Rogowski sägt an Grundsätzen

Konstanze Ameer 13.10.2004 11:59 Themen: Soziale Kämpfe
Mit dem Ausspruch, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer sei ein "Irrtum der Geschichte", von dem man heute in den Nachrichten auf Deutschlandfunk erfährt, leitet der BDI Chef Rogowski eine neue Qualität der Diskussion um Partizipation innerhalb der Demokratie ein.
Mit diesem Ausspruch wird ein Umschlag der Forderungen seitens der Arbeitgeber von Quantität in Qualität und somit eine Verschärfung innerhalb der Diskussion zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden forciert.
So fordert der BDI-Präsident, die paritätische Besetzung von Aufsichtsräten abzuschaffen. Das ist keine ganz neue Forderung, man konnte davon schon im Handelsblatt im April letzten Jahres lesen. Das Modell der Mitbestimmung sei zu bürokratisch und so sollten die Arbeitnehmervertreter nur noch beratende Funktion haben, da sie sich ohnehin in einem Interessenkonflikt zwischen Belangen der Arbeitnehmer und dem Profit bzw. Fortbestehen des Unternehmens befinden würden, was einer Effektivität des Aufsichtsrates abträglich sei. Auch dürften Arbeitnehmer nicht an dem Ausschuss teilnehmen, der die Vorstandsgehälter beschlösse, da sonst ein Gefühl der Abhängigkeit von den Gewerkschaften auf seiten der Vorstandsmitglieder enstünde, was deren Entscheidungen beeinflussen könne.
In diesen Überlegungen wird eine Geisteshaltung deutlich, die weit über die Idee der Interessenwahrung hinausgeht und grundsätzliche Werte der Demokratie angreift.
Mag die Forderung Rogowskis auch nach alt bewährter Mehtode mit Hilfe des Standortes Deutschland, der europäischen Niederlassungsfreiheit und der Globalisierung, dem dieses Mitbestimmungsrecht laut des BDI-Präsidenten schade, eines unter vielen sein, die einen vielleicht mitlerweile nicht weiter verwundern und sich nahtlos in all die vorangegangenen Forderungen nach Beschneidung der Rechte der Arbeitnehmer einfügen lassen, so ist doch die Qualtiät der Meldung in den Nachrichten von einer neuen Art, wenn es da heißt die Mitbestimmung sei ein "Irrtum der Geschichte". Hier wird dem Streitpartner in einem Satz die Existenzberechtigung entzogen und es werden Grundlagen und Errungenschaften der Demokratie in Frage gestellt, die doch unantastbar sein sollten. Das solche Sätze unkommentiert stehen gelassen werden, selbst wenn sie anscheinend in eine weniger grundsätzliche Gesamtfoderung eingebettet sind, lässt nichts Gutes erhoffen und deutet nur an, wo Rogowski hinwill, wenn er auch heute im Sterninterview noch von einer Einführung einer Drittelparität spricht bzw. davon redet, dass das Ausmaß der Mitbestimmung neu ausgehandelt werden müsse.
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Ergänzungen

Henkel war schon viel weiter

Uwe 13.10.2004 - 15:46
So neu ist das, was Rogowski sagt, auch in seiner Radikalität nicht.
Mal davon abgesehen, dass sich die "wirtschaftsliberalen Kräfte" immer offen gegen eine Wirtschaftsdemokratie ausgesprochen haben, so sprach schon Hans-Olaf Henkel den Gewerkschaften gleich ganz die Existenzberechtigung ab.
Dies geschah mit den Worten "Die Gewerkschaften sind ein Relikt des 19. Jahrhunderst und passen nicht mehr in die Zeit".
Dass mit der Begründung auch der Kapitalismus überflüssig ist, sagte Henkel natürlich nicht.

Wem die Worte Rogowski's wundern, hat noch nicht ganz verstanden, dass hier schlicht Ideologen und Interessenvertreter für das Kapital am Werk sind. Von Rogowski und Co. darf man sich schon gar keinen Einsatz für eine wirkliche Demokratie erwarten.

Rogowski / Brüderle / Henkel

ein Überblick 14.10.2004 - 15:21
Pressemitteilung vom 13.10.2004 BRÜDERLE: Rogowski hat Recht
Berlin. Zu den Forderungen von BDI-Chef MICHAEL ROGOWSKI nach einer Abkehr von der paritätischen Konzernmitbestimmung erklärt der stellvertretende FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende RAINER BRÜDERLE:
 http://www.liberale.de/portal/?presse=1&id=39182

BDI-Chef Rogowski
"Mitbestimmung im Aufsichtsrat ein Irrtum der Geschichte"
 http://www.stern.de/politik/deutschland/?id=531053&nv=hp_rt_al

