Hartz IV: der Druck von oben wird verstärkt

Hartz IV muss weg! 07.10.2004 15:14 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Mit einer riesigen Medienkampagne wurden die Proteste gegen Hartz IV kleingeredet und die Zahlen tiefgestapelt bis wirklich weniger Leute kamen (dabei waren die 50000 Menschen am 2.10. eine beachtliche Zahl). Nun folgt Stufe zwei von oben: Auf die Hartz IV -Betroffenen wird massiver Druck ausgeübt, die Formulare möglichst schnell abzugeben, z.B. mit Telefonanrufen direkt vom Arbeitsamt zuhause oder mit der Androhng von Leistungskürzungen. Und jetzt kommts noch dicker: die Arbeitgeber und ihre Freunde fordern noch weniger Arbeitslosengeld II.
Wichtig ist vor allem, dass Menschen weiterhin aktiv bleiben und Proteste gemeinsam organisieren, und gegen die Verarmungs- Pläne von oben (“Amerikanische Verhältnisse” meint der Spiegel) vorgehen. Gerade wenn der Druck von oben stärker wird, dürfen die von Hartz IV- Bedrohten nicht das Gefühl haben, dass sie mit Briefen oder Telefonanrufen von Arbeitsamt alleine stehen.

Die Repression der Ämter und die fiesen Pläne der Arbeitgeber sollten nicht ohne massiven Aufschrei durchgehen: “Rogowski: Hartz IV ist ein richtiger Schritt, doch er reicht nicht aus. Uns fehlt immer noch ein wirksamer Niedriglohnsektor. Wenn wir einen Niedriglohnsektor wollen, reicht die Neuregelung des Arbeitslosengeldes II noch nicht aus. Viele werden auch in Zukunft lieber die staatliche Unterstützung kassieren, als einen niedrig bezahlten Job auf dem Arbeitsmarkt zu suchen. Es wird auch zu wenig getan, daß Jobs geschaffen werden. Solange die Tariflöhne für einfache Tätigkeiten so hoch sind, werden diese Jobs nicht angeboten oder in die Schwarzarbeit verdrängt. Arbeit ist keine feste Größe, sondern eine Frage von Angebot und Nachfrage - und damit eine Frage des Preises. Deshalb brauchen wir auf keinen Fall Mindestlöhne. Im Gegenteil, wir müssen die tariflichen Untergrenzen durchbrechen.” ( http://www.welt.de/data/2004/10/06/342283.html).

Zur Zeit erhalten viele, die möglicherweise Arbeitslosengeld II (Alg II) beantragen werden, einen Serienbrief mit der Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich in ein paar Tagen einzufinden mit dem komplett ausgefüllten Antrag, mit Kontoauszügen usw. Dann wird auf die Meldepflicht verwiesen und auf Kürzungen, wenn man der Aufforderung nicht nachkommt. Diese Aufforderungen verschicken nicht alle Agenturen für Arbeit, aber der Wortlaut scheint identisch zu sein.

Solche Aufforderungen sind nicht rechtens, so erklärt andererseits die Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit, Ilona Mirtschin, gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk ( http://www.mdr.de/nachrichten/reformen): „Wenn es in dem Brief nur um den Antrag geht, dann muss der Aufgeforderte den Termin nicht wahrnehmen. Rechtlich gibt es keine Grundlage dafür, dass die Arbeitslosen jetzt schon ihre Anträge abgeben müssen.“

Nach Paragraf 309 Sozialgesetzbuch III müssen Arbeitslose einer Aufforderung zur Meldung zu folgenden Zwecken nachkommen: Berufsberatung, Vermittlung in Ausbildung und Arbeit, Vorbereitung aktiver Arbeitsförderungsleistungen, Vorbereitung von Entscheidung im Leistungsverfahren oder Prüfung der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch.

Voraussetzung für eine Entscheidung oder Prüfung in Leistungsfragen ist, dass die/der Arbeitslose einen Antrag auf Alg II gestellt hat. Das muss sie/er jedoch erst an dem Tag tun, ab dem sie/er Alg II erhalten will, also beispielsweise am 1.1.2005.

Die Agenturen sind also auch nicht berechtigt, die Leistungen zu kürzen, wenn mensch nicht kommt und schon gar nicht, wenn mensch kommt und den Antrag nicht abgibt.

Es besteht überhaupt keine Pflicht zum Besuch im Amt und zur Abgabe des Antrags.

Will Lieschen Müller auf Nummer sicher gehen, geht sie trotzdem zum Amt und sagt: guten Tag, ich muss noch etwas überlegen, ob ich den Antrag überhaupt abgeben will - dann ist sie ihrer Aufforderung zum Besuch im Amt nachgekommen.

Und wenn Karlchen Müller den Antrag endlich los sein will, mag er ihn abgeben. Wenn sich noch etwas an den Fakten oder an der Rechts- oder der Informationslage ändert, zieht Karlchen den Antrag noch vor dem 1.1.05 wieder zurück und stellt ihn neu oder geht gegen einen negativen Bescheid mit Widerspruch und Klage vor.

Amerikanische Verhältnisse: Ifo-Chef fordert radikale Kürzung der Sozialhilfe (7.10.04):  http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,321899,00.html

Industriepräsident Rogowski will Arbeitslosengeld II senken und Lohnzuschüsse zahlen:  http://www.welt.de/data/2004/10/06/342283.html

Mindestlohn-Debatte:  http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/kombilohn/mindestlohn.html

Hartz IV, das ist Armut per Gesetz: WEG DAMIT!:  http://www.didf.de/makale.php?id=156
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Ergänzungen

Mehr Billigjobs, hurra!

Weg mit Hartz IV aber subito 07.10.2004 - 16:29

mdr-link zum ALG II Antrag:  http://www.mdr.de/nachrichten/reformen/1590905.html

Die Aussage von Herrn Sinn muß mensch sich auf der Zunge zergehen lassen:

Generell rechnet Sinn indes mit einem Erfolg von Hartz IV. "Die Leute werden bereit sein, Jobs zu niedrigeren Löhnen anzunehmen und es wird dann auch mehr Jobs geben. Denn Arbeit gibt es in den Köpfen der Arbeitgeber genug, nur ist sie bisher nicht rentabel", sagte er.

 http://www.hartzkampagne.de

noch'n link dazu

B. Troffen 08.10.2004 - 00:11

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