine Droge tabuisiert,die zweite bewirbt und die dritte mit Steuern belegt und Präventionsarbeit ausschliesslich auf Aberglaube,Drohung und Prohibition basiert...so wie der Kongress der Green Kids

Ulp

Warhead 18.10.2004 - 13:00
Nomen es Omen
Da sollte natürlich zusammenschliessend und nicht zusammenscheissend stehen

Tabak-Geschichte

Schlumpf 19.10.2004 - 11:48
Als der Tabak nach Europa eingeführt wurde, wurde er lange Zeit durchgehend von den wohlhabenderen Schichten gewissermaßen als Modeerscheinung konsumiert. Die breite Konsumierung quer durch alle Klassen erfolgte erst mit der kommerziellen Vermarktung im 17. Jahrhundert. Dort wurde Tabak sehr schnell wichtigstes Exportgut - zuerst in der Kolonie Virginia. Heute sind die Verhältnisse noch wesentlich krasser, da Werbung und Gesellschaftsbilder Tabakkonsum sehr stark promoten. Dieser Zusammenhang ist einfach unübersehbar.

Die Tabak-Veranstaltung und das ganze Tabak-Projekt der Greenkids richtet sich überhaupt nicht gegen RaucherInnen oder wie auch immer Warhead das da reindeutet. Es ist eine Informationskampagne, die über unbeachtete Aspekte aufklären will, den Menschen aber die Entscheidung, ob und welche Konsequenzen sie ziehen wollen, selbst überlässt. Der Anspruch ist nicht, dass mensch deswegen aufhören muss. RaucherInnen sollen sich einfach nur der Konsequenzen für andere bewusst sein.

Die "Präventionsarbeit", die "ausschliesslich auf Aberglaube,Drohung und Prohibition basiert", die Warhead sich hier aus den Fingern saugt, hat nichts mit der Praxis dieses Projekts zu tun. Nächstes Mal bitte nicht gleich unbegründete Phantastereien posten, wünsch ich mir von dir...