Abgeordnete verwiesen aber auf das nahende Ende der Amtszeit des BDI-Präsidenten.
Nach Weihnachten wird Rogowski diese Position aufgeben.
Schon Ende November wird auf der BDI-Jahrestagung ein Nachfolger bestimmt.
 http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/14.10.2004/1418981.asp

Rogowski mehr über PDS als über NPD und DVU besorgt
 http://germany.indymedia.org/2004/09/94600.shtml

"Hartz IV reicht nicht aus"
Industriepräsident Rogowski will Arbeitslosengeld II senken und Lohnzuschüsse zahlen
von Stefan von Borstel
 http://www.welt.de/data/2004/10/06/342283.html
 http://www.welt.de/data/2004/10/06/342283.html?s=2
 http://www.welt.de/data/2004/10/06/342283.html?s=3

Der Klassenkämpfer Von Günther Marx
BDI-Präsident Michael Rogowski findet neuerdings großen Gefallen an politischer Provokation. Irritierend ist dabei weniger der sachliche Kern seiner Vorstöße - über die man in der Tat trefflich streiten kann - als der Ton. Es macht halt einen Unterschied, ob einer Schwachpunkte und Fehlentwicklungen des Sozialstaates benennt und daraus Forderungen ableitet oder schlicht den Ausstieg der Wirtschaft aus der Sozialpartnerschaft propagiert.
 http://www.moz.de/showArticle.php?OPENNAV=aktuelles&SUBNAV=kommentar&ID=37123

BDI-Chef Rogowski fordert niedrigeres Arbeitslosengeld II
Mittwoch 6 Oktober, 2004 08:27 CET
 http://www.reuters.de/newsPackageArticle.jhtml?type=topNews&storyID=597183§ion=news

06.10.2004 - 06:12 Uhr
Rogowski für Verschärfung der Hartz-IV-Gesetze - Welt
 http://www.finanztreff.de/ftreff/news.htm?id=23229912&sektion=wirtschaftpolitik&u=0&k=0

© Leipziger Volkszeitung vom Donnerstag, 7. Oktober 2004
Rogowski lässt Muskeln spielen
 http://www.lvz-online.de/lvz-heute/142236.html


weitere Forderung des BDI-Präsidenten Rogowski:
"die Beschäftigten sollen die soziale Sicherung und das Gesundheitssystem selbst finanzieren"

15. September 2004 Druckversion SOZIALSYSTEME
Wütende Reaktionen auf Rogowskis Denkspiele
Industriepräsident Michael Rogowski hat gefordert, die Wirtschaft aus der Sozialpartnerschaft zu entlassen - weil die Unternehmen seiner Meinung nach mit der Schaffung von Arbeitsplätzen bereits genug für die Gesellschaft tun. Rot-Grün und DGB warfen dem BDI-Chef vor, er wolle die soziale Marktwirtschaft beerdigen.
 http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,318219,00.html

BDI-Chef will nur die Beschäftigten für die Sozialsysteme zahlen lassen 15. Sep 2004 20:46
Nach Meinung von BDI-Chef Rogowski sollen Arbeitnehmer die soziale Sicherung künftig selbst finanzieren. Bei SPD und Grünen löste der Vorstoß heftige Kritik aus.
 http://www.netzeitung.de/spezial/sozialreformen/305186.html

www.bdi-online.de/

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21. September 2004 STANDORT-BUCH
Henkel und die Schlamperrepublik
Von Carsten Volkery
Mit seinem dritten Buch hat Hans-Olaf Henkel sich vom "Stern" den Vorwurf des Geschichtsrevisionismus eingehandelt. Mit Rechtsanwälten und Zeitungsbeiträgen verteidigt sich der einstige BDI-Präsident. Dabei ist er nur Opfer seiner eigenen Unklarheit.
 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,319066,00.html

Hans-Olaf Henkel, Präsident der Leibniz-Gesellschaft Buch "Ist Deutschland noch zu retten?"
 http://www.smartcaps.com/root/index.php?lang=de&page_id=14&cms_press_id=7001

Olaf Henkel ist Boss der Leibniz-Gesellschaft (29.03.2001)

Was braucht mensch, um als Wissenschaftsorganisation im "nationalen und internationalen Wettbewerb bestehen zu können"? Erfahrung im Umgang mit Politik und Medien, behauptet jedenfalls die Organisation der ehemaligen Blaue-Liste-Institute, die Leibniz-Gesellschaft (WGL) in einer Pressemitteilung, in der sie versucht, die doch eher eigenartige Wahl ihres neuen Präsidenten zu rechtfertigen. Ausgerechnet den ehemaligen Obergrobian des Bundes der deutschen Industrie, Olaf Henkel, haben die Direktoren der rund 75 Mitgliedsinstitute zu ihrem Chef erkoren.

 http://unimut.fsk.uni-heidelberg.de/unimut/aktuell/985859452

www.wgl.de/